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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht
  • Date: Fri, 28 Nov 2014 07:19:06 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 27.11.2014 um 22:47 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:
>
> - durch die Nutzung von Kreditgeld, dessen Schöpfung/Vernichtung nicht vom
> notwendig prozyklischen Kalkül unabhängiger privater Wirtschaftssubjekte
> (Eigentümer) gesteuert wird, sondern auch antizyklisch eingesetzt werden
> kann, sprich: auf Staatsschuld basierendes Geld (vgl. z.B. modern monetary
> theory).

Ich würde den Grundgedanken der MMT sogar noch einen Schritt weitertreiben.
In der MMT werden Staat und Zentralbank zusammen als staatlicher Sektor
aufgefasst, sprich: Der Staat verschuldet sich bei Bedarf bei sich selbst, Im
Ergebnis emittiert er also einfach nur Geld, wenn er es braucht.

Frage: Was soll das Possenspiel mit der Zentralbank (oder anderen
öffentlichen Instituten)? Warum muss sich der Staat überhaupt verschulden?
Warum emittiert er nicht einfach Geld - schuldenfrei? Wo liegt der Sinn so zu
tun als müsste der Staat Schulden haben?

Das ist doch reine Volksverwirrung. Schulden, die man bei sich selbst hat,
sind de facto keine Schulden, also kann man den Unsinn auch gleich lassen,
und den Kritikern die lächerlichen Pseudo-Gegenargumente gegen erhöhte
Staatsausgaben nehmen. Beim Volk würde vielleicht so die Erkenntnis reifen,
dass der Staat etwas anderes ist - und folglich anders funktioniert - als
Tante Emmas Gemischtwarenladen.

Nun weiß ich natürlich, dass sofort die Polemik beginnt, dass das

a) Missbrauch Tür und Tor öffnet,
b) der Staat grundsätzlich nicht mit Geld umgehen kann und
c) Hyperinflation droht und weiterer Nonsense

Hierzu kann man entgegnen:

a) Missbrauch durch "die Märkte" findet auch heute statt, die Frage ist doch,
ob sich eine demokratische Vertretung von ultrareichen Soziopathen
kontrollieren lassen muss oder umgekehrt?
b) Eine unbewiesene Behauptung, die einfach so in den Raum gestellt wird. Vor
dem Hintergrund der Finanzkrise ist - denke ich - faktisch und offensichtlich
widerlegt, dass "die Märkte" es besser könnten
c) Angesichts des verzweifelten Kampfes Japans gegen DEFLATION bei 350% BIP
Staatsverschuldung ein an den Haaren herbeigezogenes Argument

Was kann man also tun, um Missbrauch des Geldschöpfungsprivilegs durch den
Staat zu verhindern? Meiner Ansicht nach braucht man ein stark demokratisches
möglichst dezentrales Kontroll- und Entscheidungsorgan hinsichtlich der
Geldverwendung. Wenn sichergestellt ist, dass das Geldschöpfungsprivileg im
Sinne der Menschen eingesetzt wird, indem alle mitbestimmen (können), dann
ist Missbrauch schon einmal ein ganz großer Riegel vorgeschoben. Es ist doch
komplett albern, eine dem Anschein nach demokratische Vertretung
einzurichten, die am Ende doch als Bittsteller bei den Feudalherren anklopfen
muss, um die Finanzierung ihrer beschlossenen Maßnahmen umzusetzen. Was soll
das?

Kritiker werden entgegnen: Dann soll der Staat halt mehr Steuern einnehmen.
Stimmt, sollte er tun - insbesondere bei besagten Feudalherren. Nur, dass
diese Steuern nicht der Finanzierung staatlicher Ausgaben dienen, sondern in
erster Linie der Regulierung des Geldvermögens im privaten Sektor und der
Moderation der Einkommens- und Vermögensverteilung. Wozu sollte man künstlich
einen Zusammenhang zwischen Steuereinnahmen und Staatsausgaben herstellen,
der völlig sinnbefreit ist?

Mich erinnert die aktuelle Situation immer ein wenig an die Zeit als darüber
debattiert wurde, ob die Erde eine Scheibe oder eine Kugel ist. Dabei braucht
es gar keine großen Weltentheorien, schon die Phönizier haben tausende Jahre
vorher eine ganz einfache Beobachtung gemacht, die keiner weiterer
Erläuterungen bedarf: Wenn man sich von See dem Land nähert, sieht man zuerst
die Bergspitzen und nach und nach von oben nach unten immer mehr bis man
schließlich die Küste sieht. Einzig logischer Schluss, die Erdoberfläche MUSS
gekrümmt sein, und wenn das überall so ist - was die Beobachtung an vielen
Küsten in allen Richtungen bestätigte - die Erdoberfläche also überall
gleichmäßig gekrümmt ist, dann MUSS die Erde eine Kugel sein. Mehr Theorie
bedarf es nicht. Das hat die Menschheit aber nicht davon abgehalten,
Jahrhunderte lang mit religiöser Inbrunst anderen Unfug zu vertreten.

Und ebenso offensichtlich erscheint mir, dass es keinen zwingenden
Zusammenhang zwischen Staatseinnahmen und -Ausgaben geben muss, und dass der
Staat sich nicht "verschulden" muss, um Geld emittieren zu können. Da bedarf
es auch keiner weitreichenden Theorien, es ist ebenso offenkundig, wie die
Krümmung der Erdoberfläche - vielleicht will man es einfach nur nicht sehen.
Fragt sich nur, warum? ;-)



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