Hallo Marco,
wenn ich Dich richtig verstanden habe betrachtest Du die Bank als
Spardose. Mit jeder Einzahlung wird gespart und mit jeder
Auszahlung entspart.
Am 14.12.2014 um 21:21 schrieb Marco Schmidt:
Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel,
Geldmultiplikatormodell
Hallo
Rudi,
ich kann es vielleicht insoweit auf den Punkt bringen, dass mein
gewähltes, optimiertes Beispiel nur Ein- und
Auszahlungsvorgänge beinhaltet. Das, was als Kreditvergabe
der Sparguthaben im Modell bezeichnet wird, ist (in meinen
Augen) nichts anderes als ein Wieder-Ausgeben (Entsparen). Das
ist eine "Optimierung" des Modells, es kommt aufs selbe raus -
ob ich nun entspare (minus "MR-Steuer") oder eine
"Kreditvergabe" (minus MR) als Verleihgeschäft + erneut
ausgeben! stattfindet. Ich kürze die Kreditvergabe einfach
heraus.
Mit dem Modell möchte man uns weis machen, es wären Guthaben
entstanden, ich sehe diese aber als nichts weiter als
aufaddierte Transaktionssummen.
ME sind Sparguthaben entstanden und zwar in Höhe von $10.000.
Gleichzeitig haben sich Kunden in Höhe von $9.000 verschuldet. Den
Unterschiedsbetrag besitzt am Ende die Bank als Bargeld in der
Kasse. Im Beitrag zum Multiplikatormodell
ist dies detailliert aufgeführt.
Ich spiele
bei dem, was mir das Modell vorgaukeln will, quasi nicht mit. In
der Realität wird dabei eben nichts physisches geschaffen,
sondern nur etwas (im Kreis) rumgereicht -> Ströme
aufaddiert. Und das ist genau das Weltbild eines H. Creutz et
al, das ich in dem Moment angenommen habe.
Auch Creutz hat den Unsinn des Multiplikatormodells erkannt. Deshalb
verwirrt Deine Aussage an dieser Stelle etwas.
Deine Seite kannte ich schon, bevor ich hier zur AG gestoßen
bin. War eine nette Überraschung, dich hier wieder zu finden.
Freut mich.
Im Detail noch die Fragen unten:
Sparen = Einzahlen, Entsparen = Ausgeben
Wenn man annimmt, dass Kreditguthaben entstanden sind, ist man
dem Modell quasi schon "auf den Leim gegangen". Ohne
gleichzeitige Kreditnachfrage funktioniert es nicht und wie Du
schon geschrieben hast, vollkommen unrealistisch, dass die volle
Summe gespart würde. Die MR begrenzt als Steuer das
Wieder-Ausgeben (laut Modell das Wieder-Verleihen in Form von
Kredit), wäre sie nicht vorhanden, könnten unendlich viele
Transaktionen stattfinden. Ich hoffe, damit wird es
verständlicher.
Habe Deine Sichtweise soweit verstanden
:-) .
Beste Grüße
Rudi2
Grüße,
Marco
am Sonntag, 14. Dezember 2014 um 20:20 schrieb Rudi2:
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Hallo Marco,
zu Deinen Ausführungen habe ich noch einige Fragen,
siehe weiter unten im Text.
Das Multiplikatormodell im Piratenwiki ist dort
eingestellt, um den "Unsinn" dieses Modells zu
verdeutlichen und die Argumente hierzu auch
nachvollziehen zu können. Habe versucht, dies sachlich
darzustellen.
Am 14.12.2014 um 09:46 schrieb Marco Schmidt: |
Hallo
Rudi,
das Multiplikatormodell http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Multiplikatormodell wird
deswegen so gerne herangezogen, da es den Verleihcharakter im
Bankwesen stützt.
Die Randbedingungen werden einem schnell klar, wenn man das mal
mit Bestands- und Stromgrößenrechnung analysiert:
Frei übersetzt geht das Spiel so: Jemand drückt
Dir 1.000€ in die Hand und sagt: “Du und alle nachfolgenden
Handelspartner müssen alles ausgeben, aber 10% “Reserve”
gehen bei jeder Transaktion an die Bank.” Man könnte
auch sagen, der Steuersatz bei jeder Transaktion liegt bei
10%. Dann mal los:
Schritt 1: 1.000€ werden ausgegeben, 900 davon
kommen effektiv bei jemand anderem an, 100 bekommt die Bank
– der Unsinn vom Einzahlen auf dem Konto und wieder
ausleihen gehört halt zum Märchen dazu, ist aber so
überflüssig wie ein Kropf… kürzt sich einfach heraus…
Schritt 2: 900€ werden erneut ausgegeben (entspart! :-)
), 810 bekommt jemand anderes, 90 die Bank
…
am Ende befinden sich auf der Bank insgesamt die
ursprünglichen 1.000€ und, heller Wahnsinn, die Summe
aller Transaktionen beträgt sage und schreibe 10.000€!
Erst
werden 1.000€ ausbezahlt, transferiert, wieder einbezahlt,
wieder minus MR ausbezahlt, transferiert, usw. Im Kern wird
gespart und wieder entspart. An welchen Stellen wird Deiner
Meinung nach "gespart" und wo "entspart"?
Lässt man die unsinnigen Bargeldumläufe weg, bleiben nur wenige
wichtige Zahlen übrig. Die Bank verfügt nach dem kompletten
Durchlauf der geometrischen Entwicklungsreihe über eine
Kassenbestand von $1.000, hat einen Kredit über $9.000 vergeben
und gleichzeitig Sparer zum Verzicht zur Nutzung ihrer
Sparguthaben in Höhe von $10.000 bewegt. Die unendlich vielen
Bargeld-/Kreditwechsel kann man ohne am Ergebnis etwas zu
verändern auf eine einzige Kreditvergabe und zwei Sparvorgänge
zurückführen. Die geometrische Reihenentwicklung mit
praxisfernen Annahmen ist nichtssagend und schlicht überflüssig.
Die Spalte "Spareinlage" wird weder vom Erfinder der multiplen
Geldschöpfung, Chester Arthur Phillips, noch von den Verwendern
seiner anzuzweifelnden Thesen beachtet und doch spielt sie eine
entscheidende Rolle. Wer sich auf Phillips beruft, setzt damit
automatisch die orthodoxe Kredittheorie als Fundamentstein.
Klar, dass die Orthodoxie das Entsparen als Kreditvergabe,
nämlich in Form von Geldverleih, tituliert. Nach der MR des
Ursprungskredits von 1.000€ darf auch niemand fragen, die werden
einfach in den Skat gedrückt...
Nach der orthodoxen Theorie entsteht Geld (= Zentralbankgeld)
exogen und führt durch den vielfachen Umlauf zu Geldguthaben.
Die ersten $1.000 Bargeld sind einfach da. ;-) (Aus dem
Nichts???)
Was Du mit Entsparen meinst, versteh ich an dieser Stelle nicht.
Meinst Du damit den Gedankengang, dass erst jemand Bargeld
einzahlt, dann auf die Inanspruchnahme seines Kontoguthabens
verzichtet = spart und erst danach die Bank das "eingelegte"
Geld verleihen kann?
Hier wird einem auch klar, warum u.a. ein Helmut Creutz nur
Bargeld als Geld bezeichnet (für den zählt nur die Geldbasis
M0). Die komischen Guthaben auf den Konten werden ja "nur" geldwirksam ;-)
Also durchschaut hat er das schon irgendwie, dass sich an den
Beständen da gar nichts ändert.
Und auf diesem Verleihgedanken fusst deren gesamtes Weltbild,
obwohl dieses Modell NICHT erklärt, wie denn nun mehr Geld in
den Kreislauf kommt.
Helmut Creutz hat in seinem Buch "Das Geldsyndrom" einige seiner
Ansichten in einem Frage-Antwort Spiel "Geldschöpfung, Pro und
Kontra" versteckt. Auf
http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php/Helmut_Creutz:_Geldsch%C3%B6pfung,_Pro_und_Kontra
bin ich
auf diese Thesen näher eingegangen.
Das müsste die ZB ja irgendwie pumpen. Nur kann sie das gar
nicht... (ja, technisch möglich wäre es, aber aktuell durch
Aufblähen der Reserven an ZBGeld kommt kein Cent mehr in die
Wirtschaft)
Nochmal: hier werden effektiv Stromgrößen aufaddiert und so
getan, als wäre das neue "Geldmenge".
Mit dem Sparguthaben entstehen fast gleichzeitig auch die
Kredite in dem Beispiel. Werden insgesamt $9.000 an Krediten
vergeben ändert sich auch die Bestandsgröße = Hauptposten der
Bilanz "Forderungen an Kunden". Gleiches geschieht mit dem
Hauptposten "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden". Aus wie vielen
Unterposten (=Personenkonten) der Hauptposten besteht, ist
schlicht unwichtig. Einen Fehler kann ich in der Addition nicht
erkennen. Da ich gerade versuche, einige Informationen zur
Bankbuchführung niederzuschreiben, passt mein letzter Absatz
zufällig ganz gut.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Rechtsgrundlage_Buchf%C3%BChrung#Kundenkontokorrent
In dem
Abschnitt davor bin ich ein wenig auf Bestandsgrößen
eingegangen.
Weiß jetzt gar nicht, ob die M1 zusätzlich noch mit einer
Geldumlaufgeschwindigkeit versehen, wenn ja, wäre das bescheuert
hoch drei.
M1 hat mit Umlaufgeschwindigkeit nichts zu tun. Die
Geldmengenaggregate sind reine Bestandsgrößen. Sie sind zudem
lediglich willkürliche Festlegungen der BuBa/EZB um
geldpolitischer Ziele zu definieren.
Warum die MR bei der Kreditvergabe keine Rolle spielen kann,
zeigt das Beispiel UK. Die BoE gibt überhaupt keinen MR-Satz
vor. Unendliche "Geldschöpfungs"-Kapazität!!
Jo !!
Beste Grüße
Rudi2
Grüße,
Marco
am Sonntag, 14. Dezember 2014 um 01:36 schrieben Sie:
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Am 13.12.2014 um 20:38 schrieb Exile
(O.Herzig):
Für mich ist auch derzeit die Geldmenge "begrenzt" und
zwar durch 1% Mindestreserve an Zentralbankgeld.
Auf
dem Auge der Mindestreserve bist Du offensichtlich
etwas kurzsichtig. Gerade die 1 % Mindestreserve
spielen bei der Geldschöpfungskapazität der
Geschäftsbanken keine Rolle mehr.
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Mindestreserve
"Die
Mindestreserve in ihrer heutigen Form mit einem
Reservesatz von nur 1 % hat keine Auswirkungen auf die
Kreditschöpfungsmöglichkeit der Geschäftsbanken mehr.
Sie dient lediglich einer Reduzierung der erforderlichen
Zentralbankmittel beim Zahlungsverkehr im Bankensystem
und wirkt deshalb auch indirekt beruhigend auf das Auf
und Ab der Zentralbankzinsen."
Hierzu die Deutsche Bundesbank
http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Geldpolitik/Mindestreserven/mindestreserven.html
"Die
wichtigsten Funktionen des Mindestreservesystems sind
die Stabilisierung der Geldmarktsätze und die
Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit im
Bankensystem (Quelle: Die Geldpolitik der EZB.
Europäische Zentralbank, Frankfurt 2004)."
Welche
Faktoren haben nun einen Einfluss auf die Höhe der von
einer Geschäftsbank schöpfbaren Kreditmenge?
- Forderung einer Mindestreserve durch die
Zentralbank (nur noch theoretisch)
- Kassenbestand zur Aufrechterhaltung des baren
Zahlungsverkehrs
- Überschussreserven zur Durchführung von
Überweisungen
- Anforderungen an das Eigenkapital der Bank
gemäß KWG (Kreditwesengesetz KWG) § 10 Anforderungen
an die Eigenmittelausstattung von Instituten,
Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/__10.html)
- Anforderungen an die Liquidität der Banken
gemäß KWG (Kreditwesengesetz KWG) § 11 Liquidität (http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/__11.html)
Weitere
Voraussetzungen sind:
- Genügend verschuldungsbereite Kreditnehmer
(Schuldner) müssen gefunden werden
- Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des
Kreditnehmers muss vorhanden sein oder
- der Kreditnehmer muss beleihungsfähige
Sicherheiten bieten, d.h. Eigentum muss vorhanden
sein und der Kreditnehmer muss bereit sein dieses zu
verpfänden
- Um sich für Kredit-Auszahlungen Bargeld bei
der Zentralbank zu beschaffen, benötigt die Bank
"notenbankfähige Sicherheiten"
Die
Kreditschöpfungskapazität einer Bank auf die
Mindestreserve zu beschränken, ist mE deshalb in
mehrfacher Hinsicht nicht tragfähig.
Beste Grüße
Rudi2 |
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