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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Privates Gesundheitssystem?

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Privates Gesundheitssystem?


Chronologisch Thread 
  • From: Morgan le Fay <comte_de_tenebres AT arcor.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Privates Gesundheitssystem?
  • Date: Fri, 05 Jun 2015 10:17:06 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

-----BEGIN PGP SIGNED MESSAGE-----
Hash: SHA1

Moin syna,
ich bin ja in den Details nicht immer punktgenau Deiner Meinung, aber
im Großen und Ganzem stimme ich Dir von Herzen zu. Ich habe aber
längst nicht mehr Bock darauf, mir auf eine ausführliche Antwort ein
TLDR einzuhandeln und mich unter den ärztehassenden Trollen einordnen
zu lassen.
Im Piratenprogramm steht eigentlich alles, was es zu diesem Thema zu
sagen gibt.
Diejenigen, die hier noch eine dicke Lippe riskieren und
offensichtlich vollständig die Sicht vieler Bürger auf die Zustände im
Gesundheitswesen aus dem Blick verloren haben, können nur deshalb die
Klappe so weit aufreißen, weil es keinerlei effektiven Wettbewerb
unter den Heilkundlern gibt.
In dem Moment, in dem sich ein behandelnder Arzt mit seinem Kollegen
auseinandersetzen müsste, der (in Städten) nebenan besser und billiger
und schneller behandelt, in dem Moment wird auch das Bemühen um den
Patienten wieder eine Rolle spielen.
Allerdings gibt es dafür derzeit zuwenig niederlassungswillige Ärzte,
die tatsächlich auch "Vollzeit" für die Patienten da sind (Stichwort:
Anteil weiblicher Ärzte).
Deshalb kommt es VORERST darauf an, möglichst viele ausländische Ärzte
nach D zu holen. Mittelfristig kommt der Entkoppelung der
Honorarzahlung von den Diagnosen und Therapien eine hohe Bedeutung zu,
ersatzweise muss die Bindung an die GOÄ für Privatleistungen entfallen.
Erst dann werden wir einerseits akzektable ärztliche Leistungen bei
andererseits bezahlbaren Kosten erwarten können.
Das ist auch kein fiktives Gerede oder Spekulation, sondern der Status
quo bei uns in der Augenoptik. Nie waren Sehhilfen so preiswert und
trotzdem gut wie heute.

Kindergarten-Geplänkel wie "Der hat ein schöneres Schäufele als ich!
Ich mag auch so ein schönes Schäufele" oder "Der will mir mein schönes
Schäufele wegnehmen!" bringt uns nicht weiter.

Gruß
Harry
Am 05.06.2015 um 00:16 schrieb syna:
> Na, da regt sich ja jemand mächtig auf:
>
> swagi666 schrieb:
>> Man nennt dieses Phänomen, dass man Hypothesen mit
>> propagandistischer Meinungsmache vermengt, Polemik. Auch das
>> erwähnen des gebildet klingenden Beriffes "Fehlallokationen"
>> macht das Argument nicht besser. Und zum guten Schluss natürlich
>> noch der hyperbolisch erwähnte Sterbenskranke, der ja früher
>> starb, weil er nur gesetzlich versichert ist ...
>
> Da scheine ich ja ins Schwarze getroffen zu haben.
>
> Zum Inhalt: Zum Inhalt: Obiges ist falsch. Jeder möge selbst mein
> Posting (dieser Thread Seite 8, 3.Text von oben, Link:
> http://news.piratenpartei.de/showthread.php?tid=494191&page=8)
> lesen.
>
> Ich zeige ganz plausibel anhand von Beispielen auf, was die "Duale
> Vergütung" im Gesundheitswesen bewirkt - und in welche Schieflage
> sie die medizinischen Dienstleister ganz automatisch drängt. Jeder
> kann das nachvollziehen.
>
> Die zwangsläufigen Konsequenzen, die die Duale Vergütung insgesamt
> hat, können in manchen Fällen drastisch sein - das stimmt. Das was
> Du, lieber swagi hier machst, ist ungefähr folgendes (Analogie):
>
> ----------------------------------------------------------------------
- ------------
>
>
>
> Ich behaupte in einer "wall of text", dass ein Schwimmer, der
> einen Sprungturm hochklettert, sich auf das 5-Meter-Brett stellt
> und dann in einen leeren Pool springt, dass dieser Schwimmer sich
> arg verletzen wird. Ich mache das plausibel, indem ich auf die Höhe
> verweise und den Härtegrad des Beckenbodens angebe.
>
> Allerdings - das muss ich zugeben: Es gibt keine einzige
> wissenschaftliche Studie, die besagt, dass jemand, der vom
> 5-Meter-Brett in ein leeres Becken springt, sich in gesundheitliche
> Gefahr begibt.
>
> Du kommst jetzt und behauptest: "Das sind alles Hypothesen mit
> propagandistischer Meinungsmache vermengt, Polemik."
>
> ----------------------------------------------------------------------
- ---------
>
>
>
> Am besten, jeder Leser hier liest sich "the wall of text" selbst
> durch und bildet sich sein eigenes Urteil.
>
> swagi666 schrieb:
>> Der Fehler ist, dass man überhaupt so einen Kram in die Tastatur
>> hackt wie: - GKV-Patienten sterben, weil sie kein Geld bringen -
>> Chefärzte operieren keine komplizierten OPs mehr, weil sie bei
>> den PKVlern zum Verbandswechsel sind - Ärzte haben eine Yacht am
>> Mittelmeer - Ärzte bekommen für die Behandlung eines
>> PKV-Patienten das doppelte bis dreifache - Ärzte sind per se
>> geldgeil und konzentrieren sich auf das Umgarnen von
>> PKV-Patienten bzw. das Verkaufen von IGeL - Städte und Kommunen
>> "drohen Krankenhäusern mit Privatisierung" - Kliniken richten
>> einen baulich getrennten Bereich für Privatpatienten ein
>
> Schön, dass Du den Text einigermaßen aufmerksam durchgelesen hast.
> Was bei Dir hängengeblieben ist, sind allerdings etwas sehr
> drastische Fragmente. Wenn ich mal korrigieren darf:
>
> - GKV-Patienten sterben, weil sie kein Geld bringen
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Das ist so arg verkürzt und aus dem Zusammenhang gerissen. Dieser
> Satz ist so, wie /Du/ ihn hier formulierst, natürlich falsch.
>
> Richtig ist: Man kann mit ziemlicher Sicherheit annehmen, dass bei
> bestimmten ernsten Erkrankungen, die eine komplexe OP erfordern
> (Beispiel Pankreas-Krebs) aufgrund von Fehlallokationen in einigen
> Zentren und Universitätskrankenhäusern die Überlebensrate von
> GKV-Patienten signifikant niedriger ist als die von PKV-Patienten.
>
> - Chefärzte operieren keine komplizierten OPs mehr, weil sie bei
> den PKVlern zum Verbandswechsel sind.
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Das ist sehr überspitzt pointiert ausgedrückt. Es zeigt zumindest
> das Problem der Fehlallokation auf. Richtig ist: Chefärzte und
> Spezialisten werden vom Controlling dazu gedrängt, PKV-Patienten
> umfassend zu behandeln, auch wenn die erforderlichen OPs eher
> Routine-Eingriffe (z.B. Blinddarm-OPs) sind. Ihre Ressource felht
> dann natürlich bei den wirklich diffzilen OPs (z.B.
> Krebstumorpatienten).
>
> - Ärzte haben eine Yacht am Mittelmeer
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Na, das ist natürlich quatsch. Es gibt sicherlich auch Ärzte, die
> gerne Segeln gehn - und denen sei das auch gegönnt!
>
> Richtig ist aber: Etliche niedergelassene Ärzte haben für ihre
> Praxis-Einrichtung erstmal Schulden machen müssen. Sie müssen
> deshalb auch ökonomisch denken und handeln. Sie werden dadurch
> automatisch dazu gedrängt, sich eventuell mehr um PKV-Patienten zu
> kümmern, denn die bringen ihnen mehr Geld ein.
>
> - Ärzte bekommen für die Behandlung eines PKV-Patienten das
> doppelte bis dreifache
> ---------------------------------------------------------------------
>
> Das ist richtig. Für etliche Punkte im GOÄ-Katalog bekommen Ärzte
> das 3,4-fache wie für dieselbe Leistung im EBM-Katalog. Also MEHR
> als das Dreifache.
>
> - Ärzte sind per se geldgeil und konzentrieren sich auf das
> Umgarnen von PKV-Patienten bzw. das Verkaufen von IGeL
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Quatsch. Das habe ich nie behauptet, es wäre auch grundfalsch.
> Ärzte sind weder per se geldgeil noch überhaupt geldgeil. Gerade im
> Beispiel "Shop" und im "Beispiel "Niedergelassener Arzt" zeige ich
> auf, dass die Strukturen - nämlich die Duale Vergütung - selbst den
> gutmütigsten und idealistischsten Arzt dazu drängt, sich auf seine
> Einnahmen zu konzentrieren.
>
> Viele Ärzte kommen dadurch in einen inneren Interessenkonflikt:
> Einerseits wollen sie allen Menschen gleichermaßen helfen - sie
> haben ja den hypokratischen Eid geleistet oder fühlen sich diesem
> zumindest verpflichtet. Andererseits drängen Schulden oder
> gesellschaftliche Verpflichtungen o.ä. sie dazu, mehr auf die
> finanziellen Dinge zu achten - und entsprechend PKV-Patienten zu
> umgarnen.
>
> Und es gibt auch Ärzte, die der Umgarnung der PKV-Patienten
> widerstehen, die wirklich - mit allem Nachdruck und ethischen
> Bewusstsein - alle Patienten gleich gut behandeln. Respekt!
>
> Also: Nicht die Ärzte sind schuld. Im Gegenteil: Fast alle haben
> hohe idealistische Werte, einen Berufsethos, wollen Menschen
> helfen. Sie geraten aber im Laufe ihrer Berufspraxis in dieses
> Spannungsfeld, in das sie die Duale Vergütung hineinzieht. Wenn wir
> den Druck auf die Ärzte verringern wollen, wenn wir ihren
> Idealismus bewahren wollen, müssen wir die unsäglichen
> destruktiven Strukturen korrigieren, müssen wir also die Duale
> Vergütung - und also die PKVen - abschaffen.
>
> - Städte und Kommunen "drohen Krankenhäusern mit Privatisierung"
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Das wiederum stimmt. In den letzten Jahren sind unzählige
> Krankenhäuser entweder ganz geschlossen worden - vor allem in
> ländlichen Gebieten. Oder an die privaten Unternehmen Asklepios,
> Helios, Rhön usw. verkauft worden. Mit der Folge einer noch
> konsequenteren ökonomischen Ausrichtung.
>
> - Kliniken richten einen baulich getrennten Bereich für
> Privatpatienten ein
> ----------------------------------------------------------------------
>
> Das stimmt für einige Kliniken. Bei Asklepios haben diese Bereiche
> z.B. den pikanten Namen "Privita".
>
> ----------------------------------------------------------------------
- -------------
>
>
>
> Noch ein Wort zu denen, die sich hier so unglaublich aufregen:
> Viele Ärzte halten eisern an der PKV fest, denn die PKV-Patienten
> sind ja diejenigen, die endlcih etwas Geld einbringen. Deshalb die
> so aufgebrachte Verteidigung der PKVen, die permanten Leugnung
> aller hier vorgebrachten Argumente.
>
> Bis vor kurzem wurden sogar die längeren Wartezeiten bei
> Fachärzten, die GKV-ler auf sich nehmen müssen, penetrant als
> Märchen abgetan. Und das gilt dann für manche erst recht hier: Die
> hier aufgedeckten Tatsachen, die Folgen aus der Fehlallokaton,
> müssen daher mit allen Mitteln bestritten werden. Und die Vertreter
> dieser Thesen als Polemiker abgekanzelt werden ... klar.
>
> Bei jedem fundamentalen Lösungsvorschlag wittern die jeweiligen
> Profiteure des Status-Quo-Systems einen Verlust ihrer Pfründe und
> ihrer Profite. Da ist zu erwarten, dass sie mit aller Macht, die
> sie - in fast schon in mitleiderheischender Verbitterung -
> aufzubringen vermögen, dagegen vorgehen werden. Das tun sie
> rhetorisch, in Grassroots-Projekten und mittels aller möglicher
> "Einflusskanäle".
>
> Also swagi, Dein Echauvieren war erwartbar.
>
> Beste Grüße, Syna.
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