ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
Listenarchiv
- From: Tensor <Tensor AT Piraten-lsa.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?
- Date: Wed, 23 Sep 2015 18:17:34 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Am 23.09.2015 um 08:32 schrieb Comenius:
Am 22.09.2015 um 20:41 schrieb Christoph Mayer:@Comenius: Na ja - ich versteh' das so: (Es kann sein ich liege total daneben - ich habe mir das aus verschiedenen Quellen, die ich in der jüngsten Vergangenheit gesichtet habe, selbst zusammengereimt. In dem Fall - klärt mich bitte auf, wo ich falsch liege.)
Am 22.09.2015 um 19:49 schrieb Amos Comenius <comenius2000 AT gmail.com>:
Ich versuche zu verstehen:
Du sagst, die Tatsache dass die Arbeitsleistenden kein Eigentum am
Betrieb haben, liegt daran, dass das Geld in den Banken oder bei der
Zentralbank produziert wird ??? Da fehlt mir jede Idee, was einen
solchen Zusammenhang wenigstens plausibel machen könnte.
Also - wenn eine G-Bank einen Kredit herausgibt, wird das Geld nur nominell "erzeugt". Die Bank schreibt den Betrag X ja nur in ihre Bücher und muss bei diesen "Schreibvorgängen" nur darauf achten, lächerliche (waren es) 2,5% (?) Eigenkapitaldeckung nicht zu unterschreiten.
Nehmen wir an, der Kredit ist für ein Auto gedacht - dann landet das gesamte mit dem Kredit erzeugte Geld SOFORT im Zuge des Kaufs sofort beim Hersteller. Im gezahlten Preis für das Autos ist der Gewinn des Herstellers inkludiert. Mithin wird das Unternehmen (also der Hersteller des Autos) durch dieses Geschäft etwas wertvoller (VW lassen wir aus aktuellem Anlass mal außen vor - im Prinzip stimmt das aber). Jeder, der Unternehmensbeteiligungen - welcher Art auch immer - an dem Hersteller hält, wird von diesem Wertzuwachs profitieren, während das für die Leute die dort arbeiten erst dann gilt, wenn höhere Löhne gezahlt werden.
Wird der Gewinn in das Unternehmen reinvestiert (also mal wieder ganz platt gesagt in Produktionsmittel), erhöht sich der Wert des Unternehmens ebenfalls und auch hier haben nur die 'was davon, die Beteiligungen an diesem Unternehmen besitzen. Natürlich DARF jedermann Unternehmensbeteiligungen kaufen, aber nicht jedermann KANN es. Z.B. wird der o.g. Kreditnehmer ja in erster Linie dafür sorgen müssen, dass er sein Auto abbezahlt. Hierfür kriegen die meisten Leute ihr Geld durch klassische Lohnarbeit; aber in genau DER liegt die Wertschöpfung. Genau genommen ist nämlich das Auto erst dann etwas wert, wenn es jemand BEZAHLEN KANN, was heute in den meisten Fällen über Kredite geht. Die Bank ist erst dann glücklich und erfährt wie das realwirtschaftliche Unternehmen eine Wertsteigerung, wenn sie genügend (sorry) Deppen findet, die die selbst geschöpften Kredite pünktlich und verzinst bedienen.
Summa summarum ist CMs Argumentation für mich schlüssig; bei der Geldschöpfung der G-Banken erwerben die für die Wertschöpfung zuständigen Leute tendenziell kein Eigentum an Produktionsmitteln, es sei denn, wir sprechen von Krediten, die zu Investitionen verwendet werden und nicht - wie hier beschrieben - für Konsumtion. Bei Aufnahme des ersten Investionskredits mutiert der Kreditnehmer dann natürlich selbst zum Unternehmer.
Die spannende Frage, die mir hierzu spontan einfällt: Kennt jemand von euch das Mengenverhältnis Investitionskredite vs. Konsumtionskredite? Das Orakel lieferte auf Anhieb nichts.
DAS müsste man vermutlich ERZWINGEN. Is aber `ne coole Idee.Das ist der Punkt, wo’s meistens „aushakt“, weil diese Erkenntnis fast nirgendwo annähernd durchgesickert ist.Wie du praktisch feststellen willst, wieviel "real Kaufbares" es gibt, und ob das "gehortete" Geld auch neu gedruckt werden soll und einige weitere Ungereimtheiten sind mir zwar schleierhaft, aber sei's drum. Jedenfalls willst du, dass der Staat soviel frisches Geld druckt, dass es weder zur Deflation noch zur Geldentwertung kommt. Das ist doch erstmal - wir wollen ja konsensorientiert arbeiten - ein akzeptabler Vorschlag.
Vielleicht schrittweise:
1. Wegen der Sparlücke, wegen Horten von Geld und wegen Produktivitätswachstum muss die Geldmenge jährlich wachsen (oder die Umlaufgeschwindigkeit, was aber unrealistisch ist).
2. Eine höhere Geldmenge ist durch Waren und Sachwerte gedeckt, weil mehr hergestellt wird, es ist also in Ordnung die Geldmenge zu erhöhen.
3. Diese Deckung wird durch Wertschöpfung geschaffen. Gäbe es eine höhere Geldmenge und keine Wertschöpfung, dann würde der Geldwert implizit sinken. Beachten: Inflation ist damit nicht gemeint, denn die ist als Preis eines bestimmten Warenkorbs definiert. Hier ist die Deckung des gesamten Geldvermögens durch real Kaufbares gemeint.4. Würde neues Geld da entstehen, wo die Wertschöpfung entsteht, dann würde auch Wohlstand und Eigentum da entstehen, wo die Wertschöpfung entsteht. Konkret kann man das vereinfacht gesagt so machen, dass die Zentralbank so viel neues Geld an Unternehmen, Selbstständige usw. herausgibt, wie in diesem Jahr an neuer Wertschöpfung geschaffen wurde. Dieses Geld würde vom Unternehmen realwirtschaftlich investiert werden
und würde einen großen Teil der Kredite ersetzen -> Genereller Mangel im System beseitigt, Schuldenaufbau gestoppt. Gleichzeitig würden die Mitarbeiter für diesen Betrag Eigentum am Unternehmen erwerben. Sprich: das Eigentum an dem neuen Geld wird denen gegeben, die es erarbeitet haben.
Wer hätte gedacht, dass unser Christoph so ganz klammheimlich die Produktionsmittel in das Eigentum der arbeitenden Klassen überführen will? ;-) Aber im Ernst:D.i. (wahrscheinlich nicht nur) lt. Marx die Gretchenfrage...ich meine die Überführung der Produktionsmittel in das Eigentum der eigentlichen Wertschöpfer.
@CM: Ich teile hier an einigen Stellen Comenius' Skepsis. Aber die Diskussion ist auf jeden Fall interessant. Wir sollten sie weiter führen.
Der Vorschlag ist mir ja irgendwie sympatisch, wirft aber doch einige Fragen auf:
1. Was passiert, wenn alle Kredite durch Unternehmensbeteiligungen der Arbeitnehmer abgelöst sind? Die Wertschöpfung hört dann ja nicht auf. Muss der Unternehmer dann weitere Firmenanteile an den Staat verkaufen, der sie dann an die Arbeitsleistenden weiter gibt? Wird er das wollen?
2. Wird der Unternehmer das überhaupt wollen, dass er für frisches Geld immer Unternehmensbeteiligungen und damit Gewinnanteile abgeben muss? Wird er dann nicht doch lieber Zinsen zahlen und die Kontrolle über das Unternehmen behalten, bevor er sich ausgerechnet von seinen Arbeitnehmern in die unternehmerischen Entscheidungen reinreden lässt? Also entsteht
3. die Frage: Willst du den Unternehmern diese Beteiligungen aufzwingen? Falls nicht: Warum sollte es dann funktionieren?So hat der Unternehmer einen unverminderten „Unternehmerlohn“, die Wirtschaft reduziert ihre Schulden und die Mitarbeiter werden im Verlauf der Zeit immer mehr zu Miteigentümern und Mitverdienern bei Unternehmenswert und Ausschüttungen.Na ja, irgendwann würden die Anteile der Arbeitsleistenden die 50% übersteigen und die Unternehmer wären entmachtet. Wir hätten also ein völlig neues Wirtschaftssystem, was natürlich auch völlig neue Fragen aufwerfen würde.
Damit wird der Konkurrenzkampf Arbeitslohn gegen Kapitallohn irgendwann hinfällig und zu einem gemeinsamen Interesse.
Ein neues Geldsystem bräuchte man dafür aber eigentlich nicht. Die EZB könnte im bestehenden Geldsystem die Aufgabe übernehmen mit vorsichtig neu emittiertem Geld Unternehmensanteile für die Arbeitsleistenden zu kaufen, so dass die Unternehmer ihre Kredite ablösen könnten (Geldvernichtung), was wiederum Spielraum für weitere Geldschöpfung durch die Zentralbank gäbe.
Wie gesagt, ein sympatischer Gedanke. Aber jeder Politiker, der ihn ernsthaft umsetzen wollte, würde von den Herrschenden natürlich sofort als "Kommunist" erkannt und entsprechend bekämpft.
VG - Tensor.
Ahoi,
Comenius
5. Einem Aufbau von ungedecktem Geldvermögen aus dem Ansparen dieses Geldes würde man, wenn nötig durch Gebühr auf Geldvermögen oder Vermögenssteuer entgegenwirken. Alternativ würde man einfach Inflation als implizite Entwertung des Vermögens verwenden, das einen Anreiz bietet, das Geld lieber für Konsum auszugeben oder um ein Haus zu bauen.
6. Ist die Handbremse Schuldgeld in der Wirtschaft gelöst, muss man jedoch noch dafür sorgen, dass real knappes Gut teuer ist, z.B. Rohstoffe wie Erdöl. Denn ein sinnvolles System soll zu mehr Wertschöpfung, nicht aber zu mehr Ausbeutung der Natur führen.
Vielleicht steckt da ja wieder deine Annahme drin, dass die UnternehmerZinsen gehen in realwirtschaftlichen Unternehmen fast immer zu anderen Wirtschaftsteilnehmern, einen erheblichen Teil der Gesamtschulden tragen Unternehmen. Viel davon ist in anderen Zahlungen versteckt, z.B. Pacht, wobei wir wieder bei Grund und Immobilien sind.
den Arbeitern mehr zahlen würden, wenn sie nicht so viel Zinsen zahlen
müssten. Aber auch für diese These gibt es keinerlei Plausibilität.
Solches widerspräche der unternehmerischen Vernunft und jeder Erfahrung.
Solange die Arbeitenden nicht aufmucken, gehen die ersparten Zinsen
natürlich erstmal in den Gewinn.
Denke ich nicht. Nämlich dann nicht, wenn man eben nichts wegnimmt sondern bei den Arbeitsleistenden hinzugibt.Ergo sind die Ursachen zwar mannigfaltig, jedoch ließe sich mit Regeländerungen im Geldsystem viele Dinge im Kern korrigieren, ohne dass man Menschen etwas wegnehmen muss (siehe Vermögenssteuer, Vermögensbegrenzung würde da zur „Kapitalflucht" führen, wo dies möglich ist und würde sehr viele rigide Gesetze erfordern, die an allen Ecken und Enden gegen internationale Verträge verstoßen würden).Ja, das macht natürlich den Gedanken sehr charmant und reizvoll. Wenn da
nicht das kleine Problem wäre, dass es nicht fuktionieren kann. Schon
theoretisch nicht, s.o. und die praktische Umsetzung würde natürlich
auch auf den erbitterten Widerstand der Vermögenden treffen.
Tut man das, floriert die Wirtschaft mehr als in den Ländern, in denen große Bevölkerungsschichten kein Geld für Konsum haben.
Wer will in einer so florierenden Wirtschaft nicht investiert sein?
Diejenigen, die auf Macht aus sind, werden natürlich Widerstand leisten, keine Frage. Aber sie sind in der Minderheit. Da kommt es wieder darauf an, wer die Meinungshoheit gewinnt, und da sind derzeit noch die von jenen Kreisen bezahlten pseudowissenschaftlichen Thinktanks im Vorteil.
Denn im Ergebnis sollen die Kleinen mehr haben, was unweigerlich dazu führenNicht wirklich. Denn in diesem System gibt es mehr Wertschöpfung, also mehr zu verteilen. Wie schon Ludwig Erhard sagte, man muss die Priorität auf das Backen des Kuchens legen, dann gibt es für jeden groß genuge Stücke zum Verteilen. Und faktisch sind wir doch da schon längst, wir müssen wieder da hin kommen, dass wir Arbeit da hin lenken, wo sie nicht zu sinnloser Überproduktion führt, z.B. in Alten- und Krankenpflege.
würde, dass die Vermögenden weniger bekommen.
Also wird auch deines.o., warum sollte jemand sein Kapital aus einem System abziehen, das keine Wirtschaftskrise mehr kennt und stärker floriert, als jedes andere?
Geldsystemreform damit konfrontiert werden, dass sie auch dir ihre
"Folterinstrumente zeigen", heißen sie nun Kapitalflucht,
Freihandelsabkommen oder wie auch immer.
Parallel schafft sich das System implizit Kapital und ist immer weniger von Fremdkapital abhängig. Das ist doch gerade die Crux, wenn man das Schuldgeldsystem durch ein Kaufkraftsystem ersetzt.
Es entsteht Eigentum im Unternehmen und es braucht nicht um die Gunst sogenannter Geldgeber zu buhlen.
Geldgeber ist sowieso ein falscher Begriff, denn Geldgeber ziehen immer mehr Geld ab, als sie geben, sonst könnten sie ja in kürzester Zeit kein Geld mehr geben!
Es sei denn, sie sehen, dass die von dir versprochenen WirkungenWenn man für Inflation sorgt, kann man dadurch eine Vermögenssteuer ersetzen. Und wer nicht am System teilnimmt, der bekommt auch keine Zahlungen. Nach dem Krieg hat die Mehrheit verstanden, dass die Wirtschaft für reale Wertschöpfung da ist und da ihr Fokus liegen muss.
zugunsten der Arbeitenden gar nicht eintreten können. Dann würden sie
vielleicht sogar auf diesen Zug aufspringen, z.B. um eine drohende
Vermögenssteuer zu verhindern.
Die Lohnfrage, die Einkommensverteilung ist und bleibt eine Machtfrage.Da stimme ich zu, für eine Systemänderung zugunsten der Arbeit muss auch das entsprechende Bewusstsein geschaffen sein. Letzlich hätte jeder was davon, aber das muss erst einmal verstanden werden.
Dieser Realität müssen wir uns stellen.
Die Extreme sind in Südafrika deutlich: Einige Reiche, die in militärisch geschützten Anwesen leben und mit gepanzerten Fahrzeugen zu ihrer Arbeit fahren stehen einem Heer von Armen gegenüber, die langsam ihre Skrupel verloren haben, sich kriminell ihren Anteil zu holen. Ist das schön für jemand, der reich ist? Oder ist es schön, wenn jeder wie ein Zombie dahinwandelt und es keine Kreativität, Kunst, fröhliche Menschen mehr gibt? Auch das muss man allerdings erst einmal begreifen...
Wie gesagt, das hängt von der angestrebten Maßnahme ab, ich würde das nicht pauschal sagen.P.S. ein Modell für die Vermögensbegrenzung gibt es schon länger, auch das habe ich schon 2011 vermittelt, nämlich von Harald Wozniewski. Im Gegensatz zu dem, was ein Rudi hier vorschlägt ist dieses Modell wenigstens einigermaßen praktikabel durchdacht und juristisch geprüft. http://www.meudalismus.dr-wo.de/html/buch.htm Ich halte diese Lösung jedoch trotzdem im Gesamten für wenig sinnvoll und auch für noch wesentlich schwerer durchzusetzen als z.B. eine Vermögenssteuer.Die letzte Aussage gilt auch für jede gravierende Änderung des
Geldsystems, die mit Nachteilen für die Vermögenden verbunden ist. Aber
das sei hier nur am Rande vermerkt.
Ahoi,
Comenius
--
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Alexander Raiola, 21.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Rudi, 21.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Christoph Mayer, 22.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Amos Comenius, 22.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Christoph Mayer, 22.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Comenius, 23.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Christoph Mayer, 23.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Comenius, 24.09.2015
- Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?, Christoph Mayer, 24.09.2015
Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.