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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016
  • Date: Fri, 29 Jan 2016 12:43:34 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


> Am 29.01.2016 um 10:39 schrieb Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>:
>
> Hallo Jürgen,
>
> die geführte Diskussion über die Art eines Rekursionsankers usw. halte ich
> für sehr verwirrend. Was soll damit gezeigt werden?

Es soll der rekursive Charakter unseres heutigen Kreditgeldes auch in der
Definition zum Ausdruck kommen.

Bei einem Vollgeldsystem benötigt man keine rekursive Definition. Hier kann
man einfach definieren: Geld ist ein Anspruch auf Geld gegenüber der
Zentralbank. D.h. Geld ist ein Anspruch (= subjektives Recht) und die
Leistung, auf die sich der Anspruch bezieht ist Geld. Z.B. für Banknoten gibt
es die gleichwertige Menge Münzen oder eine Gutschrift auf einem Girokonto.

>
> Meine Sichtweise:
> Die Zusammenführung verschiedenster Formen und Funktionen von
> Zahlungsmitteln unter dem Oberbegriff „Geld“ und dieses dann zu definieren
> als:
> „Geld ist ein verbriefter, handelbarer Rechtstitel (z.B. Anspruch auf Güter
> und Leistungen)“
> halte ich für sehr problematisch.
> Um klarzustellen, worüber ich spreche erscheint mir eine Unterscheidung von
> Geld in
> o Warengeld,
> o Kreditgeld und
> o Willkürgeld
>
> sinnvoll, da sie mir erste Erkenntnisse erlaubt, wovon wir heute sprechen
> wenn wir über Geld diskutieren.
> Warengeld gehört mit wenigen, kaum noch in Erscheinung tretenden Ausnahmen,
> der Vergangenheit an. Die aus dem Warengeld resultierende „Ding-Geld-Welt“
> haben wir damit endgültig verlassen und doch ist sie noch nachhaltig in
> unserer Gedankenwelt über das Geldwesen verankert. So in der direkten
> Übertragung der Funktion werthaltiger Münzen auf unser heutiges
> gesetzliches Zahlungsmittel, unser Bargeld. Desto mehr Zutaten man in einen
> Topf gibt, desto größer die mögliche Vielfalt an
> Interpretationsmöglichkeiten was denn nun grundlegend sei.
> Ein Blick in die Geschichte erhellt einiges. Wie Du, Jürgen, zutreffend
> erwähnt hast, sind Zentralbanken eine ziemlich neue Erfindung. Auch die
> Bank of England, welche als Mutter unserer Zentralbanken angesehen wird,
> hatte in ihren Anfängen (gegr. 1694) noch keine Zentralbankfunktionen. Sie
> war eher ein Anleihenfond zur Staatsfinanzierung und betrieb, neben anderen
> Banken in London auch Bankgeschäfte. Durch Einfluss der Anteilseigner auf
> die Gesetzgebung eignete sie sich Privilegien an, welche dazu führten, dass
> sie zu einer Institution wurde, die wir heute als Zentralbank bezeichnen.
> So begann sie schon sehr früh, sich das Bargeldmonopol zu sichern. Andere
> Banken wurden dazu gesetzlich in ihrer Bargeldproduktion massiv
> eingeschränkt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts klinkte sie sich in das seit
> 1770 bestehende Clearing- und Settlementsystem der Londoner Banken ein.
> Das Bargeldmonopol wie auch die Möglichkeit die Währung durch Annahme an
> öffentlichen Kassen zu festigen, führte F. Knapp 1905 zu seiner
> „Staatlichen Theorie des Geldes“.
> Knapp in seinem Vorwort:
> „Die Herleitung aus einer staatslosen Betrachtungsweise halte ich für ganz
> veraltet, ja sogar ganz verkehrt, so verbreitet diese Anschauungen noch
> immer sein mögen.“
> Nach seiner Theorie ist also die staatliche Setzung des Geldes der Dreh-
> und Angelpunkt unseres Geldsystems. Knapp wollte das „Zahlungswesen als
> Zweig der Staatswissenschaft“ ansehen.
> Aus dieser Betrachtungsweise erwachsen dann die Formeln „Buchgeld ist ein
> Anspruch auf das gesetzliche Zahlungsmittel, unser Bargeld“ oder sogar die
> nichtssagende Verkürzung „Geld ist ein Anspruch auf Geld“
> Welche Erkenntnisse werden gewonnen, wenn man die staatliche Festsetzung,
> juristische Begriffe von Rechtstiteln und volkswirtschaftliche Sichtweisen
> beiseite lässt, und sich beispielsweise die Beschaffung von 1.000 € Bargeld
> durch eine Nichtbank auf der rein betriebswirtschaftlichen Ebene der Banken
> ansieht?
> Dabei wird ceteris paribus vorausgesetzt, d.h. die Bank hat nicht zufällig
> nicht mehr benötigtes Bargeld in ihrem Tresor und auch kein überflüssiges
> Zentralbank-Buchgeld.
> Im ersten Schritt muss die Nichtbank einen Kredit über 1.000 € bei der
> Geschäftsbank aufnehmen und erhält im Gegenzug ein Bankguthaben über 1.000
> €. Da die Geschäftsbank kein Bargeld herstellen kann, wendet sie sich an
> die Zentralbank, nimmt einen Kredit über 1.000 € bei der Zentralbank auf
> und erhält bei dieser ein entsprechendes Guthaben. Dieses Guthaben lässt
> sie sich mit Bargeld auszahlen und leitet dann das erhaltene Bargeld an die
> Nichtbank weiter. Nichtbank, Geschäftsbank und Zentralbank haben eine
> Bilanzmehrung erfahren. Grundlegend für die Beschaffung von den 1.000 €
> Bargeld war jedoch die Bereitschaft der Nichtbank, sich zu verschulden. Das
> Bargeld ist also auf dem Kreditwege entstanden.
> Auch ein Geldsystem ohne Bargeld kann man sich so vorstellen. Es entfällt
> dann gegebenenfalls die Kreditaufnahme bei der Zentralbank, sofern das
> entstandene Geschäftsbanken-Buchgeld bei der Geschäftsbank verbleibt,
> Zahlungen an andere Banken verrechnet werden können oder aber bei der
> anderen Bank ein Kredit aufgenommen wird.
> Würde die Zentralbank nicht durch gesetzliche Vorgaben (z.B.
> Mindestreserve, Bargeldversorgung der Nichtbanken) eine künstliche
> Abhängigkeit der Geschäftsbanken herbeiführen, würde sie für den
> Bankbetrieb eigentlich nicht benötigt.

> Andere Funktionen der Zentralbank wie Durchsetzung staatlicher Vorgaben und
> Gesetze zur Sicherstellung eines funktionierenden Geldmarktes werden
> bewusst hier ausgeklammert. Auch die, teils fragwürdige Lenkfunktion der ZB
> sei hier außen vorgelassen. Die Dienstleistung Zahlungsverkehr incl.
> Auslandsüberweisungen benötigt ebenfalls nicht wirklich eine Zentralbank.
>
> Weshalb also das Zentralbankgeld als den Mittelpunkt unseres Geldsystems
> ansehen?
>
> Beste Grüße
> Mumken
>
> PS: s.a.
> https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Das_Geldsystem
>
> --
> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik





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