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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?
  • Date: Sun, 27 Sep 2015 19:48:18 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Comenius,

es freut mich, wenn mein Klärungsversuch dir helfen konnte. Auch danke für deine Anmerkungen, welche ich jetzt teilweise in den Beitrag integriert habe. Der Beitrag ist im Piratenwiki unter
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Vermittler_oder_Sch%C3%B6pfer
abgespeichert.

Den Text wollte ich so kurz wie möglich halten und habe auch schon einige Male den Rotstift angesetzt. Deinen Einwand bezüglich der Notwendigkeit von kreditwürdigen und kreditwilligen Kunden habe ich jedoch mit eingebaut, da sonst ein falsches Bild bezüglich der Relevanz der Sichteinlagen entstehen würde. Im Piratenwiki sollen unter „Ist-Zustand des Geldsystems“ Grundlagen zu unserem Geldsystem an interessierte Laien vermittelt werden. Dieser Beitrag erscheint dort als Artikel „Vermittler oder Schöpfer“ im Kapitel „Geldschöpfung“. Der von dir angesprochene Bedarf an geeigneten Kreditnehmern ist zwar dort bereits im Artikel „Kreditschöpfungskapazität“ mit aufgeführt, wird jetzt aber im aktuellen Artikel nochmals wiederholt.


Am 26.09.2015 um 12:12 schrieb Comenius:
Hallo Mumken,

erstmal Danke für den Beitrag. Er hat bei mir eine Lücke im Verständnis des Bankgeschäftes schließen können. Aber ein paar Anmerkungen habe ich:

Am 26.09.2015 um 05:33 schrieb Rudolf Müller:
Als Ergänzung zu meiner untenstehenden Mail:

Kredit ohne Sparer

 „Um Kredite zu vergeben, benötigt eine Geschäftsbank keine Sparer.“ So oder ähnlich lauten die Schlussfolgerungen derjenigen, die davon ausgehen, dass Geschäftsbanken Geld aus dem Nichts schöpfen können. Aus dem „Nichts schöpfen“ heißt dabei, ohne Deckung durch Sparguthaben. Eine andere Sichtweise betrachtet die Bank nur als Finanzvermittler; gespartes Geld wird weiter verliehen.

Wesentliche Grundlagen können an einem Zwei-Banken-Modell, angelehnt an die „Wicksellsche Idealbank“, gezeigt werden. In diesem Modell existiert kein Bargeld und auch keine Zentralbank. Beziehungen zu anderen Ländern bestehen ebenfalls nicht. Es ist nur eine Volksbank und eine Sparkasse vorhanden. Beide verwenden den Euro als Währungseinheit.

...
Jede Kreditvergabe erzeugt eine Sichteinlage, d.h. eine täglich fällige Verbindlichkeit der Bank gegenüber ihren Kunden. Da Kredite aber nicht aufgenommen werden um das entstandene Buchgeld dann festzulegen, sondern um Zahlungen zu tätigen, wird im Durchschnitt immer ein Teil dieses Buchgeldes zu anderen Banken fließen. Die Position Sichteinlagen kann also nicht beliebig erhöht werden, ohne negative Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Bank zu haben.
Allerdings kann man davon ausgehen, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Zu- und Abflüsse bei beiden Banken die Waage halten. Wenn in den Wechselfällen des Lebens nun mal die eine Bank etwas günstiger dasteht, kann sie diesen Vorsprung nutzen, um ihre Kredite zu erhöhen. Damit erhält dann auch die andere Bank wieder mehr "Luft" ihrerseits ihre Kreditlinie zu erhöhen. Es ist ja immer nur der _Saldo_ der gegenseitigen Kredite, der vom gegenseitigen Vertrauen gedeckt sein muss. Solange dieser Saldo überschaubar bleibt, können die gegenseitigen Kreditlinien prinzipiell unbegrenzt wachsen. So ist keine theoretisch fassbare Obergrenze für die Kreditvergabe erkennbar, solange beide (alle) Banken ihr Kreditvolumen einigermaßen gleichmäßig erhöhen. Begrenzend wirkt hier nur (und entscheidend!) die Anzahl zahlungsfähiger Schuldner.
Siehe unten
Insofern ist mir auch die Sichtweise sympathischer, dass nicht die Banken das frische Geld erzeugen, sondern die Kreditnehmer, und auch nur diese können es durch Tilgung (oder Konkurs ;-) wieder vernichten.
Deine Sichtweise kann ich zwar gut nachvollziehen, möchte jedoch bei der allgemeinen üblichen Vorstellung, dass Banken Geld schöpfen, bleiben. (Wie würdest du bei deiner Sichtweise die Geldschöpfung durch Aktivkauf der Banken beschreiben?)

So kommt es auch, dass die QE-Politik der Bundesbank die _Möglichkeit/Fähigkeit_ der Banken weitere Kredite zu vergeben erhöht, das aber nur wirken kann, wenn es auch mehr kreditwillige und kreditwürdige Schuldner gibt. Ohne diese können weder die Zentralbank noch die Geschäftsbanken Geld schaffen (außer vielleicht durch "Helikoptergeld" der Zentralbank, was aber auch nur dann die Nachfrage erhöhen kann, wenn es umverteilend wirkt).
Wie bereits zuvor erwähnt durch Kauf von Aktiva durch die Bank?
Die Verbesserung dieser Situation durch Anlage von Spareinlagen hingegen verursacht der Bank Kosten durch die zu zahlenden Zinsen. Die Bankdevise: „So liquide wie nötig, so rentabel wie möglich“ verdeutlicht diese Problematik. In Deutschland bestehen heute ca. 2000 Banken, bei welchen sich wettbewerbsbedingt ein Mittelwert für Sichteinlagen in Höhe von 20 % der Bilanzsumme gebildet hat. Für diese Sichteinlagen entstehen der Bank keine Zinskosten. Diese Sichteinlagen sind ohne Sparanstrengungen entstanden und wurden nach der anfangs genannten Definition somit überwiegend aus dem Nichts geschöpft. Lediglich ein Anteil von 10 % davon muss an liquiden Zahlungsmitteln, im Rahmen der Liquiditätsverordnung, vorgehalten werden. (Ergänzung vom 27.9.2015:) Diese 10 % bedeuten, das für den Zahlungsverkehr der deutschen Banken, in Höhe von ca. 250 Billionen € pro Jahr, nur ein Giralgeldvolumen von 0,15 Billionen € vorhanden sein muss. Erhöhen die Banken etwa im Gleichschritt ihre Kredite, so könnte das Bankensystem theoretisch ihre Kredite unbegrenzt ausdehnen. Nicht genügend kreditwürdige und kreditwillige Kunden zu finden, ist heute jedoch der entscheidende Bremsfaktor bei der Kreditgeldschöpfung durch die Geschäftsbanken.
Richtig. Das bestätigt: Begrenzend wirkt allein die Zahl und Solvenz der Kreditnehmer. Das macht aber auch den enormen Druck deutlich auf die Banker, die zur Verbesserung ihrer Erträge händeringend nach Kreditnehmern suchen müssen. Und daher ist zumindest der einzelne Banker geneigt, zugunsten seiner Boni bei der Prüfung der Solvenz etwas risikofreudiger und kreativer zu sein als es der Bank insgesamt vielleicht gut täte.
Fazit:
Die Geschäftsbanken sind sowohl als Kreditvermittler wie auch als Giralgeldschöpfer tätig. Ein Anteil von ca. 20 %, entsprechend 1,5 Billionen €, stehen den deutschen Banken ohne Zinskosten zur Verfügung. Unbeschränkten Wettbewerb vorausgesetzt können die Banken hieraus jedoch keinen Gewinn generieren.
Ich würde ergänzen: Und bei beschränktem Wettbewerb handelt es sich letztlich nicht um Geldschöpfungsgewinne, sondern um Monopolgewinne.
Diesen Aspekt würde ich gerne im noch nicht begonnenen Artikel „Geldschöpfungsgewinn der Geschäftsbanken“ unterbringen. Den bei der Manipulation des Euribors entstandenen Gewinn würdest du demnach als Monopolgewinn bezeichnen?
Die Gewinne landen als „Kreditsubventionen“ bei den Kreditnehmern. In einem Vollgeldmodell würden diese Gewinne bei der Zentralbank entstehen.

Über konstruktive Kritik an meinem Versuch zur Klärung der Geldschöpfungsfrage würde ich mich freuen.
Just my twopence.
Tiefstapler ;-)

Beste Grüße,
Mumken

Ahoi,
Comenius




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