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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Privates Gesundheitssystem?

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Privates Gesundheitssystem?


Chronologisch Thread 
  • From: syna <syna AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Privates Gesundheitssystem?
  • Date: Sat, 06 Jun 2015 07:46:36 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Morgan le Fay schrieb:
Wie wäre es denn, wenn man niedergelassene Ärzte von den
ökonimischen Drücken entlasten würde? So, dass sie sich ganz auf
die medizinische Behandlung konzentrieren können? Dass sie also
das, weswegen sie mal ihr Studium angefangen haben, auch ausüben
können?

Dann werden die nie den verantwortungsvollen Umgang mit anderer Leute
Geld lernen! Darum geht es doch genau. Welcher Arzt würde bei seinen
Therapien nicht gerne aus dem Vollen schöpfen, wenn er die Möglichkeit
dazu hätte?

Aber wozu würde das führen, solange die Ärzte an den von ihnen selbst
gestellten Diagnosen und selbst vorgeschlagenen Therapien verdienen?

Zu einer katastrophalen und ruinösen Überversorgung, wie sie vielen
PKV-Patienten "zugute" kommt. Inzwischen wehren sich ja selbst schon
die privaten Kassen, weil die Kosten regelrecht explodieren!

Seit geraumer Zeit erreicht uns eine noch nie dagewesen Menge von
Rückfragen zu eingereichten Brillen-/Kontaktlinsenrechnungen, warum
denn diese oder jene Leistung erbracht und dies oder jenes Produkt
geliefert wurde. Und ich höre mehr denn je, dass Kunden auf ihren
Kosten sitzen geblieben sind.., dass selbst dann, wenn es eine
medizinische Indikation für irgendeine Besonderheit gab, eine
Erstattung nicht erfolgte.

Tja, in einem neuen System (Bürgerversicherung o.ä.) brächten
wir wohl weiterhin eine Budgetierung. Was aber noch mehr helfen
würde: Wenn Ärzte *Angestellte* wären, z.B. in medizinischen
Zentren oder MVZs, dann wären sie vom ökonomischen Teil
abgekoppelt. Sie könnten dann nach rein medizinischen Kriterien
handeln ...

D.h. sie werden dann auch nicht wirklich den Umgang mit Geld lernen. Aber
das brauchen die dann auch nicht. Mit einer zusätzlichen Untersuchung oder
zusätzlichen OP verdienen sie persönlich nicht mehr - aber auch nicht weniger.
Das Handeln und Entscheiden des Arztes hätte keinen Einfluss auf
sein Gehalt. Somit würde nur die medizinische Indikation wichtig - und das
Wohl des Patienten alleine würde in den Vordergrund rücken.

Die kaufmännische Leitung oder das Controlling dürfte keinen Einfluss auf
ärztliche Entscheidungen haben; man müsste da so eine Art "Barriere" ein-
führen. So dass Ärzte in ihren Entscheidungen für bestimmte Verfahren
"freie Hand" - ganz nach medizinischen Kriterien eben - haben.

Natürlich dürften keine fragwürdigen Verfahren (Bachblüten-...) angewandt
werden; die evidenzbasierte Medizin muss Grundlage bleiben. Und natürlich
darf bei einer leichten Nackenverspannung nicht gleich ein MRT angefordert
werden. Und er wird bei 0,02 Dioptrien Abweichung nicht gleich eine neue Brille
verschreiben (um mal bei den Optikern zu bleiben).

Morgan le Fay schrieb:
Wenn wir dann noch für eine gerechtere Vergütung sorgen würden,
dann wären auch Standorte in sozialen Brennpunkten und auf dem
Lande wieder attraktiver. Die Ärzte in diesen Standorten hätten
dann ein ähnliches Einkommen wie ihre Kollegen am Starnberger See.


Okay, aber was ist denn "gerecht"? Kennst Du die Chefarztgehälter lt.
MBZ? Die bewegen sich zwischen 400.000 Euro und 1,4 Mill. p.a.

Ist es gerecht, allen 1,4 Mios zu zahlen?

Ja ja, das ist das Problem: Mit Abschaffung der PKVen, d.h. mit
Abschaffung der dualen Vergütung wird es diese exorbitanten
Einnahmen für Ärzte am Starnberger See nicht mehr geben.

Deshalb gibt es von dieser Seite auch massiven Widerstand
gegen jegliche Einschränkungen für die PKVen. Die Abschaffung
der PKVen ist für diese Klientel schlicht ein Graus! Sie bedeutet
ja den Zusammenbruch ihrer (super-)wirtschaftlichen Prosperität.

Ich kann deren Widerstand deshalb gut verstehen. Andererseits
kann die Versichertengemeinschaft bzw. der Staat (je nach
Ausgestaltung eines reformierten Gesundheitssystems) solche
exorbitanten Gehälter nicht bezahlen - das geht schlichtweg nicht.

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Nun höre die Wirtschaftsliberalen schon tönen: Aber Ärzte bzw.
Chirurgen, die besonders gut sind und sich eine Reputation
geschaffen haben: Die müssen doch auch besser bezahlt werden!
Diese Gleichmacherei - das funktioniert doch gar nicht!

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Antwort: Besser bezahlt werden müssen die schon, aber nicht
/soooo/ exorbitant ausufernd wie heute manchmal üblich.

Was soll denn ein Wissenschaftler, sagen wir mal ein Physikprofessor
oder Informatikprofessor, sagen, der womöglich schon den Nobelpreis
erhalten hat? Der bleibt bei seinem C3- oder C4-Gehalt - und ist
trotzdem sehr sehr glücklich damit - i.d.R. jedenfalls.

Warum reicht den - zugegeben herausragenden - Ärzten das nicht aus?
Das Gemeinwesen kann nie solche Gehälter, die in der freien Wirtschaft
einigen Vorstandsvorsitzenden gezahlt werden, zahlen. Das sollte
jeder bei der Wahl seines Studiums bzw. Berufes bedenken.

Bei Wissenschaftlern ist der Sinn ihrer Arbeit weit wichtiger als das
schiere Gehalt. Und trotzdem sind deren Stellen, die Professoren-
stellen an den Universitäten heiß begehrt. Ich würde die herausragenden
Ärzte und Chirurgen ebenfalls hier einordnen - im Selbstverständnis,
in der "Sinntiefe" des Berufes und in der Gehaltsstufe.

Grüße, Syna




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