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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

Listenarchiv

Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich


Chronologisch Thread 
  • From: Thomas Weijers <thomasweijers AT yahoo.de>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich
  • Date: Mon, 12 Mar 2012 17:07:32 +0000 (GMT)
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

Moin,

einig sind sich hier ja zum Glück Alle, dass es in dieser Form nicht mehr weiter gehen kann. Aber wie weiter?

Mehr Staat oder mehr Marktwirtschaft war hier schon die Frage..

Wenn ich meinen beruflichen Alltag sehe, ist die Marktwirtschaft schon mit weitreichenden Folgen in die Krankenhäuser eingezogen. Gesundheit im Krankenhaussystem ist eine Ware, bzw. Dienstleistung deren Qualität in einigen Punkten vom Versicherungsverhältnis abhängt. Wobei die Qualitätsunterschiede in der handwerklichen Leistung an Schulnoten gemessen zwischen einer 2- zu 1+ liegen. 

In der Arztpraxis also im ärztlich ambulanten Sektor, ist dies nicht viel anders sondern in Teilen viel zugespitzter. Meine Wartezeit hängt unmittelbar von der Form meiner Versicherung ab, die Zeit des Arztes für meine Untersuchung und damit die Qualität der Diagnose ebenso.

Der Pflegesektor also die Altenheime, als einziger Arzt freier Raum in dieser Aufzählung ist nun noch ein anderes Steckenpferd, dass aber ja auch anders finanziert wird.

Möchte ich im Krankenhaus noch mehr Marktwirtschaft erleben? Nein. Wir arbeiten jetzt bereits an vielen Stellen am menschlichen Minimum und erfüllen zu mindestens in der Pflege nicht die Anforderungen die Pflege sich selbst gesteckt hat.

Ein Staatssystem als Grundlage der Versorgung und Verwirklichung der Gleichheit der Menschen im Gesundheitssektor würde ich mir wünschen. Die Versorgung fängt nun einmal bereits im ambulanten Sektor an und hier ist der Klassenunterschied zwischen Privat oder Kasse erheblich. Für den Bereich Krankenhaus, lasse ich mir eine aufbauende aber nicht ersetzende Privatversicherung noch gefallen.

Mehr Marktwirtschaft verträgt das moralische Grundverständnis der Pflegenden und wohl auch der Ärzte in den Krankenhäusern nicht mehr. Auf einer Intensivstation ist mein Patient heute schon nur noch die Summe der Punkte wert, die ich pro Tag für die erbrachten Leistungen verschlüsseln konnte. Hier kann ich aber im Sinne des wirtschaftlichen Profits des Hauses immer noch eine große Leistung abrufen. Auf einer peripheren Station muss der Patient möglichst schnell verlegt werden, auch wenn ich nicht alle Therapiemöglichkeiten ausnutzen konnte oder durfte. (Ist  hier stark zusammengerafft und überspitzt).

Bei mehr Marktwirtschaft muss man sich dann tatsächlich die Frage stellen, welche Leistung wollen wir noch erbringen. Diese Frage stellen sich meine Kolleginnen und Kollegen öfter. Auch im Rahmen meiner Studienarbeit wird sie immer wieder gestellt.

Sie wird aber anders angegangen als bisher hier diskutiert.

Jeder Mensch hat immer seine Behandlung verdient, als Raucher ebenso wie als Extremsportler. Jeder hat eine erste und zweite Chance verdient.

Aber hat der Raucher der nun seinen vierten Herzinfarkt innerhalb von zwei Jahren geschossen hat, immer noch das Recht auf die volle Behandlung wenn er das Rauchen nicht hat sein lassen?

Darf der Lungenkranke (COPD etc.) nach dem dritten Therapieversuch immer noch alle Leistungen von der Gemeinschaft verlangen, wenn er nicht aufgehört hat zu rauchen?

.....Lässt sich jetzt weiterführen, ich lasse es aber.

Aus der Sicht vieler Pflegekräfte und auch Ärzte in der Akut- und Intensivmedizin, ist das fraglich. Auch ich habe bei einigen "Stammkunden" diese Gedanken.

Der Grundgedanke einer Bürgerversicherung in die Alle einzahlen inklusive des Beamtentums, mit einem streng zu definierenden  Leistungskatalog der Grund- und Regelversorgung ist Basis eines staatlichen Systems das ich mir vorstelle. Privatversicherungen nur noch als Bonus, sowie die bisherigen Zusatzversicherungen.

Gruß

Thomas/mcweijers






Von: Annette Gehring <gehring-annette AT web.de>
An: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Gesendet: 10:19 Montag, 12.März 2012
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich

Ahoi,

ich hab selbst etwas "gewürgt" bei dem Wort Kapitalismus, und nein, ich sehe deshalb nicht den"Kommunismus" als allein seligmachende Alternative, - bloß nicht!

Dass ich - freiwillig- Bukowski lese hat ja nix mit der PiratenPartei zu tun, ich habe ihn aber zitiert (wenn auch eher sinngemäß als wortwörtlich) und wollte deshalb auch korrekt die Quelle angeben.

Zitate bringen Dinge eben auf den Punkt (wobei ich nicht wahllos jeden zitieren würde).

Ich habe als Krankenschwester oft genug mitbekommen, wie die Linie zwischen optimaler ärzlicher Versorgung und Füllen des Chefarztsäckels haarscharf überschritten wurde, oder ein anderes Beispiel muss ein Krankenkassen- Geschäftsführer wirklich mit einer viertel Million Euro Jahresgehalt nach Hause???

Ich selbst stelle ja gerade ein Alternativprojekt zu den herkömmlichen (oft kirchlichen) Pflegediensten auf die Beine und solche konkreten Aktionen sind mir alle mal lieber als schwer greifbare Gedankenkonstrukte, ...

und ich bin noch kein Mitglied der Piratenpartei, wir aber noch kommen, falls mir Bukowski nicht verboten wird ;-)

ich bin eingentlich wegen meines Projekts in die Mailingliste der Gesundheits- AG, bin aber in Südbaden zuhause und hätte fast lieber Mitstreiter/-innen hier vor Ort für das Gesundheitsthema,

das mit dem Mumbeln hab ich noch so gar nicht drauf.

Manchmal versteigen wir uns hier in visionäre Höhen bei denen mir oft die Bodenhaftung fehlt, klar, muss man erstmal in alle Richtungen denken , um Lösungen zu finden.
Aber die Frage, welche Schritte ganz KONKRET als nächstes MACHBAR sind geht mir bei den Diskussionen oft zu schnell verloren, ...

mit besten Grüßen
Annette

Gesendet: Montag, 12. März 2012 um 08:29 Uhr
Von: "Wolfgang Gerstenhöfer" <wolfgang.gerstenhoefer AT gmx.de>
An: "AG Gesundheit" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich
Ahoi Annette,
 
es geht um Marktwirtschaft ("Konkurrenzkapitalismus") mit einem starken Staat, der für die "Spielregeln" und deren Einhaltung sorgt, und nicht um Kapitalismus (=> Monopolkapitalismus).
 
http://de.wikipedia.org/wiki/Charles_Bukowski Charles Bukowski als Vorbild für Piraten???
 
Nur am Rande und das stammt von mir: "Der Kommunismus (als Gegensatz zum Kapitalismus) produziert noch weniger Gewinner und dafür fast nur Verlierer."
 
Auch ich stimme nicht mit allen Schlußfolgerungen überein, die Marco bei seiner Analyse zieht, aber es geht für mich auch in die richtige Richtung. Es muß - und da bin ich wieder mehr bei Dir, Annette, praktikabel sein.
 
Piratig-liberale Grüße
Wolfgang
 
----- Original Message -----
Sent: Monday, March 12, 2012 7:17 AM
Subject: Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich

Hi,
Protest " ... jemand der jahrelang ungesund gelebt hat" da lehnst du dich aber seehr weit aus dem Fenster,
selbst Suchterkrankungen sind Erkrankungen, und zu unterscheiden wer, was wann, warum gemacht hat ist m.E. nach nicht möglich und ethisch bedenklich.

Sorry.
"der Kapitalismus ist ein System das für wenige Gewinner sehr viele Verlierer braucht" (frei nach Ch. Bukowski) das dchließt auch unser derzeitiges gesundheitssystem mit ein.

mit besten Grüßen
Annette

Gesendet: Sonntag, 11. März 2012 um 23:29 Uhr
Von: "Marco Cappell" <me AT marcocappell.de>
An: "AG Gesundheit" <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
Betreff: Re: [AG-Gesundheit] System-Vergleich
Ahoi zusammen,

ich kann hier teilweise nur mit dem Kopf schütteln. Es ließt sich ja
sehr schön, dass alles Murks ist. Viel Sinnvolles zur Verbesserung ist
aber hier auch nicht rumgekommen.

Ich sehe auch ein, dass wir eine dringende Reform brauchen. Welches Land
wir dafür als Vorbild nehmen ist erst mal zweitrangig.

Wir sollten uns erst mal Gedanken machen, warum das heutige System sich
nicht mehr trägt. Sobald das Ergebnis vorliegt kann man sich dann
überlegen, wie man es Tragbarer gestaltet.

Ich möchte hier einige Themen aufgreifen. "In England kann man sich
medizinisch kostenfrei behandeln lassen, wenn man drankommt". Es ist
unglaublich wofür Menschen zum Arzt rennen. Ins Krankenhaus gehen oder
sich gerne mal einen Kranken- oder Rettungswagen bestellen, damit sie
ins Krankenhaus kommen und schneller Behandelt werden. Der Staat hat ja
schließlich für mich zu sorgen, so die Auffassung vieler. Hier ergibt
sich ein Ansatzpunkt.

Warum möchte man keine medizinische Grundversorgung einführen? Warum
soll die Allgemeinheit für die Verpfuschte Brust OP aus
Schönheitsgründen aufkommen?

Der Bürger wird nicht angehalten sich präventiv zu verhalten. Er pflegt
sein Auto besser, als sein Leben. Die Prävention muss hier schon in der
Schule gelehrt werden.

Warum kann es keine Einheitskrankenkasse in staatlicher Hand geben in
der z.B der Arzt seine Rechnung für die Behandlung eines Patienten
einreicht. Der Patient hat die Rechnung vorher gesehen und unterschrieben.

Warum kann der Patient nicht seine komplette Krankenakte auf der
Versicherungskarte speichern? Somit hat er alle Daten zusammen und
lästigen Doppeluntersuchungen werden reduziert.

Warum sind Medikamente in Deutschland so teuer? Ach ja, ich habe die
Entwicklungskosten vergessen..... Bei Milliardengewinnen fallen die
sicher richtig ins Gewicht......

"Keine Dialyse im Folgemonat" Dialysen sind wichtig und auch
lebenserhaltend. Warum Zahlt die Allgemeinheit Dialysekosten für
Jemanden der Jahrelang ungesund gelebt hat? Hier stellt sich nicht die
Frage wenn es aus Erkrankungsgründen gekommen ist.

Warum Zahlen Unternehmen, die Gesundheitsgefährdende Produkte auf den
Markt bringen nicht in einen Fond ein, der dem Gesundheitswesen zugute
geführt wird?

Warum haben Strafgefangene eine bessere medizinische Versorgung auf
Staatskosten wie Menschen in einem Altenheim.

Warum kostet eine Pflegeplatz in einem Altenheim in der Stufe 2 2800
Euro und warum sitzen die Menschen dann vegetierend auf den Fluren.
Jeder normale Mensch, der für 2800 Euro in ein Hotel geht hat wohl
höhere Ansprüche an die Belegschaft......

Wie man sieht krankt das ganze System. Wir brauchen nicht nur eine
Reform eines einzigen Systemteils sondern einen Grundlegende Reform
aller zuarbeitenden Teile

Schöne Grüße
Marcocap


Am 11.03.2012 21:26, schrieb Tim Chrispeels:
> Liebe AGler,
>
> wer einen Systemvergleich durchführen möchte, kann das schon tun. In
> Europa existieren viele unterschiedliche Krankenversicherungsmodelle.
> Einige toll, andere .......
> Beispiel Groß Britanien:
> Wenn wir eine Bürgerversicherung in Deutschland nach Dr. Lauterbach
> einführen, sieht es bei uns in 10Jahren aus, wie in England zur Zeit.
> Wer dort krank wird, geht zu einem Medizinischen Zentrum und kann sich
> kostenlos behandeln lassen. Sofern er dran kommt und sofern er im
> arbeitsfähigen Alter ist.
> Wer in England an die Dialyse muss und pensioniert wird, bekommt ab
> dem Folgemonat kein Geld mehr für seine Dialyse. Im Supermarkt kann
> man Zahnsets kaufen. Die enthalten eine Narkosespritze und Besteck für
> die eigene Zahnbehandlung. zahn ziehen und schon ist alles gut. Bei
> aller Liebe, aber so etwas kann niemand in Deutschland wollen. Außer
> vielleicht Herr Dr. Lauterbach und alle, die ihm nachlaufen wie dem
> Rattenfänger von Hameln.
>
> Frankreich hat ein System, bei dem ich den Arzt, Apotheker etc. selbst
> bezahlen muss. Die Rechnung reiche ich dann bei meiner Versicherung
> ein und bekomme das Geld zurück, das mir zusteht. Lasse ich also
> Leistungen erbringen, die über das normale/medizinisch Notwendige Maß
> hinaus geht, bleibe ich auf Zusatzkosten sitzen. (Funktioniert ebenso
> bei der Deutschen Privaten Krankenversicherung)
>
> Die Schweiz ist mein Lieblingsland, wenn es um Beispiele geht, wie wir
> es machen sollten:
> - Versicherungspflicht
> - Ausschließlich Private Krankenversicherer
> - Das Leistungspaket ist flexibel wählbar (nein, keine Flatrates) z.B.
> Wahleistungen im Krankenhaus, Freie Arztwahl, uvm.
>
> Wie es ein Parteifreund aus Schleswig treffend formulierte: "Wir sind
> jetzt an einem Punkt, wo wir entscheiden müssen, wie wollen wir in
> Zukunft leben?"
> Wer sich das jüngste Kind der Sozialgesetze anschaut, sieht, wo wir
> derzeit hinsteuern: Die Pflegeversicherung wurde 1995 gegründet und
> war schon fast zwei Mal pleite. Die Beiträge sind regelmäßig nach oben
> korrigiert worden, die Leistungen lediglich nach unten. Wer einen
> Bekannten oder Verwandten in der Pflege hat, weiß, wovon ich rede. Wer
> nicht, dem sei es kurz erklärt:
> Eine Vollstationäre Pflege in der Pflegestufe 2 kostet derzeit ab 2800
> Euro aufwärts. Erstattung der Pflegekasse bei anerkannter Pflegestufe
> 2: 1100 Euro. Rest geht auf Kosten des Vermögens, dann auf Kosten der
> Angehörigen und wenn das auch nicht mehr zieht (weil keine Angehörigen
> mehr da sind oder diese auch schon pleite sind) zahlen wir die Zeche.
> Auch hier kann ich nur sagen: Das System Bismarks war schon damals zu
> kurz gedacht. Das wusste Bismark allerdings auch schon. Es sollte
> lediglich die Arbeiter von ihren Protesten abhalten. Gewirkt hat es
> ja, aber das System funktioniert eben nur so lange gut, solange die
> Menschen ein Rentenalter von 65 Jahren hatten und eine
> durchschnittliche Lebenserwartung von 59,6 Jahren. Heute potenzieren
> wir die Anzahl der Leistungsempfänger, die durchschnittlich 86,5 Jahre
> alt werden. Und die Leistungszahler? Zählt einmal in den Kindergärten
> und Schulen nach........
> Schönen Abend
> McNabb
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