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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] LQFB: evidenzbasierte Medizin

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] LQFB: evidenzbasierte Medizin


Chronologisch Thread 
  • From: DRMPG <DRMPG AT news.piratenpartei.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] LQFB: evidenzbasierte Medizin
  • Date: Sat, 14 Jul 2012 12:17:01 +0000
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Newsserver der Piratenpartei Deutschland - Infos siehe: http://wiki.piratenpartei.de/Syncom/Newsserver


Hallo,

ich bin erfreut, das meine z.T. provokant überspitzten Formulierungen hier zu einer Diskussion führen, die - das hoffe ich zumindest - schlussendlich zu einer kritischen Auseinandersetzung mit der EbM führen.
Dies sollte aber nicht dazu führen, Teilnehmer als als "unfähig", in welchem Zusammenhang auch immer, zu bezeichnen oder ihren Persönlichkeitszustand zu beurteilen.
Ich bin weder zornig noch destruktiv, ich bin Anästhesist und Notfallmediziner. Insbesondere als Notfallmediziner erlebe ich tagtäglich die Defizite des deutschen Gesundheitssystem, die eben nicht unerheblich durch Ergebnisse der EbM oder anderer statistischer Verfahren verursacht werden. Selbst in der Notfallmedizin trauere ich Alupent nicht hinterher, ich glaube ich habe es noch nie eingesetzt, ich nehme da lieber Dobutrex, Aterenol oder Adrenalin. Es sollte nur ein Beispiel für das Problem mit den wirtschaftlichen Interessen sein, da die Nichtzulassung eben nicht auf einer fehlenden Wirkung sondern nur auf wirtschaftlichen Überlegungen beruht. Und da ein Großteil der EbM-Studien entweder direkt oder über Drittmittel durch Firmen bezahlt werden, besteht aus meiner Sicht die große Gefahr der Einseitigkeit. Sollten tatsächlich nur Therapien nach EbM Standard bezahlt werden, enthalten wir den Patienten ein großes Potential wirksamer Therapien vor, von denen es nur Anwendungsbeobachtungen gibt, die aber aus Kostengründen nicht untersucht werden. Ich möchte noch einmal auf den in meinem ersten Beitrag zitierten Artikel verweisen, nach dem es unter den Kriterien der EbM im Sinne einer Review-Untersuchung nicht möglich ist, den Nutzen eines Fallschirms im Sinne der Verhinderung schwerer Verletzungen bei Sturz aus großer Höhe zu belegen. Und damit noch mal zu den Kindern : Die zitierten Chemotherapien sind zum größten Teil aus Anwendungsbeobachtungen entstanden, da es aus moralischen Gründen bei Kindern kaum Studien gibt. Die Tatsache, das es hier heute standardisierte Programme gibt darf nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, das der Beginn alles andere als evidenzbasiert war. Ich frage mich nur, wie wir neue Therapieformen entwickeln sollen, wenn alles gleich nach EbM -Standard laufen muss, damit es bezahlt wird (das Zeug ist im allgemeinen nicht billig). Und gerade bei Kindern gilt, das sie eben keine kleinen Erwachsenen sind, damit ist allenfalls eine Annäherung der Dosierung möglich und aus meinen Fachgebiet kann ich berichten, das Kinder eine rund 50% höhere Dosierung von Narkosemitteln brauchen als ein normaler Erwachsener und die doppelte Dosis gegenüber einem ältere Patienten. Und auch das stimmt nur ungefähr und ist starken individuellen Schwankungen unterworfen.

VG

Matthias Gast




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