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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell

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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell


Chronologisch Thread 
  • From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell
  • Date: Thu, 18 Dec 2014 20:21:50 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Am 15.12.2014 um 23:18 schrieb Marco Schmidt:
Re: [AG-GOuFP] Ein basisinformativer Artikel, Geldmultiplikatormodell Hallo Rudi,



wenn ich Dich richtig verstanden habe betrachtest Du die Bank als Spardose. Mit jeder Einzahlung wird gespart und mit jeder Auszahlung entspart.
Ich habe nur temporär die orthodoxe Verleihsicht angenommen.
Vereinfacht das "Fünfmarkstück, welches der Clown in der Manege findet.

http://userpage.fu-berlin.de/roehrigw/creutz/5dm.html

Das rätselhafte 5-Mark-Stück
Folgende Geschichte fand ich auf der Unterhaltungsseite einer Zeitschrift:
Der Clown fand in der Manege ein blankes 5-Mark-Stück. Er ging damit zum Pferdeknecht und sagte: »Ich bin dir ja noch zehn Mark schuldig, hier gebe ich dir einstweilen fünf Mark zurück, dann schulde ich dir noch fünf.«
Der Pferdeknecht bedankte sich, ging zum Stallmeister und sagte: »Ich bin dir ja noch zehn Mark schuldig, hier gebe ich dir einstweilen fünf Mark zurück, dann schulde ich dir noch fünf.« Der Stallmeister bedankte sich, ging zum Schulreiter und sagte: »Ich bin Ihnen ja noch zehn Mark schuldig! Hier gebe ich Ihnen fünf Mark zurück, dann schulde ich Ihnen noch fünf.« Der Schulreiter bedankte sich, ging zum Direktor und sagte: »Ich bin Ihnen ja noch zehn Mark schuldig, Herr Direktor; wenn Sie gestatten, gebe ich Ihnen einstweilen fünf Mark zurück, dann schulde ich Ihnen noch fünf.«
Der Direktor bedankte sich, nahm den Clown beiseite und sagte: »Da, August, gebe ich dir mal fünf Mark, die anderen fünf bekommst du später.«
Der Clown bedankte sich, gab die fünf Mark dem Pferdeknecht und sagte: »Jetzt sind wir quitt.« Der Pferdeknecht bezahlte mit dem 5-Mark-Stück seine Restschuld beim Stallmeister, dieser beim Schulreiter und dieser beim Direktor. Der Direktor nahm den Clown beiseite und sagte: »Hier, August, sind die restlichen fünf Mark, die du noch zu bekommen hattest.« So bekam der Clown sein 5-Mark-Stück zurück, und alle waren ihre Schulden los ...
Auch wenn die Geschichte auf den ersten Blick verwirrend erscheint, wird in ihr nichts anderes beschrieben als eine Reihe von Tilgungsvorgängen mit Hilfe eines umlaufenden 5-Mark-Stücks. Daß die Geschichte mit einem gefundenen Geldstück beginnt, ist für den Ablauf bedeutungslos und soll lediglich die Irritationen vergrößern. Genausogut hätte der Clown die fünf Mark verdient, als Geschenk erhalten oder gestohlen haben können. Selbst bei einem falschen 5-Mark-Stück wären nach dem zweiten Umlauf die gesamten Schulden verschwunden. Verschwunden sind jedoch in der Geschichte nicht nur die Schulden der fünf Beteiligten von insgesamt 50 Mark, sondern auch Guthaben in gleicher Höhe. Denn der Schuld des Clowns beim Pferdeknecht stand ein Guthaben des Pferdeknechts beim Clown gegenüber usw. Durch diese Geschichte können wir erkennen, daß umlaufendes Geld nicht nur unzählige Male zum Kaufen, sondern auch unzählige Male zum Verleihen und Tilgen benutzt werden kann. Sowenig sich jedoch durch die beschriebene Tilgungskette die Geldmenge verändert hat, so wenig verändert sie sich durch eine Kette von Verleihvorgängen. Es ändern sich jeweils nur die Guthaben- und Schuldenbestände, die mit jeder leihweisen Überlassung von Geld entstehen und sich mit der Rückzahlung wieder auflösen.
Das Fünfmarkstück ist doch bereits ein Vehikel. Wozu wird es überhaupt benötigt? Die Entstehung von Schulden und Guthaben setzen nicht das Vorhandensein von "Geld" voraus. Die Geschichte konzentriert sich so sehr auf das Fünfmarkstück, dass das Wesentliche verschleiert wird. Die Entstehung von Guthaben und Schulden stand am Anfang der Geschichte, auch wenn dies nicht explizit erklärt wird. Der Kommentator hätte auch noch den Schritt gehen und erklären können, dass das "Geld" nur eine "fiktive Verrechnungsgröße" darstellt. Es geht um die Entstehung und auch Auflösung von Schuldverhältnissen. Alles andere ist mE unnötiges Beiwerk.

Die Frage, die mit berücksichtigt werden muss, ist: Wann wird Geld geldwirksam? Nur dann, wenn es ausgegeben wird.
Sprich M1 müsste aufgeteilt werden in
  • "tatsächlich fließendes Geld" und

  • "Bargeld in den Händen von Nichtbanken" sowie "Giralgeld welches zu 90 % auf den Girokonten geparkt wird". (90% resultieren aus der Liquiditätsverordnung)

Eine solche Aufteilung ist praktisch kaum durchführbar. (Auch Helmut Creutz hat von dieser Aufsplittung bereits geträumt.)


Die Scheine und Münzen sowie die Guthaben auf den Konten sind "Potentialgeld" in mehr oder weniger liquider Form.
Eher in "sehr liquider Form" :-)
Wird es zurückgehalten geht nach der Gleichung "meine Ausgaben sind eines anderen Einnahmen" die Wirtschaft den Bach runter.
Gleichungen der WiWi stehe ich grundsätzlich sehr skeptisch gegenüber, kann aber hier logisch folgen. Axels Ansatz, "Der Sparer verhindert, dass sich der Schuldner entschulden kann" finde ich in diesem Zusammenhang sehr bemerkenswert. (Hoffe, ich habe Dich richtig zitiert Axel :-[ )

Das was ich ausdrücken wollte, ist, dass die Entwickler des Modells die Verleihwelt untermauern wollten (und die wohl auch im Kopf hatten). Es könne ja nur das "als Kredit" ausgereicht werden, was vorher jemand eingezahlt hat.
Otto Hübner war schon ein Stück weiter:
„Der Credit, welchen eine Bank geben kann, ohne Gefahr zu laufen, ihre Verbindlichkeiten nicht erfüllen zu können, muß nicht nur im Betrage, sondern auch in der Qualität dem Credite entsprechen, welchen sie genießt.
http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php/Otto_H%C3%BCbner
Hübner spricht nicht von einer "Einzahlung" sondern von einem "Credit". Der Gläubiger der Bank hat dieser eine Kredit gegeben in Form eines Sparguthabens. Im Originaltext etwas verschlüsselt formuliert, ergibt sich jedoch aus dem Zusammenhang im Buch.

Dabei haben sie aber nicht bedacht, dass in ihrer Verleihwelt ein schlichtes Wieder-Ausgeben denselben Effekt hat, daher das 'als Kredit' in Anführungszeichen. Geldwirksam wird eben ausgegebenes Geld, daher mein Ansatz, das Modell mal mit anderen Parametern durchzuspielen. Das Einzahlen und in Form von Kredit wieder ausreichen kürzt sich dabei eben raus. Aber gut, diese Unzulänglichkeiten scheint ja nicht zuletzt Creutz selbst gesehen zu haben.

Ich glaube nicht, dass das Modell als Erklärung für die moderne Kreditentstehung gedacht war.
Phillips Modell war ganz sicher nicht dafür gedacht, die moderne Kreditschöpfung zu erklären. Er war im Gegenteil ein Verfechter der orthodoxen Kredittheorie. Wie seine Thesen zum Beleg für das genaue Gegenteil seiner Überzeugung benutzt wurden, ist mE schon einmalig.
Die Rechnung mit der mathematischen Reihe verliert ihren Zauber, wenn man weiß, dass man die Reserven nur mit dem Kehrwert des MR-Satzes multiplizieren muss, um auf die maximal mögliche Kreditsumme zu kommen.
Damit nimmst Du den Hochschulprofs aber eine schöne Übungsaufgabe weg. Wenn ich 10% beiseite legen muss, benötige ich dazu sicher nicht dass Verständnis einer geometrische Reihenentwicklung. Dreisatz reicht auch aus.
Aber auch das ist wieder nur die halbe Wahrheit, da die Reserven von der ZB wieder aufgefüllt werden, sollten sie mal an einer Stelle fehlen. Und auch das beschreibt die Realität noch nicht vollständig, denn in Echtzeit gibt es parallel ablaufendes Werden und Vergehen. Sowohl auf Kundenebene als auch oben drüber.
Auch die Deutsche Bundesbank hat die MR nicht mehr als Geldmengensteuerungs-Instrument auf dem Bildschirm sondern nur noch als Ausgleichsmasse für den Zahlungsverkehr und damit als beruhigenden Faktor für die Geldmarktzinssätze. Folglich sind Geldmengen-Steuerungsargumente für die Katz.

Beste Grüße
Rudi2

Grüße,
Marco


      




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