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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken ... "

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken ... "


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken ... "
  • Date: Sat, 07 May 2016 11:29:32 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Arne,

die Frage ist nicht, „können Banken per Kreditvergabe Zahlungsmittel schöpfen oder nicht?“), sondern: „Zahlungsmittel für wen – und für wen nicht?“ Und welchen Restriktionen unterliegen sie dabei, und woher stammen diese Restriktionen?

Daß Banken per Kreditvergabe „Zahlungsmittel für Nichtbanken schöpfen“ können, ist doch klar.

Und die Antwort ist, sie können Zahlungsmittel für Nichtbanken schöpfen, aber nicht Zahlungsmittel für sich selbst. Stellt man die Frage als Ja-Nein-Frage und glaubt, es sei nur eine Ja/Nein-Antwort möglich, liegt man in jedem Fall falsch, weil die Antwort eben sein müßte: „Ja UND Nein“, denn es kommt darauf an, und dann die Spezifizierung folgen müßte: Zahlungsmittel für wen? Für Nichtbanken. Nicht: für sich selbst.

Selbst zahlen können Geschäftsbanken – wie alle anderen Rechtssubjekte auch – natürlich nur in einem Zahlungsmittel, das sie gerade nicht selbst schöpfen können. Für sich selbst schafft die Bank per Kreditvergabe gerade kein Zahlungsmittel, sondern eine Sichtverbindlichkeit gegenüber einem Kunden und damit für sich selbst ein Risiko: nämlich, diese „auf Sicht“, also jederzeit fällige Verbindlichkeit gegenüber einem beliebigen Halter erfüllen zu müssen – und zwar, in einem ZM, das sie selbst nicht schaffen kann. Fristentransformation eben (als das hier bei einer Vollgeldveranstaltung ein lokaler Sparkassendirektor dem Huber verklickerte, guckte der wie ein Auto und wußte nicht, was er sagen sollte).

Das Zahlungsmittel, das sie schuldet aber nicht selbst schaffen kann, kann sie natürlich nur von anderen Rechtssubjekten erhalten.

Vor der Zentralbankära, als Münzgeld (kein Kredit-, sondern „Waren“-geld, d.h. Eigentum) als ZB fungierte, nur von Nichtbanken oder anderen Banken. [Daher kommt der Begriff „Einlage“. Aktivtausch für den Kunden: - Goldmünzen, + Sichtforderung gegen die Bank, Bilanzverlängerung für die Bank: aktiv + Goldmünzen, passiv + Sichtverbindlichkeit ggü. Kunden. Natürlich war dieses Münzgeld kein „Anrecht auf Geld“ (Deine Definition von „Geld“), sondern ein Ausschlußrecht (Eigentum) in bezug auf ein allgemein als Zahlungsmittel akzeptiertes Objekt. ]

Heute von der ZB per Bilanzverlängerung für GB und ZB, oder eben nach wie vor auch von Kunden als „Einlagen“: Ich zahle 500 € in bar auf mein Girokonto ein: der Kassenbestand der GB (aktiv) erhöht sich um 500 €, ebenso wie ihre Sichtverbindlichkeiten (passiv), also Bilanzverlängerung. Für mich Aktivtausch: - Bargeld, +Sichtforderungen an GB.

Natürlich konnten die Banken auch schon damals Kredite vergeben, die in der Summe über ihre Zahlungsmittelbestände hinausgingen. Das konnten die Banken im antiken Athen auch schon, wie jede Bank das kann – ganz einfach wie natürlich JEDER Kaufmann, ob nun Bank oder Nichtbank, natürlich per Lieferantenkredit einkaufen kann, ohne bereits über die dafür nötigen Zahlungsmittel zu verfügen. Lieferantenkredit, d.h. Kredit von Nichtbank an Nichtbank, gehört bekanntlich zu den wichtigsten Finanzierungsformen für kleine und mittlere Firmen https://de.wikipedia.org/wiki/Lieferantenkredit#Bedeutung .

Aber wie jede Nichtbank auch muß eben auch jede Bank das damit verbundene Liquiditätsrisiko tragen. Der Unterschied zwischen dem Kaufmann, der mit Waren (Eigentum an Gütern) handelt und der Bank besteht darin, daß ersterer in erster Linie mit Eigentumstiteln (an Gütern) und die Bank eben in erster Linie mit Forderungen („Finanzvermögen“) handelt. Banken sind „claims dealers“ und auch so entstanden.

Die heutige Situation, in der den Banken – nicht aber den Nichtbanken – dieses Risiko großenteils abgenommen wird, ist Ergebnis einer absurden wirtschaftspolitischen Konstellation und darauf beruhenden absurden Konstellation der gesamtwirtschaftlichen Finanzierungssalden, in der ultra-restriktive Fiskalpolitik eben ultra-lockere Geldpolitik erzwingt, was aber eben die einschlägigen Interessengruppen bedient und deswegen das Ergebnis eines Machtprozesses darstellt.

Darum ging es.

Und darum, was wir wirklich brauchen: Fiskal-, Steuer- und Ordnungspolitik im Interesse der Realwirtschaft und der 90%, inernationale Kooperation, Reorganisation des internationalen Währungssystems, Schuldenrestrukturierung und Marshallplan mit der Auflage State- und Law-Building für die "Entwicklungsländer" (sonst wollen die nämlich weiterhin alle zu uns; und läßt man das state and law building weg, werden die Gelder wie bisher in Luxuskonsums der dortigen Eliten verschwinden).

Und die Vollgeldideologie wirkt hier lediglich als Nebelkerze, Einsichtsbremse und irreführendes Festhängen in Friedman’schen Ideen (Supermonetarismus, Quantitätstheorie, Super-unabhängige Zentralbank, Staatsschuldenverteufelung ohne Blick auf die gesamtwirtschaftlichen Finanzierungssalden, etc. etc. etc.).

Arne Pfeilsticker schrieb:

Am 29.04.2016 um 13:04 schrieb moneymind <moneymind[at]gmx.de http://mailto:moneymind%5Bat%5Dgmx.de>:

Hi,

meines Erachtens zeigt schon die Frage:

/"Schöpfen Geschäftsbanken per Kreditvergabe Geld aus dem Nichts *oder* brauchen sie dafür "Kundeneinlagen"? /

von der Art der Formulierung her, daß der Gesamtprozess nicht verstanden wurde: die Frage impliziert nämlich, daß nur eine der beiden Antworten "stimmen" könne.

Sobald man sie jedoch in den Gesamtprozess der Geldschöpfung in mehrstufigen Kredit-/Geldsystemen einordnet, sieht man, daß _beide_ Theorien ihre relative Berechtigung und ihren relativen Anwendungsbereich haben. Was bei _beiden_ Theorien dagegen falsch ist, ist ihr Ausschließlichkeitsanspruch (falsche Verallgemeinerung).

Mein Eindruck ist, die Debatte über die eingangs gestellte Frage als "Entweder-oder-Frage" hängt in einer Sackgasse fest.

Hallo Wolfgang,
ich habe in meinem Vortrag im Detail dargelegt, dass eine Kreditvergabe einer Bank an eine Nichtbank, entweder bei der kreditgebenden Bank zu einer Geldschöpfung führt, wenn der Kredit auf ein internes Girokonto des Darlehennehmers ausgezahlt wird. Oder bei einer anderen Bank, wenn die Auszahlung auf ein Konto bei der anderen Bank erfolgt.

Die Frage kann daher klar und deutlich beantwortet werden: Kredite von Geschäftsbanken an Nichtbanken entstehen durch Geldschöpfung.

Mich würde deshalb ein einziges Gegenbeispiel interessieren, bei dem eine Kreditvergabe einer Bank an eine Nichtbank nicht zu einer direkten oder indirekten Geldschöpfung führt.

Links:

* zur aktuellen Version der Vortrags-Folien: https://www.hidrive.strato.com/lnk/CjAEPhO6

* zum Vortrag: https://youtu.be/TM9i7kl6oIM

* GLS Bank Studie - Kredite entstehen aus Einlagen: https://www.hidrive.strato.com/lnk/vdgEPovZ

* GLS Bank Studie - Stellungnahme Huber: https://www.hidrive.strato.com/lnk/aHgkPuXg

* GLS Bank Studie - Stellungnahme Pfeilsticker: https://www.hidrive.strato.com/lnk/ZygEvIs7

Viele Grüße
Arne

Das zeigt Perry Mehrling recht gut: in einem Blogeintrag anhand des neuen Buchs von Richard Werner http://www.perrymehrling.com/2016/01/great-and-mighty-things-which-thou-knowest-not/, und in zwei grundlegenden Texten ausführlicher:

*1) What is Monetary Economics About? http://economics.barnard.edu/sites/default/files/inline/what_is_monetary_economics_about.pdf*
*2) The Inherent Hierarchy of Money. http://ieor.columbia.edu/files/seasdepts/industrial-engineering-operations-research/pdf-files/Mehrling_P_FESeminar_Sp12-02.pdf *

Wie auch die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen hängt m.E. die Vollgelddebatte (Flaßbeck: "Supermonetarismus") in den von Milton Friedman vorgegebenen, in der Essenz neoliberalen Linien fest. Sowohl Geldmengensteuerung als auch Grundeinkommen sind ja von ihm hochgehalten worden.

Die Essenz, um die es gehen müßte, gerade auch für das zentrale Thema Umverteilung (jetzt: von unten nach oben): *Fiskalpolitik* nämlich, die bleibt dabei systematisch ausgeklammert. DIE müßte wieder im Interesse der 90% strukturiert werden - und dafür muß u.a. auch die Standortkonkurrenz der Staaten überwunden werden, die multinationalen Unternehmen Macht über die Nationalstaaten gibt.

Gruß
Wolfgang

Egge schrieb:
Ja, das ist wohl so ähnlich, wie mit dem Spinat, der angeblich so viel Eisen enthalten sollte: Wenn es einmal genügend oft wiederholt wurde, setzt es sich fest in den Hirnen. Die Betroffenen bauen sich ihr ganzes Systemabbild drum rum und erzählen es so weiter. Offensichtlich sehr schwer zu korrigieren.
Ich kann mich noch gut erinnern an die 39. Mündener Gespräche der Sozialwissenschaftlichen Gesellschaft im September 2006 zum Thema „Kontroverse um die Geldschöpfung“. Leider im Netz nur spärlich dokumentiert.
http://www.humane-wirtschaft.de/05-2006/augenblick_05-2006.pdf
http://www.sozialwissenschaftliche-gesellschaft.de/de/bisherige-tagungen/id-2006-2007.html
(Als Zuhörer bin ich nur von hinten drauf: Der Grauhaarige im hellblauen Jeanshemd)
Ein Hauptvortragender war der Gerhard Waterstradt, ein weißhaariger älterer Herr, langjähriger Vorstand der GLS-Bank, mit der Behauptung „Sowas wie Geldschöpfung gibt es in meiner Bank nicht. Das wäre ja so was Ähnliches, wie Betrug.“ Dann hat er einen langen Vortrag gehalten, was alles im Einzelnen stattfindet und gebucht wird, wenn er einen Kredit vergibt.
Fazit: Die Bankbilanz war genau um den Kreditbetrag erhöht. Es war also zusätzliches Geld da. Dieses Geld war von dem vor der Kreditvergabe in der Bank vorhandenem Geld nicht zu unterscheiden. Es wurde einfach zu den Passiva dazugezählt. Und – bei keiner einzigen Operation spielten die vorhandenen Einlagen irgendeine Rolle. Es war Geldschöpfung im Original.
Herr Waterstrat aber fiel aus allen Wolken, als wir ihm sagten, dass ja genau das die Geldschöpfung ist: „So ein Quatsch! Ich habe doch nur den Kredit verbucht. Wieso soll denn das irgendeine Schöpfung sein?“
Die Creutzianer redeten sich anschließend darauf raus, dass die Bank-Passiva ja kein Geld wären – ihre Vermehrung also auch keine Geldschöpfung sein kann. Aber ich bin mir seit dem sicher: +Bankkreditvergabe ist stets Geldschöpfung. +Unmittelbar dazu werden keine vorhandenen Einlagen benötigt. +Es gibt Menschen, die langjährig erfolgreich eine Bank leiten, aber keine Ahnung haben, was Geldschöpfung ist.
Nun kann man hinzufügen: Auch nach 10 Jahren hat sich daran offensichtlich überhaupt nichts geändert – insbesondere wohl bei der GLS-Bank.
Schade, dass ich diesmal nicht dabei sein kann. Wäre schön, wenn's hier hinterher ne Info gibt.
VG, Egge
*Gesendet:* Donnerstag, 28. April 2016 um 17:50 Uhr
*Von:* "Arne Pfeilsticker" <Arne.Pfeilsticker[at]piratenpartei-hessen.de http://piratenpartei-hessen.de/>
*An:* ag-geldordnung-und-finanzpolitik[at]lists.piratenpartei.de http://lists.piratenpartei.de/
*Betreff:* [AG-GOuFP] [AG Wirtschaft] Vortrag "Kreditvergabe der Banken durch Geldschöpfung oder Kundeneinlagen?" am Montag, den 2.4.2016
Vortrag am 2.5.2016 um 19:00 Uhr im Club Voltaire in Frankfurt/M http://neuegeldordnung.de/veranstaltung/bausteine-einer-neuen-geldordnung-11/
*Vortrag in der Reihe: Bausteine einer Neuen Geldordnung*
Eine Studie der /*GLS-Bank */ergab: Die Einlagen der Kunden sind die Mittel, die an andere Kunden als Kredit weiter verliehen werden. So wie die meisten Menschen meinen, daß Banken kein Geld erschaffen.
/*Josef Huber */von der Monetative erklärt, dass die Kreditvergabe von Banken an Kunden durch Geldschöpfung erfolgt.
*Arne Pfeilsticker *wird / /in der Veranstaltung den Widerspruch im Detail aufzuklären.
Links:
GLS Bank Studie: Kredite entstehen aus Einlagen https://www.hidrive.strato.com/lnk/vdgEPovZ,
Stellungnahme Joseph Huber https://www.hidrive.strato.com/lnk/aHgkPuXg,
Stellungnahme Arne Pfeilsticker https://www.hidrive.strato.com/lnk/ZygEvIs7
Die Veranstaltung wird im Hangout übertragen: Hangout-Seite https://plus.google.com/u/1/events/c6ps46fg4cthb2m5unssocdc8d0
-- AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik[at]lists.piratenpartei.de http://lists.piratenpartei.de/ https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
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