ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
- To: Jürgen <jack_r AT arcor.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016
- Date: Tue, 2 Feb 2016 21:21:33 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hallo Jürgen,
mit deinen Formulierungen triffst Du in etwa auch meine Vorstellungen. Mein grobes Modell würde mit der Menge aller Forderungen und Verbindlichkeiten in der Wirtschaft beginnen. Eine Teilmenge hiervon wären die Forderungen, welche allgemein als so wertvoll angesehen werden, das jeder Wirtschaftsteilnehmer sie als universelles Tauschmittel ansieht. Auf eine genaue juristische Definition lege ich an dieser Stelle keinen Wert, da zuerst eine nachvollziehbare Logik im Vordergrund steht. Nun könnte man formulieren, dass Forderungen, welche eine allgemeine Akzeptanz in der Bevölkerung besitzen, eventuell noch vom Staat als "gesetzliches Zahlungsmittel" definiert sind und auch vom Staat zur Begleichung von Steuerschulden akzeptiert werden, zu den Zahlungsmitteln zählen, die wir Geld nennen. Aber schon verstricken wir uns in Widersprüche. Der Staat akzeptiert zur Begleichung von Steuerschulden nur noch Buchgeld der Geschäftsbanken, welches eindeutig kein gesetzliches Zahlungsmittel ist.
Wo fängt jetzt Geld an und wo hört es auf? Was ist Buchgeld? Wozu zählen geldähnliche Derivate? Aus der Volkswirtschaft kommen dann noch Fragen nach der kaufkraftwirksamen Geldmenge in der Wirtschaft. Ein kaum aufzulösendes Gemenge.
Du hast jetzt dargelegt, das Forderung (Du sprichst von Rechtsansprüchen) dem "Geld" gleichzustellen sind, wenn sie handelbar und verbrieft sind. Unter handelbar verstehst Du wohl, dass sie allgemein anerkannt sind und weitergegeben werden könne. Verbrieft schließt für Dich auch die Buchgeldforderung an die Bank mit ein.
Wenn Du das "Geld" jetzt nach Deinem Modell definiert hast stellt sich die Frage, wozu Du diese Gelddefinition benutzen willst. Möchtest Du sie als volkswirtschaftliche Größe zur Bestimmung eines Marktgleichgewichts einsetzen? Oder möchtest Du über die Geldschöpfungskapazität der Banken sprechen? Da der Geldbegriff dermaßen konfus ist, sollte eine jede Untersuchung am Anfang klarstellen, welche Geldmengendefinition sie zugrunde legt und weshalb. Darüber zu streiten, welche Definition "richtig" oder "falsch" sei, ist sinnlos, wenn nicht die Aufgabe, in welcher diese Definition verwendet werden soll, klar definiert ist. Erst dann gewinnt die Definition an Kontur.
Die Definition als Werkzeug betrachtet muss ich vor Beginn der Arbeit entscheiden, welches Werkzeug für den Erfolg meiner Arbeit geeignet ist.
Etwas schwierig, die Gedanken über ein derart komplexes Gebiet nachvollziehbar darzustellen.
Beste Grüße
Rudi Müller
Am 31.01.2016 um 21:55 schrieb Jürgen:
Moin,
die geführte Diskussion über die Art eines Rekursionsankers usw. halte ichDie Saxhe mit dem *Rekursionsankers* ist rein der Definition und
für sehr verwirrend. Was soll damit gezeigt werden?
Beschreibung von Arne geschuldet, die letztendlich auf alles *Geld* auf
*Zentralbankgeld* zurückführt und dieses als a priori gegeben darstellt.
Weshalb also das Zentralbankgeld als den Mittelpunkt unseres GeldsystemsDas ist eben so ein Problem, das ich mit Arnes Definition habe. Zwar ist das
ansehen?
Zentralbankgeld de facto die Basis für *alle möglichen* Finanzprodukte und
diese - da stimme ich mit Arne und seiner Defintion überein - sind letztlich
von *Geld* nicht mehr zu unterscheiden. Nur kann eben m.E. nicht
ausschliesslich Zentralbankgeld am Anfang stehen, sofern auch alle möglichen
Rechtsanspruche sofern sie bestimmte Eigenschaften erfüllen. Das soll mein
Definititionsversuch beeinhalten.
In Arnes Ansatz ist Zentralbankgeld per Definition der Urprung von *allem,
was als Geld betrachtet werden kann* und das greift m.E. zu kurz.
Deswegen den alternativen Definitionsvorschlag, der die Basis(Arnes
Rekursionsankers) für *Geld* verbreitert.
Es geht mir eben darum, dass es m.E. nicht einer Zentralbankbedarf sondern
nahezu beliebige Rechtsansprüche zu *Geld* äquívalent sind, sofern wenige
Eigenschaften (verbrieft,handelbar) gegeben sind.
bye
Jürgen
On 2016-01-29 10:39:21, Rudolf Müller wrote:
Hallo Jürgen,
die geführte Diskussion über die Art eines Rekursionsankers usw. halte ich
für sehr verwirrend. Was soll damit gezeigt werden?
Meine Sichtweise:
Die Zusammenführung verschiedenster Formen und Funktionen von
Zahlungsmitteln unter dem Oberbegriff „Geld“ und dieses dann zu definieren
als:+
„Geld ist ein verbriefter, handelbarer Rechtstitel (z.B. Anspruch auf Güter
und Leistungen)“
halte ich für sehr problematisch.
Um klarzustellen, worüber ich spreche erscheint mir eine Unterscheidung von
Geld in
o Warengeld,
o Kreditgeld und
o Willkürgeld
sinnvoll, da sie mir erste Erkenntnisse erlaubt, wovon wir heute sprechen
wenn wir über Geld diskutieren.
Warengeld gehört mit wenigen, kaum noch in Erscheinung tretenden Ausnahmen,
der Vergangenheit an. Die aus dem Warengeld resultierende „Ding-Geld-Welt“
haben wir damit endgültig verlassen und doch ist sie noch nachhaltig in
unserer Gedankenwelt über das Geldwesen verankert. So in der direkten
Übertragung der Funktion werthaltiger Münzen auf unser heutiges gesetzliches
Zahlungsmittel, unser Bargeld. Desto mehr Zutaten man in einen Topf gibt,
desto größer die mögliche Vielfalt an Interpretationsmöglichkeiten was denn
nun grundlegend sei.
Ein Blick in die Geschichte erhellt einiges. Wie Du, Jürgen, zutreffend
erwähnt hast, sind Zentralbanken eine ziemlich neue Erfindung. Auch die Bank
of England, welche als Mutter unserer Zentralbanken angesehen wird, hatte in
ihren Anfängen (gegr. 1694) noch keine Zentralbankfunktionen. Sie war eher
ein Anleihenfond zur Staatsfinanzierung und betrieb, neben anderen Banken in
London auch Bankgeschäfte. Durch Einfluss der Anteilseigner auf die
Gesetzgebung eignete sie sich Privilegien an, welche dazu führten, dass sie
zu einer Institution wurde, die wir heute als Zentralbank bezeichnen. So
begann sie schon sehr früh, sich das Bargeldmonopol zu sichern. Andere
Banken wurden dazu gesetzlich in ihrer Bargeldproduktion massiv
eingeschränkt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts klinkte sie sich in das seit
1770 bestehende Clearing- und Settlementsystem der Londoner Banken ein.
Das Bargeldmonopol wie auch die Möglichkeit die Währung durch Annahme an
öffentlichen Kassen zu festigen, führte F. Knapp 1905 zu seiner „Staatlichen
Theorie des Geldes“.
Knapp in seinem Vorwort:
„Die Herleitung aus einer staatslosen Betrachtungsweise halte ich für ganz
veraltet, ja sogar ganz verkehrt, so verbreitet diese Anschauungen noch
immer sein mögen.“
Nach seiner Theorie ist also die staatliche Setzung des Geldes der Dreh- und
Angelpunkt unseres Geldsystems. Knapp wollte das „Zahlungswesen als Zweig
der Staatswissenschaft“ ansehen.
Aus dieser Betrachtungsweise erwachsen dann die Formeln „Buchgeld ist ein
Anspruch auf das gesetzliche Zahlungsmittel, unser Bargeld“ oder sogar die
nichtssagende Verkürzung „Geld ist ein Anspruch auf Geld“
Welche Erkenntnisse werden gewonnen, wenn man die staatliche Festsetzung,
juristische Begriffe von Rechtstiteln und volkswirtschaftliche Sichtweisen
beiseite lässt, und sich beispielsweise die Beschaffung von 1.000 € Bargeld
durch eine Nichtbank auf der rein betriebswirtschaftlichen Ebene der Banken
ansieht?
Dabei wird ceteris paribus vorausgesetzt, d.h. die Bank hat nicht zufällig
nicht mehr benötigtes Bargeld in ihrem Tresor und auch kein überflüssiges
Zentralbank-Buchgeld.
Im ersten Schritt muss die Nichtbank einen Kredit über 1.000 € bei der
Geschäftsbank aufnehmen und erhält im Gegenzug ein Bankguthaben über 1.000
€. Da die Geschäftsbank kein Bargeld herstellen kann, wendet sie sich an die
Zentralbank, nimmt einen Kredit über 1.000 € bei der Zentralbank auf und
erhält bei dieser ein entsprechendes Guthaben. Dieses Guthaben lässt sie
sich mit Bargeld auszahlen und leitet dann das erhaltene Bargeld an die
Nichtbank weiter. Nichtbank, Geschäftsbank und Zentralbank haben eine
Bilanzmehrung erfahren. Grundlegend für die Beschaffung von den 1.000 €
Bargeld war jedoch die Bereitschaft der Nichtbank, sich zu verschulden. Das
Bargeld ist also auf dem Kreditwege entstanden.
Auch ein Geldsystem ohne Bargeld kann man sich so vorstellen. Es entfällt
dann gegebenenfalls die Kreditaufnahme bei der Zentralbank, sofern das
entstandene Geschäftsbanken-Buchgeld bei der Geschäftsbank verbleibt,
Zahlungen an andere Banken verrechnet werden können oder aber bei der
anderen Bank ein Kredit aufgenommen wird.
Würde die Zentralbank nicht durch gesetzliche Vorgaben (z.B. Mindestreserve,
Bargeldversorgung der Nichtbanken) eine künstliche Abhängigkeit der
Geschäftsbanken herbeiführen, würde sie für den Bankbetrieb eigentlich nicht
benötigt. Andere Funktionen der Zentralbank wie Durchsetzung staatlicher
Vorgaben und Gesetze zur Sicherstellung eines funktionierenden Geldmarktes
werden bewusst hier ausgeklammert. Auch die, teils fragwürdige Lenkfunktion
der ZB sei hier außen vorgelassen. Die Dienstleistung Zahlungsverkehr incl.
Auslandsüberweisungen benötigt ebenfalls nicht wirklich eine Zentralbank.
Weshalb also das Zentralbankgeld als den Mittelpunkt unseres Geldsystems
ansehen?
Beste Grüße
Mumken
PS: s.a.
https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Das_Geldsystem
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 01.02.2016
- <Mögliche Wiederholung(en)>
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Gerhard, 01.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 10.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 01.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 03.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 04.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 05.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 06.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 10.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 06.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 05.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 04.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 03.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Rudolf Müller, 02.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Jürgen, 04.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Gerhard, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, moneymind, 18.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Gerhard, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Winrich Prenk, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Jürgen, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Winrich Prenk, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Jürgen, 18.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Marco Schmidt, 18.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Alexander Raiola, 18.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Jürgen, 18.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Winrich Prenk, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Jürgen, 17.02.2016
- Re: [AG-GOuFP] Vortrag "Was ist Geld?" am 1.2.2016, Winrich Prenk, 17.02.2016
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