ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: thomas <pazeterno AT web.de>
- To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision
- Date: Mon, 11 Aug 2014 12:47:08 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
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Hallo Arne,
Vielleicht hilft das weiter:
"Die VWL ist eine Sozialwissenschaft. Das naturwissenschaftliche
Paradigma lässt sich nicht übertragen, was auch als Metastandpunkt der
Popper-Adorno-Debatte (auch als Positivismusstreit bekannt)
eingenommen werden kann
http://de.wikipedia.org/wiki/Erkenntnis_und_Interesse
http://en.wikipedia.org/wiki/Positivism_dispute
- - an Stelle von Aristoteles'scher Logik tritt Hegel'sche Dialektik.
Außerdem ist die Wissenschaft in der Gesellschaft selbst ein System
und damit ein Objekt der Soziologie."
On 11/08/14 12:32, Arne Pfeilsticker wrote:
>
>
> Am 11.08.2014 um 00:54 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de
> <mailto:moneymind AT gmx.de>>:
>
>> Hallo Arne,
>>
>> nur kurz, auf Deinen anderen Beitrag antworte ich Dir später:
>>
>>> was ich suche könnte man die *Axiome* des Kapitalismus nennen.
>>> Darunter verstehe ich möglichst wenige, voneinander
>>> unabhängige Aussagen, die den Kapitalismus präzise beschreiben.
>>> Jedes Axiom beschreibt einen bestimmten wichtigen Aspekt des
>>> Kapitalismus. Man darf bei dieses Axiomen kein Wort oder Axiom
>>> weglassen/ändern können, ohne dass etwas fehlt. Und jedes Wort
>>> oder jeder Satz den man hinzufügen möchte ist insofern
>>> überflüssig, weil sich diese Ergänzung als logischen Konsequenz
>>> aus den Axiomen oder Begriffen in den Axiomen ergibt.
>>
>> Ich würde Dir zustimmen, aber nur in einem eingeschränkten Sinn.
>> Kapitalismus ist kein axiomatisches System.
>
> Hallo Wolfgang,
>
> du lässt dich gerade auf eines meiner Leib und Magen-Themen ein.
> :=)
>
> Axiomatisierung ist keine Eigenschaft eines Systems, sonder der
> Theoriebildung über ein System.
>
> Grundsätzlich können alle Theorien axiomatisiert werden, weil
> Axiomatisierung lediglich eine bestimmte Organisation der Aussagen
> einer Theorie bedeutet.
>
> *Beispiel:* Stell dir eine Liste mit allen wahren Aussagen über den
> Kapitalismus vor.
>
> Im ersten Schritt der Theoriebildung versucht man durch
> entsprechende Begriffs- und Prädikatsbildung für gleiche Gruppen
> von Individualaussagen eine allgemeine Aussage zu bilden. Aus den
> individuellen Aussagen:
>
> * VW strebt nach möglichst viel Gewinn. * Die Deutsche Bank strebt
> nach möglichst viel Gewinn. * BASF strebt nach möglichst viel
> Gewinn. * und so weiter
>
> wird die allgemeine Aussage: Fast alle Unternehmen streben nach
> möglichst viel Gewinn.
>
> Gegebenenfalls muss man noch die Gruppe der Unternehmen
> einschränken, damit die allgemeine Aussage nicht falsch wird.
> Beispielsweise: Über 90% der Unternehmen streben nach möglichst
> viel Gewinn oder: Alle börsennotierten Unternehmen streben nach
> möglichst viel Gewinn.
>
> In meiner Kapitalismusdefinition habe ich diesen Satz verkürzt in:
> Grenzenloses Gewinnstreben.
>
> Wenn man auf diese Weise die Liste der Aussagen über den
> Kapitalismus abgearbeitet hat, dann wäre die so eingedampfte Liste
> eine umfassende Theorie des Kapitalismus. Unsere Liste bestünde
> jetzt aus allgemeinen Sätzen und individuellen Aussagen, die sich
> nicht verallgemeinern lassen.
>
> Bei der Axiomatisierung versucht man jetzt die Aussagen der
> reduzierten Liste in zwei Gruppen einzuteilen.
>
> Die eine Gruppe besteht aus den Sätzen, die sich nicht logisch aus
> irgendwelchen anderen Sätzen ableiten lassen. Diese Gruppe nennt
> man Axiome und müssen bei einer empirischen Theorie empirisch
> bewiesen werden.
>
> Die zweite Gruppe besteht dann aus den Sätzen, die sich logisch
> aus einem oder mehreren Axiomen ableiten lassen. Diese Gruppe nennt
> man die Sätze der Theorie.
>
> Die Axiomatisierung bringt also die Aussagen einer Theorie in
> einen logisch kausalen Zusammenhang. Nicht mehr und nicht weniger.
>
> Dieses Verfahren ist allgemein und lässt sich auf alle Theorien
> anwenden. q.e.d.
>
> Bitte bestätige, ob du mit meinem Einwand gegen deine Aussage
> „Kapitalismus ist kein axiomatisches System.“ einverstanden bist.
>
> Natürlich bleibt auch bei der axiomatischen Vorgehensweise noch
> genügend Raum für jede Menge Streit. Beispielsweise könnte man
> argumentieren, dass die Aussage: „Über 90 % der Unternehmen streben
> nach möglichst viel Gewinn.“ zwar unstreitig richtig ist, aber sie
> wird nicht als eine relevante Aussage über den Kapitalismus
> anerkannt.
>
> Auf diese Weise kann man zu sehr unterschiedlichen Theorien
> kommen.
>
>>
>> Kapitalismus ist aus meiner Sicht etwas, das Menschen machen, die
>> sich in ihrer Geschichte - nämlich zuerst in der griech.-röm.
>> Antike - zur Regelung ihrer Beziehungen untereinander ein
>> axiomatisches System erdacht haben - nämlich das "Recht", dessen
>> axiomatische Ausgangsprinzipien die "Gleichheit" und die
>> "Freiheit" sind. Am klarsten kommt das im Abstraktionsprinzip des
>> römischen Rechts zum Ausdruck.
>>
>> In other words, Kapitalismus ist ein sozialer
>> Handlungszusammenhang, in dem die Menschen ein (selbst
>> entwickeltes) quasi-axiomatisches Rechtssystem nutzen, um ihre
>> Beziehungen zueinander zu organisieren.
>>
>> Deshalb kann man wichtige (aber längst nicht alle) Aspekte des
>> Kapitalismus - nämlich die (v.a. zivil)-rechtlichen - und
>> gewisse Handlungsmotivationen, die innerhalb dieser
>> Rechtsstruktur dann für alle Menschen gleichermaßen funktional
>> erscheinen - axiomatisch beschreiben und dabei wichtige Aspekte
>> treffen.
>
> Bei einer Theorie geht es um die Beschreibung eines Systems. Dabei
> ist es egal, ob bei der Bildung des Systems, irgendjemand sich
> irgendetwas gedacht hat, oder ob das System per Zufall oder durch
> Machtkämpfe entstanden ist.
>
> Deshalb kann jedes System, einschließlich des Kapitalismus in
> soweit beschrieben werden, wie die Sachverhalte einer sprachlichen
> Formulierung zugänglich sind.
>
> Die historische Entwicklung eines Systems ist unstreitig
> interessant für das Verständnis eines Systems, aber letztendlich
> irrelevant für die Bildung einer aktuellen Theorie.
>
>>
>>> Diese Axiome könnte man auch die Ursachen des Kapitalismus
>>> nennen.
>>
>> Ich würde nicht von "Ursachen", sondern von abstrakten
>> (rechtlichen) KernIDEEN reden (mit Ursache-Wirkungs-Modellen wird
>> in den Sozialwissenschaften unendlich viel grausamer Schindluder
>> getrieben, von "statist. Korrelation =
>> Ursache/Wirkungs-Beziehung" bis "multifaktoriellen
>> Regressionsanalysen“;
>
> Man könnte die Axiome zusätzlich auch Kern-Ideen nennen, aber bei
> der Axiomatisierung geht es um den logischen Zusammenhang der Sätze
> einer Theorie im Sinne von Ursache und Wirkung.
>
> Das Verständnis von Ursache und Wirkung ist aus meiner Sicht nicht
> nur für das Verständnis eines Sachverhaltes wichtig, sondern auch
> die Grundlage für eine effektive Politik.
>
> Viele Grüße Arne
>
>
>>
>> Es geht hier um (von Menschen in der Geschichte praktisch
>> handelnd erfundenen und institutionalisierten) Ideen, nach denen
>> Menschen ihre gesellschaftlichen Beziehungen zueinander
>> organisieren.
>>
>>> Und wenn man die Ursachen kennt, dann kann man bei
>>> Reformvorschlägen an diesen Ursachen ansetzen und vermeidet das
>>> Herumdoktern an Symptomen.
>>
>> Ersetze "Ursachen" durch "Ideen".
>>
>> Zu Deiner Antwort auf meinen Beitrag später - ich glaube, ich
>> habe mich irgendwie mißverständlich ausgedrückt, denn ich habe
>> das Gefühl, da keiner der Punkte, die ich machen wollte, bei Dir
>> angekommen ist.
>>
>> Ich glaube, unsere Auffassungen sind weniger konträr als Du
>> meinst - schau vielleicht auch mal in meine Antwort an Piratos
>> rein, da habe ich versucht, zumindest ein Kernmißverständnis
>> auszuräumen bzw. zu klären.
>>
>> Beste Grüße!
>>
>> -- AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik mailing list
>> AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
>> <mailto:AG-Geldordnung-und-Finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
>> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
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- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, thomas, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, moneymind, 12.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, thomas, 09.08.2014
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- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 10.08.2014
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- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 11.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Arne Pfeilsticker, 10.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, Peter Baum, 10.08.2014
- Re: [AG-GOuFP] Kapitalismus - Definition für Vision, thomas, 12.08.2014
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