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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?"

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?"


Chronologisch Thread 
  • From: Peter Baum <p.baum AT posteo.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?"
  • Date: Sat, 7 May 2016 10:25:55 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Arne,


Du schreibst in Deiner sehr (zu? ;-) ) gründlichen Stellungnahme zur Studie von Frau Köhn in der Einleitung:
"Zu  meinem eigenen Erstaunen konnte ich bei der Begründung des Experiments weder sachliche noch logische Mängel feststellen."

Das erstaunt mich nun wiederum.
 
Was hältst Du z.B. von dem Satz auf S.3 der Studie:
"Legt z.B. eine Geschäftsbank wie die GLS Bank Gelder von Kunden auf Konten bei der Westdeutsche Genossenschafts-Zentralbank AG (WGZ Bank) an, verringert Sie die Geldmenge M1 um den eingezahlten Betrag."
Dieser unsinnige Satz offenbart m.E., dass die Autorin die Sachverhalte nicht durchschaut. Wie stellt sie sich denn das "Anlegen" von Kundengeldern bei der WGZ vor?
Kannst Du das erläutern?

Kunden können doch über ihre Konten bei der GLS Bank nur selbst verfügen. Ohne Kundenauftrag kann die GLS Bank die Verbindlichkeiten gegenüber Kunden auf der Passivseite der GLS-Bilanz nicht ändern, und damit auch nicht die Geldmenge M1. Sie kann lediglich ihre Forderung an die WGZ auf der Aktivseite durch einen Aktivtausch ändern, wenn sie ihr Guthaben bei der WGZ vergrößert oder verringert.

Die Autorin verknüpft im Übrigen in unzulässiger Weise zwei getrennte Aktionen zu einem Vorgang:
1. Die Bereitstellung des Kredits auf dem Girokonto des Kreditnehmers (Giralgeldschöpfung)
2. Die Überweisung des Kreditbetrages auf ein Girokonto bei einer anderen Bank.
Die Überweisung zwischen Konten bei verschiedenen Geschäftsbanken besteht ja in jeder der beteiligten Banken immer aus zwei parallel laufenden ganz verschiedenen Vorgängen:
  • bei der einen Bank reduziert sich auf der Passivseite ihrer Bilanz die Verbindlichkeit gegenüber dem überweisenden Kunden und auf der Aktivseite das Guthaben bei der Zentralbank, und damit reduziert sich auch die Bilanzsumme
  • bei der anderen Bank erhöht sich auf der Passivseite ihrer Bilanz die Verbindlichkeit gegenüber dem empfangenden Kunden und auf der Aktivseite das Guthaben bei der Zentralbank, und damit erhöht sich auch die Bilanzsumme.
Verbindlichkeiten einer Geschäftsbank gegenüber Kunden, die nicht aus einer Kreditschöpfung stammen, können nur durch Bareinzahlung oder Überweisung von einer anderen Bank entstanden sein. Und weil damit immer ein Transfer von Zentralbankgeld (Reserven) einhergeht, ist die Bezeichnung "Einlage" auch nicht völlig falsch. In den Reserven einer Bank, obwohl sie wie alle Posten auf der Aktivseite der Bilanz zum Vermögen der Bank gehören, stecken also in der Tat auch die Einlagen der Kunden.

Dass eine Spareinlage bzw. ihre Dokumentation in der Bilanz wie eine Münze immer zwei Seiten hat, nämlich zum einen die Verbindlichkeit auf der Passivseite und zum anderen einen Posten Reserven in gleicher Höhe auf der Aktivseite der Bankbilanz, geht aus den oben beschriebenen Überweisungen hervor.

Und wenn die GLS Bank in ihrer Bilanz keine Verbindlichkeiten gegenüber der Zentralbank aufweist, finanziert sie die Kredite an ihre Kunden tatsächlich aus Spareinlagen, aber erst in dem Moment, in dem der Kreditbetrag auf ein Konto bei einer anderen Bank überwiesen wird, was ja um so eher der Fall ist, je kleiner die Bank ist. Der letzte Aspekt fehlt in der zitierten Untersuchung von Richard Werner.

Mein Fazit:
  1. Mit jeder Bereitstellung eines Kredits durch eine Geschäftsbank geht eine Giralgeldschöpfung einher - auch bei der GLS Bank.
  2. Jede Überweisung des Kreditbetrages zu einer anderen Bank ist bei der abgebenden Bank mit einem Abfluss von Reserven verbunden. Ob diese Reserven aus Interbankenkrediten oder Zentralbankkrediten oder aus Spareinlagen stammen, hängt von dem Geschäftsmodell der Bank ab.
Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten in der Jahresbilanz 2014 der GLS Bank beträgt nur 5,91% der Bilanzsumme, dabei handelt es sich fast ausschließlich um KFW Kredite von Kunden, also nicht um Interbankenkredite. Die Spareinlagen betragen 17,82% und die täglich fälligen Verbindlichkeiten gegenüber Kunden 53,53% der Bilanzsumme. Dem stehen auf der Aktivseite Forderungen an Kunden (also ausgereichte Kredite) in Höhe von 52,4% der Bilanzsumme gegenüber.

Aus diesen Zahlen ergibt sich m.E., dass bei der GLS Bank in der Tat der Abfluss von Reserven in andere Banken (durch Überweisung von Krediten) aus den Spareinlagen ihrer Kunden finanziert wird.

Kannst Du dem zustimmen, oder habe ich etwas übersehen?

Ich habe übrigens die wesentlichen Grundlagen des Geldsystems  von Tobias Deiters gelernt (Danke Tobias!):
https://www.youtube.com/watch?v=yCfq4QtH7kQ

Viele Grüße
Peter




Am 04.05.2016 um 18:04 schrieb Arne Pfeilsticker:
> >> ... > > Hallo Wolfgang, ich habe in meinem Vortrag im Detail dargelegt, dass > eine Kreditvergabe einer Bank an eine Nichtbank, entweder bei der > kreditgebenden Bank zu einer Geldschöpfung führt, wenn der Kredit auf > ein internes Girokonto des Darlehennehmers ausgezahlt wird. Oder bei > einer anderen Bank, wenn die Auszahlung auf ein Konto bei der anderen > Bank erfolgt. > > Die Frage kann daher klar und deutlich beantwortet werden: Kredite > von Geschäftsbanken an Nichtbanken entstehen durch Geldschöpfung. > > Mich würde deshalb ein einziges Gegenbeispiel interessieren, bei dem > eine Kreditvergabe einer Bank an eine Nichtbank nicht zu einer > direkten oder indirekten Geldschöpfung führt. > > Links: > > * > > zur aktuellen Version der Vortrags-Folien: > https://www.hidrive.strato.com/lnk/CjAEPhO6 > > * > > zum Vortrag: https://youtu.be/TM9i7kl6oIM > > * > > GLS Bank Studie - Kredite entstehen aus Einlagen: > https://www.hidrive.strato.com/lnk/vdgEPovZ > > * > > GLS Bank Studie - Stellungnahme Huber: > https://www.hidrive.strato.com/lnk/aHgkPuXg > > * > > GLS Bank Studie - Stellungnahme Pfeilsticker: > https://www.hidrive.strato.com/lnk/ZygEvIs7 > > Viele Grüße Arne > >> -- AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list >> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de >> <mailto:AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de> >> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik







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