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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel


Chronologisch Thread 
  • From: "Eric Manneschmidt" <eric.manneschmidt AT gmx.de>
  • To: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>, ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de, energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de, ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
  • Date: Mon, 27 Aug 2012 23:03:49 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Hallo Moritz,

ich beziehe mich nur auf Deine Anmerkungen zur Initiative
https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4434.html, weiter mit #

-------- Original-Nachricht --------
> Datum: Mon, 27 Aug 2012 21:24:20 +0200
> Von: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
> An: eric.manneschmidt AT gmx.de, "AG Umwelt"
> <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>,
> energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de,
> ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de
> Betreff: Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel

> Hallo zusammen,
>
>
>
> Vorweg: zugegebener Maßen finde ich den Emissionszertifikatehandel
> eigentlich als ein angemessenes Mittel an, den CO2-Ausstoß wirksam zu
> begrenzen.
> Vor allem bietet er in seiner jetzigen Form auch Vorteile gegenüber einer
> Emissionssteuer. Hier ist vor allem der durch JI und CDM induzierte
> Technologietransfer in weniger technologisierte Länder zu nennen. Deutsche
> Unternehmen machen durch diese Mechanismen tatsächlich Gedanken darüber, wie
> man in diesen Ländern CO2 sparen kann und dies führt dazu, dass
> Technologie aus diesen Unternehmen in den angesprochenen Ländern Anwendung
> findet.
> Eine Steuer bietet solch einen Technologietransfer nicht!

# Richtig ist, dass im Emissionshandel die Unternehmen miteinander nicht um
möglichst geringe Emissionen konkurrieren. Dadurch _kann_ ein solcher
Technologietransfer stattfinden. Das gilt grundsätzlich für alle
planwirtschaftlichen Systeme, umso weniger Unternehmen miteinander
konkurrieren, desto weniger werden sie sich dagegen sperren, dass andere
Unternehmen genauso gut werden wie sie selbst.
Die andere Frage ist, ob diese Abwesenheit von Konkurrenz nicht auch
verhindert, dass Unternehmen aktiv versuchen, sich zu verbessern. Denn das
ist ja die Kehrseite der Sache: Im Emissionshandel lohnt es sich (in dem
Bereich der Emissionen) nicht wirklich, sich gegenüber seinen Mitbewerbern zu
verbessern.
Richtig spannend wird es aber in dem von Dir vorgeschlagenen Kombimodell mit
Emissionssteuern. Denn da gibt es irgendwie diese Konkurrenz schon und damit
ist auch der Technologietransfer gegessen - jedenfalls soweit ich das sehe.

>
> Zudem bietet der Emissionshandel mehr Entscheidungsspielraum für
> Unternehmen. Unternehmen, die nun mal CO2 intensiv sind, jedoch schon viele
> Anstrengungen unternommen haben, CO2 einzusparen, haben die Möglichkeit,
> Zertifikate von Unternehmen zu erwerben, denen es vergleichsweise leicht
> fällt,
> CO2 einzusparen. Auf diese Weise kann Vermeidungstechnologie sehr effizient
> eingesetzt werden.

# Auch in einem Steuersystem wird Vermeidungstechnolgie effizient eingesetzt,
weil auch dort Kosten und Einsparungen gegeneinander gerechnet werden. Noch
dazu sind Preise und ihre Entwicklung kalkulierbar und damit auch
langfristige Investitionen ökonomisch. Und unvermeidbar emissionsintensive
Branchen müssen ihre Kosten auf die Preise umwälzen, was volkswirtschaftlich
viel effizienter ist, weil dadurch auf der Verbraucherseite Dinge passieren
können. Auch solche Sachen wie Recycling werden konkurrenzfähiger gegenüber
emissionsintensiver Grundstoffindustrie. Insgesamt sind schon daher Steuern
hier viel effizienter als Emissionshandel.

>
>
>
> Wie auch immer, wenn wir als Piraten uns allerdings gegen den
> Zertifikatehandel positionieren, sollten wenigsten die Argumente stimmen.
>
> Und die stehen hier drin:
>
> http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/G/gutachten-wege-zu-einer-wirksamen-klimapolitik,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf
>
> Aus dem Text kopiert und leicht angepasst sind das dann Folgende:
>
>
>
> *Jede quantitative Zuteilung von CO2-Emissionen (wie durch den
> Emissionszertifikatehandel) impliziert Verteilungsfragen. Dieser
> verteilungspolitische
> Aspekt bei den Verhandlungen um ein Nachfolgeabkommen von Kyoto erschwert
> die Zustimmung einzelner Länder. Um diese Verteilungsproblematik als eine
> der möglichen maßgeblichen Ursachen des Scheiterns bisheriger
> Verhandlungen zu vermeiden, erscheint es angebracht, einen Wechsel im Fokus
> der
> Verhandlung von einem Mengenregime, d.h. der Festlegung von zulässigen
> Emissionsmengen, auf ein Preisregime, d. h. die Erhebung einer Steuer als
> Preis für
> Emissionen, in Betracht zu ziehen.
>
>
>
> *Bei einer Emissionssteuer finden nicht notwendigerweise durch
> klimapolitische Maßnahmen verursachte Zahlungen zwischen dem eigenem Land
> und anderen
> Ländern statt. Auch dadurch sollten das Abkommen und seine Einhaltung
> politisch leichter durchsetzbar werden.
>
>
>
> *Die zusätzlichen Steuereinnahmen können zur Finanzierung von Maßnahmen
> der Anpassung an den Klimawandel verwendet werden.

# Theoretisch könnten auch aus dem Verkauf von Emissionszertifikaten (per
Auktion) schöne Dinge finanziert werden. Halte ich insofern für kein valides
Argument.

>
>
>
> *Über die Auswirkungen der durch den Menschen verursachten, d.h.
> anthropogenen, Emissionen wie auch über die zukünftige wirtschaftliche
> Entwicklung herrscht hohe Unsicherheit. Wenn die Kosten für die Vermeidung
> von
> Emissionen mit fortschreitender Reduktion relativ stark ansteigen, während
> der
> zusätzliche Nutzen aus einer vermiedenen Einheit CO2 relativ konstant
> bleibt, so ist bei Unsicherheit eine Steuerlösung der Mengenlösung
> vorzuziehen, weil Schätzfehler bei der Festlegung des Preises die Wohlfahrt
> weniger
> reduzieren als Schätzfehler bei der Bestimmung der optimalen Menge.
>
>
>
> *der Preis für die Emissionen durch eine Steuer ist im Gegensatz zu einem
> Mengensystem nicht volatil. Ein Preissystem bietet mehr Planungssicherheit
> für Unternehmen.
>

# Das stand schon explizit drin. Andere Punkte hab ich ergänzt, nachjustiert,
expliziert und erklärt.

>
>
>
>
> Also bitte, bitte verwendet sie doch auch in euren Anträgen!
>
>
>
> Was hier bis jetzt steht, ist alles nur halbrichtig und in meinen Augen
> auch recht polemisch:
>
> <https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4323.html> i4323:
> Klimawandel/Klimaschutz (AG Umwelt)
>
> <https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4434.html> i4434:
> Ablehnung des Emissionsrechtehandels
>
>
>
> So und jetzt noch ein paar Antworten von mir:
>
>
>
> Auf meine Anregung: "in festgelegten Bereichen" - die Einschränkung ist
> nicht unbedingt nötig, war die Antwort:
>
> die Einschränkung soll verhindern, dass Bereiche, in denen
> Treibhausgasemissionen praktisch nur eine ganz kleine Rolle spielen nicht
> mit
> unverhältnismäßiger Bürokratie belastet werden. Fallen dir denn neben den
> genannten Bereichen noch weitere Bereiche ein, wo eine Regulierung
> angebracht und
> verhältnismäßig ist? -- <http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:LordSnow>
> LordSnow
>
>
>
> Meine Antwort darauf: Wenn man eine richtige CO2-Steuer einführt,
> besteuert man ganz einfach den fossilen Brennstoff in €/t CO2. Wo soll denn
> da
> was mit unverhältnismäßiger Bürokratie belastet werden? Mal andersrum
> gefragt: Wo wird denn CO2 freigesetzt, wo eine Regulierung nicht
> verhältnismäßig wäre, bzw. zu viel Bürokratie verursacht?
>
>
>
> Auf meine Anregung: „Einheitliche CO2-Steuer für fossile Brennstoffe
> außerhalb des EU-Zertifikatehandel fordern“, war die Antwort:
>
> Zertifikatehandel und Emissionssteuern parallel schaffen im Grunde immer
> mehr Bürokratie und weniger Nachvollziehbarkeit. Im schlimmsten Fall haben
> wir unzählige wirkungslose Systeme geschaffen, statt ein sinnvolles
> durchdachtes System. -- <http://wiki.piratenpartei.de/Benutzer:LordSnow>
> LordSnow
>
>
>
> Meine Antwort darauf: Warum sollten beide Systeme oder die Kombination aus
> beiden wirkungslos sein? Für mich sind mehr Bürokratie und weniger
> Nachvollziehbarkeit nur ein vorgeschobenes Argument. Weder eine Steuer,
> noch der
> Emissionshandel sind besonders bürokratisch. Sie sind auch in meinen
> Augen durchaus nachvollziehbar. Dasselbe gilt für eine Kombination aus
> beidem.
>
> Aus der oben verlinkten Studie kopiert:
>
> „Grundsätzlich ist es denkbar, ein Preissystem auch mit einem
> Mengensystem in Europa zu kombinieren. Dafür müsste der
> Emissionsrechtehandel mit
> einem Mindestpreis für die handelbaren Emissionsrechte in Höhe der
> globalen CO2-Steuer flankiert werden. Bereits jetzt werden Vorschläge zu
> einem
> Mindestpreis im europäischen Zertifikatehandel in Großbritannien
> diskutiert. Die zusätzliche Verpflichtung auf eine maximale CO2-Menge wäre
> eine
> freiwillige Entscheidung der Europäer.“
>
> Solch ein Ausgestaltung kombiniert die Vorteile beider Systeme und eben
> nicht ihre Nachteile!
>

# Das müsstest Du mir erklären. Vielleicht am einfachsten: Du stellst eine
ausformulierte Gegeninitiative ein.
Die Systeme sind ja völlig unterschiedlich. Bei einer Steuer kann ich ganz
vorne ansetzen und messe gar keine Emissionen mehr, sondern Brennstoffmengen,
die in die Verwertungskette gelangen.

Zweiter Punkt, siehe oben: Konkurrieren dann Unternehmen darum, wer am
energieeffizientesten ist (bzw. emissionsärmsten) oder nicht? Klar ist, dass
ich mit einer wirksamen Steuer die Kooperationsmöglichkeit (ist nicht mehr
als eine Möglichkeit) unterbinde. Welche Vorteile bleiben dann noch übrig?

>
>
>
>
> Zu guter Letzt fehlen mir in den beiden Initiativen eine Aussage darüber,
> wie wir uns die Umsetzung hin zu einer Emissionssteuer genau vorstellen.
> Wir stecken bis 2020 in vertraglichen Verpflichtungen! Wir steigen einfach
> so aus den Klimaabkommen und unseren Verpflichtungen aus, oder was? Bis zur
> Bundestagswahl in 2013 ist dann auch schon die Phase III angelaufen,
> Zertifikate für die Handelsperioden werden schon gehandelt, das lässt sich
> dann
> nicht mehr umkehren. Also wenn wir hier Aussagen treffen, müssten die
> schon ein wenig spezifischer sein, als „Wir finden Zertifikate doof“.
>

# Die Ini https://lqfb.piratenpartei.de/lf/initiative/show/4434.html
behandelt in der Tat nur den Emissionshandel. Ist halt so, kannst Du ja doof
finden...
Ich finde es ganz unabhängig von Lösungsvorschlägen wichtig und richtig,
erstmal nüchtern festzustellen, dass man in eine Sackgasse gerannt ist. Auch
wenn einem vielleicht der Ausweg noch nicht bekannt ist, hat diese
Feststellung einen Wert an sich.

Grüsle
Eric

>
>
>
>
> Grüße
>
>
>
> Moritz
>
>
>




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