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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: Jürgen <jack_r AT arcor.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de, moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016
  • Date: Thu, 28 Jan 2016 00:34:32 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Am 27.01.2016 um 22:06 schrieb Jürgen <jack_r AT arcor.de>:

Moin,

Wenn ich mich mal in die Diskussion einmischen darf, dann sehe ich der
Schlüssel bzgl. der Frage: *Was ist Geld?* tatsächlich das Thema *Recht* an.
Da stimme ich auch Arne zu. Mit seiner Definition *Geld := Anspruch auf Geld*
habe ich meine Probleme, weil *Geld* zu beiden Seiten der Definitionsgleichung
auftaucht (Ich hätte da eine andere Definition, die frei von dem Problem ist).

Hallo Jürgen,
zugegeben rekursive Definitionen sind außerhalb der Mathematik eher gewöhnungsbedürftig.

Der Satz „Geld ist ein Anspruch auf Geld.“ wäre ohne den sog. Rekursionsanker: „Ein Anspruch auf Geld gegen die Zentralbank ist Geld.“ in der Tat problematisch. - Aber beide zusammen sind eine astreine rekursive Definition. Allerdings muss man die genaue Definition der einzelnen Begriffe beachten. Näheres siehe: http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Geld_ist_ein_Anspruch_auf_Geld 


In Folge macht m.E. auch die *Differenzierung  zwischen forderungslosen
Eigentumsrechten (gesamtwirtschaftliches Nettovermögen) und Forderungen
(gesamtwirtschaftliches Nullvermögen* Sinn

Es macht nicht nur Sinn, sondern ist auch üblich Rechtsinstitute wie Eigentum und Anspruch zu trennen.


Wie würdest du demnach das Arbeitseinkommen eines abhängig Beschäftigten
einordnen? Eigentumstitel oder Forderung?
Das sollte man m.E. auch den Zeiptunkt betrachtet:
-solange der Arbeitnehmer die Arbeit geleistet hat, aber nicht bezahlt wurde,
hat er eine Forderung gegen seinen Arbeitgeber (=ein Recht auf die Zahlung
des ausstehenden Lohns, bei einem Vorschuss dreht sich die Sache um)
-wenn er (wie heute üblich) den Lohn überwiesen bekommt ist es eine
Forderung gegenüber seiner Bank
-wenn er (sehr unüblich) z.B. in Gold ausgezahlt wird, wird es ein Eigentumsrecht

Genau so seh ich die Sache auch.

Viele Grüße
Arne



bye
 Jürgen

On 2016-01-20 18:56:48, moneymind wrote:
Hallo Gerhard,

ivl1705 schrieb:
moneymind schrieb:
Grüß dich Gerhard,
Nein, kein Rückschritt. Das Konzept "Recht" hebt gerade das Gemeinsame
von Waren und Geld hervor, nämlich in ihrem Vermögensaspekt
Rechtstitel
darzustellen. Waren sind Eigentumstitel (und Warengeld - seit
Abschaffung des Goldstandards überhaupt nicht mehr im Gebrauch -
ebenfalls), Kreditgeld besteht aus Forderungstiteln.
Die Differenzierung, die Du forderst, besteht in der Differenzierung
zwischen forderungslosen Eigentumsrechten (gesamtwirtschaftliches
Nettovermögen) und Forderungen (gesamtwirtschaftliches Nullvermögen).
So kann man es auch sagen. Das ist die Quintessenz aus der
quantumökonomischen Unterscheidung von Fixkapital und
Finanzierungskapital.

Diese Begriffe finde ich zuwenig eindeutig und zu mißverständlich. Schon
der Begriff "Kapital" wird so wieder anders verwendet als von
Businesspraktikern selbst, und die unterschiedlichen Bedeutungen, die im
Ökonomen gegeben haben, sind ziemlich beliebig.

Eigentumsrechte und Forderungen (beides Vermögensrechte) sind juristisch
klar definiert. Im Rechnungswesen spricht man statt "Eigentum"
mißverständlich von "Realvermögen". "Eigentum" wäre konsequent, denn nur
der Eigentumstitel stellt das Vermögen dar, nicht das "reale Gut" selbst.

Beispiel: ein vermietetes Haus. Der Eigentümer hat das Vermögen (auf der
Aktivseite seiner Bilanz), aber nicht das Haus. Der Mieter hat (besitzt)
das Haus, hat aber nicht das Vermögen (Eigentumsrecht).

Anderes Beispiel: Haus in einer vorstaatlichen Gesellschaft. Ist KEIN
Vermögen, denn dort bilanziert niemand, weil es auch kein Vertragsrecht
gibt. Sondern nur informelle Besitzrechte.

Das Eigentumsrecht bezieht sich auf zukünftige Verkaufsmöglichkeiten.
Klar: wenn das Haus von einer Bombe zerstört wird, ist es auch "nix mehr
wert". Der Eigentümer hat jetzt Rechte an einem Haufen Schrott (Ansprüche
gegen Versicherungen lassen wir mal außen vor). Warum ist der Schrott nix
mehr wert?!? Weil ihn wahrscheinlich in diesem Zustand kaum einer zu dem
Preis kaufen will, den er für das Haus im intakten Zustand bezahlt hätte.

Fazit: nur Eigentumsrechte sind Vermögen, Güter nicht. Der "Wert" von
Eigentumsrechten bezieht sich auf erwartete Vermögenstransaktionen
(erzielbare Preise, sonstige Erträge, etc.).

Die wesentliche Frage in der Ökonomie nach der eigentlichen
Wertschöpfung, d.h. wie Wert überhaupt entsteht, wird komplett außen
vor
gelassen.
Hier stimme ich Dir zu, daß Arne das offensichtlich weitgehend so macht
(soweit jedenfalls mein bisheriger Eindruck, vielleicht steuert er ja da
noch Klärungen bei). Ich sehe es aber im Gegensatz zu Dir so, daß die
rechtliche Begrifflichkeit die Antwort auf die von Dir völlig zu Recht
aufgeworfene Frage überhaupt erst sinnvoll und schlüssig ermöglicht.
Entscheidend ist hier zunächst die Differenzierung, daß Eigentumstitel
a) nominal variabel sind, d.h. in Relation zu erwarteten Erträgen
tagesaktuell jeweils neu bewertet werden und b) gesamtwirtschaftliches
Nettovermögen darstellen, während Forderungen a) nominal fixiert sind,
d.h. auf einklagbare Fixbeträge lauten und b) gesamtwirtschaftliches
Nullvermögen darstellen.
Wie würdest du demnach das Arbeitseinkommen eines abhängig Beschäftigten
einordnen? Eigentumstitel oder Forderung?

Wenn er es in Form einer Überweisung auf sein Konto oder in bar ausgezahlt
bekommt, Forderung (unter der Voraussetzung, daß wir wie heute in einem
reinen Kreditgeldsystem leben). Wenn Gold als Zahlungsmittel dient und er
in Gold ausgezahlt bekommt: Eigentum. Wenn er es in Form von Gütern
ausgezahlt bekommt (5 Sack Kartoffeln fürs Helfen bei der Kartoffelernte):
Eigentum.

Unterscheidungskriterien:

Eigentumsrechte sind a) Ausschlußrechte gegenüber allen anderen privaten
Wi-Subjekten und gegenüber dem Staat (Ausnahme: Besteuerung), b) nominal
variable Vermögensrechte für den Berechtigten, die dieser in Abhängigkeit
von erwarteten zukünftigen Transaktionsmöglichkeiten ständig neu bewerten
muß; und b) gesamtwirtschaftlich gesehen Nettovermögen.

Forderungen sind a) Ansprüche gegenüber einer anderen Rechtsperson, also
ein soziales Verhältnis, b) nominal fixierte Vermögensrechte für den
Berechtigten, die zum Zeitpunkt der Fälligkeit auf einen Fixbetrag lauten
(und vorher nur mit einem Abschlag zu verkaufen sind), und b)
gesamtwirtschaftlich gesehen Nullvermögen.

Hier haben wir ein Kernproblem am Kragen gepackt, das des
Verhältnisses
zwischen der "Real"- und der "Nominalsphäre".
Genauso ist es.

Das würde mich interessieren, welche Lösung der Quantum-Ansatz da
vorschlägt.

Es kann m.E. sinnvoll nur durch die oben beschriebene Differenzierung
INNERHALB des Eigentumsrechts-Begriffs gelöst werden. Wie genau? Da
muß
ich mir selbst noch Gedanken machen.
Vielleicht durch eine Analogie zur Bilanztheorie?
Dort unterscheidet man zwischen Anlagevermögen und Umlaufvermögen.
Kapitalseitig hätten wir dann mit Fixkapital und Finanzierungskapital
eine Entsprechung.


Das verstehe ich nicht.

1) Die Kategorie "Umlaufvermögen" enthält ja sowohl Eigentumsrechte
(Vorprodukte, Waren zum Verkauf) als auch Forderungen (z.B. Giralguthaben
bei GBen, Bargeld, etc.).

2) Was genau meinst Du mit "Kapital"? Die Passivseite oder die Aktivseite?
Da geht die übliche Begriffs-Konfusion schon los. Warum nicht einfach klar
und einfach die Begriffe so verwenden, wie sie Juristen (BGB) und
Kaufleute (Rechnungswesen) verwenden? DAS ist doch ihre Bedeutung in der
täglichen Praxis.

3) Falls Du mit "Fixkapital" Eigentumsrechte meinst, mit
"Finanzierungskapital" Forderungen: beide gehören zur Nominalsphäre. Real
sind nur die Güter, auf die sich die Eigentumsrechte beziehen, aber Güter
können nicht in Geldeinheiten gemessen werden, sondern z.B. in
Gewichtsmaßen. Güter gehören in die Welt der Technik, des
Ingenieurswesens, der Physik etc.

Vermögensrechte gehören in die Welt sozialer Bedeutungszusammenhänge. Ihr
quantitativer Aspekt bezieht sich auf Zukunftserwartungen in Bezug auf
künftige Vermögenserträge, die sich über ihre Nutzung oder ihren Verkauf
möglicherweise erzielt werden können. Erwartungen kann man nicht auf eine
Waage legen, mit dem Meterstab abmessen oder in Scheiben zerlegen.

Veblen unterscheidet da zwischen "Industry" (stofflich-technische Sphäre)
und "Business" (rechtliche/Vermögenssphäre). "Wirtschaft" hat mit
letzterem zu tun. Die Lehrbuchdefinition von Wirtschaften als "Umgang mit
knappen /Gütern/" ist also unbrauchbarer, irreführender Schrott.

Wirtschaften ist der Umgang mit Vermögensrechten. Was Zivilrecht und Staat
voraussetzt. Punkt.

Solange man eine geschlossene Volkswirtschaft betrachtet, macht die
Unterscheidung zwischen Eigenkapital und Fremdkapital auf
gesamtwirtschaftlicher Ebene keinen Sinn.

Ja, wobei gesamtwirtschaftlich dann real nur heißen kann,
weltwirtschaftlich, denn praktisch jede "Volks"-Wirtschaft
(nationalstaatsbezogen) ist (heute) offen, hat also einen
Leistungsbilanzsaldo, der sich mit dem des Rests der Welt zu Null addiert.

Grüße
Wolfgang

--
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