Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wie entsteht Vermögen?
  • Date: Sat, 26 Sep 2015 05:33:48 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Als Ergänzung zu meiner untenstehenden Mail:

Kredit ohne Sparer

 „Um Kredite zu vergeben, benötigt eine Geschäftsbank keine Sparer.“ So oder ähnlich lauten die Schlussfolgerungen derjenigen, die davon ausgehen, dass Geschäftsbanken Geld aus dem Nichts schöpfen können. Aus dem „Nichts schöpfen“ heißt dabei, ohne Deckung durch Sparguthaben. Eine andere Sichtweise betrachtet die Bank nur als Finanzvermittler; gespartes Geld wird weiter verliehen.

Wesentliche Grundlagen können an einem Zwei-Banken-Modell, angelehnt an die „Wicksellsche Idealbank“, gezeigt werden. In diesem Modell existiert kein Bargeld und auch keine Zentralbank. Beziehungen zu anderen Ländern bestehen ebenfalls nicht. Es ist nur eine Volksbank und eine Sparkasse vorhanden. Beide verwenden den Euro als Währungseinheit.

Die Möglichkeit Buchgeld zu schöpfen ist bei der „Wicksellschen Idealbank“, als einzige Bank im Lande, unbegrenzt. Bei zwei Banken hängt diese Fähigkeit vom Verhältnis der Banken zueinander ab.

Grenzenloses Vertrauen
Die beiden Banken stehen nicht im Wettbewerb, geben sich gegenseitig Kredit in unbeschränkter Höhe und verhalten sich somit gegenüber den Nichtbanken wie die Wicksellsche Idealbank. Sie können Kredite und damit Buchgeld in unbegrenzter Höhe erschaffen und auch Überweisungen zwischen ihren Kunden tätigen.

Ohne jegliches Vertrauen
Beide Banken stehen im Wettbewerb. Jede Bank kann zwar unbegrenzt eigenes Buchgeld schaffen, dieses jedoch nicht an die andere Bank überweisen. Das eigene Buchgeld kann nur innerhalb der eigenen Bankkundschaft zirkulieren.

Begrenztes Vertrauen
Erst mit Hilfe eines beiderseits anerkannten Zahlungsmittels, kann ein Überweisungsverkehr aufgenommen werden. Dieses Zahlungsmittel kann aus besicherten oder unbesicherten gegenseitigen Krediten bestehen. Die Wettbewerbssituation zwischen den beiden Banken begrenzt indirekt auch die Höhe dieser Kredite.

Dazu folgendes Beispiel:
Die Volksbank stellt auf dem Kreditwege 1 Million € Buchgeld für den Kunden Anton her. Will Anton davon 700.000 € an Benno, der Kunde bei der Sparkasse ist, überweisen, muss die Volksbank zuvor einen Kredit in dieser Höhe bei der Sparkasse aufnehmen. Erst dann ist die Sparkasse bereit, Benno den Betrag von 700.000 € gutzuschreiben. Sie besitzt jetzt eine Forderung gegen die Volksbank über diesen Betrag und gleichzeitig auch eine entsprechende Verbindlichkeit gegenüber ihren Kunden Benno.

Gehen Überweisungen immer nur in Richtung Sparkasse, gehört die Volksbank irgendwann der Sparkasse, da diese entsprechend viele Schulden der Volksbank gesammelt hat.
Die Volksbank wird folglich ein Interesse daran haben, ihre Schulden gegenüber der Sparkasse nicht zu groß werden zu lassen. Eine größere Streuung der aufgenommenen Kredite ist deshalb von Vorteil. Bei wem kann sie jedoch, außer bei der Sparkasse, Kredite aufnehmen? Bei ihren eigenen Kunden. Ein Kredit bei einem Bankkunden bedeutet, dass dieser für einen vereinbarten Zeitraum auf die Inanspruchnahme seines Sichtguthabens verzichtet, er spart. Das gesamte Sparvolumen der Volksbank kann somit den Bereich der Volksbank für die Spardauer nicht verlassen.

Die Passivseite der Bankbilanz, also die Schulden der Bank, kann man aufteilen in:
o    Sichtguthaben; relativ unbeständig, da jederzeit durch Überweisung an eine andere Bank veränderbar
o    Kredite von Banken; erzwingen Verschuldung gegenüber Mitbewerber und benötigen gegebenenfalls Sicherheiten
o    Kredite von Nichtbanken; relativ langfristige, sichere Verbindlichkeiten, benötigen keine Sicherheiten

Korrekt ist, dass zur Krediterzeugung nicht unbedingt Sparer erforderlich sind, d.h. die Position „Kredite von Nichtbanken“ könnte entfallen. Es bleiben aber die Positionen „Sichtguthaben“ und „Kredite von Banken“. Diese erhöhen sich dann entsprechend. Würde die Passivseite nur aus Sichtguthaben bestehen bestünde eine Situation, wie unter „Ohne jegliches Vertrauen“ beschrieben.

Um Zahlungen zwischen Banken zu bewerkstelligen, sind entsprechende Kredite zwischen diesen erforderlich, wie in obigem Beispiel gezeigt.
Die Kredite von Nichtbanken bilden eine konstante Basis an bankenunabhängigen Verbindlichkeiten. Ohne diese Kredite bewegt sich die Bank auf dünnem Eis. Der Einbruch des gegenseitigen Vertrauens unter Banken kann hier zu ernsthaften Krisen führen, wie die Finanzkrise nach 2008, besonders bei den Großbanken mit ihrem eingeschränkten Sparvolumen von Nichtbanken, gezeigt hat.

Die grundsätzliche Aufteilung der Passivseite geschieht bei jeder Bank nach Rentabilität- und Liquiditätsgesichtspunkten, zu sehr unterschiedlichen Anteilen. Einen ersten Anhaltspunkt bietet die Deutsche Bundesbank in ihren Monatsstatistiken, mit den zusammengefassten Daten aller Banken. Von der gesamten Passivseite betragen die

Sichteinlagen 20 %
Termin- und Spareinlagen sowie Schuldverschreibungen 50 %
Einlagen von Banken 23 %
Eigenkapital und Rücklagen 7 %

Jede Kreditvergabe erzeugt eine Sichteinlage, d.h. eine täglich fällige Verbindlichkeit der Bank gegenüber ihren Kunden. Da Kredite aber nicht aufgenommen werden um das entstandene Buchgeld dann festzulegen, sondern um Zahlungen zu tätigen, wird im Durchschnitt immer ein Teil dieses Buchgeldes zu anderen Banken fließen. Die Position Sichteinlagen kann also nicht beliebig erhöht werden, ohne negative Auswirkungen auf die Zahlungsfähigkeit der Bank zu haben. Die Verbesserung dieser Situation durch Anlage von Spareinlagen hingegen verursacht der Bank Kosten durch die zu zahlenden Zinsen. Die Bankdevise: „So liquide wie nötig, so rentabel wie möglich“ verdeutlicht diese Problematik. In Deutschland bestehen heute ca. 2000 Banken, bei welchen sich wettbewerbsbedingt ein Mittelwert für Sichteinlagen in Höhe von 20 % der Bilanzsumme gebildet hat. Für diese Sichteinlagen entstehen der Bank keine Zinskosten. Diese Sichteinlagen sind ohne Sparanstrengungen entstanden und wurden nach der anfangs genannten Definition somit überwiegend aus dem Nichts geschöpft. Lediglich ein Anteil von 10 % davon muss an liquiden Zahlungsmitteln, im Rahmen der Liquiditätsverordnung, vorgehalten werden.

Fazit:
Die Geschäftsbanken sind sowohl als Kreditvermittler wie auch als Giralgeldschöpfer tätig. Ein Anteil von ca. 20 %, entsprechend 1,5 Billionen €, stehen den deutschen Banken ohne Zinskosten zur Verfügung. Unbeschränkten Wettbewerb vorausgesetzt können die Banken hieraus jedoch keinen Gewinn generieren. Die Gewinne landen als „Kreditsubventionen“ bei den Kreditnehmern. In einem Vollgeldmodell würden diese Gewinne bei der Zentralbank entstehen.

Über konstruktive Kritik an meinem Versuch zur Klärung der Geldschöpfungsfrage würde ich mich freuen.

Beste Grüße,
Mumken

PS: Auf der Attac-Liste erscheint dieser Beitrag ebenfalls.


Am 25.09.2015 um 11:46 schrieb Rudolf Müller:
Hallo Axel,

die Liquiditätsverordnung ist Bestandteil des Kreditwesengesetzes (§11), in der Fassung vom 14. Dezember 2006, veröffentlicht im Bundesgesetzblatt 2006 Teil I, Nr. 61.

Basel III beschreibt die „Quantitative Liquiditätsanforderungen“ an Kreditinstitute. Capital Requirements Regulation (CRR)

In der Capital Requirements Regulation (CRR) Teil VI werden die im Basel III Rahmenwerk enthaltenen Liquiditätskennzahlen Liquidity Coverage Ratio und Net Stable Funding Ratio (NSFR) in für Kreditinstitute unmittelbar geltendes Recht überführt. Weitere Details hierzu:
http://www.bafin.de/DE/Aufsicht/BankenFinanzdienstleister/Liquiditaetsanforderungen/liquiditaetsanforderungen_node.html
Die nationale Liquiditätsverordnung ist bis 2018 durch die CCR zu ersetzen.
Damit ist die Liquiditätsverordnung keinesfalls ungültig bzw. unbrauchbar, wie du es nennst.

Ein grundsätzliches Problem sehe ich in der volkswirtschaftlichen Sichtweise auf den Bankenbetrieb.
Meine Bitte: Betrachte die Bank erst einmal als Einzelbetrieb und versuche die Abläufe in der Bank auch entsprechend einzuordnen. Wenn die internen Prozesse klar sind, kann man ja eine Stufe weiter gehen und die betriebswirtschaftlichen Abläufe in ein volkswirtschaftliches Modell integrieren.
Der umgekehrte Weg, aus volkswirtschaftlichen Erkenntnissen auf Verfahren in einer Bank zu schließen, ohne den Bankbetrieb je näher untersucht zu haben, muss meines Erachtens scheitern.

Aber zurück zur Liquiditätsverordnung. Die Bilanz einer Bahn stellt bekannterweise das Vermögen einer Bank sowie auch deren Schulden und Eigenkapital dar. Bleiben wir bei den Begriffen Forderungen und Verbindlichkeiten, so stehen die Forderungen auf der Aktivseite und die Verbindlichkeiten auf der Passivseite der Bank Bilanz. Das „Zentralbankgeld“ ist in diesem Sinn eine Forderung gegen die Zentralbank. Die einzelne Bank ist nun gemäß Liquiditätsverordnung verpflichtet, jederzeit zahlungsfähig zu sein. Die Anforderungen nach dem Standardansatz der Liquiditätsverordnung sind auf der Seite „Kreditwesengesetz“ wiedergegeben.

Welche Änderung der Betrachtungsweise sich daraus für „Refinanzierungen“ ergeben, ist auf der Seite
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Refinanzierung
aufgeführt. Diese Sichtweise stimmt keinesfalls mehr mit der auf dieser Liste verabschiedeten Mehrheitsmeinung zur Refinanzierung über ein.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/ThemaRefinanzierung2

Bestehende Gesetze, welche ja offensichtlich auch noch mit Basel III weiter entwickelt werden zu ignorieren, halte ich für wenig zielführend. Welche Bankenwelt möchtest du beschreiben? Eine, die sich an bestehende Gesetze und Verordnungen hält oder aber eine, die sich für eine bestimmte volkswirtschaftliche Sichtweise als vorteilhaft erweist?

Beste Grüße,
Mumken

Am 25.09.2015 um 08:31 schrieb Axel Grimm:
Mumken schrieb:
bitte ich dich, die Seite „Kreditwesengesetz“
[url="http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Kreditwesengesetz][/url]

Die Liquiditätskennziffer ist von gestern und heute unbrauchbar.

Grund: Es existieren heute zwei Geldbereich = zwei Liquidtäten. In der Kenn zifffer werden die miteinander vermischt und das macht keinen Sinn.

Mit den EK-Rerseviesrungsregeln wird die Liquidität einer Bank im Nichtbankengeldsektor verändert.

Im Bankgeldsektor (ZB-Giralgeld) macht eine Kennziffer keinen Sinn, denn ZB-Geld kann und wird jederzeit bei der ZB beschafft ggf. wieder reduziert.

Die Banken, die gesunde Aktiva haben, die haben NIE eine Problem mit der Liquidität im Bankengeldsektor, denn die könne praktisch alle Aktiva für lächerlich 0,05% Zins zu ZB-Geld werden lassen und an andern Banken schicken (die dafür 0,2% bezahlen müssen).

Die Bank mit gesunden Aktiva benötigen auch kaum reserviertes Eigenkapital und bauchen somit kaum eine hohe EK-Quote. Das frei EK ist die Liquidiäts einer Bank für konsumtive oder Aufwands-ausgaben.







Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang