Re: [Ag-umwelt] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel

[Gunnar Kaestle <gunnar.kaestle AT gmx.net>]

Moin,

> > Wer sagt denn dass der Energiekonzern nicht selbst Spekulant ist?
> > Davon abgesehen hast du in jedem Sektor wo Spekulation möglich ist
> > auch andere branchenferne die sich genug Informationen beschaffen
> > und einfach auch systemimmanente Spekulationsprobleme ausnutzen.
>
> Ich verstehe immer noch nicht, warum grade der
> Emissionszertifikatemarkt bezüglich Spekulationen so ein
> außergewöhnlich großes Problem darstellen sollte:

Spekulation ist kurfristig gesehen erst mal nichts schlechtes, da sie 
die Liquidität im Markt erhöht. Dazu muss man erst einmal genauer 
definieren, was Spekulation ist.

1. Nicht-Spekulanten wollen ein gut verkaufen bzw. kaufen, weil sie es 
herstellen / nicht mehr nutzen wollen bzw. verbrauchen / nutzen wollen 
und weil sie das Geld benötigen, bzw. über haben.
2. Spekulanten sind der große Rest. Dazu gehören nicht nur die 
Chartanalysten, die oft einen Trend verstärken, sondern auch die 
Fundamentalisten, die aus den Fundamentaldaten Preisentwicklungen 
verhersehen wollen und nicht nur als der kollektiven Psychologie der 
anderen Marktteilnehmer. Siehe auch:
Nonlinear oil price dynamics – a tale of heterogeneous speculators?
http://econstor.eu/bitstream/10419/27637/1/200810dkp.pdf

Spekulation (insbesondere 2a) wird dann zum Problem, wenn das gehandelte 
Gut ein langlebiges ist und sich eine über mehrere Jahre stabil 
wachsende Blase ausbilden kann. Es mag zwar auch "Spekulation" von 
Commodities geben, aber hier ist der Warenumschlag hoch und die 
Nutzungszeit klein hoch, so dass die Fundamentaldaten in überschaubarer 
Zeit stabilisierend wirken. Bei soetwas wie dem Immobilienmarkt kann 
sich die spekulative Überhöhung extrem auswirken, weil die Trägheit des 
Gutes es zulässt, dass eine gewaltige geldbeladene Blase von enormen 
Umfang platzt. Bei CO2-Zertifikaten sehe ich diese Gefahr weniger, da 
der Zeithorizont für das Halten der Zertifikate kürzer ist.

Dass der CO2-Handel ein zahnloser Tiger ist, liegt eher daran, dass die 
Mengensteuerung noch zu wenig Rücksicht auf das Anreizsignal namens 
Preis legt. Boom und Bust Zyklen (z.B. unter 10 € über 30 €) sind eine 
ungesunde Umgebung für kapitalintensive THG-Minderungsmaßnahmen.

Gruß,
Gunnar

--
/^\
\ / Plain-Text Ribbon Campain
 X Say NO to HTML in email and news!
/ \