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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016

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Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016


Chronologisch Thread 

Am 28.01.16 um 23:17 schrieb Jürgen:
> Wo sit bei der vorgeschlagenen Gelddefinition die Konstante/Basis? Hier
> haben wir eher eine Tautologie bzgl. *Zentralbankgeld*.
> Nach dem ersten Teil gilt: Geld=Anspruch(Zentralbankgeld)
> und nach dem 2.Teil ist Anspruch(Zentralbankgeld)=Geld => Geld=Geld
> Die beiden Sätze beziehen sich gegenseitig auf einander - echte Konstanten
> bzw. terminal-Zeichen fehlen einfach. Daher ist das eher ein Ringschluss.

Oh du siehst in dieser rekursiven Definition auch einen Zirkelschluss.

> Zudem sind Zentralbanken eine ziemlich neue Erfindung - Geld ist
> wesentlich älter. Eine Definition von Geld sollte überall anwendbar sein,
> wo es Geld gibt und gab. In der historischen Entwicklung des Geldes war
> Papiergeld ein wichtiger Schritt. Woher kam es? Es war eigentlich ein
> Derivat auf Edelmetall (Golddeckung/Goldstandard), das schlicht die
> Handhabung erleichtert hat (auch Gold lager und bewegen ist Kostenintensiv).
> Auch hier gab und gibt es einen wichtigen Vorgänger: den Wechsel (vgl.
> IOU).
> Den gibt es spätestens seit dem Hochmittelalter und man konnte so in
> Netzwerken (z.B. Templerorden, Jüdische Händler, Hawala-System,...)
> effizient
> *Geld* über tausende Kilometer transferieren.

Allen diesen Beispielen ist gemeinsam, dass es sich um ein
Verrechnungssystem handelt.

> Deswegen die folgende Definition von Geld:
>
> Geld ist ein verbriefter, handelbarer Rechtstitel (z.B. Anspruch auf
> Güter oder Leistungen)
>
[]
> ...
>
> Damit ergeben sich verschiedenste Varianten für Dinge, die zu *Geld* im
> engen Sinn (=gesetzliches Zahlungsmittel) äquivalent sind und somit auch
> dessen Rolle in der Wirtschaft übernehmen. Wenn *Zentralbankgeld* an
> Vertrauen verliert können Wechsel, Aktien o.ä. dieses ersetzen. Zudem kann
> durch Verbriefung von allem möglichem Derivate praktisch beliebig Derivate

Derivate sind so ein Konstrukt, mit dem ich mich noch eingehende
beschäftigen muss.

> erzeugt werden, wie z.B. die gesamte Optionen, Swaps, Futures Maschinerie.
> Auf der Basis sehe ich auch Schwundgeldsysteme als effektiv nicht umsetzbar

Ich hatte hier vor einiger Zeit mal das Wunder von Wörgl
auseinandergenommen. Mein Resümee:
<cite>
Gemäß Bruuns Systematik weist die Freigeldtheorie Elemente aller
Theorien auf. Sie versteht sich selbst als naturalistischer Ansatz, der
Geld als 'Ware mit Ablaufdatum' versteht. Der Haken an der Sache ist,
sobald der Ultimo (Stichtag zum 'Stempeln') heranrückt, entsteht beim
Inhaber des Freigeldes eine Dichotomie hinsichtlich der Werthaltigkeit.
Im Falle einer Steuerzahlung ist das kein Problem: Man ist froh, im
allmonatlichen 'Reise nach Jerusalem'-Spiel noch einen Sitzplatz zu
ergattern und die bald abgewerteten Scheine losgeworden zu sein. So
finden auch Steuervorauszahlungen eine natürliche Erklärung. In einer
Depressionsphase hat diese Dichotomie noch kein Gewicht, man hat
existenziellere Sorgen. Mit zunehmender Verbesserung der eigenen
wirtschaftlichen Situation wird die Neigung, freiwillig daran
teilzunehmen, abnehmen. Es müsste eine zwangsweise Akzeptanz eingeführt
werden. Um aber Streitigkeiten bei Zahlungs-Transaktionen um das
Monatsende zu vermeiden, wird ein Verkäufer diese Erwartungen
einpreisen, was in eine Preissteigerungsspirale und damit Inflation
mündet. In Wörgl war dieses Verhalten nicht zu beobachten, dazu dauerte
der Versuch wohl nicht lang genug.

Bei modernen Regiogeldsystemen, die nach Gsells Muster arbeiten, kann
ich bzgl. der Rewig bestätigen, dass dort *nie* nennenswerte
Transaktionen in der Realo genannten Währung getätigt wurden.

Fazit: Das Freigeld kann, wie eine keynesianisch motivierte
Nachfragepolitik, einen auf Grund gelaufenen Konjunkturdampfer wieder
flott machen. Die dauerhafte Implementation eines solchen Geldsystems
führt jedoch zu einer systemimmanenten Inflation. Als dauerhaftes
Geldsystem fehlt ihm die Numeraire-Eigenschaft, die zeitunabhängige
Konstanz von Wert, unabhängig von individuellen Erwartungen.
</cite>

ivl1705




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