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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] BuBa Bilanz

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] BuBa Bilanz


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <Patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: alex AT twister11.de
  • Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] BuBa Bilanz
  • Date: Tue, 28 Aug 2012 21:38:38 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>


Ja, ich verstehe das schon.
Das ist eine Eigenschaft unseres aktuellen Geldes, dass man mit GESCHÄFTSBANKENGELD keinen direkten Zugriff auf die Sicherheiten der Kreditnehmer hat und das man mit BARGELD keinen direkten Zugriff auf die in Pension gegebenen Wertpapiere hat....

Ist also deine Forderung jene, diese direkte Zugriffsmöglichkeit einzuführen? Ist das deine grundlegende Idee?

Naja, vielleicht zu 50%. Was nützt mir der Zugriff auf Omas klein Häuschen in Bottrop? Das will ich im Zweifel gar nicht haben. Das ist zwar so ähnlich, aber nicht das selbe wie das Versprechen einer konkreten Leistung, die ich mir selbst gewählt, sprich im Zuge eines konkreten Tauschgeschäftes akzeptiert habe.

Wenn jemand "Doras Freikarten" akzeptiert, dann wohl deshalb, weil er sich durchaus vorstellen kann, die angebotenen Dienste in Anspruch zu nehmen; "einmal Rasen mähen" hätte die selbe Person vielleicht nicht angenommen.
 
Das ist eine Möglichkeit. Vielleicht keine schlechte. Hier würde das Vertrauen in das Geld nicht auf einer Theorie der Fairness beruhen sondern auf Güterdeckung.

Die "Deckung", sprich der Bezug zu konkreten REALEN Leistungen, ist weniger zur Vertrauensbildung notwendig als zur Systemstabilisierung. Die Stabilität des Zahlungssystem - im will nicht von Zahlungsmittel reden - wirkt dann vertrauensbildend, hoffentlich.
 

Wahrscheinlich würde es schnell in der Praxis zur Etablierung dieser "Freikarten" kommen, weil das Problem der Tauschketten so zeitaufwendig in der Lösung ist und es bis zu einer technisch machbaren Lösung einfach schneller und einfacher über "Freikarten" geht.

Die Freikarten sind dann aber: "gütergedecktes Geld"

Nunja, ich sehe die Freikarten eher als notwendig an, um Leistungsdeltas auszugleichen, denn als zentrales "Zahlungsmittel"; im Kern der Idee steht ja immer noch der konkrete Leistungsaustausch. Natürlich kann es zu langen Tauschketten kommen, ich denke aber nicht, dass das die Grundannahme sein muss. Welche Form des Leistungsaustauschs am Ende überwiegt, hängt wohl ganz entscheidend von der Qualität der "Schiefertafel" ab.

Oder vielleicht entscheiden sich die verschiedenen Freikartenemittenten neben der Möglichkeit eine bestimmte Leistung für de Freikarte zu erhalten, alternativ auch einfach eine bestimmte "allgemeine Freikarte" zu erhalten auf die man sich einigt.
Dann ist DORAS FREIKARTE vielleicht 2 allgemeine Freikarten wert.
Und ANTONS FREIKARTE ist 1,5 allgemeine Freikarten wert.
Und BERTAS FREIKARTE ist 5 allgemeine Freikarten wert.

Die allgemeinen Freikarten sind die Freikarten von "Jürgen Goldschmied", der für seine allgemeinen Freikarten dann Gold anbietet. Jetzt ist das Wechselkursproblem gelöst. Jeder muss oder sollte einfach beim emitieren seiner Freikarten angeben wieviele von "Jürgen Goldschmieds" Freikarten er dafür bereit ist anzubieten anstatt seiner eigenen Leistung.

Die entscheidende Frage ist doch, ob der Wechselkurs überhaupt von Interesse ist.

Wenn ich Doras Dienste in Anspruch nehmen will, ist mir doch völlig egal wie oft sich Dora dafür den Rasen mähen lassen kann oder wieviel Kilo Äpfel sie dafür bekommen kann. Ich denke, aufgrund der Konkretisierung rückt das Problem in den Hintergrund; was ich will, kriege ich, und das potentielle Austauschverhältnis zu einem Gut, das mich gar nicht interessiert, kann mir doch egal sein.

Es wird wohl nie so sein, dass bei genauer Analyse alle x Billionen möglichen Austauschrelationen konsistent sind, nur ... wen interessiert das?

Steven Keen hat in einer seiner Vorlesung sehr anschaulich dargestellt, dass es schon bei 100 Gütern in einem Supermarkt völlig unmöglich ist (selbst für einen Supercomputer) die nutzenmaximierende Kombination von Gütern ausfindig zu machen, einfach weil die Zahl möglicher Kombinationen und deren Nutzenbewertung viel zu hoch ist, um ein für den Menschen fassbares konsistentes System zu ergeben.

Ich vermute, man kann trotzdem einkaufen gehen, weil man sich dabei einfach auf diejenigen Waren konzentriert, die man wirklich haben will (also relevant sind) und somit die Zahl möglicher Kombinationen drastisch reduziert.

Übertragen auf die Zahl der Wechselkurse bedeutet daher die rationalste Lösung für das Problem: Scheiss drauf, wen interessiert das?

Ich würde sagen, dass das Problem der Wechselkurse in einem konkretisierenden Leistungsaustauschsystem von sekundärer Bedeutung ist.
 

Das ist dann sehr ähnlich zu dem Mechanismus den Banken nutzen. Jede Geschäftsbank hat ihr eigenes Buchgeld, aber jede tauscht es bei Bedarf in Zentralbankgeld um.

Nein, dass ist etwas völlig anderes, weil bei uns alle Banken das selbe Geld erzeugen (Buch-Euros), und man mit diesem Geld auch immer nur Anspruch auf das selbe hat (letztlich Bargeld-Euros).


4. Wenn ich keine Freikarte habe, kann ich jederzeit selber welche "emittieren", solange ich jemanden finde, der mir vertraut

Das darfst du auch HEUTE! Das ist der LIEFERANTENKREDIT!
Du kaufst ein und "bezahlst" mit einer Verbindlichkeit.
Deine Verbindlichkeit ist natürlich nicht Umlauffähig... und wenn deine Verbindlichkeiten eine gewisse Umlauffähigkeit erreichen, also Zahlungsmittel werden, dann musst du eine Bankenlizenz erwerben.
Aber Anbieter wie https://www.debitos.de/ bieten dir zumindest an Lieferantenkredite zu verkaufen. ...dadurch ist auch eine gewisse "Umlauffähigkeit" gegeben.

Vielen Dank für diese Erkenntnis. Genau das hattest du in unserem ersten Inselbeispiel vehement bestritten. De facto kann man jede Forderung "umlauffähig" machen. Vielleicht nicht ganz so liquide wie Geld, aber fast - und das genügt oft schon.

Auch in deinem Freikartensystem ist nicht garantiert, dass jede emittierte Freikarte auch als Zahlungsmittel verwendet wird. Viele werden vielleicht auch einfach blos in der Zukunft von dem eingelöst, dem du sie gewährt hast.

Das ist sogar sehr wahrscheinlich, weil es der Grundidee entspricht.

Im Normalfall akzeptiert jemand eine Freikarte, weil er an der konkreten dort beschriebenen Leistung interessiert ist. Die Tatsache, dass so eine Karte auch zirkulieren kann, ist durchaus realistisch, bildet aber nicht den Normalfall.

Es geht mir explizit nicht um ein reines "Freikartensystem", im Kern steht wie gesagt der konkrete Leistungsaustausch; ich stelle aber nicht in Abrede, dass Freikarten natürlich auch im Bedarfsfall in der Art von Zahlungsmittel verwendet werden, wenn die Tauschkette nicht zustande kommt.

Ich denke, du vergewaltigst den Grundgedanken ein wenig, um auf Biegen und Brechen zu "gütergedecktem Geld" zu kommen. Das ist sicherlich eine Ausprägung im Leistungsaustausch-System, aber keineswegs das Grundprinzip, eher ein Hilfsmittel. 
 
 
6. Daraus resultiert, dass sich die Menge an umlaufenden Freikarten "weitestgehend" mit dem tatsächlich vorhandenen "Produktionspotential" entwickelt - und genau das sorgt für Stabilität

Das kann gut sein, dass dies passiert. Sobald nämlich "ZUVIEL GELD" vorhanden ist, könnte es vermehrt vorkommen, dass manche anfangen das Geld einzulösen und Sicherheiten abzuholen... also die Güterdeckung zu nutzen.
Dadurch wird die Geldausdehnung von manchen durch die Geldeinlösung durch andere kompensiert.
Ich kann mir vorstellen, dass dies eine tolle Möglichkeit wäre.

OK, dann sind wir uns ja "im Kern" einig. 

ABER: Wie willst du den KATALOG entwerfen? Das ist eine kritische Frage!!! Welche Güter werden in den Katalog aufgenommen? Alle?

Grundsätzlich schon, daher bedarf es keines Katalogs; ob ein Gut/eine Leistung auf Interesse stößt, wird sich zeigen. Im Zweifelsfalle findet einfach kein Leistungsaustausch statt. 

Stelle dir vor jeder dürfte bei der Geschäftsbank Geld durch Kreditaufnahme erzeugen und als Sicherheit hinterlegen was er wollte. Vielleicht hinterlegt er seine eigene Scheisse... dann spart er sich die Toilette und den Wasserverbrauch eben dieser.
Wenn dann jemand das Geld einlösen will bekommt er Scheisse.... klingt nicht so toll.

Genau, da hilft die Konkretisierung: Die Gegenleistung für einen Haufen Scheisse dürfte übersichtlich ausfallen... aber es gibt ja Abnehmer für jeden Scheiss.

Das Problem, das du beschreibst, betrifft eher unser aktuelles "gehaltsloses" Geldsystem; ob hinter dem Geld, das ich verwende, Gold oder Scheisse oder gar Nichts steht (siehe Target2, um mal auf den Ursprung der Debatte zurückzukommen) kann ich schlicht nicht beurteilen, und genau deshalb ist es auch ganz einfach irrelevant.

Bei einem konkretisierenden System weiss ich dagegen haargenau, was hinter der "Freikarte" steht und wo ich es bekommen kann. DAS ist der ENTSCHEIDENDE Unterschied!

1. Problem des Katalogs
alternativ:
2. Problem der vielen Währungen (Freikartenarten) und der vielen Wechselkurse

Du hast entweder Problem 1 oder Problem 2
Wie willst du damit umgehen?

Siehe oben, ich halte weder das eine noch das andere für ein bedeutendes Problem. Den Katalog gibt es schlicht nicht, und die hohe Zahl von Wechselkursen ist für die Praxis gar nicht relevant, weil ohne Interesse für den einzelnen, der an konkreten Leistungen interessiert ist.

Noch was anderes, ...was ist wenn FREIKARTEN gehortet werden? Sie sind ja dann RICHTIGE OPTIONEN!!!! Denn sie sind ein de jure Anspruch auf eine Leistung. Sollten die Freikarten nicht etwas kosten?

Da sie richtige Optionen sind, werden sie sicher einen "Preis" im Sinne einer Gegenleistung haben, klar.
 
Denn bei einem Tausch, erhalte ich Leistung und mein gegenüber Leistung und zwar sofort. Bei einer Freikarte, erhalte ich sofort Leistung, aber mein Gegenüber erhält zusätzlich zur Leistung die er irgendwann einfordert auch noch die OPTION Leistung einzufordern bis zu dem Zeitpunkt an dem er es tut. ....in dieser Zeit muss ich ständig latent bereit sein zu leisten. Das ist Bereitschaftsdienst und damit eine Zusatzleistung!! :-)

Genau, bei einer "richtigen" Option schon, bei unserem Geld nicht.

Und genau WEIL Dora ständig latent bereit sein muss zu leisten, wird sie

a) nicht zu viele Freikarten herausgeben, denn
b) während des "Bereitschaftsdienstes" kann sie nichts anderes tun, damit entstehen ihr Einkommenseinbußen

Vielen Dank für diesen Gedankenanstoß: Das ist ein weiterer systemstabilisierender Faktor!

Neben der potentiellen Überforderung sorgt der tatsächliche Einkommensausfall durch Bereitschaftsdienst dafür, dass die Zahl der Freikarten nicht überhand nehmen wird.

Denn Freikarten bedeuten für den Emittenten zwar ad hoc mehr Einkommen im Sinne von Gegenleistung, aber in der Folge weniger Einkommen wegen des notwendigen Bereitschaftsdienstes.

Interessante Erkenntnis (zumindest für mich).



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