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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht
- Date: Tue, 23 Dec 2014 12:02:10 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
am Dienstag, 23. Dezember 2014 um 10:20 schrieb Gerhard:
> Am 15.12.14 um 09:34 schrieb Axel Grimm:
>>
>> Was ist der Marktwert von 50 Euro?
> Eine sehr gute Frage!
>> Ich nehme mal an, das 50 Euro gerade für 52,30 gehandelt werden, die
>> werden dann mit 50 Euro bezahlt ... warum? Um 52.30 zu bezahlen bedarf
>> es 50 Euro, da die gerade ein Marktwert von 52,30 haben.
>>
>> So, Blödsinn beiseite, Geld hat keine Marktwert, es ist einfach nur
> Vollkommen richtig. Hier kommt die neoklassische Inkonsistenz mit rein,
> das Geld plötzlich ein implizit werttragendes Asset sei, während es auf
> der anderen Seite lediglich einen 'wertlosen Schleier' darstellt. Ich
> weiss, das ist schwer zu fassen; ich habe dafür den Begriff
> Handelswarendenke geprägt, der sich durch die gesamte Ökonomie zieht.
>> Nominalwert vorhanden. Im Exdogene System wird Geld "gedruckt" und ist
>> dann einfach da und das für immer und ewig.
>> 1m Länge hat auch keine Marktwert, es ist einfach nur 1m. 30 Reichmark
>> sind auch heute noch 30 Reichmark, nur halt ohne Geltungsbereich.
> Abgesehen von dem Detail, dass die Reichsmark ggf. noch bei den
> Landeszentralbanken gegen Euro getauscht werden können, ein sehr schöner
> Vergleich.
M.E. hinkt der Vergleich. Geld ist Maßstab, soweit so klar. Der
nominale Wert ändert sich nicht. So wie 1m 1m bleibt - aber:
bei dieser Längenangabe gibt es keine (für den einzelnen nicht
wahrnehmbare) Änderung in der absoluten Größe dieses Planeten, d.h.
die Relation bleibt über die Zeit gesehen gleich. Der Maßstab hat eine
fixe absolute Bezugsgröße.
Beim Geld als Maßstab für Wirtschaftsgüter und Dienstleistungen ist
viel mehr Dynamik im Spiel, da die Menge/Vielfalt an "bemessenen" Dingen in
der Vergangenheit stark zugenommen hat (aber auch abnehmen kann). Die
Relation ist nicht konstant, der Maßstab also Schwankungen
unterworfen. Nicht falsch verstehen, das kann und soll keine
Werttheorie ersetzen.
> Beim Begriff 'Marktwert' kommt auch die Absurdität
> neoklassischer Argumentation zum Ausdruck. Was soll mit dem Begriff
> 'Marktwert' ausgedrückt werden: das Mass selbst oder oder das zu
> messende Objekt?
Das zielt in eine ähnliche Richtung. Beim Meter ändert sich das
Messobjekt in seiner Gesamtheit nicht (aufs Universum bezogen
vielleicht schon, aber das klammere ich mal aus, bleiben wir auf der
Erde). Der Marktwert von einem nominalen Geldbetrag steht und fällt
zum Einen mit dem Angebot an Waren und Dienstleistungen, welche ich dafür
erwerben kann.
Wie der sich letztlich zusammensetzt, ist eine andere Frage, spielen
ja auch noch subjektive Präferenzen eine Rolle.
> In der Quantuminterpretation ist die Sache eindeutig: Wert wird in einer
> arbeitsteiligen Ökonomie nur einmal gemessen - mit der Lohnzahlung.
> Damit ist der Wert des erbrachten Outputs makroökonomisch fixiert.
Da fällt mir nur eine Währung/ein Maßstab ein, die für alle gleichermaßen
gilt:
Zeit.
> Wie sieht es nun mit der Monetarisierung des Outputs beim Unternehmen
> aus? Dies findet auf den *Gütermärkten* statt. Der 'Marktwert' ist hier
> der Preis. Dieser wird vom Unternehmer festgelegt, ist also mithin eine
> betriebswirtschaftliche (mikroökonomische) Entscheidung.
Ja, aber sie ist nicht vollkommen losgelöst von der effektiv
vorhandenen Nachfrage, d.h. es gibt Rückkoppelungen.
> Dieser Preis,
> der üblicherweise über den volkswirtschaftlichen Gestehungsaufwand
> liegen wird, stellt ein Umverteilungsangebot an den (Güter-)Markt dar.
> Wenn dieses Angebot realisiert wird, entsteht ein Profit.
Dafür muss sich die Käuferschaft dieses "mehr" aber auch leisten
können bzw. wollen. Jemand muss sich für den "Profit" ja zusätzlich
verschulden, saldenmechanisch nicht anders möglich. Durch steigende
Einkommenserwartungen werden Konsumenten dieses Spiel mitspielen und
"befeuern", aber irgendwann ist eine Grenze erreicht, wo Profite /
Einkommenserwartungen und damit die Verschuldungsmöglichkeit zurückgehen.
Das nennt man dann (Bilanz-)Rezession.
> Mit anderen Worten: kapitalistisches Wirtschaften ist ein einziger
> Umverteilungsprozess.
Jupp. Das war noch nie anders.
> Wie sieht es in der traditionellen (neoklassisch bzw. marginalistisch)
> Interpretation aus?
> Grundlage ist hier die mikroökonomische Totalmodell nach Walras.
Welches in die Tonne gehört. Da spielt m.W. noch die
Fehlinterpretation von Says law mit rein, im Prinzip ist es ein auf
Gleichgewichtszuständen basierendes "Mickymaus-Modell". Die
Ausregelung macht die unsichtbare Hand des Marktes ;-)
> Die
> Argumentation ist folgendermaßen: In einem vollkommenen Markt gleichen
> sich Angebot und Nachfrage auf allen Teilmärkten in der Summe aus. Mit
> anderen Worten: Der Wert der aggregierten Überschussnachfrage ist immer
> 0. Geld wird in in diesem metaphysischen Tâtonnement-Prozess als
> zusätzliches Geldgut mit dem Wert 1 eingeführt. Nehmen wir einmal an,
> eine Volkswirtschaft befinde sich tatsächlich in einem derartigen
> Gleichgewicht und schauen uns die Sache näher an und berücksichtigen
> dabei auch die Einheiten, wenn man Mathematik auf reale Problem anwenden
> will:
> Für ein beliebiges Gut (z.B. Brot) kann dann folgende Beziehung
> angegeben werden:
> x [€/kg] = 1 [€]
> Wie wir sehen, ist auf beiden Seiten die Währungseinheit im Zähler, kann
> also rausgekürzt werden. In gleicher Weise kann für jedes andere Gut
> eine solche Beziehung angesetzt werden. Für die Vielfalt der Güter kann
> nur noch ein Mengenverhältnis zueinander angegeben werden, da das
> verbindende Maß für Wert (die Währungseinheit) herausgefallen ist. Wir
> sind wieder in einer einfachen Tauschwirtschaft.
> Wenn man den Tâtonnement-Prozess als Kalibrierungsvorgang auffasst, und
> die relativen Preise der Güter so normiert, dann sieht die Beziehung für
> ein beliebiges Gut so aus:
> x [€/kg] = 1
> mit ein wenig Umformen erhält man schliesslich:
> 1 [€] = 1/x [kg]
> Das heißt also, Geld ist auch nur relativ definiert; dieses Mal in einer
> bestimmten Menge eines physischen Objektes. eine solche Ökonomie ist
> aber letztendlich auch nur eine mittelalterliche Tauschwirtschaft.
> An dieser Stelle verlässt die Ökonomie den Bereich der ernstzunehmenden
> Wissenschaften und disqualifiziert sich als sinnloses Mathematik-Voodoo
> ohne erkenntnistheoretischen Gewinn für die Realität.
Klar, denn wie will man auch etwas steuern, dass von der Annahme her
statisch ist und automatisch selbst in den optimalen
Gleichgewichtszustand zurückfindet?
> Wenn die Ökonomen schon erkennen, dass Wirtschaften ein komplexer
> dynamischer Vorgang ist, wäre es in meinen Augen naheliegend, als erstes
> das walrasianische Gleichgewichtsaxiom der Marginalisten grundsätzlich
> in Frage zu stellen. Die Einzigen, die das bislang getan haben sind
> meines Wissens Steve Keen und die Quantumökonomen.
> Eine der ersten Konsequenzen wäre, dass damit auch das neoklassische
> Wohlfahrtsmodell (der Markt sorgt immer für eine optimale Allokation) in
> sich zusammenfallen würde, auf das sich auch die Marktradikalen für ihre
> Politikempfehlungen berufen.
Dazu habe ich ein kleines Schmankerl anzubieten:
http://www.misesde.org/?p=9081
Gruß,
Marco
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Axel Grimm, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Rolf Müller, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Axel Grimm, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Rolf Müller, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, moneymind, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, moneymind, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Axel Grimm, 15.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 15.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Axel Grimm, 16.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Gerhard, 23.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 23.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, moneymind, 25.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Patrik Pekrul, 26.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Christoph Mayer, 28.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, moneymind, 29.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Patrik Pekrul, 29.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, moneymind, 12.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Gerhard, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Patrik Pekrul, 12.12.2014
- [AG-GOuFP] Neues aus der Anstalt, Christoph Mayer, 13.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Christoph Mayer, 13.12.2014
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