Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?


Chronologisch Thread 
  • From: Comenius <comenius2000 AT gmail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?
  • Date: Sat, 26 Sep 2015 12:12:21 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Mumken,

erstmal Danke für den Beitrag. Er hat bei mir eine Lücke im Verständnis des Bankgeschäftes schließen können. Aber ein paar Anmerkungen habe ich:

Am 26.09.2015 um 05:33 schrieb Rudolf Müller:
Als Ergänzung zu meiner untenstehenden Mail:

Kredit ohne Sparer

 „Um Kredite zu vergeben, benötigt eine Geschäftsbank keine Sparer.“ So oder ähnlich lauten die Schlussfolgerungen derjenigen, die davon ausgehen, dass Geschäftsbanken Geld aus dem Nichts schöpfen können. Aus dem „Nichts schöpfen“ heißt dabei, ohne Deckung durch Sparguthaben. Eine andere Sichtweise betrachtet die Bank nur als Finanzvermittler; gespartes Geld wird weiter verliehen.

Wesentliche Grundlagen können an einem Zwei-Banken-Modell, angelehnt an die „Wicksellsche Idealbank“, gezeigt werden. In diesem Modell existiert kein Bargeld und auch keine Zentralbank. Beziehungen zu anderen Ländern bestehen ebenfalls nicht. Es ist nur eine Volksbank und eine Sparkasse vorhanden. Beide verwenden den Euro als Währungseinheit.

...
Jede Kreditvergabe erzeugt eine Sichteinlage, d.h. eine täglich fällige Verbindlichkeit der Bank gegenüber ihren Kunden. Da Kredite aber nicht aufgenommen werden um das entstandene Buchgeld dann festzulegen, sondern um Zahlungen zu tätigen, wird im Durchschnitt immer ein Teil dieses Buchgeldes zu anderen Banken fließen. Die Position Sichteinlagen kann also nicht beliebig erhöht werden, ohne negative Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Bank zu haben.
Allerdings kann man davon ausgehen, dass sich mit hoher Wahrscheinlichkeit Zu- und Abflüsse bei beiden Banken die Waage halten. Wenn in den Wechselfällen des Lebens nun mal die eine Bank etwas günstiger dasteht, kann sie diesen Vorsprung nutzen, um ihre Kredite zu erhöhen. Damit erhält dann auch die andere Bank wieder mehr "Luft" ihrerseits ihre Kreditlinie zu erhöhen. Es ist ja immer nur der _Saldo_ der gegenseitigen Kredite, der vom gegenseitigen Vertrauen gedeckt sein muss. Solange dieser Saldo überschaubar bleibt, können die gegenseitigen Kreditlinien prinzipiell unbegrenzt wachsen. So ist keine theoretisch fassbare Obergrenze für die Kreditvergabe erkennbar, solange beide (alle) Banken ihr Kreditvolumen einigermaßen gleichmäßig erhöhen. Begrenzend wirkt hier nur (und entscheidend!) die Anzahl zahlungsfähiger Schuldner. Insofern ist mir auch die Sichtweise sympathischer, dass nicht die Banken das frische Geld erzeugen, sondern die Kreditnehmer, und auch nur diese können es durch Tilgung (oder Konkurs ;-) wieder vernichten.

So kommt es auch, dass die QE-Politik der Bundesbank die _Möglichkeit/Fähigkeit_ der Banken weitere Kredite zu vergeben erhöht, das aber nur wirken kann, wenn es auch mehr kreditwillige und kreditwürdige Schuldner gibt. Ohne diese können weder die Zentralbank noch die Geschäftsbanken Geld schaffen (außer vielleicht durch "Helikoptergeld" der Zentralbank, was aber auch nur dann die Nachfrage erhöhen kann, wenn es umverteilend wirkt).
Die Verbesserung dieser Situation durch Anlage von Spareinlagen hingegen verursacht der Bank Kosten durch die zu zahlenden Zinsen. Die Bankdevise: „So liquide wie nötig, so rentabel wie möglich“ verdeutlicht diese Problematik. In Deutschland bestehen heute ca. 2000 Banken, bei welchen sich wettbewerbsbedingt ein Mittelwert für Sichteinlagen in Höhe von 20 % der Bilanzsumme gebildet hat. Für diese Sichteinlagen entstehen der Bank keine Zinskosten. Diese Sichteinlagen sind ohne Sparanstrengungen entstanden und wurden nach der anfangs genannten Definition somit überwiegend aus dem Nichts geschöpft. Lediglich ein Anteil von 10 % davon muss an liquiden Zahlungsmitteln, im Rahmen der Liquiditätsverordnung, vorgehalten werden.
Richtig. Das bestätigt: Begrenzend wirkt allein die Zahl und Solvenz der Kreditnehmer. Das macht aber auch den enormen Druck deutlich auf die Banker, die zur Verbesserung ihrer Erträge händeringend nach Kreditnehmern suchen müssen. Und daher ist zumindest der einzelne Banker geneigt, zugunsten seiner Boni bei der Prüfung der Solvenz etwas risikofreudiger und kreativer zu sein als es der Bank insgesamt vielleicht gut täte.
Fazit:
Die Geschäftsbanken sind sowohl als Kreditvermittler wie auch als Giralgeldschöpfer tätig. Ein Anteil von ca. 20 %, entsprechend 1,5 Billionen €, stehen den deutschen Banken ohne Zinskosten zur Verfügung. Unbeschränkten Wettbewerb vorausgesetzt können die Banken hieraus jedoch keinen Gewinn generieren.
Ich würde ergänzen: Und bei beschränktem Wettbewerb handelt es sich letztlich nicht um Geldschöpfungsgewinne, sondern um Monopolgewinne.
Die Gewinne landen als „Kreditsubventionen“ bei den Kreditnehmern. In einem Vollgeldmodell würden diese Gewinne bei der Zentralbank entstehen.

Über konstruktive Kritik an meinem Versuch zur Klärung der Geldschöpfungsfrage würde ich mich freuen.
Just my twopence.

Ahoi,
Comenius

Beste Grüße,
Mumken

PS: Auf der Attac-Liste erscheint dieser Beitrag ebenfalls.


Am 25.09.2015 um 11:46 schrieb Rudolf Müller:
Hallo Axel,

die Liquiditätsverordnung ist Bestandteil des Kreditwesengesetzes (§11), in der Fassung vom 14. Dezember 2006, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 2006 Teil I, Nr. 61.

Basel III beschreibt die „Quantitative Liquiditätsanforderungen“ an Kreditinstitute. Capital Requirements Regulation (CRR)

In der Capital Requirements Regulation (CRR) Teil VI werden die im Basel III Rahmenwerk enthaltenen Liquiditätskennzahlen Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio (NSFR) in für Kreditinstitute unmittelbar geltendes Recht überführt. Weitere Details hierzu:
http://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/Liquiditaetsanforderungen/liquiditaetsanforderungen_node.html
Die nationale Liquiditätsverordnung ist bis 2018 durch die CCR zu ersetzen.
Damit ist die Liquiditätsverordnung keinesfalls ungültig bzw. unbrauchbar, wie du es nennst.

Ein grundsätzliches Problem sehe ich in der volkswirtschaftlichen Sichtweise auf den Bankenbetrieb.
Meine Bitte: Betrachte die Bank erst einmal als Einzelbetrieb und versuche die Abläufe in der Bank auch entsprechend einzuordnen. Wenn die internen Prozesse klar sind, kann man ja eine Stufe weiter gehen und die betriebswirtschaftlichen Abläufe in ein volkswirtschaftliches Modell integrieren.
Der umgekehrte Weg, aus volkswirtschaftlichen Erkenntnissen auf Verfahren in einer Bank zu schließen, ohne den Bankbetrieb je näher untersucht zu haben, muss meines Erachtens scheitern.

Aber zurück zur Liquiditätsverordnung. Die Bilanz einer Bahn stellt bekannterweise das Vermögen einer Bank sowie auch deren Schulden und Eigenkapital dar. Bleiben wir bei den Begriffen Forderungen und Verbindlichkeiten, so stehen die Forderungen auf der Aktivseite und die Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bank Bilanz. Das „Zentralbankgeld“ ist in diesem Sinn eine Forderung gegen die Zentralbank. Die einzelne Bank ist nun gemäß Liquiditätsverordnung verpflichtet, jederzeit zahlungsfähig zu sein. Die Anforderungen nach dem Standardansatz der Liquiditätsverordnung sind auf der Seite „Kreditwesengesetz“ wiedergegeben.

Welche Änderung der Betrachtungsweise sich daraus für „Refinanzierungen“ ergeben, ist auf der Seite
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Refinanzierung
aufgeführt. Diese Sichtweise stimmt keinesfalls mehr mit der auf dieser Liste verabschiedeten Mehrheitsmeinung zur Refinanzierung über ein.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaRefinanzierung2

Bestehende Gesetze, welche ja offensichtlich auch noch mit Basel III weiter entwickelt werden zu ignorieren, halte ich für wenig zielführend. Welche Bankenwelt möchtest du beschreiben? Eine, die sich an bestehende Gesetze und Verordnungen hält oder aber eine, die sich für eine bestimmte volkswirtschaftliche Sichtweise als vorteilhaft erweist?

Beste Grüße,
Mumken

Am 25.09.2015 um 08:31 schrieb Axel Grimm:
Mumken schrieb:
bitte ich dich, die Seite „Kreditwesengesetz“
[url="http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Kreditwesengesetz][/url]"

Die Liquiditätskennziffer ist von gestern und heute unbrauchbar.

Grund: Es existieren heute zwei Geldbereich = zwei Liquidtäten. In der Kenn zifffer werden die miteinander vermischt und das macht keinen Sinn.

Mit den EK-Rerseviesrungsregeln wird die Liquidität einer Bank im Nichtbankengeldsektor verändert.

Im Bankgeldsektor (ZB-Giralgeld) macht eine Kennziffer keinen Sinn, denn ZB-Geld kann und wird jederzeit bei der ZB beschafft ggf. wieder reduziert.

Die Banken, die gesunde Aktiva haben, die haben NIE eine Problem mit der Liquidität im Bankengeldsektor, denn die könne praktisch alle Aktiva für lächerlich 0,05% Zins zu ZB-Geld werden lassen und an andern Banken schicken (die dafür 0,2% bezahlen müssen).

Die Bank mit gesunden Aktiva benötigen auch kaum reserviertes Eigenkapital und bauchen somit kaum eine hohe EK-Quote. Das frei EK ist die Liquidiäts einer Bank für konsumtive oder Aufwands-ausgaben.







    




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang