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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] endlich - Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] endlich - Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Axel Grimm <axel.grimm AT baig.de>
  • Cc: AG AG-Geld <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] endlich - Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen
  • Date: Sun, 11 Jan 2015 22:58:38 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Am 10.01.2015 um 22:07 schrieb "Patrik Pekrul" <patrik.pekrul AT hotmail.de>:

>
> Am 09.01.2015 um 10:12 schrieb Axel Grimm <axel.grimm AT baig.de>:
>
>> Das Grundprinzuig Sparen = Schulden ist fundemantal, doch dank Keynes hat
>> man daraus Sparen = Invest gemacht und aus diesem Hozweg will man nicht
>> herausrudern.
>
> Axel,
>
> Keynes hat nichts dergleichen gesagt, das ist nur eine der üblichen
> Verkürzungen. Im Gegenteil:
> https://www.marxists.org/reference/subject/economics/keynes/general-theory/ch07.htm

Nachtrag:

Ich habe heute noch einmal die Kapital 6 Und 7 gelesen, und es ist ziemlich
verquer (ab dann auch wieder überraschend einfach) wie Keynes auf sein
Argument kommt.

Ich will mal probieren, es zu erklären:

1. Die (aggregierte) Ersparnis S ist DEFINIERT als das (aggregierte)
Einkommen Y - Konsum C

"So far as I know, everyone agrees in meaning by Saving the excess of income
over what is spent on consumption. It would certainly be very inconvenient
and misleading not to mean this. Nor is there any important difference of
opinion as to what is meant by expenditure on consumption."

Merke: Im Gegensatz zu dem, was einem so in VWL-Büchern begegnet, handelt es
sich dabei NICHT um die Ersparnis der Haushalte (siehe bspw. hier:
http://www.rechnungswesen-verstehen.de/images/erweiterter-wirtschaftskreislauf.jpg
), sondern er führt einfach diese Definition ein, die sich auf das
Gesamteinkommen (also der Haushalte und Unternehmen) bezieht.

2. Einkommen besteht aus Lohneinkommen W der Haushalte zzgl. der
Unternehmereinkommen
3. Unternehmereinkommen bestehen aus Erlösen - Kosten

Stellen wir uns nun eine einfache Volkswirtschaft vor mit

Haushalten H
Herstellern von Konsumgüter Uc
Herstellern von Investitionsgütern Ui
Den Banken B

Die Verkaufserlöse von Uc heißen C (Konsum)
Die Verkaufserlöse von Ui heißen I (Investition)
Die Ersparnis (wie eben definiert) heißt S
Die Schulden heißen D

Nun passiert folgendes:

1. Szenario

1. Uc stellen Konsumgüter mit einem Verkaufswert von 75 her und zahlen Löhne
in Höhe von 70
2. Ui stellen Investitionsgüter mit einem Verkaufswert von 20 her und zahlen
Löhne in Höhe von 10
3. Die Haushalte kaufen Konsumgüter im Wert von 75 (C), Uc kauft
Investitionsgüter in Höhe von 20 (I) und nimmt hierzu einen Kredit in Höhe
von 15 (D) auf.

Das Einkommen von Uc ist also 75-70 = 5
Das Einkommen von Ui ist also 20-10 = 10
Das Einkommen der Haushalte ist 70+10 = 80

Das volkswirtschaftliche (aggregierte) Einkommen ist also 5+10+80 = 95, dies
entspricht den Verkaufserlösen von Konsumgütern und Investitionsgütern 75 +
20 = 95.

Die volkswirtschaftliche Ersparnis, wie sie Keynes definiert, ist also das
volkswirtschaftliche (aggregierte) Einkommen abzüglich des (aggregierten)
Konsums, also 95 - 75 = 20

Die Investition entspricht den Verkaufserlösen von Ui, also 20.

Und siehe da: S = I

2. Szenario

Nun könnte man sagen: "Zufall, ist ein konstruiertes Beispiel!" Also
variieren wir das Szenario. Nehmen wir an, Uc hätten nur Investitionsgüter in
Höhe von 15 gekauft.

Dann wäre des (aggregierte) Einkommen 90, der Konsum immer noch bei 75, die
Ersparnis also definitionsgemäß 15 und dies entspricht wieder der
Verkaufserlösen von Ui, q.e.d.

3. Szenario

Wer sich daran stört, dass ausgerechnet an der Investition gedreht wurde und
diese naturgemäß das Einkommen ändert, kann sich vielleicht überzeugen, wenn
wir jetzt die Löhne erhöhen. Sagen wir mal Ui erhöht die Löhne nun um 3 (es
könnte genau so gut Uc sein).

Das Einkommen von Uc ist also unverändert 75-70 = 5
Das Einkommen von Ui ist nun 15-13 = 2
Das Einkommen der Haushalte steigt auf 70+13 = 83

Das (aggregierte) Einkommen ist weiterhin 90 und entspricht damit nach wie
vor den Verkaufserlösen von 75 + 15 = 90. Und abermals ist S = I.

4. Szenario
Ich erspare es mir, jetzt noch den Konsum zu variieren, das Ergebnis bleibt
das selbe.

Keynes hatte also recht, aber der Trick liegt eben in der DEFINITION von
(aggregierter) Ersparnis.

Woher kommt also der Widerspruch zu der Erkenntnis, dass die Ersparnis der
Verschuldung D entspricht? Dieses ist unzweifelhaft auch immer richtig, und
der Ansatz klingt auch sehr ähnlich.

Wenn wir nämlich unter Ersparnis S' die Differenz zwischen dem verstehen, was
wir einnehmen, und dem, was wir ausgeben, dann folgt im Szenario 1.:

Ersparnis der Haushalte ist 80 - 75 = 5
Ersparnis von Ui ist 20 - 10 = 10
Die notwendige Verschuldung von Uc entspricht der Differenz von Ausgaben und
Einnahmen, also (70 + 20) - 75 = 15

Und siehe da: D = 15 = 10 + 5 = S' q.e.d

Aber es kann ja schlecht beides richtig sein, die Ersparnis kann doch nicht
gleichzeitig 20 und 15 sein?

Tut sie auch nicht, denn S bedeutet nicht das selbe wie S'!

Das Geheimnis besteht also in dem Wort "aggregiert" und in der DEFINITION von
S als "aggregierter Ersparnis".

Es war also nicht Keynes, der falsch lag, sondern die tropfnasigen VWLer, die
anscheinend zu doof (oder zu faul) sind, Keynes anständig zu lesen.

(Zugegeben: Es hat mich auch einen Nachmittag gekostet, den Widerspruch
aufzulösen.)

Wichtig hierbei: Die Konsum- und Investitionsneigung definieren das
aggregierte Einkommen und dieses wiederum die aggregierte Ersparnis und NICHT
umgekehrt.

Die Theorie der "schwäbischen Hausfrau", dass aufgrund der zwingenden
Identität mehr Sparen automatisch zu mehr Investitionen führt, ist FALSCH!

Ich denke, das wäre eine Wiki-Seite wert, um wieder mit einem populären
Irrtum aufzuräumen.












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