ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
Listenarchiv
- From: René Heinig <hren AT hrz.tu-chemnitz.de>
- To: ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
- Cc: 'Eric Manneschmidt' <eric.manneschmidt AT gmx.de>, energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de, Moritz Richter <mmarichter AT aol.com>, ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
- Date: Wed, 29 Aug 2012 14:03:43 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
erstmal vorweg: dein Client macht
Formatierungsfehler, vielleicht probierst du mal den Thunderbird,
damit kommen eigtl. die meisten ziemlich gut zurecht
AW: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
Am 29.08.2012 01:08, schrieb Moritz Richter:
Diese Theorie ist für mich nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zum Handel mit Nahrungsmitteln ist der Zertifikatemarkt äußerst planbar. was planbar ist sind die Ausgabemengen, aber diese Menge sinnvoll zu definieren ist schon wieder nicht mehr so einfach, weil schlicht nicht absehbar ist, was passiert wenn die Menge viel zu klein gewählt wird, und genau deshalb wird sie auch kontinuierlich viel zu hoch gewählt Die Versteigerungstermine sind ja lang im Voraus bekannt und an den vergebenen Mengen ändert sich ja nicht einfach etwas weil es irgendwo auf der Welt eine Dürre gibt. Spekulationen können ja nur da entstehen, wo es auch Unsicherheit gibt. Spekulationen hast du überall, wo spekuliert werden kann, also wenn ich weiß, dass die Menge der Zertifikate knapp ist, dann kaufe ich einfach sehr viele davon auf, obwohl ich sie gar nicht brauche, nur um sie noch mehr zu verknappen und dann entweder zu einem vollkommen überteuerten Preis zu verkaufen oder einfach nur solange zurückzuhalten bis meine nicht so finanzstarke Konkurrenz kaputt ist und ich mir monopolistisch die Marktanteile sichere. Das ist bisher nicht passiert, weil die Zertifikate in viel zu hohen Mengen vorhanden (und dadurch nutzlos) sind, aber wenn man tatsächlich die Mengenwirkung erzeugen will, wird es diese Spekulationen, wie auch auf alle anderen "spekulierbaren" Güter geben. Man darf da annehmen, dass ein Energiekonzern mehr Informationen hat, als irgendein Spekulant. Wer sagt denn dass der Energiekonzern nicht selbst Spekulant ist? Davon abgesehen hast du in jedem Sektor wo Spekulation möglich ist auch andere branchenferne die sich genug Informationen beschaffen und einfach auch systemimmanente Spekulationsprobleme ausnutzen. Warum sollte sich den China von sich aus für CO2 Vermeidungstechnologien interessieren? Weil China gern eine vernünftige Atmosphäre und ein weniger problematisches Klima hätte. Eine Steuer bei der China mit eingebunden ist wird auf jeden Fall mehr bringen als der Zertifikatehandel, der systemimmanente Schwächen hat. Die kosten Geld und bringen außer der Reduktion von CO2, für die man sich nichts kaufen kann, einfach nichts. Beispiel: RWE hat in China viel in Grubengasanlagen investiert, um auf diese Weise Treibhausemissionen einzusparen. So eine Technologie lohnt sich aber bis jetzt nur wirtschaftlich, wenn man so auch Zertifikate generieren kann. Würde sich genauso lohnen, wenn man dadurch Steuern einsparen kann. Eine Emissionssteuer nach CO2-Inhalt ist am unbürokratischsten zu erreichen, wenn einfach jeder fossile Energieträger bei Verkauf mit dieser Steuer belastet wird. ja, da bin ich bei dir, der Energiesektor (fossile Energieträger) gehört ja zu den festgelegten Bereichen, genauso wie die Landwirtschaft und der Verkehr, aber was für Bereiche darüber hinaus sieht du denn noch wo besonder viel Treibhausgase erzeugt werden. Mir fällt halt nichts weiter Sinnvolles ein, natürlich könnte man auch Sportlern, die besonders viel Atmen, mit Steuern (und Zertifikate) belegen, aber das ist doch irgendwo alles andere als verhältnismäßig, oder? Wir sollten nicht vergessen, dass der Klimawandel ein globales Problem ist, welches auch nur global zu lösen ist. Selbst wenn Deutschland seine Emissionen auf 0 senken würde, wäre das eine Maßnahme, die nur minimale Auswirkungen auf den globalen Ausstoß hätte. Deutschland war 2008 für 2.63% der globalen Emissionen verantwortlich "nur" ist gut, das ist schon eine ganze Menge für ein so kleines Land wie Deutschland , diese Zahl sollte mittlerweile noch weiter gesunken sein (http://en.wikipedia.org/wiki/List_of_countries_by_carbon_dioxide_emissions). Aus diesem Grund ist es eigentlich zwingend logisch, dass oberste Prämisse der deutschen Klimapolitik sein muss, andere Länder dazu zu bewegen, auch CO2 einzusparen und nicht vornehmlich darüber zu philosophieren, auf welche Weise wir am besten CO2 einsparen. Ich sehe nicht den Widerspruch, wieso soll es eine Voraussetzung für globale Problembekämpfung sein lokal nichts zu tun? Diese politische Überlegung kommt mir in beiden Initiativen viel zu kurz. Das habe ich auch versucht, anzusprechen mit CO2-Steuer nur unter der Voraussetzung einer EU-weiten Einführung fordern und Mindestpreis für CO2-Zertifikate als Alternative hinzufügen. Was eben nicht passieren darf, ist, dass durch unsere Politik am Ende global weniger CO2 eingespart wird, als jetzt der Fall ist. Und genau diese Gefahr sehe ich, wenn wir einfach überstürzt und ohne uns über internationale Reaktionen Gedanken zu machen, aus dem Emissionshandelssystem aussteigen wollen. Bei diesem haben wir nämlich wenigstens schon eine gewisse Anzahl an Ländern an Bord, die sich zu Reduktionen verpflichtet haben. Wir haben eben keine Garantie, dass die anderen weiter CO2 einsparen, wenn wir auf ein Steuersystem umstellen. Es spielt also eigentlich für den Klimaschutz eine untergeordnete Rolle, ob Emissionssteuer oder Zertifikatehandel die bessere Alternative ist. Viel wichtiger ist, dass möglichst viele mitmachen! Wenn alle Länder Nonsens machen ist das doch immernoch schlechter als wenn die Hälfte etwas sinnvolles macht und die andere Hälfte nichts.
Deshalb sollte es in den Initiativen nicht vornehmlich darum gehen, eine politische Idee zu entwerfen, auf welche Weise Deutschland am besten CO2 einspart, sondern eine Idee zu entwerfen, wie global gesehen am meisten CO2 eingespart werden kann. Der Leitgedanke muss lauten: Wie schaffen wir es, zusammen mit möglichst vielen anderen Ländern möglichst viel CO2 einzusparen? Und da kann es Sinn machen, ein Kombimodell aus Steuer und Zertifikatehandel zu entwickeln. Es kann auch Sinn machen, eine Emissionssteuer einzuführen. Aber dann ist der Hauptgrund -und zwar ganz oben auf der Agenda- eben, dass mit einer Steuer ein internationales Abkommen leichter durchzusetzen erscheint, als ein Zertifikatehandel und nicht, dass der Zertifikatehandel böse Spekulanten anlockt. Wir müssen entscheiden, was wir für sinnvoll halten, Kompromisse werden dann in Verhandlungen erzielt, es ist wenig sinnvoll schon vorher Kompromisslösungen zu fordern, weil dieser Kompromiss dann noch weiter aufgeweicht wird, da kann man die Bemühungen auch sein lassen, wenn wir letztendlich nur lauter wirkungslose Bürokratie schaffen, weil diese womöglich einfacherer durchzusetzen ist als eine durchgreifende Lösung.
*Jede quantitative Zuteilung von CO2-Emissionen (wie durch den Emissionszertifikatehandel) impliziert Verteilungsfragen. Dieser verteilungspolitische Aspekt bei den Verhandlungen um ein Nachfolgeabkommen von Kyoto erschwert die Zustimmung einzelner Länder. Das kommt sogar noch erschwerend hinzu, durch die Forderung nach dem Zertifikatehandel gibt es bisher kein Nachfolgeabkommen, und selbst wenn es noch irgendwie zustande kommt, wird es wenn es weiterhin auf Zertifikate setzt leider genauso wirkungslos sein wie Kyoto, weil der Zertifikatehandel ein systemimanentes Problem hat. Um diese Verteilungsproblematik als eine der möglichen maßgeblichen Ursachen des Scheiterns bisheriger Verhandlungen zu vermeiden, erscheint es angebracht, einen Wechsel im Fokus der Verhandlung von einem Mengenregime, d.h. der Festlegung von zulässigen Emissionsmengen, auf ein Preisregime, d. h. die Erhebung einer Steuer als Preis für Emissionen, in Betracht zu ziehen. +1 *Bei einer Emissionssteuer finden nicht notwendigerweise durch klimapolitische Maßnahmen verursachte Zahlungen zwischen dem eigenem Land und anderen Ländern statt. Auch dadurch sollten das Abkommen und seine Einhaltung politisch leichter durchsetzbar werden.
Diese,
sowie Aussagen dazu, unter welchen Voraussetzungen wir wann
eine Steuer fordern, fehlen in euren beiden Initiativen. Ich finde sowas gehört dann ins Europawahlprogramm für 2014, und da müssen wir erstmal eine Linie mit den anderen Piratenparteien in Europa finden und im ersten Schritt sollten wir vermutlich als erste Piratenpartei uns überhaupt zu dem Thema positionieren. Wenn wir das erreicht haben sind wir schon einen riesigen Schritt weiter. Viele Grüße René |
- [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Dr. Volker Jaenisch, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Dr. Volker Jaenisch, 28.08.2012
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Eric Manneschmidt, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Johannes Nix, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Moritz Richter, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Gunnar Kaestle, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Dr. Volker Jaenisch, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 31.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 31.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Johannes Nix, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 27.08.2012
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