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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen


Chronologisch Thread 
  • From: David Finsterwalder <d.finsterwalder AT gmail.com>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Kredit-/Zahlungsmittelbedarf = reines Vorsprungphänomen
  • Date: Sat, 14 Feb 2015 17:40:42 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hey Patrik,

Ich denke es herrscht hier wirklich "Erklärungsnotstand".

Friedrich Carl von Savigny legte das römische Recht so aus, dass dort Kauf in zwei einzelnen Verträgen stattfinden wurde. Ihm wurde damals von außerhalb der "historischen Schule" teilweise massiv widersprochen (unter anderem von Hegel - bin kein Jurist sondern Philosoph). Dennoch fand unter Savignys immensem Einfluss diese Auslegung Einzug in das BGB. Wenn ich also schreibe: "[...] zwei (savigny sei dank) schuldrechtliche Vertrag [...]" spiele ich exakt auf diese Besonderheit im BGB an, über die du mich belehren möchtest (übrigens stand dort ursprünglich - wie du den orthographischen Fehlern entnehmen kannst - nur was von einem Vertrag und ich habe dem deutschen Spezialfall erst beim "Korrekturlesen" genüge getan). Wird dir jetzt klar warum deine Belehrungen nicht nur unnötig waren, sondern du dich damit bei einer Diskussion mit Juristen oder Rechtshistoriker ziemlich blamieren könntest?! Und wenn du Savigny für eine Fränzosische Stadt gehalten hast, hättest du dich wenigstens selbst fragen können, was zur Hölle eine französische Stadt mit Schuldrechtsverträgen zu tun hat. 

Weiterhin gibt es aber einen sehr interessante Zusammenhang zu Stützel. Der "Savigny gegner" Hegel war nämlich "Stützelianer" - lange vor Stützel. Ich müsste hier riesig ausholen um das im Detail zu erläutern. Aber nur mal die Kurzfassung: 

1. Humes Induktionsproblem ist im Falle ethischer Fragen ganz eng mit dem Konkurrenzparadoxon verwandt. Der Einfluss von Hume auf Kant - und die Parallelen zum Konkurrenzparadoxon - zeigen sich am deutlichsten im kategorischen Imperativ: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde." Kants Ethik - sowie alles andere auch - beeinflusste den gesamten Deutschen Idealismus und die Rechtsphilosophie. Hegels Rechstphilosophie und seine Forderung eines starken Staates war nur damit begründet, dass sich der Staat dort gegen seine Bürger stellen muss, wo seine Bürger aus ihrem Individualinteresse dem Gemeinwohl schaden. Der "starke Staat" war Hegels Antwort auf das Konkurrenzparadoxon. Marx hat das in meinen Augen bei seiner Hegelkritik auch vollkommen übersehen und sah in der Dialektik aus Bürger und Staat NUR NOCH die Herrschaft.

2. Hegel wurde in ökonomischen Fragen sehr stark von James Steuart beeinflusst (hat aber leider nie ein explizites Werk zur politischen Ökonomie veröffentlicht). James Steuert dachte - wie viele Merkantilisten - aus der Sicht der doppelten Buchführung und war 1767 mit seinen Betrachtungen der politischen Ökonomie seiner Zeit WEIT voraus. Er verstand nicht nur den Akt der Geldschöpfung über Kredit, sondern sogar, dass es die Kreditsicherheit ist, die Wert einer Banknote schaft (Zitat: "When paper is issued by a bank for no value received, the security of such paper stands upon the original capital of the bank alone; whereas when it is issued for value received, that value is the security on which it immediately stands, and the bank stock is, properly speaking, only subsidiary. I have dwelt the longer upon this circumstance, because many, who are unacquainted with the nature of banks, have a difficulty to comprehend how they should ever be at a loss for money, as they have a mint of their own, which requires nothing but paper and ink to create millions. But if they consider the principles of banking, they will find that every note issued for value consumed, instead of value received and preserved, is neither more or less, than a partial spending either of their capital, or profits on the bank.").  Ich kann jedem nur mal empfehlen bei James Seuert reinzusehen. Es ist der Wahnsinn wie weit er schon 1767 war: https://www.marxists.org/reference/subject/economics/steuart/

3. Hegels Kritik an Hobbes in seinem "Naturrechtsaufsatz" ist auch als eine fette Absage an den "homo oeconomicus" zu verstehen (Vgl auch: http://de.wikipedia.org/wiki/Naturzustand#Hegel:_ein_anderer_gedanklicher_Zugang_zum_Naturzustand


Nicht nur den Schwachsinn mit den zwei Schuldrechtsverträgen im BGB hätte uns erspart geblieben worden können, wenn man auf Hegel gehört hätte, sondern auch so mancher Schwachsinn in der (politischen) Ökonomie....

Hegel hatte aber ein Problem ... er drückte sich unglaublich schwer-fällig aus und blieb deshalb häufig unverstanden und ungehört ... (noch so eine Parallele zu Stützel ;-) ) 

Nach diesem kurzen Ausflug in die Philosophie (die man auch als Vorstellung von mir lesen kann und erklärt wie ich auf Stützel stieß) möchte ich aber nun gerne der "mediatorischen" Aufforderung von Rolf folgen und wieder zu einer sachlichen Diskussion ad res übergehen und erstmal bei Stützel bleiben. Ich hab Stützel selber noch nicht gelesen und ich begrüße es wenn es hier eine textnahe Diskussion geführt wird.  

Für meine Polemik entschuldige ich mich. Auf unsachlichen Diskussionsstil häufig selber unsachlich zu reagieren ist eine meine größten Schwächen....

Grüße
David





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