Hallo Mumken,
erstmal Danke für den Beitrag. Er hat bei mir eine Lücke im
Verständnis des Bankgeschäftes schließen können. Aber ein paar
Anmerkungen habe ich:
Am 26.09.2015 um 05:33 schrieb Rudolf Müller:
Als Ergänzung zu meiner
untenstehenden Mail:
Kredit ohne Sparer
„Um Kredite zu vergeben, benötigt eine Geschäftsbank keine
Sparer.“ So oder ähnlich lauten die Schlussfolgerungen
derjenigen, die davon ausgehen, dass Geschäftsbanken Geld aus
dem Nichts schöpfen können. Aus dem „Nichts schöpfen“ heißt
dabei, ohne Deckung durch Sparguthaben. Eine andere Sichtweise
betrachtet die Bank nur als Finanzvermittler; gespartes Geld
wird weiter verliehen.
Wesentliche Grundlagen können an einem Zwei-Banken-Modell,
angelehnt an die „Wicksellsche Idealbank“, gezeigt werden. In
diesem Modell existiert kein Bargeld und auch keine Zentralbank.
Beziehungen zu anderen Ländern bestehen ebenfalls nicht. Es ist
nur eine Volksbank und eine Sparkasse vorhanden. Beide verwenden
den Euro als Währungseinheit.
...
Jede Kreditvergabe erzeugt eine Sichteinlage, d.h. eine täglich
fällige Verbindlichkeit der Bank gegenüber ihren Kunden. Da
Kredite aber nicht aufgenommen werden um das entstandene
Buchgeld dann festzulegen, sondern um Zahlungen zu tätigen, wird
im Durchschnitt immer ein Teil dieses Buchgeldes zu anderen
Banken fließen. Die Position Sichteinlagen kann also nicht
beliebig erhöht werden, ohne negative Auswirkungen auf die
Zahlungsfähigkeit der Bank zu haben.
Allerdings kann man davon ausgehen, dass sich mit hoher
Wahrscheinlichkeit Zu- und Abflüsse bei beiden Banken die Waage
halten. Wenn in den Wechselfällen des Lebens nun mal die eine Bank
etwas günstiger dasteht, kann sie diesen Vorsprung nutzen, um ihre
Kredite zu erhöhen. Damit erhält dann auch die andere Bank wieder
mehr "Luft" ihrerseits ihre Kreditlinie zu erhöhen. Es ist ja immer
nur der _Saldo_ der gegenseitigen Kredite, der vom gegenseitigen
Vertrauen gedeckt sein muss. Solange dieser Saldo überschaubar
bleibt, können die gegenseitigen Kreditlinien prinzipiell unbegrenzt
wachsen. So ist keine theoretisch fassbare Obergrenze für die
Kreditvergabe erkennbar, solange beide (alle) Banken ihr
Kreditvolumen einigermaßen gleichmäßig erhöhen. Begrenzend wirkt
hier nur (und entscheidend!) die Anzahl zahlungsfähiger Schuldner.
Insofern ist mir auch die Sichtweise sympathischer, dass nicht die
Banken das frische Geld erzeugen, sondern die Kreditnehmer, und auch
nur diese können es durch Tilgung (oder Konkurs ;-) wieder
vernichten.
So kommt es auch, dass die QE-Politik der Bundesbank die
_Möglichkeit/Fähigkeit_ der Banken weitere Kredite zu vergeben
erhöht, das aber nur wirken kann, wenn es auch mehr kreditwillige
und kreditwürdige Schuldner gibt. Ohne diese können weder die
Zentralbank noch die Geschäftsbanken Geld schaffen (außer vielleicht
durch "Helikoptergeld" der Zentralbank, was aber auch nur dann die
Nachfrage erhöhen kann, wenn es umverteilend wirkt).
Die Verbesserung dieser Situation
durch Anlage von Spareinlagen hingegen verursacht der Bank
Kosten durch die zu zahlenden Zinsen. Die Bankdevise: „So
liquide wie nötig, so rentabel wie möglich“ verdeutlicht diese
Problematik. In Deutschland bestehen heute ca. 2000 Banken, bei
welchen sich wettbewerbsbedingt ein Mittelwert für Sichteinlagen
in Höhe von 20 % der Bilanzsumme gebildet hat. Für diese
Sichteinlagen entstehen der Bank keine Zinskosten. Diese
Sichteinlagen sind ohne Sparanstrengungen entstanden und wurden
nach der anfangs genannten Definition somit überwiegend aus dem
Nichts geschöpft. Lediglich ein Anteil von 10 % davon muss an
liquiden Zahlungsmitteln, im Rahmen der Liquiditätsverordnung,
vorgehalten werden.
Richtig. Das bestätigt: Begrenzend wirkt allein die Zahl und Solvenz
der Kreditnehmer. Das macht aber auch den enormen Druck deutlich auf
die Banker, die zur Verbesserung ihrer Erträge händeringend nach
Kreditnehmern suchen müssen. Und daher ist zumindest der einzelne
Banker geneigt, zugunsten seiner Boni bei der Prüfung der Solvenz
etwas risikofreudiger und kreativer zu sein als es der Bank
insgesamt vielleicht gut täte.
Fazit:
Die Geschäftsbanken sind sowohl als Kreditvermittler wie auch
als Giralgeldschöpfer tätig. Ein Anteil von ca. 20 %,
entsprechend 1,5 Billionen €, stehen den deutschen Banken ohne
Zinskosten zur Verfügung. Unbeschränkten Wettbewerb
vorausgesetzt können die Banken hieraus jedoch keinen Gewinn
generieren.
Ich würde ergänzen: Und bei beschränktem Wettbewerb handelt es sich
letztlich nicht um Geldschöpfungsgewinne, sondern um Monopolgewinne.
Die Gewinne landen als
„Kreditsubventionen“ bei den Kreditnehmern. In einem
Vollgeldmodell würden diese Gewinne bei der Zentralbank
entstehen.
Über konstruktive Kritik an meinem Versuch zur Klärung der
Geldschöpfungsfrage würde ich mich freuen.
Just my twopence.
Ahoi,
Comenius
Beste Grüße,
Mumken
PS: Auf der Attac-Liste erscheint dieser Beitrag ebenfalls.
Am 25.09.2015 um 11:46 schrieb Rudolf Müller:
Hallo
Axel,
die Liquiditätsverordnung ist Bestandteil des
Kreditwesengesetzes (§11), in der Fassung vom 14. Dezember 2006,
veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 2006 Teil I, Nr. 61.
Basel III beschreibt die „Quantitative Liquiditätsanforderungen“
an Kreditinstitute. Capital Requirements Regulation (CRR)
In der Capital Requirements Regulation (CRR) Teil VI werden die
im Basel III Rahmenwerk enthaltenen Liquiditätskennzahlen
Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio (NSFR) in
für Kreditinstitute unmittelbar geltendes Recht überführt.
Weitere Details hierzu:
http://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/Liquiditaetsanforderungen/liquiditaetsanforderungen_node.html
Die nationale Liquiditätsverordnung ist bis 2018 durch die CCR
zu ersetzen.
Damit ist die Liquiditätsverordnung keinesfalls ungültig bzw.
unbrauchbar, wie du es nennst.
Ein grundsätzliches Problem sehe ich in der
volkswirtschaftlichen Sichtweise auf den Bankenbetrieb.
Meine Bitte: Betrachte die Bank erst einmal als Einzelbetrieb
und versuche die Abläufe in der Bank auch entsprechend
einzuordnen. Wenn die internen Prozesse klar sind, kann man ja
eine Stufe weiter gehen und die betriebswirtschaftlichen Abläufe
in ein volkswirtschaftliches Modell integrieren.
Der umgekehrte Weg, aus volkswirtschaftlichen Erkenntnissen auf
Verfahren in einer Bank zu schließen, ohne den Bankbetrieb je
näher untersucht zu haben, muss meines Erachtens scheitern.
Aber zurück zur Liquiditätsverordnung. Die Bilanz einer Bahn
stellt bekannterweise das Vermögen einer Bank sowie auch deren
Schulden und Eigenkapital dar. Bleiben wir bei den Begriffen
Forderungen und Verbindlichkeiten, so stehen die Forderungen auf
der Aktivseite und die Verbindlichkeiten auf der Passivseite der
Bank Bilanz. Das „Zentralbankgeld“ ist in diesem Sinn eine
Forderung gegen die Zentralbank. Die einzelne Bank ist nun gemäß
Liquiditätsverordnung verpflichtet, jederzeit zahlungsfähig zu
sein. Die Anforderungen nach dem Standardansatz der
Liquiditätsverordnung sind auf der Seite „Kreditwesengesetz“
wiedergegeben.
Welche Änderung der Betrachtungsweise sich daraus für
„Refinanzierungen“ ergeben, ist auf der Seite
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Refinanzierung
aufgeführt. Diese Sichtweise stimmt keinesfalls mehr mit der auf
dieser Liste verabschiedeten Mehrheitsmeinung zur Refinanzierung
über ein.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaRefinanzierung2
Bestehende Gesetze, welche ja offensichtlich auch noch mit Basel
III weiter entwickelt werden zu ignorieren, halte ich für wenig
zielführend. Welche Bankenwelt möchtest du beschreiben? Eine,
die sich an bestehende Gesetze und Verordnungen hält oder aber
eine, die sich für eine bestimmte volkswirtschaftliche
Sichtweise als vorteilhaft erweist?
Beste Grüße,
Mumken
Am 25.09.2015 um 08:31 schrieb Axel Grimm:
Mumken schrieb:
bitte ich dich, die Seite
„Kreditwesengesetz“
[url="http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Kreditwesengesetz][/url]"
Die Liquiditätskennziffer ist von gestern und heute
unbrauchbar.
Grund: Es existieren heute zwei Geldbereich = zwei
Liquidtäten. In der Kenn zifffer werden die miteinander
vermischt und das macht keinen Sinn.
Mit den EK-Rerseviesrungsregeln wird die Liquidität einer Bank
im Nichtbankengeldsektor verändert.
Im Bankgeldsektor (ZB-Giralgeld) macht eine Kennziffer keinen
Sinn, denn ZB-Geld kann und wird jederzeit bei der ZB
beschafft ggf. wieder reduziert.
Die Banken, die gesunde Aktiva haben, die haben NIE eine
Problem mit der Liquidität im Bankengeldsektor, denn die könne
praktisch alle Aktiva für lächerlich 0,05% Zins zu ZB-Geld
werden lassen und an andern Banken schicken (die dafür 0,2%
bezahlen müssen).
Die Bank mit gesunden Aktiva benötigen auch kaum reserviertes
Eigenkapital und bauchen somit kaum eine hohe EK-Quote. Das
frei EK ist die Liquidiäts einer Bank für konsumtive oder
Aufwands-ausgaben.
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