Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel

["Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>]

Hallo Eric, 

> # Richtig ist, dass im Emissionshandel die Unternehmen miteinander nicht um 
> möglichst geringe Emissionen konkurrieren. 

Das machen sie bei einem Steuersystem doch auch nicht. 

> Dadurch _kann_ ein solcher Technologietransfer stattfinden.

Nein, ich rede hier von den Mechanismen Joint Implementation und Clean 
Development Mechanism. Unternehmen können in begrenztem Maße in Drittländern 
Klimaschutzprojekte initiieren, um auf diese Weise neue Zertifikate zu 
erhalten. Hierdurch wird deutsche Hochtechnologie in diesen Ländern 
angewendet und kommt dort zum Einsatz. Man "lernt" dort also, wie sich 
Emissionen verringern lassen.

> # Auch in einem Steuersystem wird Vermeidungstechnolgie effizient 
> eingesetzt, weil auch dort Kosten und Einsparungen gegeneinander gerechnet 
> werden. 

Wenn ich in meinem Unternehmen schon die Vermeidungstechnologien ausgereizt 
habe, werde ich immer noch mit der Steuer belastet, ohne weitere 
Einsparmöglichkeiten zu haben. Andersherum lohnt es sich vielleicht nun für 
einen Mitbewerber, seine Produktion völlig einzustellen, und mir dann die 
Zertifikate, die er hatte, zu verkaufen. 

> # Theoretisch könnten auch aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten (per 
> Auktion) schöne Dinge finanziert werden. Halte ich insofern für kein 
> valides Argument.

Theoretisch schon. Wenn alle Zertifikate versteigert werden würden, und wenn 
der Preis auf Höhe der Steuer liegen würde. Das ist aber im Moment nicht der 
Fall. Folglich bringt ein Steuerregime unter den heutigen Voraussetzungen 
mehr Einnahmen. 

> > „Grundsätzlich ist es denkbar, ein Preissystem auch mit einem 
> > Mengensystem in Europa zu kombinieren. Dafür müsste der 
> > Emissionsrechtehandel mit einem Mindestpreis für die handelbaren 
> > Emissionsrechte in Höhe der globalen CO2-Steuer flankiert werden. 
> > Bereits jetzt werden Vorschläge zu einem Mindestpreis im europäischen 
> > Zertifikatehandel in Großbritannien diskutiert. Die zusätzliche 
> > Verpflichtung auf eine maximale CO2-Menge wäre eine freiwillige 
> > Entscheidung der Europäer.“
> 
> > Solch ein Ausgestaltung kombiniert die Vorteile beider Systeme und 
> > eben nicht ihre Nachteile!

> # Das müsstest Du mir erklären. Vielleicht am einfachsten: Du stellst eine 
> ausformulierte Gegeninitiative ein.
> Die Systeme sind ja völlig unterschiedlich. Bei einer Steuer kann ich ganz 
> vorne ansetzen und messe gar keine Emissionen mehr, sondern 
> Brennstoffmengen, die in die Verwertungskette gelangen.

Die Unternehmen messen ihren CO2-Ausstoß auch heute schon nicht am 
Schornstein, sondern über die Brennstoffmengen. Es wird ermittelt, wie viel 
Kohle ins Kraftwerk gekarrt wird und aus dieser Information auf den 
CO2-Ausstoß geschlossen.

> Zweiter Punkt, siehe oben: Konkurrieren dann Unternehmen darum, wer am 
> energieeffizientesten ist (bzw. emissionsärmsten) oder nicht? Klar ist, 
> dass ich mit einer wirksamen Steuer die 
> Kooperationsmöglichkeit (ist nicht mehr als eine Möglichkeit) unterbinde. 
> Welche Vorteile bleiben dann noch übrig?

Das System Emissionssteuer + Zertifikatehandel hat alle in der letzten Mail 
von mir genannten Vorteile. Zusätzlich sind JI und CDM und der damit 
verbundene Technologietransfer möglich. Zusätzlich gibt es eine maximale 
Emissionsmenge (im EHS), die mit Sicherheit nicht überschritten wird.
Praktisch ist die Umsetzung recht einfach: Es wird eine einheitliche 
CO2-Steuer für alle Bereiche außerhalb des EU-EHS eingeführt. Im EHS gibt es 
eine Zertifikateversteigerung. Für die Zertifikate wird ein Mindestpreis auf 
Höhe der CO2-Steuer festgelegt.

> # Die Ini https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4434.html 
> behandelt in der Tat nur den Emissionshandel. Ist halt so, kannst Du ja 
> doof finden...
> Ich finde es ganz unabhängig von Lösungsvorschlägen wichtig und richtig, 
> erstmal nüchtern festzustellen, dass man in eine Sackgasse gerannt ist. 
> Auch wenn einem vielleicht der Ausweg noch nicht 
> bekannt ist, hat diese Feststellung einen Wert an sich.

Die Feststellung bringt uns aber leider nicht viel weiter, falls ein Ausstieg 
völlig unmöglich sein sollte. 

Gruß

Moritz