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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision
- Date: Mon, 11 Aug 2014 12:25:26 +0000
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Arne,
insoweit Du mit "axiomatischer Methode" eine Methode der Beschreibung eines "Systems" meinst, bei der es Aussagen verschiedenen Allgemeinheitsgrads gibt, und bei der du die Aussagen der allgemeinsten Ebene als "Axiome" bezeichnest, kann ich Dir zustimmen.
Dein Verallgemeinerungs-Beispiel:
Aus den individuellen Aussagen:
* VW strebt nach möglichst viel Gewinn.
* Die Deutsche Bank strebt nach möglichst viel Gewinn.
* BASF strebt nach möglichst viel Gewinn.
* und so weiter
wird die allgemeine Aussage: Fast alle Unternehmen streben nach möglichst viel Gewinn.
ist für mich aber ein Beispiel für induktive Verallgemeinerung aus empirischen Beobachtungen.
Die führen nicht zu Axiomen. Axiome sind für mich empirisch nicht nachweisbare Allgemeinaussagen, aus denen dann deduktiv Satzsysteme konstruiert werden (wie z.B. der empirisch nicht beweisbare oder widerlegbare mathematische Satz, "Parallelen schneiden sich im Unendlichen").
In other words, nicht jede Aussage der allgemeinsten Ebene eines Systems aufeinander bezogener Aussagen verschiedenen Allgemeinheitsgrads ist für mich automatisch auch ein "Axiom". Die allgemeinsten Aussagen einer Beschreibung eines "Systems" (ein unglaublich inhaltsleerer Begriff), die aus aufeinander bezogenen Aussagen verschiedenen Allgemeinheitsgrads besteht, sind nicht automatisch Axiome, sondern können induktiv aus der Verallgemeinerung empirischer Beobachtungen gewonnen worden sein.
Du hattest das ja "für empirische Theorien" auch so beschrieben - ich würde für solche "empirischen Theorien" halt die allgemeinsten Aussagen nicht "Axiome" nennen.
Unser ziviles Rechtssystem (bürgerliches Recht = Basis des Kapitalismus) beruht aber auf empirisch nicht nachweisbaren Axiomen, auf "Sätzen a priori, vor aller Erfahrung", die dann im Rechtssystem sozusagen in der Wirklichkeit durchgesetzt werden:
"alle Menschen sind von Natur aus frei und gleich";
"Gerechtigkeit heißt Gleichheit".
*Nur: Gleich bzw. Gleichheit in Bezug worauf genau denn? *
"Gleich vor dem Recht".
Was soll das heißen?
Daß das Recht, das auf dem Gleichheitsaxiom aufbaut, eben alle Personen als unterschiedslos gleiche Rechtspersonen behandeln muß. Das ist der Grund dafür, daß zivile Gesetze aus für alle Bürger gleichermaßen gültigen Allgemeinaussagen bestehen, die von allen Unterschieden dieser per definitionem (und eben nicht real) "gleichen" Bürger absehen/abstrahieren (müssen, um im Rahmen des Gleichheitsaxioms logisch konsistent zu bleiben).
Daß dabei von realen Ungleichheiten etwa der Machposition von per Definitionem (axiomatisch gesetzt) gleicher Vertragspartner abgesehen werden muß, hat mit Empirie nichts zu tun, sondern ist Folge logisch konsistenter, deduktiver Ableitungen aus dem Gleichheitsaxiom.
Das, was Du also als Widerspruch zum Gleichheitsaxiom siehst - daß die Starken die Schwachen über den Tisch ziehen können - ist für mich ganz klar direkte FOLGE des dem Rechtssystem zugrundeliegenden Gleichheitsaxiom.
Soviel zu diesem Punkt.
Zu Deinem Punkt des "Eindampfens auf Axiome": ja insofern, als eine geordnete Beschreibung eines "Systems", auch eines Systems menschlicher Handlungszusammenhänge ("Gesellschaft", "soziales System" etc.) für mich aus einer geordneten "multiperspektivischen" Beschreibung mit Ausssagen verschiedenen Allgemeinheitsgrades bestehen muß, bei denen es auch eine Ebene der "allgemeinsten" Aussagen gibt.
Diese aber können für mich gerade KEINE Axiome (unbeweisbare Vorannahmen, aus denen dann logisch deduktiv gefolgert wird) sein, sondern die Allgemeinaussagen müssen umgekehrt per Vergleich von empirischen Einzelfällen und Verallgemeinerung aus Beobachtungen gewonnen werden und systematisch auf diese rückbeziehbar sein.
Da Du aber ja ein Beispiel zur Verallgemeinerung gebracht hast, in dem Du genau diesen induktiven Prozess beschrieben hast, vermute ich mal, daß Du das ähnlich siehst wie ich und nur unter dem Begriff "Axiom" eben etwas anderes verstehst als ich (mein Verständnis: s.o.).
Schließlich noch dazu, wie Du Begriffe wie "Kausalität", "Ursache" und "Wirkung" verwendest. Du hältst das, was Du die "Axiome des Kapitalismus" nennst (Allgemeinaussagen) für "Ursachen" des Kapitalismus.
Ich dagegen meine, aufeinander bezogene Aussagen verschiedenen Allgemeinheitsgrades haben mit "Ursache und Wirkung" nicht das geringste zu tun, sondern vielmehr mit /Unterscheidungen/. * Es geht dabei nicht um Mechanik* (wie die Begriffe "Ursache" und "Wirkung" suggerieren: die "Ursache" dafür, daß sich die Billardkugel in Bewegung setzt, ist der Stoß mit dem Queue), sondern - wenn man schon eine Analogie aus der Mathematik verwenden will, die nur bedingt als Analogie zu sprachlicher Modellbildung taugt - sondern um *Kategorisierung* - darum, beschreibende Aussagen zu ordnen, indem man sie in Klassen verschiedenen Allgemeinheitsgrads gruppiert.
Man tut das per Vergleich, indem man Gemeinsamkeiten und Unterschiede herausarbeitet. Jedes Lernen/Forschen arbeitet mit permanenten Vergleichen (z.B. von Beobachtungen, die dasselbe Phänomen von unterschiedlichen Standpunkten beschreiben, etc.).
Das entscheidende an Allgemeinaussagen ist, welche Unterscheidungen damit getroffen werden. Mit "Ursache" hat das aus meiner Sicht nichts zu tun, das ist in diesem Kontext für mich ein eher irreführender Begriff.
Für das obige habe ich übrigens u.a. von Gregory Bateson eine Menge gelernt, aber auch von Klaus Holzkamp (der war Wissenschaftstheoretiker und hat sich speziell um die Wissenschaftstheorie und Methodologie der Sozialwissenschaften gekümmert).
Im großen und ganzen benutzen wir dabei vor allem Vergleiche, Abstraktion und Kategorisierung - teilweise auch Analogien (die setzt auch Du ja gern zu rhetorischen Zwecken ein).
So, dabei will ich es heute mal belassen. Zusammenfassend vielleicht kurz: Deine Methode des "Eindampfens" finde ich sehr gut und unverzichtbar, solange die Allgemeinaussagen rückbeziehbar auf die konkreten empirischen Beobachtungsaussagen bleiben (ein einziges Gegenbeispiel zwingt dazu, eine Allgemeinaussage zu modifizieren, z.B. ihren Geltungsbereich/Allgemeinheitsgrad einzuschränken, etc.) und auch induktiv aus diesen stammen.
Der Forschungsprozess verläuft dann typischerweise so, daß man Aussagen sammelt, tentativ Verallgemeinerungen formuliert, aus diesen dann deduktiv Hypothesen ableitet und anhand weiterer Empirie versucht, für diese Gegenbeispiele zu finden, die einen zwingt, die alten Verallgemeinerungen zu modifizieren und/oder neue zu formulieren, etc.
Das ist ein Handlungs- und Lernprozess.
Eine "Axiomatische Methode", so wie ich sie verstehe, ist für mich dagegen rein derein deduktiv und gerade nicht empirisch. Sie ist also keine Forschung, sondern reine Konstruktion eines logischen Systems.
Die Neoklassik ist ein solches axiomatisches System par excellance.
Aber viel mehr noch:
Da unser ziviles Rechtssystem ein solches axiomatisches System darstellt, das auf "Sätzen, die vor aller Erfahrung a priori gelten" beruht (um mal Immanuel Kant zu umschreiben, dessen heute in Rußland liegende Heimatstadt Königsberg ich demnächst mal besuchen werde), und dieses Rechtssystem für alle Bürger die gleichermaßen geltenden und vom staatlichen Gewaltmonopol garantierten und durchgesetzten Handlungsprämissen liefert, ist die Beschreibung der Bedeutung dieses axiomatischen Rechtssystems (inclusive einer genauen Untersuchung seiner Axiome, allen voran eben den Freiheits- und Gleichheitsaxiomen) für die in seinem Kontext handelnden "Bürger" ein erster, essentieller Schritt für die Analyse der kollektiven Handlungsmuster, die dieses System seinen Bürgern nahelegt. Diese kollektiven *_Handlungmuster_* nennen wir dann "Kapitalismus".
Ich hoffe, das klärt ein bißchen genauer, wo wir uns weitgehend einig sind und wo sich unsere Auffassungen unterscheiden.
Also nochmal: die (von Menschen gesetzten und zu Gesetzen erklärten) "Axiome", auf denen Kapitalismus beruht, liegen in seinem Rechtssystem. Deswegen ist es kein Wunder, wenn man auf der Suche nach "Axiomen" des Kapitalismus diese dort auch findet.
"Alle Menschen sind frei und gleich geboren."
Daraus folgt: das Recht muß sie als frei und unabhängig voneinander behandeln, und als gleich. Folglich muß das Recht aus allgemeinen Sätzen bestehen, die von allen individuellen Unterschieden der Personen absehen und diese als abstrakte, (z.B. auch geschlechtslose) gleiche Rechtspersonen behandeln, um logisch konsistent bleiben zu können.
Diese Axiome sind aber eben gerade *nicht *empirisch gewonnene Allgemeinaussagen (das wären für mich keine Axiome), sondern "Sätze a priori" - von Menschen gesetzte dogmatische und dann in der Realität (übers staatliche Gewaltmonopol) "durchgesetzte" Glaubenssätze.
*
Sie haben mit "Natur" oder "Empirie" nicht das geringste zu tun. *
Sondern es sind DIE zentralen Glaubenssätze / Axiome der westlichen Welt, der abendländischen Zivilisation, auf der diese beruht - und gegen die sich deswegen ja auch anti-liberale Fundamentalisten typischerweise wenden (z.B. Evola: Revolte gegen die moderne Welt, etc.).
So, nun noch zu Deiner Aussage:
/"Die historische Entwicklung eines Systems ist unstreitig interessant für das Verständnis eines Systems, aber letztendlich irrelevant für die Bildung einer aktuellen Theorie."
/
Das halte ich für einen absolut fatalen Irrtum. Da Kapitalismus ein historisch bestimmtes soziales System ist, das zu einem bestimmten Zeitpunkt entstanden (und - in der Spätantike - auch wieder untergegangen) ist, dann in neuer Form wieder entstanden ist, ist es absolut essentiell, verschiedene historische Gesellschaftsformen zu vergleichen, um in dem Aussagensystem, das man so als "Theorie des Kapitalismus" gewinnt, systematisch unterscheiden zu können zwischen Merkmalen, die ALLEN Gesellschaftsformen eigen sind und solchen, die für Kapitalismus SPEZIFISCH sind.
Verzichtet man auf den historischen Vergleich, läuft man ständig Gefahr, falsch zu verallgemeinern und Merkmale, die spezifisch für Kapitalismus sind, für allgemein menschlich (allen Gesellschaftsformen eigen) zu halten.
Solche Fehlverallgemeinerungen werden aber nicht regelmäßig ideologisch zur Rechtfertigung bestimmter Merkmale des Kapitalismus mißbraucht, sodaß man mit deinem Ansatz ("historische Entwicklung/historischer Vergleich irrelevant") diese ideologischen Denkmuster gar nicht erkennen kann, sondern ihnen auf den Leim geht (ein Beispiel dafür wäre Deine Behauptung, Vertragsfreiheit gäbe es auch ohne Kapitalismus, die ich durch ein einfaches Gegenbeispiel aus anderen Gesellschaftsformen widerlegt habe - so wie das auch die ökonomische Anthropologie übrigens schon längst gemacht hat).
Noch fataler wird diese Auffassung da, wo man praktische Schlußfolgerungen aus der Theorie zieht und man Kapitalismus schaffen oder beseitigen will - und bestimmte Ergebnisse erwartet, die dann so gar nicht eintreten.
Beispielsweise "mehr Freiheit" und "mehr Produktivkraftentfesselung" bei der Einführung von Sozialismus erwartet (wie Marx) und dann das Gegenteil eintritt, oder man erwartet, daß sich beim Rückzug des Staates im Postozialismus Kapitalismus dann schon "irgendwie automatisch" herstellen werde (wie die neoklassisch gläubigen völlig durchgeknallten "Schocktherapeuten" des Postsozialismus, die mir ihrer absolut irren Beratung Rußland ins größte Chaos gestürzt haben, das eine moderne Gesellschaft je erlebt haben dürfte, mit absolut irren Leidensfolgen für die dort lebenden Menschen).
Kurz: die Historie und der historische Vergleich sind *absolut unverzichtbare Instrumente sinnvoller Begriffsbildung* für eine Kapitalismustheorie. Begriffen und systematisch in seiner Begriffsbildungsstrategie umgesetzt hat das vor allem Karl Marx (siehe z.B. die Einleitung zur Kritik der Politischen Ökonomie, speziell den Abschnitt "Die Methode der politischen Ökonomie http://www.mlwerke.de/me/me13/me13_615.htm#Kap_3", und - im Anschluß an ihn - Heinsohn und Steiger (die trotzdem makroökonomischen Stuß produzieren, aber in diesem Punkt gute Arbeit gemacht haben).
Deswegen ist auch Rechtsgeschichte und Rechtsvergleich unverzichtbar, wenn man die typischen Fehlverallgemeinerungen des Zivilrechts ("Naturrecht" usw.), denen auch Du auf den Leim zu gehen scheinst, wenn Du allen Ernstes glaubst, Vertrag und Vertragsfreiheit gebe es irgendwie auch außerhalb des Kapitalismus und überall am Werk siehst - noch dazu mit dem Beispiel Ehevertrag, das geradezu vor christlich verkürzter Fehlverallgemeinerung und einem völligen Mangel an kulturvergleichender Perspektive trieft, von völligem Unverständnis der ökonomischen Struktur der modernen Lohnarbeiterfamilie und den völlig klaren ökonomischen Gründen ihres Zerfalls ganz zu schweigen.
Sorry, war vielleicht etwas provokativ formuliert, und ich habe es jetzt auch nicht mit Argumenten untermauert, aber ich schreibe eh schon überlang, das Thema "Familie und Lohnarbeiterkapitalismus, Familienpolitik etc." - ein weiteres Thema, bei dem gesellschaftliche Verdrängung und Dunkelheit ohnegleichen herrscht - müssen wir ein anderes Mal diskutieren.
Hier sollte es ja erstmal um die Forschungsmethode gehen.
Gruß
Wolfgang
Arne Pfeilsticker schrieb:
moneymind schrieb:
Hallo Arne,
nur kurz, auf Deinen anderen Beitrag antworte ich Dir später:
was ich suche könnte man die *Axiome* des Kapitalismus nennen.Ich würde Dir zustimmen, aber nur in einem eingeschränkten Sinn. Kapitalismus ist kein axiomatisches System.
Darunter verstehe ich möglichst wenige, voneinander unabhängige Aussagen, die den Kapitalismus präzise beschreiben. Jedes Axiom beschreibt einen bestimmten wichtigen Aspekt des Kapitalismus. Man darf bei dieses Axiomen kein Wort oder Axiom weglassen/ändern können, ohne dass etwas fehlt. Und jedes Wort oder jeder Satz den man hinzufügen möchte ist insofern überflüssig, weil sich diese Ergänzung als logischen Konsequenz aus den Axiomen oder Begriffen in den Axiomen ergibt.
Hallo Wolfgang,
du lässt dich gerade auf eines meiner Leib und Magen-Themen ein. :=)
Axiomatisierung ist keine Eigenschaft eines Systems, sonder der Theoriebildung über ein System.
Grundsätzlich können alle Theorien axiomatisiert werden, weil Axiomatisierung lediglich eine bestimmte Organisation der Aussagen einer Theorie bedeutet.
*Beispiel:*
Stell dir eine Liste mit allen wahren Aussagen über den Kapitalismus vor.
Im ersten Schritt der Theoriebildung versucht man durch entsprechende Begriffs- und Prädikatsbildung für gleiche Gruppen von Individualaussagen eine allgemeine Aussage zu bilden.
Aus den individuellen Aussagen:
* VW strebt nach möglichst viel Gewinn.
* Die Deutsche Bank strebt nach möglichst viel Gewinn.
* BASF strebt nach möglichst viel Gewinn.
* und so weiter
wird die allgemeine Aussage: Fast alle Unternehmen streben nach möglichst viel Gewinn.
Gegebenenfalls muss man noch die Gruppe der Unternehmen einschränken, damit die allgemeine Aussage nicht falsch wird. Beispielsweise: Über 90% der Unternehmen streben nach möglichst viel Gewinn oder: Alle börsennotierten Unternehmen streben nach möglichst viel Gewinn.
In meiner Kapitalismusdefinition habe ich diesen Satz verkürzt in: Grenzenloses Gewinnstreben.
Wenn man auf diese Weise die Liste der Aussagen über den Kapitalismus abgearbeitet hat, dann wäre die so eingedampfte Liste eine umfassende Theorie des Kapitalismus.
Unsere Liste bestünde jetzt aus allgemeinen Sätzen und individuellen Aussagen, die sich nicht verallgemeinern lassen.
Bei der Axiomatisierung versucht man jetzt die Aussagen der reduzierten Liste in zwei Gruppen einzuteilen.
Die eine Gruppe besteht aus den Sätzen, die sich nicht logisch aus irgendwelchen anderen Sätzen ableiten lassen. Diese Gruppe nennt man Axiome und müssen bei einer empirischen Theorie empirisch bewiesen werden.
Die zweite Gruppe besteht dann aus den Sätzen, die sich logisch aus einem oder mehreren Axiomen ableiten lassen. Diese Gruppe nennt man die Sätze der Theorie.
Die Axiomatisierung bringt also die Aussagen einer Theorie in einen logisch kausalen Zusammenhang. Nicht mehr und nicht weniger.
Dieses Verfahren ist allgemein und lässt sich auf alle Theorien anwenden.
q.e.d.
Bitte bestätige, ob du mit meinem Einwand gegen deine Aussage „Kapitalismus ist kein axiomatisches System.“ einverstanden bist.
Natürlich bleibt auch bei der axiomatischen Vorgehensweise noch genügend Raum für jede Menge Streit. Beispielsweise könnte man argumentieren, dass die Aussage: „Über 90 % der Unternehmen streben nach möglichst viel Gewinn.“ zwar unstreitig richtig ist, aber sie wird nicht als eine relevante Aussage über den Kapitalismus anerkannt.
Auf diese Weise kann man zu sehr unterschiedlichen Theorien kommen.
Kapitalismus ist aus meiner Sicht etwas, das Menschen machen, die sich in ihrer Geschichte - nämlich zuerst in der griech.-röm. Antike - zur Regelung ihrer Beziehungen untereinander ein axiomatisches System erdacht haben - nämlich das "Recht", dessen axiomatische Ausgangsprinzipien die "Gleichheit" und die "Freiheit" sind. Am klarsten kommt das im Abstraktionsprinzip des römischen Rechts zum Ausdruck.
In other words, Kapitalismus ist ein sozialer Handlungszusammenhang, in dem die Menschen ein (selbst entwickeltes) quasi-axiomatisches Rechtssystem nutzen, um ihre Beziehungen zueinander zu organisieren.
Deshalb kann man wichtige (aber längst nicht alle) Aspekte des Kapitalismus - nämlich die (v.a. zivil)-rechtlichen - und gewisse Handlungsmotivationen, die innerhalb dieser Rechtsstruktur dann für alle Menschen gleichermaßen funktional erscheinen - axiomatisch beschreiben und dabei wichtige Aspekte treffen.
Bei einer Theorie geht es um die Beschreibung eines Systems. Dabei ist es egal, ob bei der Bildung des Systems, irgendjemand sich irgendetwas gedacht hat, oder ob das System per Zufall oder durch Machtkämpfe entstanden ist.
Deshalb kann jedes System, einschließlich des Kapitalismus in soweit beschrieben werden, wie die Sachverhalte einer sprachlichen Formulierung zugänglich sind.
Die historische Entwicklung eines Systems ist unstreitig interessant für das Verständnis eines Systems, aber letztendlich irrelevant für die Bildung einer aktuellen Theorie.
Diese Axiome könnte man auch die Ursachen des Kapitalismus nennen.Ich würde nicht von "Ursachen", sondern von abstrakten (rechtlichen) KernIDEEN reden (mit Ursache-Wirkungs-Modellen wird in den Sozialwissenschaften unendlich viel grausamer Schindluder getrieben, von "statist. Korrelation = Ursache/Wirkungs-Beziehung" bis "multifaktoriellen Regressionsanalysen“;
Man könnte die Axiome zusätzlich auch Kern-Ideen nennen, aber bei der Axiomatisierung geht es um den logischen Zusammenhang der Sätze einer Theorie im Sinne von Ursache und Wirkung.
Das Verständnis von Ursache und Wirkung ist aus meiner Sicht nicht nur für das Verständnis eines Sachverhaltes wichtig, sondern auch die Grundlage für eine effektive Politik.
Viele Grüße
Arne
Es geht hier um (von Menschen in der Geschichte praktisch handelnd erfundenen und institutionalisierten) Ideen, nach denen Menschen ihre gesellschaftlichen Beziehungen zueinander organisieren.
Und wenn man die Ursachen kennt, dann kann man bei Reformvorschlägen an diesen Ursachen ansetzen und vermeidet das Herumdoktern an Symptomen.Ersetze "Ursachen" durch "Ideen".
Zu Deiner Antwort auf meinen Beitrag später - ich glaube, ich habe mich irgendwie mißverständlich ausgedrückt, denn ich habe das Gefühl, da keiner der Punkte, die ich machen wollte, bei Dir angekommen ist.
Ich glaube, unsere Auffassungen sind weniger konträr als Du meinst - schau vielleicht auch mal in meine Antwort an Piratos rein, da habe ich versucht, zumindest ein Kernmißverständnis auszuräumen bzw. zu klären.
Beste Grüße!
--
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- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, (fortgesetzt)
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- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, moneymind, 11.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 11.08.2014
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- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Marco Schmidt, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 13.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Piratos, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Piratos, 12.08.2014
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