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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken ..."

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken ..."


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken ..."
  • Date: Sun, 08 May 2016 08:31:31 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rudolf,

Verbindlichkeiten einer Geschäftsbank gegenüber Kunden, die nicht aus einer Kreditschöpfung stammen, können nur durch Bareinzahlung oder Überweisung von einer anderen Bank entstanden sein.

Oder durch einen Waren- oder Dienstleistungskauf der Bank auf Kredit.
Mit dem Wort Kredit habe ich an dieser Stelle Schwierigkeiten, zumindest wenn der Begriff ohne weitere Erläuterungen verwendet wird.

Ja, ich geb Dir recht, das war nicht eindeutig :(

Ist es der Kredit, den der Zahlungsempfänger für den Waren- oder Dienstleistungskauf der Bank gewährt?

Ja. Die Bank kauft Dir einen PC ab, bucht ihn aktiv ein und passiv eine Sichtverbindlichkeit Dir gegenüber, die sie Deinem Konto gutschreibt (Bedingung ist natürlich, Du führst Dein Konto bei ihr).

Als Bezahlung erhöht die Bank dem Zahlungsempfänger dessen Eintrag auf dem Bankkonto.

Ich glaube, hier liegt das Mißverständnis. Dadurch, daß die Bank dem Kunden den Betrag gutschreibt, hat sie eben gerade nicht "bezahlt". Die Definition von Bezahlung ist ja, daß sie ein Schuldverhältnis endgültig auflöst. Hier besteht es aber ja gerade noch.

Deswegen habe ich davon geredet, daß die Bank den PC auf Kredit kauft, um die Gemeinsamkeiten mit z.B. einem Lieferantenkredit von Nichtbank an Nichtbank hervorzuheben. Wenn ich Dir den PC abkaufe und sagt, "zahle ich später", buche ich ein Verbindlichkeit Dir gegenüber ein. Aber das Schuldverhältnis zwischen uns besteht noch, der Kaufvertrag wurde noch nicht vollständig erfüllt. Analog, wenn die Bank Dir deinen PC abkauft.

Der Unterschied besteht wie gesagt darin, daß Sichtverbindlichkeiten von Banken eben keinen Fälligkeitstermin haben und der PC-Verkäufer im Prinzip die Möglichkeit hat, seine Sichtforderung ewig zu halten, ohne sie auf ein Konto bei einer anderen Bank zu überweisen oder in bar auszahlen zu lassen.

Dann sieht es so aus, als habe er die Sichtverbindlichkeit als "Zahlung" akzeptiert, obwohl noch gar keine Zahlung stattgefunden hat - weil der Kunde freiwillig darauf verzichtet hat, aber nach wie vor jederzeit seine Forderung geltend machen kann.

Hätte er den PC auf Lieferantenkredit an eine Nichtbank verkauft, hätte seine Forderung an den Käufer einen spezifischen Fälligkeitstermin, an dem gezahlt und damit das Schuldverhältnis aufgelöst werden muß.

Die Forderung gegenüber der Bank kann er dagegen ewig stehenlassen, ohne daß die Bank zahlen müßte. Er kann aber jederzeit den Betrag in bar abziehen, oder ihn an einen Dritten überweisen, der sein Konto von einer anderen Bank führen läßt. Dafür braucht die Bank dann Zahlungsmittel, die sie nicht selbst schaffen kann (ZB-Geld).

Da die Abgrenzung zwischen Geld und Kredit bei Bankverbindlichkeiten weniger eindeutig ist, hilft die Frage: Geld (Zahlungsmittel) FÜR WEN?

Sobald man diese Frage stellt, zeigt sich eben, daß es eine Kredithierarchie gibt.

Die Bank erhöht ihre Verpflichtungen und notiert als Gegenposition den Zuwachs an Vermögen auf der Aktivseite oder aber, falls es um Waren- oder Dienstleistungskauf der Bank geht, geschieht ein Passivtausch mit der Position Eigenkapital. Auch dann stellt die Erhöhung der Verpflichtung gegenüber dem Kunden einen Kredit des Kunden an die Bank dar.

Ja, aber eben keine Bezahlung.

Und weil damit immer ein Transfer von Zentralbankgeld (Reserven) einhergeht, ist die Bezeichnung "Einlage" auch nicht völlig falsch.

Genau.
Wieso geht damit immer ein Transfer an Zentralbankgeld einher?

Wenn eine Nichtbank 1 Zentralbankgeld, das sie von einer anderen Nichtbank 2 erhalten hat, auf ihr Konto bei ihrer Geschäftsbank einzahlt, transferiert sie Bargeld an die Geschäftsbank. Oder, sie "legt es ein". Der Vollständigkeit halber: Aktivtausch für die Nichtbank, Bilanzverlängerung für die Bank.

Allerdings dann mißverständlich, wenn davon die Rede ist, daß per Kreditvergabe der Bank (Bilanzverlängerung) "Einlagen" geschaffen werden. Lösung: Präzise kommunizieren, Buchungen dazusetzen. Vage herumzudefinieren wie Axel das macht, hilft nicht weiter, sondern schafft nur weitere Verwirrung.
Das Wort Einlagen mag in der Warengeld zutreffend gewesen sein, ist aber heute irreführend. Aus diesem Grund glaubt Axel, man müsse einige historisch begründete Begriffe umbenennen.

Er hat ja auch recht, daß das heute irreführend sein kann. Daß die Begriffe noch verwendet werden, ist eben eine Gewohnheit, die eigentlich nur noch auf einen Teil der Fälle zutrifft. Ich habe gesagt, statt nun Begriffe neu zu definieren, läßt sich das Problem dadurch eindeutig verstehen, daß man die verschiedenen Vorgänge konkret in Bilanzform darstellt.

In den Reserven einer Bank, obwohl sie wie alle Posten auf der Aktivseite der Bilanz zum Vermögen der Bank gehören, stecken also in der Tat auch die Einlagen der Kunden.

Genau.
Schau Dir dazu einmal die Größenverhältnisse in der EU an. Einmal 4 Billionen M1 ohne Bargeld zur Geldbasis ohne Bargeld von etwa 600 Millionen. Folglich stecken die restlichen Gegenpositionen in anderen Aktiva. Es ist deshalb unangemessen auf einem derart geringen Verhältnis eine solche Aussage aufzubauen.

Der Punkt war ja nur, den Fall, daß eine GB ihre Barreserve durch eine "Einlage" (Bareinzahlung) eines Kunden erhöht, gibt es nach wie vor. Der Unterschied zur Zeit bevor es ZBen gab und eben Metallbestände als letztendliche Zahlungsmittel benutzt wurden, besteht darin, daß auch dieses Bargeld, das ein Kunde auf sein Konto bei seiner Bank einzahlt und damit deren Barreserve erhöht, eben kein "Warengeld" mehr ist, d.h. ein forderungsloser Vermögenswert, sondern eben eine Verbindlichkeit der Zentralbank darstellt, und diese damit eine Forderung monetisiert hat.

Problematisch sehe ich grundsätzlich den Versuch, Aktiva- und Passivaposition einander zuzuordnen.

Was meinst Du in diesem Zusammenhang damit konkret?

Auf rein willkürlich gebildeten Verhältnissen basierend kann alles und auch nichts behauptet werden. ME nicht zielführend.

Ja, seh ich genauso.

Was verstehst Du unter "fractional reserve" Banking?

Daß Banken (wie übrigens Nichtbanken auch) Kredite über ihre Bargeldbestände hinaus vergeben können, und der von der ZB vorgegebene Mindestreservesatz das auch ermöglicht. Ein Mindestreservesatz von 100% würde "full reserve banking" bedeuten.

Richard Werner hat da eine sehr eigenwillige Vorstellung von, siehe o.g. Link zu meiner Kritik.
Ob diese Reserven aus Interbankenkrediten oder Zentralbankkrediten oder aus Spareinlagen stammen, hängt von dem Geschäftsmodell der Bank ab.

So ist es. Allerdings muß das ZB-Geld ja irgendwie an die Kunden gelangt sein, bevor eine Bank wie die GLS-Bank Kundeneinlagen einwerben kann.
Diese Einschränkung kann ich nicht nachvollziehen. Wieso muss ZB-Geld vorhanden sein?

Bevor ein Kunde Zentralbankgeld auf sein Bankkonto einzahlen (es dort "einlegen") kann, muß dieses - da wir heute (abgesehen von Münzen) in einem reinen Kreditgeldsystem leben, ja erst entstanden sein, indem die ZB eine Forderung gegen eine Nichtbank monetisiert hat.

Anders gesagt, in Bezug auf das heutige Gesamtsystem stimmt es, daß Zahlungsmittel nur per Kredit entstehen. Vielleicht hat Arne ja das gemeint. Einzelwirtschaftlich betrachtet können Kunden natürlich nach wie vor Bargeld auf ihr Konto einzahlen ("einlegen") und damit die Barreserve der Geschäftsbank erhöhen.

Gegen welche Assets die ZB Verbindlichkeiten eingeht, obliegt ihrem Kalkül. Sie kann private oder öffentliche Verbindlichkeiten refinanzieren, jeweils ausschließlich oder in Kombination, bei den Staatsverbindlichkeiten wahlweise direkt oder über den Sekundärmarkt, sie kann aber prinzipiell im Rahmen ihrer geldpolitische Operationen auch "Sachvermögen" (Eigentumstitel) kaufen, um ihre Ziele zu erreichen, etc.
Die Verwendung von "refinanzieren" verwirrt mich etwas. Ist damit gemeint, dass sie den Geschäftsbanken hilft sich zu refinanzieren indem sie gegen zentralbankfähige Sicherheiten in Form von privaten oder öffentlichen Verbindlichkeiten den Geschäftsbanken auf dem Kreditwege Zentralbank-Buchgeld zur Verfügung stellt?

ZB-Buchgeld oder ZB-Noten, ja. Du hast recht, ch hab den Ausdruck falsch verwendet. Es hätte heißen müssen, "die ZB kann private oder öffentliche Verbindlichkeiten monetisieren".

Den Vortrag von Tobias Deiters , von Peter empfohlen, kann ich ebenfalls nur anraten sich anzusehen, von Minute 8 bis Minute 34 wird der Aufbau und die Funktion einer Bilanz recht kurzweilig erklärt.

Ja, Tobias' Vortrag ist sehr gut. Speziell zu dem Thema, um das es mir ging, daß nämlich Geschäftsbanken mit ihren Verbindlichkeiten nicht selbst bezahlen können, sondern dafür - wie Nichtbanken auch - ein Zahlungsmittel brauchen, das sie nicht selbst schaffen können, siehe ab 1:16:00 https://www.youtube.com/watch?v=yCfq4QtH7kQ1h16m

Da sieht man auch sehr schön das Mißverständnis von Tobias, das Du auch reproduzierst. Auf den Einwand des Zuhörers antwortet er, die Banken könnten untereinander auch durch die Einräumung von Kredit zahlen.

Das aber ist gerade keine Zahlung. Eine Zahlung ist dadurch definiert, daß ein Schuldverhältnis endgültig aufgelöst wird.

Am Ende des Tages müssen die Banken nach "netting" (Verrechnung gegenseitiger Forderungen) den Saldo in ZB-Geld begleichen. Sie können die gegenseitigen Kredite nicht einfach "ewig" stehen lassen.

Danke + Gruß!
Wolfgang




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