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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
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- Subject: [AG-GOuFP] Forderung kann alle Geldfunktionen erfüllen
- Date: Wed, 05 Mar 2014 22:57:13 +0000
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Eigentümer A kauft bei Eigentümer B 10 Scheffel Weizen. Beide einigen sich auf einen Preis von 2 Goldstücken. Im Kaufvertrag 2 Forderungen, B schuldet A 10 Scheffel Weizen, A schuldet B 2 Goldstücke.
B erfüllt seine Forderung sofort und übereignet A 10 Scheffel Weizen. A verspricht Zahlung von 2 Goldstücken in 3 Wochen.
B hat nun eine Forderung gegen A auf 2 Goldstücke, fällig in 3 Wochen, und 10 Scheffel Weizen weniger als vorher (Aktivtausch).
A hat 10 Scheffel Weizen im Wert von 2 Goldstücken und eine Verbindlichkeit in Höhe von 2 Goldstücken A gegenüber (Bilanzverlängerung).
- die Schulden im Gesamtsystem haben sich um "2 Goldstücke" erhöht.
- die Guthaben im Gesamtsystem haben sich um denselben Betrag erhöht.
- die Summe aller Schulden und Guthaben blieb natürlich 0.
- Die "Geldmenge" hat sich um "2 Goldstücke" erhöht - wenn man die Forderung als Geld bezeichnet.
- Bezeichnet man nur reale Goldstücke als Geld, ist die Geldmenge durch den Kauf unverändert geblieben und nur die "Kreditmenge" gestiegen.
Nach 3 Wochen präsentiert B dem A die Forderung auf 2 Goldstücke, möchte aber dafür von A Gerste im Wert von 2 Goldstücken kaufen.
Sie einigen sich auf einen Preis von 1 Goldstück für 10 Scheffel Gerste. A übergibt B 20 Scheffel Gerste. B reicht dem A seine Forderung auf 2 Goldstücke gegen B zurück, und B vernichtet sie.
1) War kreditfreies Geld involviert?
2) War Kredit involviert?
3) Hat Kredit als "Geld" fungiert?
4) Hat der B während der 3 Wochen "gespart"?
5) Welches Problem soll das Sparen erzeugt haben?
6) ist es gut oder schlecht, daß der A beim B einkaufen konnte, ohne reale Goldstücke zu besitzen?
Hi Axel,
Du schreibst:
1) es ist überhaupt noch kein Geld involviert.
Haben nicht die (bloß vorgestellten) Goldstücke als Wertmaß und Rechengeld fungiert?
2) Es ist auch kein Kredit involviert.
Nach allgemeinem Sprachgebrauch war es ein Lieferantenkredit mit dem Zahlungsziel von 3 Wochen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Lieferantenkredit
Aber vielleicht verstehst Du unter "Kredit" etwas anderes?
"Der Lieferantenkredit ist zusammen mit den kurz- und langfristigen Bankfinanzierungen die zweitwichtigste Finanzierungsform für mittelständische Unternehmen ... Die Unterscheidung zwischen Bank- und Lieferantenkredit ist von besonderer Bedeutung, da für die Kreditierung von eigenen Handelswaren keine Zulassung als Kreditinstitut bzw. Finanzdienstleistungsinstitut im Sinne des Kreditwesengesetzes erforderlich ist."
3) Es gibt noch gar kein Kredit, es ist noch ein Teil der Vertragserfüllung offen
Welcher Teil ist am Schluß offen? Mit "am Schluß" meine ich: nachdem der B beim A 20 Scheffel Gerste im Wert von 2 Goldstücken gekauft hat und die in diesem Kauf entstandene Forderung des A gegen ihn in Höhe von 2 Goldstücken mit seiner (des B) nun fälligen Forderung gegen den A verrechnet hat, wodurch beide Forderungen erfüllt und damit vernichtet wurden.
4) B hat nicht gespart
Meiner Meinung nach auch nicht. Wenn man aber bloßes Halten von Finanzguthaben an sich schon als "Sparen" bezeichnet, müßte man hier sagen, der B habe 3 Wochen lang "gespart".
Je nach Definition dessen, was man unter Sparen versteht, hat B 3 Wochen gespart - oder gar nicht.
6) Besser wäre die sofortige Bezahlung. Es ist gut für A, das A die für ihn notwendige "Ware" auch mal etwas früher erhalten kann.
Letztendlich fand im obigen Beispiel ein Gütertausch statt (10 Scheffel Weizen gegen 20 Scheffel Gerste). Der Lieferantenkredit diente nur der Zeitüberbrückung.
Ich wollte zeigen, daß die Forderung des B gegen den A hier alle drei Geldfunktionen erfüllt hat: 1) Wertaufbewahrungsmittel (während der 3 Wochen, in denen B sie gehalten hat); 2) Zahlungmittel (als B mit ihr dem A die 20 Scheffel Gerste "bezahlt" hat, indem er die Forderung des A gegen ihn aus dem Gerstenkauf mit seiner Forderung gegen den A aus dem Weizenverkauf verrechnet hat; 3) Tauschmittel (weil sie letztlich den Tausch von Weizen gegen Gerste vermittelt hat).
Die Forderung hat also alle Geldfunktionen erfüllt, obwohl eigentlich Goldstücke als Geld vereinbart waren. Diese waren aber für die Geschäfte im Beispiel gar nicht nötig, sie dienten nur als vorgestellter allgemeiner Wertmaßstab.
Ich bezeichne in diesem Beispiel die Goldstücke mal als "ultimatives Geld" und die Forderung des A gegen den B aus dem Weizenkauf als "Kreditgeld". Man sieht, sobald es Kreditgeld gibt, kommt man in Grenzfällen wie dem Beispiel auch ganz ohne "ultimatives Geld" aus, über einfaches Verrechnen von Forderungen.
Das läßt sich nicht verallgemeinern, erleichtert aber das Verständnis späterer Arrangements des Geldsystems, das sich ja historisch (aus guten Gründen) von einem Goldstandardsystem mit Einlösepflicht (zunächst bei privaten Zettelbanken, nach Entstehung von Zentralbanken dann auch bei Zentralbanken) wegentwickelt hat zu einem "reinen" Kreditgeldsystem wie dem, das wir heute haben, mit nicht in irgendwelchen materiellen Gegenständen einlösbarem Zentralbankgeld.
Von Anfang an können bloße Forderungen alle Geldfunktionen übernehmen - der nächste Schritt wäre, sich Wechsel anzuschauen (ab ca. 14. Jhdt), aus deren multilateraler Verrechnung (zuerst auf Messen) auch Banken entstanden sind.
Ich halte die Frage, "was ist Geld"? daher für weniger zielführend fürs Verstehen der praktischen Abläufe unserer Wirtschaft als Fragen wie: wie funktionieren Kreditsysteme, und welche kollektiven Handlungsmuster entstehen in ihnen regelmäßig? Warum? etc.
Doch nun umgedreht! A bezahlt B und vereinbart die Lieferung in drei Wochen!
Bezahlt womit?
1) Hat A nun gespart?A hat sich gespart, den Weizen gleich mitzunehmen ;-) Sonst hat er nix gespart.
2) Hat A einen Kredit gegeben?
Ja. Kommt aber darauf an, wie genau man "Kredit" definiert.
Wie geht es in Deinem Beispiel weiter, das "wie üblich ohne Geld beginnt und ohne Bank und Geld ist ein Ding (hier Goldstücke)"
In dem Beispiel hat kein Ding als Geld fungiert, sondern nur eine Forderung. Die Goldstücke waren nur als Vorstellung präsent, die Forderung hat alle Geldfunktionen wahrgenommen. Ein Geldding kam also in der Praxis dort gar nicht vor. Weitermachen könnte man wie oben skizziert: Wechsel (Leistungsbeziehungen zwischen min. 3 Personen), bei dem derjenige, der den Wechsel als Zahlungsmittel an einen Dritten weiterreicht, bereits Bankfunktionen übernimmt; dann Banken als multilaterale Clearingstellen ...
A erhält nortmalerweise seine 2 Öcken duch den Verkauf von Leistungen. Doch diesmal wird ihm keine Leistung abgenommen, die Leistungsabnehmern Sparen lieber statt A ein Einkommen zu verschaffen.
A muss trotzdem bezahlen und wird jetzt erst einen Kredit bei eienr Bank aufnehmen um B zu bezahlen.
Das Sparen von C verursacht den Einkommensmangel bei A, so das A wegen dem Sparen gezwungen wird, eine Verschuldung einzugehen um B zu bezahlen.
Hätte C nicht gespart, hätte A sich nicht verschulden müssen und der zweite Teil des Geschäfts, die Bezahlung hätte ohne Verschuldung stattfinden können. Doch ohne das Einkommen von C liegt jetzt eine Verschuldung vor und der Kredit hat das Gesparte wieder ersetzt.
Ich glaube, Du meinst etwas wie folgendes Beispiel: vorausgesetzt ist ein "reines Kreditgeldsystem", in dem Forderungen nur mit Forderungen bedient werden (Verrechnung).
ein Unternehmer U nimmt in t1 bei einer Bank einen Kredit in Höhe von 10 000, Zinssatz 10%. Er schuldet der Bank also 10 000 + 10% = 11 000, fällig in t2 (3 Monate später).
Er kauft nun Rohstoffe beim Lieferanten L für 8500, wirbt eine Arbeitskraft an und zahlt dieser einen Lohn in Höhe von 500 aus, für sich selber sieht er einen Gewinn ("Unternehmerlohn") von 1000 vor. Er produziert etwas, und versucht, es bis t2 zu verkaufen.
Fall 1: 2 Tage vor t2 ist die Produktion fertiggestellt, und es ist großer Markttag. Sein Lieferant kauft ihm Produkte für 8500 ab, sein Angestellter Produkte im Wert von 500. Er selbst genehmigt sich Produkte für 1000 (sein Unternehmerlohn). Nun hat er 10 000. Die Bank will aber von ihm ja 11 000. Nun verkauft er der Bank Produkte für 1000, und zahlt den kompletten Kredit zurück.
Haben in diesem Fall Lieferant, Angestellter und Bank zwischen t1 und 2 Tage vor t2 "gespart"? Ja. War es ein Problem? Nein.
Fall 2: wie oben, mit dem einen Unterschied, daß sein Angestellter ihm nichts abkaufen möchte. Der möchte seinen Lohn "sparen". Nun fehlen U 500, um die Forderung der Bank erfüllen zu können. Er kann nun einen Dritten finden und diesem für 500 Produkte verkaufen - dann muß dieser sich um 500, fällig in t3 (späterer Zeitpunkt als t2) verschulden, damit U gegenüber der Bank zahlungsfähig bleiben kann. Findet er keinen Schuldner, der ihm die "fehlende Nachfrage" des "sparenden" Angestellten ersetzt, hat er ein Problem.
Fazit: nicht "Sparen als solches" ist "das Problem", genausowenig wie "Guthaben als solches" oder "Schulden als solche" ein Problem sind.
Problem ist, wenn Geldhalter "Kreditgeld" über den Fälligkeitstermin des Kredits hinaus, mit dem es entstanden ist, sparen wollen UND sich gleichzeitig keine "Nachschuldner" finden, die diesen "Nachfrageausfall" ausgleichen.
Nun aber noch ein weiterer Fall, damit ich endlich zum endgültigen Fazit kommen kann:
Fall 3: U verkauft Produkte für 8500 an seinen Lieferanten, Produkte für 500 an seinen Angestellten, und Produkte für 1000 an sich selbst (Konsum seines Unternehmergewinns). Nun weigert sich die Bank, ihm für 1000 Produkte abzukaufen. Sie möchte nämlich ihre geplanten Zinseinnahmen aus dem Kredit, dem sie U gegeben hat, "sparen".
Nun hat U wieder das Problem, einen "Nachschuldner" finden zu müssen, der die "fehlende Nachfrage" per Verschuldung ersetzt.
Das natürlich nur unter der Voraussetzung, daß alles Geld immer in einem Kredit mit spezifiziertem Fälligkeitstermin entsteht.
Nun habt ihr in Eurer Kritik der Zinskritik ja gezeigt, daß der "Zinskritik" die implizite Annahme zugrundeliegt, Banken würden Zinsgewinne grundsätzlich immer Sparen. Ihr haltet dagegen - nein, sie verausgaben ihre Zinsgewinne ja auch wieder zu Konsumzwecken.
Ihr folgert generell daraus: nicht der Zins ist das Problem, sondern das "Sparen im Tauschmittel".
Ich würde da ergänzen wollen: dieses "Sparen" führt nur dann zu "Nachschuldnerbedarf zwecks Vermeidung von Zahlungsunfähigkeit", wenn Geldhalter _/*über den Fälligkeitstermin des zugrundeliegenden Kredits hinaus*/_ "Sparen" (Geld halten) wollen; und dieser "Nachschuldnerbedarf" besteht nur so lang, bis die Sparer ihr Geld eben doch wieder für den Konsum verausgaben.
In other words: um hier sinnvolle Aussagen machen zu können, muß man m.E. die Fristenstruktur der Kredite mit in den Blick nehmen, die bei einer bloß bilanzmäßigen Betrachtung außen vor bleiben.
Die Fristentransformation ist ja immerhin eine der wichtigsten Funktionen der Banken, aus der sich für sie ein durch die Zentralbank beeinflußbares Liquiditätsrisiko ergibt.
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Axel Grimm, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Frank Dahlendorf, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Axel Grimm, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Rudi, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Axel Grimm, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Thomas Irmer / ID Concept, 05.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Frank Dahlendorf, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Axel Grimm, 04.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Axel Grimm, 05.03.2014
- [AG-GOuFP] Forderung kann alle Geldfunktionen erfüllen, moneymind, 05.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Forderung kann alle Geldfunktionen erfüllen, Thomas Weiß, 06.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Forderung kann alle Geldfunktionen erfüllen, Thomas Weiß, 07.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geschäftsbanken an Staatshandeln interessiert, um ZB-Zins zu senken?, Axel Grimm, 06.03.2014
- [AG-GOuFP] Forderung kann alle Geldfunktionen erfüllen, moneymind, 05.03.2014
- [AG-GOuFP] Wechsel vs. Währung, moneymind, 06.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Wechsel vs. Währung, Thomas Irmer / ID Concept, 06.03.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung ohne Kreditvergabe?, Thomas Irmer / ID Concept, 09.03.2014
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