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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] endlich - Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] endlich - Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen


Chronologisch Thread 
  • From: Christoph Mayer <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
  • To: Benedikt Weihmayr <benedikt AT weihmayr.de>
  • Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] endlich - Vollgeld Kritik im Wirtschaftsdienst erschienen
  • Date: Wed, 7 Jan 2015 15:52:17 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Bene,

vielen Dank für den Artikel! Aufgrund einer so qualifizierten Kritik kann man dann auch wieder qualifiziert diskutieren.
Bei vielen Dingen stimme ich überein, z.B. dass der Zinssatz in einem Vollgeldsystem steigen würde. Auch würde die Geldinjektion als staatliche Investitionen eine spezifische Wirtschaftssparte wie  die Baubranche aufblähen, was anderen Sparten nicht zwangsläufig dienen würde. Auch teile ich die Auffassung, dass Regulierungen zielführend wären und notwendig sind. 
___

Ein Grundsatzproblem fast aller Wissenschaftspublikationen heute ist, dass ungenügend reflektiert und dokumentiert wird, auf welchen Annahmen / Axiomen die Arbeit beruht. 

„Einfaches“ Beispiel: Fast jede Arbeit zur Gehirnforschung geht davon aus, dass Geist und Bewusstsein aus der Verschaltung von Nervenzellen entsteht. Das wird aber normalerweise nicht erwähnt und müsste mindestens bei der Auswertung berücksichtigt werden. Denn wenn z.B. Rupert Sheldrake recht haben sollte und Bewusstsein wäre in morphogenetischen Feldern lokalisiert, die von Gehirnstrukturen empfangen würden, dann wären viele Versuchskonstruktionen und die meisten Schlussfolgerungen aus Untersuchungen falsch. Bewiesen ist Stand heute weder der eine noch der andere Ansatz.

Sämtliche Axiome aufzulisten wäre natürlich sehr schwierig. Man müsste das wahrscheinlich so handhaben wie in modernen Programmiersprachen, wo man für verwendete Routinen die „Libraries“ einbindet/ referenziert. Und dann dokumentiert, wo man etwas anderes verwendet. Sprich: Man müsste einige Standarddokumente entwerfen, die die Axiome der Wissenszweige enthalten und die in wissenschaftlichen Publikationen referenziert werden.
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So gibt es ein paar Punkte, die ich zu dieser Veröffentlichung ansprechen möchte. 
Problematisch bei dieser Betrachtung der Monetative, Vollgeld:
- die Monetative e.V. legt nur fest, dass die Geldschöpfung staatlich sein soll. Sie lässt bewusst offen, wieviel Geld und wie das Geld in Umlauf gebracht werden soll, weil sie hier einen wissenschaftlichen Diskussionsbedarf sehen. Die Kritik, die sich also auf die Inumlaufbringung durch Staatsausgaben bezieht, trifft also nur auf eine Teilgruppe der Monetative zu und muss separiert werden.
- Die Annahme dass S=I sei, das hat Patrick schon erwähnt, gründet auf der Vorstellung eines Banksystems dass das Vollgeld erst schaffen würde. Das ist den Autoren sicher bekannt, sollte aber im Text ausdrücklich reflektiert werden.
- Das heutige Geldsystem basiert auf dem Axiom, dass Geld durch Schulden gedeckt werden soll. Dieses halte ich für grundsätzlich irrtümlich. Meiner Ansicht nach muss genau dieses Axiom baldmöglichst bewusst gemacht und gekippt werden.
Mindestens in öffentlichen Diskussionen wird ja ständig davon geredet, dass der Staat sich entschulden müsse. Das kann man nur fordern, wenn man die Schuldentdeckung von Geld nicht versteht. Fordern kann man eine Staatsentschuldung seriöserweise nur, wenn man die Schulddeckung des Geldes auflöst.
- In Sachen Quantitätstheorie und Verbraucherpreise muss man allgemein sagen: Der Inflationsbegriff und weite Teile der Theorie dazu sind voller Vermischungen und viel zu unscharf, um damit zu argumentieren. Man muss die Preisentwicklung eines Warenkorbes von der Kaufkraft einer existierenden Geldmenge gegenüber Gütern und Leistungen unterscheiden. Und man muss bei der Wirkung der Inflation berücksichtigen, wodurch sie verursacht wird: Staatsausgaben, Kreditausweitung (für was genau), Bürgergeld, Wertschöpfungsgeld, …
- Basel III wird ein Papiertiger bleiben, an den sich die US-Banken definitiv nicht halten werden (das wurde ja schon so verkündet) und in der Folge wohl auch die Europäischen nicht.
- Die Annahme, dass die Geldmenge durch Marktmechanismen bei Privatbanken geregelt würde halte ich für falsch. Die Theorie von Angebot und Nachfrage greift hier nicht nach Lehrbuch, das wurde ja auch im Test deutlich. Nachfrage nach Geld gibt es immer, das Angebot ist im Kreditschöpfungsprozess unendlich groß. Der Mechanismus funktioniert v.a. über Kreditwürdigkeit und Zahlungswilligkeit, dahinter steht die volkswirtschaftliche Einkommens- und Vermögensverteilung, dahinter wiederum stehen z.B. Kapitalkosten durch Kredite und Anteilseignerschaften, Steuersystem usw. usw. Die Qualität von Aktiva im Kreditbewertungsprozess wird also wesentlich von der Verteilung innerhalb der Volkswirtschaft beeinflusst.
Tatsächlich wird z.B. der Aktienmarkt sehr wesentlich durch die Geldmenge bestimmt. Siehe z.B. Korrelation von Quantitative Easing mit dem S&P Index. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass der Spekulationssektor lukrativer wäre als der realwirtschaftliche, wenn Geld nicht mehr bei den (Spekulation)Banken entstehen würde. Denn die Vermögenspreise steigen deshalb aktuell wesentlich stärker als die Verbraucherpreise, weil die Geldverfügbarkeit aufgrund des aktuellen Banksystems bei den Vermögenden (Investoren) wesentlich stärker steigt.
- Gerade bei den Anhängern der Österreichischen und Chicagoer Schule gibt es weiterhin das Axiom, dass Geld eine Entsprechung von begrenzten Ressourcen der Realwirtschaft ist. Das halte ich für eine so unzutreffende wie schädliche Annahme.
* Ich gehe noch weiter: Geld oder Kreditverfügbarkeit hat überhaupt nichts mit Realwirtschaft zu tun sondern ist eine künstliche Begrenzung der Wirtschaftsleistung. Würde man eine annähernd konstante Geldmenge X schuldenfrei an der richtigen Stelle in die Volkswirtschaft injizieren, würde das diese Fesseln sprengen und die Leistung der VW würde steigen.
- Daher halte ich auch die Argumentation der Notwendigkeit einer elastischen Geldmenge für nicht zutreffend, denn die heutige Elastizität folgt Gesetzmäßigkeiten, die weder der Stabilität noch der Wirtschaftsleistung, noch der gesellschaftlichen Integrität dienen.
- Wenn die private Kreditschöpfung durch eine wie auch immer geartete staatliche ersetzt würde, dann würde es durchaus ein sektorales Regelungssystem geben, nämlich die Kreditvergabe, wie sie einmal vor der Einführung der Kreditschöpfung existierte. Sektorale Regelung findet also auch dann statt. Wobei es trotzdem wie im Text beschrieben zu sektoralen Kontraktionen kommen kann, wenn nur eine Sparte der typischen Kreditnehmer von neuem zinsfreiem Geld profitieren (hier die öffentlichen Haushalte).
- Viele Geldreformer drücken die Problematik der privaten Geldschöpfung mindestens falsch aus. Denn:
  * das Problem ist nicht die Segniorage als solche und 
  * die Bank ist nicht der Letztempfänger des Gewinns, also ist er auch dort nicht als Überschuss messbar sondern an Vermögenszuwächsen ihrer Kunden. 
Vielmehr ist es ein dynamisches Problem. Die Injektion über Kreditschöpfung erhöht die Geldmenge und führt beim Kreditnehmer zu einem Cantillioneffekt. Mehr als dieser wird aber durch Zins aufgesogen wird und durch die Geldmarktmechanismen an die Geldanleger transferiert, die für diese Geldmengenerhöhung eigentlich überhaupt nichts können. Auf diese Weise findet ein ständiger Transfer von Menschen mit geringem Vermögen und wertschöpfenden Unternehmen an Menschen mit großem Vermögen statt. Und dieser Transfer summiert sich ja Jahr für Jahr, weil sämtliches Geldguthaben aus dem Verschuldungsprozess hervorgeht. Bis 2008 wuchs er (natürlich auch verursacht durch anderer Effekte) auf 550 Mrd. Zinsen an (1030 Mrd. Euro jährlich volksw. Vermögenseinkommen). Indirekt führt dieses System, gerade seit Abschaffung des Trennbanksystems, auch zu impliziten Sachvermögenserhöhungen, die in den letzten 10 Jahren durchschnittlich 450 Mrd. Euro ausmachten.  
- Es ist richtig, dass nur der Nichtkonsum zwangsläufig zu einer zwingenden Dynamik bezüglich Zinszahlungsengpass führen muss. Es ist aber auch offensichtlich, dass der Anteil an Nichtkonsum um so größer ist, je höher das Vermögen und Einkommen der Einzelpersonen ist. Und damit entsteht automatisch ein Verteilungsmechanimus. 

Interessant fand ich auch das Gedankenspiel, dass das zinsfreie Geld eine verzinste Anlage sucht. Ich bin der Ansicht, dass das zum Sinken des Zinsniveaus führt und daher prinzipiell gut ist. Gut auf jeden Fall für die, die Kredit benötigen. Problematisch ist, wenn die Anleger im Ausland eine höhere Verzinsung suchen und finden, da gebe ich den Autoren recht. Es würde heißen, dass Auslandsinvestitionen getätigt würden (Geldabfluss) aber auch dort Rückzahlungen, Zinsen und Renditen ins Inland fließen würden, was langfristig die größere Menge darstellt. Wenn man will, kann man allerdings auch mit z.B. Steuern gegensteuern.


Ich bin jemand, der auch den Rahmen einer Reform sehr viel weiter ziehen möchte. Im Text gehen die Autoren davon aus, dass die Zustände mit erweiterten Regeln wieder akzeptabel werden, was ja auch heißt, dass sie es vorher waren. Diese Sicht teile ich nicht. Die weltweite Ungleichverteilung wird seit sehr langer Zeit immer schlimmer, der Anteil an gefährdend hungerleidenden Menschen an der Weltbevölkerung ist in etwa konstant, heute sind es va. 800 Mio von 7,5 Mrd Menschen. Diese wird sehr wesentlich vom heutigen Weltwährungssystem und Schuldsystem verursacht. Ebenso sehe ich auch in unserer Gesellschaft ein grundsätzliches Problem der Gerechtigkeit und der Machtverteilung, die ebenfalls wesentlich über das Schuldsystem verursacht wird. Die Stabilität eines Systems darf nicht alleiniges Kriterium sein, wir brauchen Veränderungen, die eine positive Zukunft eines jeden ermöglichen, Eine Zukunft, wie sie dem neuen Jahrtausend gerecht wird.


Als Abschluss noch: Meine Sicht ist, dass eine Vollgeldreform von heute auf morgen wahrscheinlich eine mittlere wirtschaftliche Katastrophe auslösen würde. Dennoch halte ich sie nicht für grundsätzlich falsch, wenn:
- die Einführung schrittweise erfolgen würde, also z.B. über schrittweises Anheben der Mindestreserve. Dann kann man Effekte beobachten und Schlüsse ziehen, bevor theoretisch irgendwann 100% erreicht sind und ab da die Kundenkonten aus der Bankbilanz entfernt und separat geführt würden.
- die Geldimmission direkt in die Volkswirtschaft erfolgt und damit Liquiditätskontraktion verhindert, ja besser die Fesseln der Geldverfügbarkeit über der Volkswirtschaft absteifen helfen würde. Damit müsste dort injiziert werden, wo die Hauptgründe für Kreditaufnahme liegen. Dann sinkt der Zinssatz und das Schuldenvolumen.
- die Geldmenge sich an den real verfügbaren Sachwerten + BIP orientiert, was eine Geldwertstabilität nach sich zieht (zu unterscheiden von Inflationseffekten, die durch die dynamische Geldemission beeinflusst wird). Dabei soll eine leichte Inflation erzeugt werden. So wird der Wertaufbewahrungsfunktion und der Quantitätstheorie genüge getan.

Herzliche Grüße
Christoph Ulrich Mayer
Augsburg, Germany



Am 04.01.2015 um 21:38 schrieb Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>:

Hallo Bene,

sehr schön, man erkennt vieles wieder, was wir hier in den letzten drei Jahren (Kinners, wie die Zeit vergeht) diskutiert haben, aber an zwei Punkten würde ich doch Kritik üben:

1. Eigenkapital

"Außerdem werden mit der Capital Requirements Direc- tive IV (CRD IV) im Rahmen des Basel-III-Reformpakets ab 2015 international einheitliche Liquiditätsvorschrif- ten implementiert, die einen noch stärkeren Fokus auf etwaige Schocks in Krisenzeiten legen.14 Ergänzend dazu ist neben verschärften risikogewichteten Eigen- kapitalquoten erstmals eine Leverage Ratio, also eine tatsächliche Eigenkapitalquote ohne Risikogewichtung im Verhältnis zur gesamten Bilanzsumme vorgesehen. "

Der Absatz klingt so, als wären fest Eigenkapitalquoten irgendwie hilfreich, dabei ist doch eindeutig, dass so pro-zyklisch wirken, mithin neutral bis kontraproduktiv sind.

In guten Zeiten wächst die Bilanz wie von selbst, u.a. wegen des Fair-Value-Ansatzes, der in guten Zeiten zu optimistischeren Prognosen und Bewertungen führt als in schlechten Zeiten. In guten Zeiten ist es kein Problem geringe Ausfallwahrscheinlichkeiten und höhe Rückflüsse plausibel zu machen, also steigen die Bewertungen (schließlich ist das auch ein schöner Buchgewinn, auf den es leistungslos Boni gibt) und damit steigt das Eigenkapital. Mit dem höherem Eigenkapital steigt auch die Möglichkeit der Kreditvergabe. In schlechten Zeiten wirkt der selbe Mechanismus umgekehrt, und führt zu reduzierter Kreditvergabe - mit schlimmen Folgen. Was daran positiv sein soll, kann ich nicht erkennen.

2. Sparen

"Erst der Nicht- Konsum, also das Sparen von Kapital- und Arbeitsein- kommen führt zu einer zwingenden Dynamik. Dies führt je nach Höhe der aggregierten Nachfrage, entweder zu steigenden Investitionen oder aber zu einem Unter- beschäftigungsgleichgewicht."

Hier seid ihr meines Erachtens zu vorsichtig, weil ihr ein fundamentales Dogma in Frage stellt. Jeder gut konditionierte Ökonom wird euch an dieser Stelle entgegenhalten, dass die Ersparnis selbstredend wieder investiert wird und dieser Vorgang daher neutral ist, I=S - "Das weiss doch jeder!"

Hier wäre es wichtig gewesen darauf hinzuweisen, dass diese Gleichsetzung ein reines Artefakt ist, und in der Realität eben nicht gilt. Sparen, i.S.v. in Finanzanlagen "investieren" ist eben ein reines Stillegen von Zahlungsmitteln. Sie werden weder direkt noch indirekt kaufkraftwirksam, noch sorgen sie für (Zusatz-)Einkommen. Man muss an dieser Stelle schon verstehen wollen, aber viele wollen eben nicht.

Wieso argumentiert ihr, dass eine festgelegte Geldmenge prozyklisch wirkt (was stimmt), aber beim Eigenkapital befürwortet ihr eine (exogene) Festlegung?

Wieso weist ihr auf der einen Seite darauf hin, dass es bei gegebener Geldmenge aufgrund des engen Zusammenhangs von Geldzu- und abflüssen zur Verstärkung von Krisen kommt, aber auf der anderen Seite seht ihr stärkere Liquiditätskontrolle als Vorteil, obwohl sie diesem Zusammenhang erst herstellt.

"Denn trübt sich die Erwartungshaltung bezüglich der Solvenz oder Liquidität eines Bankinstituts ein, kann es zu panischem Verhalten der Anleger kommen, die ihr Giralgeld entwe- der in Zentralbankgeld umtauschen, oder aber zu einem anderen Institut überweisen möchten. Die Bank ist dann gezwungen, Aktiva zu Preisen un- ter ihrem fundamentalen Wert zu verkaufen. In Finanz- krisen ist es ein häufig zu beobachtendes Phänomen, dass Banken und andere Marktteilnehmer gleichzeitig versuchen, sich am Markt liquide Mittel zu beschaffen, da Gläubiger zunehmend ein systemisches Risiko ver- muten. Eine solche erzwungene Liquidierung von Akti- va führt zu einer systematischen Kreditkontraktion und damit zu einer schrumpfenden Wirtschaftsleistung, was auch ursprünglich solvente Institute in den Ruin treiben kann."

In gewisser Weise macht das eure Argumentation schwach, da ihr einerseits gegen das Vollgeldsystem argumentiert - dessen Hauptschwäche die exogene Steuerung/Festlegung der Geldmenge ist - aber andererseits, befürwortet ihr Instrumente, die genau auf diesem Gedankenmodell aufsetzen (Liquiditätskontrolle und Eigenkapitalquote). Es klingt ein bisschen nach "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass".

Ich denke, es wäre besser gewesen an den Anfang zwei grundsätzliche Klärungen herbeizuführen:

1. Es gibt keinen Zusammenhang zwischen der Aktiv- und Passivseite der Bankbilanz. Weder braucht man Kreditvergabe, um investieren zu können, noch braucht man Investitionen, um Kredite vergeben zu können, und deshalb (weil das Geld eben nicht in welche Richtung auch immer erst rein- und dann wieder rausfliesst, es entsteht und vergeht)

2. gibt es deshalb auch keinen Zusammenhang zwischen Sparen und Investieren.

Das erfordert natürlich als angehender Volkswirt eine Menge Mut, weil es zwei fundamentale Glaubenssätze der "Goldmünzendenker" direkt angreift, aber ohne dieses glasklare Fundament wird eure (gute und gerechtfertigte) Vollgeldkritik extrem wacklig, denn das Vollgeldkonzept fusst auf eben jener "Goldmünzendenke" und hat deshalb einen natürlichen Vorteil im Biotop der Ökonomen.

Aber vieles, was ihr schreibt, ist sehr zielführend, auch wenn es einiges an Vorwissen voraussetzt.

+1




Am 04.01.2015 um 13:15 schrieb "Benedikt Weihmayr" <benedikt AT weihmayr.de>:

Liebe AG,
 

Die Ergebnisse des Forschungsprojektes zur Evaluierung der Geldreformideen Vollgeld und Full Reserve Bankingim Rahmen der Forschungsagenda der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe nachhaltiges Geld konnte ich in dankbarer Zusammenarbeit mit Dr. Martin Sauber im Dezemberheft 2014 des Wirtschaftsdienstes veröffentlichen. Die ausführliche Studie dazu wird in Kürze in der ZÖSS Discussion Paper Series Hamburg erscheinen.

Abstract

Das heutige Kreditgeldsystem wird von Kritikern zunehmend infrage gestellt. Vertreter von Vollgeld und Full Reserve Banking postulieren, dass die dezentrale Giralgeldschöpfung der Banken destruktive Boom-Bust-Zyklen, finanzielle Instabilitäten sowie strukturelle Verschuldungs- und Wachstumszwänge verursacht. Als Lösung schlagen sie eine staatliche Geldmengenemission und -steuerung vor. Die Autoren analysieren die makroökonomischen Auswirkungen und zeigen die mangelnde theoretische Fundierung dieser Reformvorschläge auf. Sie argumentieren, dass die Implementierung der geforderten Maßnahmen die Währungsqualität mindert und damit sozialökonomische Missstände verschlimmert.

http://link.springer.com/article/10.1007/s10273-014-1766-7

Unter folgendem Link könnt ihr eine Kopie des Artikels herunterladen. Bitte wahrt den Umständen entsprechend die Rechte.

 
 
 
 
 
Liebe Grüße
Bene
<Mail-Anhang.txt>
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