ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Ag-umwelt mailing list
Listenarchiv
- From: "Moritz Richter" <mmarichter AT aol.com>
- To: "'Eric Manneschmidt'" <eric.manneschmidt AT gmx.de>, <hren AT hrz.tu-chemnitz.de>
- Cc: energie_und_infrastruktur AT lists.piratenpartei.de, ag-nachhaltigkeit AT lists.piratenpartei.de, AG Umwelt <ag-umwelt AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel
- Date: Wed, 29 Aug 2012 20:06:21 +0200
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-umwelt>
- List-id: <ag-umwelt.lists.piratenpartei.de>
Hallo Eric,
(nochmal der Crosspost auf die Listen)
> <<Also ist doch das Problem eine falsch gesetzte Emissionsobergrenze und
> nicht der Zertifikatehandel an sich.>>
> Das ist absolut richtig. Leider wird die Obergrenze immer falsch gesetzt
> sein, weil die Nachfrage variabel ist (abhängig von Witterung und der Summe
> der Entscheidungen der
> Wirtschaftsakteure[Konjunktur]). Nur der liebe Gott könnte eine richtige
> Obergrenze setzen...(und bei dieser Diskussion hab ich auch das Gefühl,
> dass es genau um diese Verleugnung der
> menschlichen Verantwortung geht: Normative Entscheidungen an "die Märkte"
> oder "die Wissenschaft" abgeben und so).
> Weiter unten
> <<Der Staat hat sich bei der Menge an Zertifikaten verschätzt. Genau das
> gleiche kann ihm aber auch bei einer Steuer passieren.>> Eben nicht. Weil
> eine Steuer eben linear ist, da kann man gar nichts
> falsch machen (*übrigens ist das ja genau eines Deiner Argumente, die ich
> angeblich nicht in meiner Ini stehen habe [sie stehen da halt in meinen
> eigenen Worten]). Wie gesagt ist das alles letztlich >
> eine normative Entscheidung, wir haben nämlich die Wahl, mehr oder weniger
> Klimawandel zuzulassen (das ist so wie bei Flussbegradigungen oder wieviel
> Wald wollen wir zu Bauland machen).
> <<Der Staat ist leider auch nicht allwissend.>> Das ist nur ein Problem bei
> einem System, das Allwissenheit voraussetzt. Deswegen Steuer/Abgabe statt
> Zertifikatehandel.
es kommt immer darauf an, was denn eigentlich dein Ziel ist. Eine Steuer
besitzt keine "ökologische Treffsicherheit", das heißt, dass der Staat sich
dabei (auch deutlich) verschätzen kann, wie viel CO2 bei einer bestimmten
Steuerhöhe tatsächlich eingespart wird. Natürlich kann der Staat hier
nachsteuern, aber dann verändert er auch wieder die Steuerhöhe und gelangt zu
einer variablen CO2-Bepreisung wie bei dem Zertifikatehandel.
Die Frage ist nun, wie wichtig diese ökologische Treffsicherheit ist. Die
bisherigen Klimaverhandlungen sind immer so geführt worden, dass sich
bestimmte Staaten darauf verpflichten, ein bestimmtes Maß an Treibhausgasen
einzusparen. Dieser Ansatz wäre mit einer Steuer dann nicht mehr möglich,
weil man mit dieser gar nicht mehr verlässlich eine bestimmte Höhe einsparen
kann. Wie gesagt, der Staat kann gar nicht genau bestimmen, wie sich eine
Steuer auf die Emissionen auswirkt, hinzu kommen jetzt
Konjunkturschwankungen.
(Übrigens hat eine Steuer zwar eine höhere Planbarkeit, aber ein
Zertifikatehandel gleicht ein wenig die konjunkturellen Schwankungen aus!
Wenn in einer Flaute weniger Energie verbraucht wird, sinkt der
Zertifikatepreis und Energie wird billiger).
Theoretisch könnte man immer noch ein Reduktionsziel nennen, aber man kann
sich sicher sein, dass der Steuersatz dann regelmäßig zu niedrig gewählt
werden würde; welches Land belastet schon seine eigene Industrie mehr als
notwendig? Man hätte hier das gleiche Dilemma, wie bei der Steuer.
Also Zwischenfazit: Wenn man Klimaverhandlungen mit festen Reduktionszielen
führt, ist die ökologische Treffsicherheit schon wichtig und aus dieser
Perspektive Zertifikate "sicherer".
Ist es nun auch sinnvoll, Klimaverhandlungen mit festen Reduktionszielen zu
führen?
Tja, und das ist eigentlich die entscheidende Frage. Das hängt von den
wissenschaftlichen Erkenntnissen ab, und auch davon, wie verlässlich und
sicher diese sind. Hier gibt es ja Vermutungen, dass wenn der CO2-Gehalt der
Atmosphäre ein gewisses Maß übersteigt, es zu nicht mehr steuerbaren und sich
selbst verstärkenden Folgeeffekten kommt. Dann muss natürlich sichergestellt
sein, dass diese Stelle nicht überschritten wird.
Wenn es allerdings keine besonders große Rolle spielt, ob wir am Ende z.B.
bei 650 oder 680ppm CO2-Gehalt landen, ist es vielleicht sinnvoller, von den
genauen Reduktionszielen abzuweichen und eher über die Steuerhöhe zu
verhandeln.
Allerdings kann ich mir kaum vorstellen, dass sich alle Länder auf eine
bestimmte einheitliche Höhe einigen werden. Am Ende werden
hochindustrialisierte Länder wahrscheinlich eine höhere Steuer haben, als
z.B. Schwellenländer.
Gruß
Moritz
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, (fortgesetzt)
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Dr. Volker Jaenisch, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 31.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, René Heinig, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] [PiraNa] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 30.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 31.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Eric Manneschmidt, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Gunnar Kaestle, 29.08.2012
- Re: [Ag-umwelt] [Energiepolitik] Emissionssteuer vs. Zertifikatehandel, Moritz Richter, 30.08.2012
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