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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?
  • Date: Sun, 27 Sep 2015 15:27:01 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>



Am 24.09.2015 um 11:50 schrieb Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>:

Hallo Arne,

Am 24.09.2015 um 00:59 schrieb Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>:
Hallo Christoph,
könntest du bitte die Zusammenhänge näher erläutern, weil mir sind auch einige Punkte nicht klar.


1. Wegen der Sparlücke, 

Die allgemeine Definition für Sparlücke ist, dass in einer Volkswirtschaft mehr investiert als gespart wird. Diese Sparlücke wird dann nach herrschender Lehrer durch eine Kombination von folgenden Maßnahmen ausgeglichen:
  1. Höhere Zinsen damit die Nachfrage nach Krediten sinkt und die Spareinlagen steigen.
  2. Finanzierung durch ausländisches Kapital
  3. Ausweitung der Zentralbank-Geldmenge

Die herrschende Lehre geht jedoch von der Vorstellung aus, dass Banken Geld von den Sparern einsammeln und an die Investoren in Form von Krediten weiter leiten. Diese Vorstellung wäre in einem reinen Bargeld- oder Vollgeldsystem richtig, aber in unserem derzeitigen Währungssystem bedeutet sparen Geld vernichten und Kreditvergabe Geld schöpfen. Diese Aussage gilt nur zwischen Banken und Nichtbanken und die Geldvernichtung und Geldschöpfung ist auf Zeit.

In unserem derzeitigen Währungssystem werden keine Spareinlagen für die Kreditvergabe benötigt. Sparen und Kreditvergabe sind zwischen Banken und Nichtbanken unabhängige Prozesse. Bei einer horizontalen Kreditvergabe, wie z.B. Krediten zwischen Nichtbanken ist das anders. Hier muss der eine tatsächlich das Geld gespart haben, um es als Kredit vergeben zu können. Aber die Kreditvergabe zwischen Nichtbanken ist verhältnismäßig klein.

Wenn also das sparen und investieren zum größten Teil nichts miteinander zu tun haben, dann kann eine Sparlücke auch nicht Ursache für eine Anstieg der Geldmenge sein. 
Denke, das sind wir erst mal auf einem ähnlichen Stand, siehe http://goodbye-wahnsinn.de/schulden/schulden-sind-die-guthaben-der-vermoegenden-woher-kommt-geld/ 

Hallo Christoph,
mein Vorschlag ist, dass ich zunächst nur auf deine Antwort unten eingehe, denn ich befürchte, dass wir uns in der Komplexität verlieren. Ich habe deinen oben genannten Beitrag gelesen, möchte aber nicht neue Diskussionspunkte aufmachen.

Ich habe versucht mich auf das Argument Sparlücke zu konzentrieren und habe in deiner Antwort nicht erkennen können, inwieweit deine Antwort mit meinen Argumenten zusammenhängen.

Also: Etwas wird erarbeitet und für 100€ verkauft. Statistisch gehen davon 
- 1/3 über den Staat an Sozialeinkommen und staatliche Ausgaben -> fast 100% wird wieder zu Unternehmenseinnahmen, weil Niedrigeinkommen zu fast 100% ausgegeben werden.
- 1/3 an Arbeitnehmer - führt zu ca. >90% Konsum, <10% Sparen oder Kreditzahlungen. das was angespart oder "zurückbezahlt“ wird, fehlt erst einmal den Unternehmenseinnahmen. 
- 1/3 an Vermögenseinkommen - das schließt institutionelle Vermögenseinkommen ein. genaue Zahlen habe ich nicht aber vermutlich um 90% davon gehen in Wiederanlage. Das bedeutet, 90% davon fehlen dem BIP.

M.E. wird bei diesem Szenario die Funktion unseres derzeitigen Finanzsektors zu wenig berücksichtigt, der sich ja gerade nicht nur auf die Vergabe von Krediten an die Realwirtschaft und direkten Dienstleistungen für die Realwirtschaft beschränkt. 

Die Wiederanlage muss nicht zwingend in die Realwirtschaft gehen, sondern sie kann auch im Finanzsektor erfolgen. Unternehmen werden nur investieren, wenn die Investition eine akzeptable Rendite verspricht und nicht weil irgend ein „Sparer“ Geld anlegen möchte. 

Zumal - wie schon an vielen Stellen dargelegt - das Geld der Sparer für Inventionen i.a. gar nicht benötigt wird.

Das, was fehlt, muss nun entweder als Wirtschaftsrückgang akzeptiert oder aber kompensiert werden. Ein Rückgang ist in der Vorstellung der Marktwirtschaft ein Niedergang und nicht akzeptabel.
Also wird das mit Kredit und Direktinvestition kompensiert. 

Oder durch Nachfrage und Konsum aus im Finanzsektor generiertem Einkommen. Diesen Einkommen steht zu einem überwiegenden Teil keine wirtschaftliche oder gesellschaftliche Gegenleistung gegenüber. Über diese Schiene läuft die Ausbeutung der Realwirtschaft durch den Finanzsektor. 


Ein Teil des Geldes kommt also in Unternehmen, indem jemand seine Überschüsse für deren Investition zur Verfügung stellt und der bekommt dann einen Anteil am Unternehmen. So verwandelt sich das sozusagen in Sachvermögen und das Geld ist zurück im Kreislauf.

Wir sind immer noch beim Argument Sparlücke. Und Sparlücke bedeutet, dass mehr investiert wird als gespart. Du betrachtest hier den umgekehrten Fall.

Es hat aber die Eigentumsverhältnisse verschoben und die Unternehmensbewertungen nach oben getrieben (Nachfrage nach Unternehmen erhöht das Vermögen aller anderen Unternehmensbesitzer, auf dem Aktienmarkt wird es deutlicher).

Was z.B. zu diesen oben angesprochenen Einkommen führt, dem keine wirkliche Wertschöpfung gegenübersteht. Aber mit einem Teil dieses Einkommens werden auch Güter der Realwirtschaft gekauft.

Der andere Teil der Lücke wird durch Neukredite geschlossen.

Du sprichst hier nicht von der Sparlücke, sondern m.E. von einer Nachfragelücke nach Gütern der Realwirtschaft, die durch Einkommen aus der Realwirtschaft nicht gedeckt wird. Über diese Lücke und dass diese Lücke insbesondere mit der ungleichen Vermögensverteilung zu tun hat, bestand und besteht kein Dissens. 

Die Realwirtschaft ist aber nur ein Teil der Gesamtwirtschaft. Die leistungslosen Einkommen aus dem Finanzsektor müssen m.E. mit berücksichtigt werden. Sie hängen an der Realwirtschaft wie ein Schmarotzer.

Ganz gleich, ob die Kredite aus vorhandenem Geld kommen oder aus Geldschöpfung, die neuen Kredite müssen die Lücke im Kreislauf füllen, sonst ist die Rezession Fakt.

Hier sind wir an einem zentralen Streitpunkt. Es sind m.E. nicht die Kredite, sondern nur eine Nachfrage, die ganz speziell vorhandene Produktionskapazitäten auslastet, verhindert Rezession. 

Eine Rezession in der Realwirtschaft hat m.E. mehr mit der Dynamik von Anpassungsprozessen zu tun, aber nichts mit der Sparlücke.

Eine Rezession der Realwirtschaft kann auch dadurch herbeigeführt werden, dass eine Rezession im Finanzsektor zu einem Aufbrechen der oben diskutierten Nachfragelücke nach Gütern der Realwirtschaft führt.

Konsens besteht dahingehend, dass Kredite zur Finanzierung dieser speziellen Nachfragelücke eine Rezession verhindern kann. Hier ist die Abwrackprämie ein gutes Beispiel.

Aber - und hier vermute ich einen Dissens - Kredite können genauso gut die Rezession verstärken oder sogar herbeiführen, wenn die Kredite zu einer Überschuldung der Wirtschaftssubjekte führt und aufgrund der Überschuldung die Wirtschaftssubjekte ihren Konsum drastisch zurückfahren müssen oder zahlungsunfähig werden. Dieser Zusammenhang ist m.E. eine Facette in der Schuldenkrise Griechenlands.

Frage: Sind wir uns aufgrund meiner Einwände einig, dass deine These:  Wegen der Sparlücke muss die Geldmenge jährlich wachsen. widerlegt ist?

Falls ja, lass uns den nächsten Punkt diskutieren, falls nein, lass uns diesen Punkt weiter diskutieren.

Viele Grüße
Arne




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