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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016
  • Date: Sat, 30 Jan 2016 09:39:10 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rudolf,

Hallo Wolfgang,

einige Deiner Ausführungen kann ich nicht ganz verstehen. Die Fragen unten im Text.

moneymind schrieb:
These: die Frage, "was ist Geld"? ist für die Tonne.

Wir brauchen ein Verständnis für:

1) Eigentumsrechte (denen KEIN Schuldner gegenübersteht)
2) Forderungen auf abstrakten Vermögenswert (denen ein Schuldner gegenübersteht)
3) NICHT-zivilrechtliche Formen des Austauschs (die die für 1/2 typischen Kreislaufparadoxa nicht aufweisen)
1 und 2 sind klar, was kann ich mir unter 3 praktisch vorstellen?

Ohne Staat (Kurzzusammenfassung vergleichender ethnologischer Forschung):
https://www.dropbox.com/s/b9qyxiat426r1vl/Uwe%20Wesel%20-%20Reziprozit%C3%A4t.pdf?dl=0

Mit Staatsplanung (ohne Zivilrecht):
https://www.dropbox.com/s/p12zx8iq5d1x5eh/Verdery%20-%20Anthropology%20of%20Socialist%20Societies.pdf?dl=0

Dort ab S. 2 ganz unten: Redistributive Bureaucracies and Reciprocal Exchange.

"Geld" kann man nur funktional definieren, als allgemeines Tauschmittel, "Wertaufbewahrungsmittel" (d.h. Tauschmittel für die Zukunft), und Zahlungsmittel (bei nicht direktem, sondern zeitverschobenem Tausch).

"Geld" kann es innerhalb oder außerhalb einer zivilen Rechtsordnung geben. Beispiele für ein "außerhalb":

- "Zigarettenwährung" (Zigis als allg. Tauschmittel) bei zusammengebrochener Rechtsordnung nach dem Krieg

Innerhalb einer zivilen Rechtsordnung gibt es Kreditverhältnisse und Kreditzahlungsmittel, die - neben Clearing - eine Möglichkeit der Erfüllung von Forderungen darstellen. Kreditzahlungsmittel stellen eine Teilmenge der Menge aller Forderungen dar. Ihnen steht ein Schuldner gegenüber, dessen Verbindlichkeit die Forderung (ZB für den Gläubiger) darstellt.
(ZB für den Gläubiger) Die Aussage in der Klammer bedeutet was?
Gesamtwirtschaftlich existiert netto kein Kreditgeldvermögen (da Forderung-Verbindlichkeit = 0).

Zu Beginn gab es auch "Warenzahlungsmittel" (Eigentumsrechte an Münzen z.B.), die nur aktiv aber von niemandem passiv verbucht wurden (daher Eigentumsrechte), Kreditzahlungsmittel aber ebenso.

Kreditsysteme sind immer hierarchisch aufgebaut (siehe die exzellente Erklärung von Perry Mehrling: What is Monetary Economics About? ->google).
Weshalb müssen sie immer hierarchisch aufgebaut sein?

War bisher empirisch so, schau Dir mal Mehrling an. Historische Abfolge: Einfache Kreditzahlungsmittel (Wechsel) + Goldmünzen als "ultimate money", noch ohne Banken: 2-stufig. Mit privaten Banken: 3-Stufig. Mit ZBen, Goldstandard: 4-stufig. Dollarsystem ab 1971: 4 stufig mit Dollar (nat. Währung) an der "Spitze" (Triffin-Dilemma etc.). Mit EZB: 5-stufig, etc.

Das eine vertrauenswürdige Institution oberhalb der Geschäftsbankenebene mit einer eigenen Verrechnungseinheit den Ausgleich unter den Banken vereinfacht, ist unbestritten, aber nicht zwingend erforderlich.

Ja, war auch historisch nicht immer so, s.o. Funktion: Clearing und LOLR.

In einfachster Form gibt es Kreditzahlungsmittel als Zahlungssubstitute und Warengeld (Eigentumsrechte an Münzen) als letztendliches Zahlungsmittel.
Das kann man sich so vorstellen, ist jedoch nicht unumgänglich.

Nicht unumgänglich, war nur zunächst historisch so (ca ab 12. Jhd., beginnend in nordital. Städten, im Norden auch: Hanse).

Im theoretischen Modell der "Wicksellchen Idealbank" (ohne Bargeld) ist auch ein Austausch nur auf Basis von Forderungen und Verpflichtungen denkbar.

Ja.

Teilt sich die Wicksellche Idealbank in viele Einzelbanken auf, die untereinander im Wettbewerb stehen, würde auch ein reines Kreditsystem ohne Bargeld funktionieren.

Jein; nur dann, wenn Restsalden nicht fällig gestellt, sondern grundsätzlich prolongiert werden (nur für die Restsalden nach Clearing braucht man Zahlungsmittel). Das setzt ganz andere Handlungsmotive, weil sich jeder dann plötzlich wachsende Netto-Schulden leisten könnte und wollte, während Gläubiger nicht mehr bereit wären, Netto-Gläubigerpositionen einzugehen (die sie ja nie durchsetzen könnten). Im Endeffekt würde das darauf rauslaufen, daß für alle Subjekte nur noch direkter Barter wieder sinnvoll wäre.

Bessere Idee daher m.E.: Clearing Union (Keynes). Hab aber noch immer nicht im einzelnen durchdacht, wie die die Handlungsmotive der Leute insgesamt verändern würde.

Es müsste unter den Banken lediglich eine Einigkeit darüber erzielt werden, auf welche "Verrechnungseinheit" man sich einigt, um gegenseitige Forderungen aufzurechnen. Diese Verrechnungseinheit könnte aus einer rein fiktiven Währung bestehen, wie beispielsweise der "Bancor" von Keynes.

Ja, s.o.
Aber tatsächlich wurde im Mittelalter ein zweistufiges System ohne Zentralbank, wie von Dir nachfolgend beschrieben, benutzt. Siehe auch:

Ja.

http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Mehrbankensystem

Danke!

Gruß
Wolfgang




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