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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht


Chronologisch Thread 
  • From: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht
  • Date: Sun, 21 Dec 2014 23:29:34 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Hallo Rudi,

jetzt scheinen Tröpfchenweise die Nachrichten vom Tag verteilt nachgereicht zu werden, erhalte die nicht mal chronologisch geordnet...

Am 21.12.2014 um 15:58 schrieb Rudolf Müller:
Einige Aussagen verwirren, zumindest habe ich Schwierigkeiten bei der Zuordnung.

Am 20.12.2014 um 19:50 schrieb Marco Schmidt:
Danke für die Ergänzung.

Am 20.12.2014 um 18:03 schrieb Peter Baum:
Man muss die Sachen zu Ende denken.

Jede Bank schöpft im Moment der Kreditvergabe Giralgeld, welches erst mit der 
Tilgung wieder verschwindet, auch die GLS Bank.

In der Regel wird aber der Kredit verwendet. Solange er auf Konten derselben 
Bank herumgereicht wird, hat die Bank keinen Finanzierungsbedarf an 
Zentralbankgeld. 
Hier habe ich ein Verständnisproblem. Ein Kredit an einen Kunden der Bank wird auf der Aktiv-Seite unter Forderungen an Kunden verzeichnet. Gleichzeitig wird auf der Passivseite Geschäftsbanken-Buchgeld (=Giralgeld) unter "Verbindlichkeiten gegenüber Kunden" erzeugt. ME wird genau diese Verbindlichkeit herumgereicht und nicht der Kredit an den Kunden. Dieser verbleibt als Aktiva in der Bilanz der kreditgebenden Bank. Ja, so ist es. Von der Aktivseite wird als Entsprechung Zentralbankgeld mittransferiert. Es sieht halt so aus, als haben die Kunden das "mit einbezahlt" oder es sei "mit überwiesen" worden. Deswegen gibt es doch das große Missverständnis vom Verleih.
Wenn der Kredit aber auf ein Konto bei einer anderen Bank überwiesen wird,
Wenn an dieser Stelle der Namen Kredit verwendet wird, so könnte es nur der Kredit des Kunden an die Bank sein. Dieser aber ist in Form von Spar- oder Termingeldern festgelegt.
Was genau kann man sich unter dem erwähnten "Kredit an eine andere Bank überweisen" vorstellen? Was geschieht buchungstechnisch bei diesem Vorgang? Das ist nur eine sprachliche Ungenauigkeit. Gemeint ist das per Kredit geschaffene Geld. Ein weiterer Grund weswegen man Kreditgewährung und Geldtransfers gedanklich voneinander trennen sollte.
 
muss die Kreditgebende Bank den Betrag mit Zentralbankgeld an die andere Bank 
liefern. Und im Fall der GLS stammt dieses Zentralbankgeld von den Einlagen 
der Sparer. Denn die Spareinlagen sind ja irgendwann als Zentralbankgeld von 
außen auf die Aktivseite der Bankbilanz geflossen und wurden in gleicher Höhe 
auf der Passivseite auf das Sparkonto gebucht.
So ist es.
Insofern ist die Formulierung, die GLS Bank verleiht das Geld ihrer Sparer, 
nicht falsch, wenn man auch die  Kreditverwendung einbezieht. 
Die vorgenannte Aussage verstehe ich nicht, Peter. Kannst Du mir näher erklären, zu welcher Bilanzposition  die "Kreditverwendung" gehört?
Er beschreibt Kreditgewährung im gleichen Schritt mit dem Abfluss, d.h. der Bezahlvorgang nach außerhalb der Bank.
Sie wäre nur 
dann nicht zutreffend, wenn sich die GLS Bank Zentralbankgeld bei der 
Zentralbank leiht, was nicht der Fall ist.
Ich hatte bei der Diskussion primär die Kreditgewährung im Hinterkopf. Wenn dann vom Geldverleih die Rede ist, kommt man schnell zum Fehlschluss "Spargelder als notwendige Grundlage für Kreditvergabe". Deswegen versuche ich das strikt zu trennen. Das Zu- und Abfließen geschieht generell auch mit "normalen" Kundengeldern (die auch irgendwann mal als Kredit entstanden sind, das kann man - einmal auf dem Konto - nicht mehr trennen). Kreditgewährung und -verwendung sind also 2 Paar Schuhe.
"... verleiht das Geld ihrer Sparer" - bei einer Überweisung fließt nur unpersonalisiertes Zentralbank-Giralgeld mit den Kundenguthaben. Das ZBGeld ist zum Einen auf einer anderen Hierarchieebene angesiedelt, zum Anderen wird das eigentliche Kundenguthaben nicht weiterverliehen. Das existiert bei Kreditgewährung zusätzlich zum Kreditbetrag in der Bilanz. In einer größeren Bank kann der Kreditbetrag u.U. erst einmal nur "innerorts" zirkulieren, bevor Teile davon abfließen.

Grüße,
Marco
Deine Erläuterungen verstehe ich nicht auf Anhieb, Marco.
Wenn bei Kreditgewährung immer neues Kundenguthaben ("Kreditbetrag" oben) entsteht, wäre widerlegt, dass es Geld eines Sparers ist, was weiter verliehen wird. Das ist "nur" zum Saldenausgleich wichtig (im Fall es fließt was). Wenn man an diesem Punkt noch den kleinen Schritt weiter geht, sieht man, dass Spareinlagen rein statisch gesehen (wenn sie einmal in der Bank sind) nur noch ein Klotz am Bein und für die Bank zu nichts mehr nütze sind. Je nach Fristigkeit der Anlage besteht ein mehr oder weniger großes Risiko, dass die Anlage abgezogen wird und dann (im Abflussmoment) refinanziert werden muss. Außerdem stellen sie einen Kostenfaktor dar, da Guthabenzinsen gezahlt werden. Daher wirbt die GLS auch mit dem Erwerb von Genossenschaftsanteilen, so werden Kundeneinlagen in sehr langfristig angelegtes Eigenkapital gewandelt.
Mit den Aussagen oben ergibt es hoffentlich mehr Sinn :-)


Zuerst aber zur Aussage von Peter: "die GLS Bank verleiht das Geld ihrer Sparer"

Die Aussage eines Laien, oder eine für Laien gedachte Aussage: "Der Sparer bringt das Geld zur Bank und diese verleiht es weiter ........"  So kann man die "Kreditvermittlung" auch den Schülern der Sekundarstufe I und II vermitteln, (siehe BuBa). Die Deutsche Bundesbank spricht dort von der "Finanzintermediär"-Funktion des Bankensystems. Das Bankensystem sammelt finanzielle Mittel und vermittelt diese an Kapitalbedürftige. Eine aus den Zeiten der goldgedeckten Währungen verständliche Sichtweise. Eine Goldmünze oder aber eine durch Gold gedeckte Banknote wird bei einer Bank als Sparguthaben hinterlegt. Daraufhin kann die Bank dieses "Bargeld" an andere "verleihen". Eine herrlich einfache Geschichte mit nur einem wesentlichen Manko, sie stimmt vorne und hinten nicht.

Weshalb wird dann dieses Märchen heute noch weit überwiegend in den Medien so vertreten und sogar auch von Bankenvertretern noch verwendet?

Das Märchen von den "ehrbaren Geldsammlern" und "Vermittlern" war Grundlage der "Goldenen Bankregel" (welche noch nie eingehalten wurde) deren Weiterentwicklung in das heutige KWG einfloss. Diese "Goldene Bankregel" von 1856 wurde nicht verschärft sondern fortlaufend aufgeweicht, da Banker erkannten, dass bestimmte Zahlungsmittel den Banken dauerhaft zur Verfügung stehen, obwohl sie täglich von den Kunden abgehoben werden können. Auch können zur Deckung von Sichtguthaben weitere geldnahe Aktiva verwendet werden. Die Anwendung der "Goldenen Bankregel", denn um nichts anderes handelt es sich bei der Betrachtung von "Sparen" und "Verleihen", begründet die Bezeichnung der Banken als Finanzintermediäre. Das Bankgeschehen von dieser vereinfachten "Vermittlungsseite" zu betrachten, gleicht der Anwendung einer 100 % sicheren Faustformel. Ich kann nicht mehr verleihen als ich besitze. Auch Frau Merkel begreift diese Formel.

Nun funktioniert unser heutiges Kreditgeldsystem nicht mehr nach den Regeln von Goldwährungen oder goldgedeckten Währungen. Untersucht man die Vorgänge in einer Bank näher, so stellt man fest, dass bei jeder Kreditgewährung gleichzeitig neues Geschäftsbanken-Buchgeld entsteht. Mit der Rückzahlung eines Kredites vergeht dieses Buchgeld jedoch auch wieder. Auch die Deutsche Bundesbank beschreibt in ihrem Schülerbuch "Geld und Geldpolitik" die Entstehung von Geschäftsbanken-Buchgeld aus dem Nichts.

Nicht aufgeklärt wird der Widerspruch zwischen der Funktion der Bank als Finanzintermediar und als Geldschöpfer. Wenn die Bank doch selbst Geld schöpfen kann muss sie doch nicht erst "Geld" einsammeln um es dann auf dem Kreditwege wieder in Umlauf zu bringen. Also sind sämtliche Bänker unfähige Kaufleute, wenn sie mit hohen Kosten verbundene Kundengelder einsammeln um diese dann ausleihen zu können. Wo sie doch selbst "kostenfrei" Geld schöpfen und dieses dann gegen Zinsen verleihen können. Wie ist dies erklärbar?


Die heutige "Geldschöpfung aus dem Nichts" unterliegt mengenmäßig gesetzlichen Anforderungen. Diese sind im Wesentlichen im Kreditwesengesetz (KWG)verankert. Die ursprüngliche "Goldene Bankregel" lässt sich in der "Liquiditätsverordnung" (§11, KWG) erkennen. Die goldene Bankregel kann stark vereinfacht auch darauf zurückgeführt werden, dass nur "verliehen werden kann, was man zuvor auch besitzt". In der Welt der materiellen Waren keine Frage, wenn man Warentermingeschäfte außen vor lässt.

Gebe ich aber als Bank nur Zahlungsversprechen ab, so kann ich Giroguthaben in langfristige Kredite (der Kunden) umwandeln wenn ich weiß, dass 90 % der Giroguthaben dauerhaft auf den Girokonten verbleiben. Mit umwandeln ist hier die Deckung des vergebenen Kredits aus täglich fälligen "Geldern" gemeint (siehe LiqV).
Die Bank verleiht kein "Geld" sonder Zahlungsversprechen, genauer gesagt Kredit (Vertrauen in die Zahlungsfähigkeit der Bank).  


Die Verleihgeschäfte der Bank entsprechen also keinem Sammeln von Geld mit anschließender Verleihung. Bedingt durch die gesetzlichen Vorgaben sowie auch die, durch den Wettbewerb der Banken untereinander entstehenden Reduzierung der "Geldschöpfungskapazität", wird insgesamt die "Buchgeldschöpfung" der Geschäftsbanken erheblich eingeschränkt. Betrachtet man das Bankensystem als "Black Box", ohne Kenntnis des Innenlebens, so entsteht der Eindruck, dass die ursprüngliche Version vom "Sparen" und "Weiterverleihen" auch heute noch größtenteils gilt. Berücksichtigt man ferner, dass ich mich mit der Formel: "Ich kann nur verleihen was ich bereits besitze" auf der sicheren Seite befinde, ist die Verwendung dieser einfachen "Wahrheit" nicht erstaunlich.
Erst die nähere Untersuchung bringt zum Vorschein, dass Banken heute nicht nach dieser Regel arbeiten (Ausnahmen wie Realkreditinstitute gibt es auch hier). Ohne die heute stattfindende Fristentransformation und die Verwendung von geldnaher Aktiva zur Liquiditätssteigerung kann eine Bank nicht mehr im Wettbewerb existieren. Andererseits sind ihr durch das KWG sowie auch der damit zusammenhängenden Erfordernis nach einem Gleichschritt der Banken Grenzen nach oben gesetzt. Eine Bank, die von einem sich eingestellten Gleichstand bei der Kreditschöpfung zu sehr abweicht wird, falls keine Kompensation durch andere Bilanzpositionen vorhanden ist, sehr schnell Liquiditätsprobleme bekommen. Details siehe
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Mehrbankensystem


Zusammenfassung:
"Die Formulierung, die GLS Bank verleiht das Geld ihrer Sparer" basiert auf einem nicht mehr vorhandenen "Warengeldmodell". Bei Verwendung dieser "Weisheit" muss mE zumindest ein Hinweis auf die fehlende Basis sowie auf die Buchgeld-Schöpfung der Geschäftsbanken erfolgen. Ein erheblicher Anteil der Deckung von  Krediten wird durch "täglich fällige Einlagen" vorgenommen, welche grundsätzlich zu diesem Zweck nicht vorgesehen sein können und doch zu 90% dafür eingesetzt werden. Weitere Faktoren siehe "Liquiditätsverordnung"

Das Modell "Geld der Sparer wird verliehen" ist sehr mangelhaft und sollte nicht ohne Nennung der einschränkenden Faktoren  benutzt werden.

Dieser Themenbereich wird z. Zt. im Wiki aufbereitet unter
http://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Ist-Zustand_des_Geldsystems


Beste Grüße
Rudi2

Super Zusammenfassung!
Gruß,
Marco



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