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ag-umwelt - Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel

ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Ag-umwelt mailing list

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Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel


Chronologisch Thread 
  • From: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
  • To: <hren AT hrz.tu-chemnitz.de>, <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>
  • Cc: 'Eric Manneschmidt' <eric.manneschmidt AT gmx.de>, energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de, ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
  • Date: Wed, 29 Aug 2012 18:35:35 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
  • List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>

Hallo René,

Hast du für die Behauptung, dass Spekulationen im Emissionshandel ein Problem
sind oder sein werden irgendwelche Quellen? Irgendwelche empirischen Belege?
Das ist soweit ich das Überblicke einfach nur eine unbelegte Behauptung.
In der von mir zitierten Studie:
http://www.bmwi.de/BMWi/Redaktion/PDF/G/gutachten-wege-zu-einer-wirksamen-klimapolitik,property=pdf,bereich=bmwi,sprache=de,rwb=true.pdf

werden umfangreich die Nachteile des Zertifikatehandels benannt.
Monopolbildung und die Gefahr von Spekulationen gehören anscheinend nicht
dazu. Auch sonst werden regelmäßig nicht solche Gefahren benannt, wenn es um
Vor- und Nachteile von Steuer vs. Zertifikate geht.

Hier steht da nichts drüber: http://en.wikipedia.org/wiki/Carbon_tax und
hier auch nicht: http://de.wikipedia.org/wiki/Emissionsrechtehandel#Bewertung


> Das ist bei fast allen anderen Spekulationsobjekten auch nicht der Fall,
> spekuliert wird nicht weil das Spekulationsobjekt lebensnotwendig ist,
> sondern weil man mit einer Spekulation Geld verdienen
> kann oder halt einen Wettbewerbsvorteil generieren, den ich dann wieder zu
> Geld machen kann.

Es wird aber erst dann richtig zum Problem, wenn diese Spekulationsobjekte
lebenswichtig werden. Es mag einen Grund geben, warum die Probleme der
Spekulationen auf dem Aluminiummarkt nicht täglich in den Nachrichten sind...

> Eine Steuer setzt direkt am Problem an ohne ein solches Hilfskonstrukt, was
> rein logisch betrachtet gar nicht sinnvoll funktionieren kann.

Rein logisch betrachtet nicht sinnvoll funktionieren kann? Steile These!

> > , ein hoher Zertifikatepreis hat noch nicht einmal zwingendermaßen einen
> > hohen Strompreis zu Folge.

> Den Zertifikatpreis hochzusetzen ist auch nur eine Steuer
> (Preisregulation), nur eben mit dem Nachteil, dass Zertifikate noch
> zusätzlich Spekulationsobjekte werde können, was hier zu unkalkulierbaren
> Risiken führt.

Warum sollten die Risiken unkalkulierbar sein? Wer stellt das fest?

> > - Die Marktakteuer sind Millionen- bis Milliardeneuro-Unternehmen, denen
> > man zutrauen kann, den Markt im Blick und genügend Informationen zu
> > besitzen.

> Japp, dass hatte Porsche damals auch als sie VW schlucken wollten, eine
> Börse und Spekulation treibt eigene und hier völlig unnötige Blüten.

Das hat jetzt mit dem Zertifikatemarkt eher weniger zu tun...

> > - Das Angebot unterliegt keinen exogenen Umwelteinflüssen.

> was auch immer du damit ausdrücken möchtest

Dass hier nicht durch eine Dürre oder sonstige Einflüsse einfach mal die
Preise steigen...

> > - Wenn Marktverwerfungen oder ein Marktversagen festgestellt werden, sind
> > Markteingriffe jederzeit möglich. Die Politik kann einfach mehr
> > Zertifikate generieren (im Gegenzug zu anderen Märken, wo man z.B. nicht
> > einfach Nahrungsmittel herbeizaubern kann).

> Dann wird das System ja noch absurder, wenn jederzeit damit gerechnet
> werden kann, dass nach Festsetzung der Menge dann trotzdem noch neue
> Mengen nachgeschossen werden, damit wird das > Ganze noch undurchsichtiger
> und die richtig guten Spekulanten ziehen einen noch größeren Vorteil daraus.

Ich habe nur verdeutlichen wollen, dass die Politik hier theoretisch die
Möglichkeit besitzt, auf sehr einfache Weise regulatorisch eingreifen zu
können. Es bestehen folglich keine unkalkulierbaren Risiken.

> > - Die Zertifikatepreise sind sogar nach oben hin begrenzt, weil es sich
> > ab einem bestimmten Punkt für Unternehmen nicht mehr lohnt, diese auch zu
> > verwenden.

> was auch immer du damit sagen möchtest

Dass sich der CO2 Ausstoß ab irgendeinem Preis nicht mehr lohnt, weil Kosten
höher als die Erträge werden.

> > Spekulation ist per se auch nichts schlechtes.
> > http://de.wikipedia.org/wiki/Spekulation_%28Wirtschaft%29
> > Insgesamt kann ich nicht nachvollziehen, warum grade der Zertifikatemarkt
> > z.B. im Vergleich zum Aluminiummarkt oder jeder anderen für die
> > Wirtschaft relevanten Ressource so viel problematischer sein sollte.

> Weil man künstlich eine vollkommen überflüssige Ressource schafft auf
> die spekuliert werden kann und auch massiv wird, sobald man wirklich
> anfängt diese neue extrem wertvolle Ressource zu verknappen. Ich sehe
> hier keinerlei Vorteil nur Nachteile: Undurchsichtigkeit, schlechte
> Planbarkeit, schlechte Akzeptanz, Gefahr der stärkeren Monopolbildung
> durch Spekulation usw.

Mal ein paar Sätze aus Wikipedia kopiert:
http://de.wikipedia.org/wiki/Emissionsrechtehandel#Bewertung:
"Sie sind für die Marktteilnehmer im Idealfall langfristig vorhersehbar."
"Als positiv wurde bewertet, dass sich der Emissionsrechtehandel
administrativ verhältnismäßig einfach abwickeln lasse und dennoch effizient
sei."
"Die Attraktivität dieser Idee liege in der Einfachheit des Systems."
Also wer genau empfindet den Emissionshandel als undurchsichtig und schlecht
planbar? Und wer genau akzeptiert ihn nicht? Wir, die Piraten?


> > Treibhausgase entstehen doch nicht einfach so. CO2 zum Beispiel kann doch
> > nur entstehen, wenn auch eine fossile Ressource verbraucht wird.

> Das stimmt so nicht ganz, Ressourcen werden im Grunde nicht verbraucht
> sondern umgewandelt, und bei verschiedenen Prozessen finden
> Umwandlungsprozesse statt, wo am Ende mehr "ungebundenes" CO2 rausgeht als
> reingegangen ist.

Schön, das umgewandelte Öl wurde jetzt unter anderem in CO2 umgewandelt. Was
ändert diese Wortspielerei jetzt an der Grundaussage?

> > Anstatt das an irgendwelchen Wirtschaftsbereichen festzumachen, ist es
> > sinnvoller ohne Ausnahme einfach das Treibhausgas (bzw. den
> > Energieträger) selbst zu besteuern.

> Im Energiesektor natürlich die Energieträger besteuern, beim Verkehr
> natürlich auch, in der Landwirtschaft, den dritten großen Bereich im Bunde,
> wird es schwieriger, hier würde ich das Futter
> besteuern, insbesondere Importe (aus Südamerika).

Das Futter ist aber auch gebundenes CO2, das die Pflanzen vorher über die
Luft aufgenommen haben.

> > Sportler, die besonders viel atmen, stoßen zwar mehr CO2 aus, tragen
> > aber nicht zum Klimawandel bei, weil sie dieses vorher gebunden haben.
> Inwiefern bindet denn ein Sportler CO2?

Der Sportler wird hoffentlich vorher was gegessen haben... In der Nahrung
steckt der Kohlenstoff, den vorher die Pflanzen als CO2 über die Luft
aufgenommen haben.

> > Deshalb frage ich mich, in welchem Bereich Treibhausgase ausgestoßen
> > werden, wo eine Besteuerung unverhältnismäßig ist? Es muss doch einen
> > Grund für die Eingrenzung geben!

> Ich kann nicht jeden Bereich überblicken, aber es gibt 3 große
> Emissionserzeuger, kann man überall groß und breit lesen, von Fachliteratur
> bis yellowpress. Und da ich nicht für Überregulierung bin,
> reguliere ich einfach nur dort wo es angebracht ist, sprich du musst
> erklären warum du Bereiche Regulieren willst, die nicht als Problembereiche
> erkennbar sind. Aber so wie ich dich verstehe, willst du
> eh nur fossile Energieträger (Öl, Gas, Kohle)? besteuern, von daher würdest
> du eh nicht alle Bereiche treffen, geschweige denn mehr als ich besteuern
> würde.

In den anderen Bereichen wird auch kein zusätzliches CO2 ausgestoßen. Du
erklärst auf der einen Seite, dass eine Steuer so viel einfacher und klarer
ist. Wenn du aber anfängst, Güter mit Ausnahmen usw. und nur in bestimmten
Bereichen und aus sonstwoher zu besteuern, hört sich das auch sehr
undurchsichtig an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Akzeptanz hier
besser wäre.

> > Ich war nie der Meinung, dass man nichts tun sollte. Wichtiger als eine
> > lokale Problembekämpfung ist aber die globale. Wenn die lokale
> > Problembekämpfung zu Lasten der globalen geht, ist deutlich mehr
> > verloren, als gewonnen!

> Wenn ich lokal die Emissionen senke sinken nach Adam Ries auch die globalen
> Emissionen. Genau dieses Denken: "ich mach nur was, wenn alle anderen was
> machen" hat bisher immer dazu geführt,
> dass im Grunde unterm Strich nichts gemacht wurde, egal ob beim Klimaschutz
> oder auch bei der Abrüstung, im Gegenteil wird diese Argumentation noch
> soweit getrieben, dass eigtl. das Gegenteil
> von dem gemacht wird, was sinnvoll wäre.

> Es gehen diverse Staaten mit einer CO2-Steuer voran und wir sollten
> mitziehen und uns nicht aus der Verantwortung stehlen mit da gibt es ja
> noch die "bösen" Chinesen und co die machen doch viel
> weniger als wir.

Ja, und wir haben den Zertifikatehandel. Wir haben also nicht nichts gemacht.
Vielleicht bringen wir aber andere Staaten dazu, wieder nichts zu machen,
wenn wir den Zertifikatehandel als gescheitert erklären.

> > Ehrlicher wäre es, unvoreingenommen an die Sache heranzugehen und mit
> > allen anderen Ländern zu erörtern, welches die beste Lösung sein kann.
> > Sich hier im Voraus festzulegen, ist sicher nicht hilfreich.

> Dann gehe mal los und verhandel mit anderen etwas, bevor du dir überhaupt
> Rückhalt in den eigenen Reihen geholt hast. Mit welcher Legitimation willst
> du denn irgendeine Verhandlung aufnehmen > und diese in irgendeine Richtung
> treiben? Genau durch ein solches Vorgehen haben wir ja jetzt _keine_ Steuer
> und dafür den nahezu wirkungslosen Zertifikatehandel, weil genau das
> gemacht wurde, > was du hier gerade als Lösung skizzierst.

Den Rückhalt kann man sich auch mit meinem Vorschlag holen. Er ist dann aber
wenigstens ehrlich.

Weil wir unvoreingenommen an die Sachlage rangegangen sind, und uns überlegt
haben, wie wir global am meisten Emissionen einsparen und versucht haben,
möglichst viele Länder ins Boot zu holen, haben wir jetzt den
Zertifikatehandel?
Wenn das so ist, scheint er wohl der Steuer überlegen zu sein...
Wir haben keine Steuer, weil der Zertifikatehandel von den Beteiligten damals
als besser angesehen wurde. Ganz einfach.

Grüße

Moritz






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