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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell


Chronologisch Thread 
  • From: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell
  • Date: Sun, 14 Dec 2014 09:46:20 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Title: Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell
Hallo Rudi,

das Multiplikatormodell 
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Multiplikatormodell wird deswegen so gerne herangezogen, da es den Verleihcharakter im Bankwesen stützt.
Die Randbedingungen werden einem schnell klar, wenn man das mal mit Bestands- und Stromgrößenrechnung analysiert:

Frei übersetzt geht das Spiel so: Jemand drückt Dir 1.000€ in die Hand und sagt: “Du und alle nachfolgenden Handelspartner müssen alles ausgeben, aber 10% “Reserve” gehen bei jeder Transaktion an die Bank.” Man könnte auch sagen, der Steuersatz bei jeder Transaktion liegt bei 10%. Dann mal los:
  • Schritt 1: 1.000€ werden ausgegeben, 900 davon kommen effektiv bei jemand anderem an, 100 bekommt die Bank – der Unsinn vom Einzahlen auf dem Konto und wieder ausleihen gehört halt zum Märchen dazu, ist aber so überflüssig wie ein Kropf… kürzt sich einfach heraus…
  • Schritt 2: 900€ werden erneut ausgegeben (entspart! :-) ), 810 bekommt jemand anderes, 90 die Bank
  • am Ende befinden sich auf der Bank insgesamt die ursprünglichen 1.000€ und, heller Wahnsinn, die Summe aller Transaktionen beträgt sage und schreibe 10.000€!


Erst werden 1.000€ ausbezahlt, transferiert, wieder einbezahlt, wieder minus MR ausbezahlt, transferiert, usw. Im Kern wird gespart und wieder entspart. Klar, dass die Orthodoxie das Entsparen als Kreditvergabe, nämlich in Form von Geldverleih, tituliert. Nach der MR des Ursprungskredits von 1.000€ darf auch niemand fragen, die werden einfach in den Skat gedrückt...
Hier wird einem auch klar, warum u.a. ein Helmut Creutz nur Bargeld als Geld bezeichnet (für den zählt nur die Geldbasis M0). Die komischen Guthaben auf den Konten werden ja "nur" geldwirksam ;-) Also durchschaut hat er das schon irgendwie, dass sich an den Beständen da gar nichts ändert.  
Und auf diesem Verleihgedanken fusst deren gesamtes Weltbild, obwohl dieses Modell NICHT erklärt, wie denn nun mehr Geld in den Kreislauf kommt. Das müsste die ZB ja irgendwie pumpen. Nur kann sie das gar nicht... (ja, technisch möglich wäre es, aber aktuell durch Aufblähen der Reserven an ZBGeld kommt kein Cent mehr in die Wirtschaft)

Nochmal: hier werden effektiv Stromgrößen aufaddiert und so getan, als wäre das neue "Geldmenge". Weiß jetzt gar nicht, ob die M1 zusätzlich noch mit einer Geldumlaufgeschwindigkeit versehen, wenn ja, wäre das bescheuert hoch drei. Warum die MR bei der Kreditvergabe keine Rolle spielen kann, zeigt das Beispiel UK. Die BoE gibt überhaupt keinen MR-Satz vor. Unendliche "Geldschöpfungs"-Kapazität!! 

Grüße,
Marco 

am Sonntag, 14. Dezember 2014 um 01:36 schrieben Sie:


Am 13.12.2014 um 20:38 schrieb Exile (O.Herzig):
Für mich ist auch derzeit die Geldmenge "begrenzt" und zwar durch 1% Mindestreserve an Zentralbankgeld. 
Auf dem Auge der Mindestreserve bist Du offensichtlich etwas kurzsichtig. Gerade die 1 % Mindestreserve spielen bei der Geldschöpfungskapazität der Geschäftsbanken keine Rolle mehr. 

http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Mindestreserve

"Die Mindestreserve in ihrer heutigen Form mit einem Reservesatz von nur 1 % hat keine Auswirkungen auf die Kreditschöpfungsmöglichkeit der Geschäftsbanken mehr. Sie dient lediglich einer Reduzierung der erforderlichen Zentralbankmittel beim Zahlungsverkehr im Bankensystem und wirkt deshalb auch indirekt beruhigend auf das Auf und Ab der Zentralbankzinsen." 

Hierzu die Deutsche Bundesbank
http://www.bundesbank.de/Navigation/DE/Aufgaben/Geldpolitik/Mindestreserven/mindestreserven.html

"Die wichtigsten Funktionen des Mindestreservesystems sind die Stabilisierung der Geldmarktsätze und die Vergrößerung der strukturellen Liquiditätsknappheit im Bankensystem (Quelle: Die Geldpolitik der EZB. Europäische Zentralbank, Frankfurt 2004)."


Welche Faktoren haben nun einen Einfluss auf die Höhe der von einer Geschäftsbank schöpfbaren Kreditmenge? 
  • Forderung einer Mindestreserve durch die Zentralbank (nur noch theoretisch)
  • Kassenbestand zur Aufrechterhaltung des baren Zahlungsverkehrs 
  • Überschussreserven zur Durchführung von Überweisungen 
  • Anforderungen an das Eigenkapital der Bank gemäß KWG (Kreditwesengesetz KWG) § 10 Anforderungen an die Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen (http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/__10.html
  • Anforderungen an die Liquidität der Banken gemäß KWG (Kreditwesengesetz KWG) § 11 Liquidität (http://www.gesetze-im-internet.de/kredwg/__11.html
Weitere Voraussetzungen sind: 
  • Genügend verschuldungsbereite Kreditnehmer (Schuldner) müssen gefunden werden 
  • Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit des Kreditnehmers muss vorhanden sein oder 
  • der Kreditnehmer muss beleihungsfähige Sicherheiten bieten, d.h. Eigentum muss vorhanden sein und der Kreditnehmer muss bereit sein dieses zu verpfänden 
  • Um sich für Kredit-Auszahlungen Bargeld bei der Zentralbank zu beschaffen, benötigt die Bank "notenbankfähige Sicherheiten" 
Die Kreditschöpfungskapazität einer Bank auf die Mindestreserve zu beschränken, ist mE deshalb in mehrfacher Hinsicht nicht tragfähig.
Beste Grüße
Rudi2




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