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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht

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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht


Chronologisch Thread 

Am 15.12.14 um 09:34 schrieb Axel Grimm:
>
> Was ist der Marktwert von 50 Euro?

Eine sehr gute Frage!

> Ich nehme mal an, das 50 Euro gerade für 52,30 gehandelt werden, die
> werden dann mit 50 Euro bezahlt ... warum? Um 52.30 zu bezahlen bedarf
> es 50 Euro, da die gerade ein Marktwert von 52,30 haben.
>
> So, Blödsinn beiseite, Geld hat keine Marktwert, es ist einfach nur im

Vollkommen richtig. Hier kommt die neoklassische Inkonsistenz mit rein,
das Geld plötzlich ein implizit werttragendes Asset sei, während es auf
der anderen Seite lediglich einen 'wertlosen Schleier' darstellt. Ich
weiss, das ist schwer zu fassen; ich habe dafür den Begriff
Handelswarendenke geprägt, der sich durch die gesamte Ökonomie zieht.

> Nominalwert vorhanden. Im Exdogene System wird Geld "gedruckt" und ist
> dann einfach da und das für immer und ewig.

> 1m Länge hat auch keine Marktwert, es ist einfach nur 1m. 30 Reichmark
> sind auch heute noch 30 Reichmark, nur halt ohne Geltungsbereich.

Abgesehen von dem Detail, dass die Reichsmark ggf. noch bei den
Landeszentralbanken gegen Euro getauscht werden können, ein sehr schöner
Vergleich. Beim Begriff 'Marktwert' kommt auch die Absurdität
neoklassischer Argumentation zum Ausdruck. Was soll mit dem Begriff
'Marktwert' ausgedrückt werden: das Mass selbst oder oder das zu
messende Objekt?

In der Quantuminterpretation ist die Sache eindeutig: Wert wird in einer
arbeitsteiligen Ökonomie nur einmal gemessen - mit der Lohnzahlung.
Damit ist der Wert des erbrachten Outputs makroökonomisch fixiert.

Wie sieht es nun mit der Monetarisierung des Outputs beim Unternehmen
aus? Dies findet auf den *Gütermärkten* statt. Der 'Marktwert' ist hier
der Preis. Dieser wird vom Unternehmer festgelegt, ist also mithin eine
betriebswirtschaftliche (mikroökonomische) Entscheidung. Dieser Preis,
der üblicherweise über den volkswirtschaftlichen Gestehungsaufwand
liegen wird, stellt ein Umverteilungsangebot an den (Güter-)Markt dar.
Wenn dieses Angebot realisiert wird, entsteht ein Profit.

Mit anderen Worten: kapitalistisches Wirtschaften ist ein einziger
Umverteilungsprozess.

Wie sieht es in der traditionellen (neoklassisch bzw. marginalistisch)
Interpretation aus?

Grundlage ist hier die mikroökonomische Totalmodell nach Walras. Die
Argumentation ist folgendermaßen: In einem vollkommenen Markt gleichen
sich Angebot und Nachfrage auf allen Teilmärkten in der Summe aus. Mit
anderen Worten: Der Wert der aggregierten Überschussnachfrage ist immer
0. Geld wird in in diesem metaphysischen Tâtonnement-Prozess als
zusätzliches Geldgut mit dem Wert 1 eingeführt. Nehmen wir einmal an,
eine Volkswirtschaft befinde sich tatsächlich in einem derartigen
Gleichgewicht und schauen uns die Sache näher an und berücksichtigen
dabei auch die Einheiten, wenn man Mathematik auf reale Problem anwenden
will:

Für ein beliebiges Gut (z.B. Brot) kann dann folgende Beziehung
angegeben werden:

x [€/kg] = 1 [€]

Wie wir sehen, ist auf beiden Seiten die Währungseinheit im Zähler, kann
also rausgekürzt werden. In gleicher Weise kann für jedes andere Gut
eine solche Beziehung angesetzt werden. Für die Vielfalt der Güter kann
nur noch ein Mengenverhältnis zueinander angegeben werden, da das
verbindende Maß für Wert (die Währungseinheit) herausgefallen ist. Wir
sind wieder in einer einfachen Tauschwirtschaft.

Wenn man den Tâtonnement-Prozess als Kalibrierungsvorgang auffasst, und
die relativen Preise der Güter so normiert, dann sieht die Beziehung für
ein beliebiges Gut so aus:

x [€/kg] = 1

mit ein wenig Umformen erhält man schliesslich:

1 [€] = 1/x [kg]

Das heißt also, Geld ist auch nur relativ definiert; dieses Mal in einer
bestimmten Menge eines physischen Objektes. eine solche Ökonomie ist
aber letztendlich auch nur eine mittelalterliche Tauschwirtschaft.

An dieser Stelle verlässt die Ökonomie den Bereich der ernstzunehmenden
Wissenschaften und disqualifiziert sich als sinnloses Mathematik-Voodoo
ohne erkenntnistheoretischen Gewinn für die Realität.

Wenn die Ökonomen schon erkennen, dass Wirtschaften ein komplexer
dynamischer Vorgang ist, wäre es in meinen Augen naheliegend, als erstes
das walrasianische Gleichgewichtsaxiom der Marginalisten grundsätzlich
in Frage zu stellen. Die Einzigen, die das bislang getan haben sind
meines Wissens Steve Keen und die Quantumökonomen.

Eine der ersten Konsequenzen wäre, dass damit auch das neoklassische
Wohlfahrtsmodell (der Markt sorgt immer für eine optimale Allokation) in
sich zusammenfallen würde, auf das sich auch die Marktradikalen für ihre
Politikempfehlungen berufen.

gerhard(ivl1705)




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