ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
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- From: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
- To: <eric.manneschmidt AT gmx.de>, "AG Umwelt" <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>, <energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de>, <ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
- Date: Mon, 27 Aug 2012 21:24:20 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Hallo zusammen,
Vorweg: zugegebener Maßen finde ich den Emissionszertifikatehandel eigentlich als ein angemessenes Mittel an, den CO2-Ausstoß wirksam zu begrenzen. Vor allem bietet er in seiner jetzigen Form auch Vorteile gegenüber einer Emissionssteuer. Hier ist vor allem der durch JI und CDM induzierte Technologietransfer in weniger technologisierte Länder zu nennen. Deutsche Unternehmen machen durch diese Mechanismen tatsächlich Gedanken darüber, wie man in diesen Ländern CO2 sparen kann und dies führt dazu, dass Technologie aus diesen Unternehmen in den angesprochenen Ländern Anwendung findet. Eine Steuer bietet solch einen Technologietransfer nicht! Zudem bietet der Emissionshandel mehr Entscheidungsspielraum für Unternehmen. Unternehmen, die nun mal CO2 intensiv sind, jedoch schon viele Anstrengungen unternommen haben, CO2 einzusparen, haben die Möglichkeit, Zertifikate von Unternehmen zu erwerben, denen es vergleichsweise leicht fällt, CO2 einzusparen. Auf diese Weise kann Vermeidungstechnologie sehr effizient eingesetzt werden.
Wie auch immer, wenn wir als Piraten uns allerdings gegen den Zertifikatehandel positionieren, sollten wenigsten die Argumente stimmen. Und die stehen hier drin: Aus dem Text kopiert und leicht angepasst sind das dann Folgende:
*Jede quantitative Zuteilung von CO2-Emissionen (wie durch den Emissionszertifikatehandel) impliziert Verteilungsfragen. Dieser verteilungspolitische Aspekt bei den Verhandlungen um ein Nachfolgeabkommen von Kyoto erschwert die Zustimmung einzelner Länder. Um diese Verteilungsproblematik als eine der möglichen maßgeblichen Ursachen des Scheiterns bisheriger Verhandlungen zu vermeiden, erscheint es angebracht, einen Wechsel im Fokus der Verhandlung von einem Mengenregime, d.h. der Festlegung von zulässigen Emissionsmengen, auf ein Preisregime, d. h. die Erhebung einer Steuer als Preis für Emissionen, in Betracht zu ziehen.
*Bei einer Emissionssteuer finden nicht notwendigerweise durch klimapolitische Maßnahmen verursachte Zahlungen zwischen dem eigenem Land und anderen Ländern statt. Auch dadurch sollten das Abkommen und seine Einhaltung politisch leichter durchsetzbar werden.
*Die zusätzlichen Steuereinnahmen können zur Finanzierung von Maßnahmen der Anpassung an den Klimawandel verwendet werden.
*Über die Auswirkungen der durch den Menschen verursachten, d.h. anthropogenen, Emissionen wie auch über die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung herrscht hohe Unsicherheit. Wenn die Kosten für die Vermeidung von Emissionen mit fortschreitender Reduktion relativ stark ansteigen, während der zusätzliche Nutzen aus einer vermiedenen Einheit CO2 relativ konstant bleibt, so ist bei Unsicherheit eine Steuerlösung der Mengenlösung vorzuziehen, weil Schätzfehler bei der Festlegung des Preises die Wohlfahrt weniger reduzieren als Schätzfehler bei der Bestimmung der optimalen Menge.
*der Preis für die Emissionen durch eine Steuer ist im Gegensatz zu einem Mengensystem nicht volatil. Ein Preissystem bietet mehr Planungssicherheit für Unternehmen.
Also bitte, bitte verwendet sie doch auch in euren Anträgen!
Was hier bis jetzt steht, ist alles nur halbrichtig und in meinen Augen auch recht polemisch: i4323: Klimawandel/Klimaschutz (AG Umwelt) i4434: Ablehnung des Emissionsrechtehandels
So und jetzt noch ein paar Antworten von mir:
Auf meine Anregung: "in festgelegten Bereichen" - die Einschränkung ist nicht unbedingt nötig, war die Antwort: die Einschränkung soll verhindern, dass Bereiche, in denen Treibhausgasemissionen praktisch nur eine ganz kleine Rolle spielen nicht mit unverhältnismäßiger Bürokratie belastet werden. Fallen dir denn neben den genannten Bereichen noch weitere Bereiche ein, wo eine Regulierung angebracht und verhältnismäßig ist? --LordSnow
Meine Antwort darauf: Wenn man eine richtige CO2-Steuer einführt, besteuert man ganz einfach den fossilen Brennstoff in €/t CO2. Wo soll denn da was mit unverhältnismäßiger Bürokratie belastet werden? Mal andersrum gefragt: Wo wird denn CO2 freigesetzt, wo eine Regulierung nicht verhältnismäßig wäre, bzw. zu viel Bürokratie verursacht?
Auf meine Anregung: „Einheitliche CO2-Steuer für fossile Brennstoffe außerhalb des EU-Zertifikatehandel fordern“, war die Antwort: Zertifikatehandel und Emissionssteuern parallel schaffen im Grunde immer mehr Bürokratie und weniger Nachvollziehbarkeit. Im schlimmsten Fall haben wir unzählige wirkungslose Systeme geschaffen, statt ein sinnvolles durchdachtes System. --LordSnow
Meine Antwort darauf: Warum sollten beide Systeme oder die Kombination aus beiden wirkungslos sein? Für mich sind mehr Bürokratie und weniger Nachvollziehbarkeit nur ein vorgeschobenes Argument. Weder eine Steuer, noch der Emissionshandel sind besonders bürokratisch. Sie sind auch in meinen Augen durchaus nachvollziehbar. Dasselbe gilt für eine Kombination aus beidem. Aus der oben verlinkten Studie kopiert: „Grundsätzlich ist es denkbar, ein Preissystem auch mit einem Mengensystem in Europa zu kombinieren. Dafür müsste der Emissionsrechtehandel mit einem Mindestpreis für die handelbaren Emissionsrechte in Höhe der globalen CO2-Steuer flankiert werden. Bereits jetzt werden Vorschläge zu einem Mindestpreis im europäischen Zertifikatehandel in Großbritannien diskutiert. Die zusätzliche Verpflichtung auf eine maximale CO2-Menge wäre eine freiwillige Entscheidung der Europäer.“ Solch ein Ausgestaltung kombiniert die Vorteile beider Systeme und eben nicht ihre Nachteile!
Zu guter Letzt fehlen mir in den beiden Initiativen eine Aussage darüber, wie wir uns die Umsetzung hin zu einer Emissionssteuer genau vorstellen. Wir stecken bis 2020 in vertraglichen Verpflichtungen! Wir steigen einfach so aus den Klimaabkommen und unseren Verpflichtungen aus, oder was? Bis zur Bundestagswahl in 2013 ist dann auch schon die Phase III angelaufen, Zertifikate für die Handelsperioden werden schon gehandelt, das lässt sich dann nicht mehr umkehren. Also wenn wir hier Aussagen treffen, müssten die schon ein wenig spezifischer sein, als „Wir finden Zertifikate doof“.
Grüße
Moritz
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- [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Dr. Volker Jaenisch, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Dr. Volker Jaenisch, 28.08.2012
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Eric Manneschmidt, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 27.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Johannes Nix, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Moritz Richter, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Gunnar Kaestle, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel - Komnpromissvorschlag, Johannes Nix, 28.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 27.08.2012
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