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ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

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Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!


Chronologisch Thread 
  • From: Jens Braun <jens.j.braun AT googlemail.com>
  • To: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!
  • Date: Sun, 11 Dec 2011 22:25:11 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

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Moin, moin

eigentlich wollte ich mich ja vorstellen, bevor ich meinen ersten
Beitrag schreibe, aber das Thema finde ich grade riesig spannend.
Daher erstmal ein Beitrag. Vielleicht lernt man sich auch so kennen. ^^

Im Moment habe ich das Gefühl, bei der PKV-GKV Diskussion gibt es nur
schwarz oder weiß. So ganz ist das m.E. nicht richtig.

Aber der Reihe nach:

Zunächst werden gerade zwei Systeme zusammengeworfen. Die GKV, die
nach dem Prinzip der Solidargemeinschaft, und die PKV, die nach dem
Prinzip des individuellen Risikos versichert. Jeder Versicherte trägt
durch seine Beiträge in die PKV sein individuelles Risiko. Da dieses
mit zunehmenden Alter steigt, steigen nun auch logischerweise die
Beiträge. Kommt nun ein Versicherter in die Lage, dass er nicht zahlen
kann, springt die Solidargemeinschaft für ihn ein.

Entweder, er wird in hohem Alter vom Sozialamt bei einer GKV
versichert. D.h. ein kostenintensiver alter Versicherter tritt in die
GKV zum günstigsten Satz ein, ohne dass sein früheres, hohes Einkommen
der Solidargemeinschaft zu Gute gekommen ist. Zweite Möglichkeit, das
Sozialamt zahlt die Versicherungsbeiträge in der PKV zum günstigsten
Tarif weiter. Dritte Möglichkeit, das Sozialamt übernimmt direkt die
Behandlungskosten.

Zusammengefasst: Wenn der Versicherte zahlungsunfähig wird, springt
das Solidarsystem ein. In meiner Einrichtung (ich bin Heimleiter eines
Pflegeheimes) sind etwa 30% der Sozialhilfefälle ehemalige PKV
Versicherte.

Das kann man unsolidarisch nennen.

In wiefern die PKV Versicherten potentiell kostengünstiger sind, als
GKV Versicherte, kann ich nicht beurteilen. Allerdings hängen
Krankheitskosten durchaus von Faktoren, wie Bildung, Einkommen und
sozialem Status ab. Sollte es hier Zahlen geben, ich wäre interessiert.

Zum Thema Ausstattung der Krankenhäuser:

Es ist allerdings so, dass, sobald ein Krankenhaus im Bedarfsplan
steht, es von der Allgemeinheit finanziert wurde. Die
Krankenhausfinanzierung basiert auf der Dualen Finanzierung: Der Bau
und die Erstausstattung wird von dem jeweiligen Bundesland finanziert.
Zusätzlich erhält das Krankenhaus jährliche Fördermittel zum Unterhalt
der Einrichtung. Die laufenden Kosten werden aus den erbrachten und
abgerechneten Leistungen bezahlt.

In sofern finanziert das Solidarsystem Einrichtungen, die von den PKV
Versicherten mit genutzt werden. Allerdings finanzieren dies nicht die
Krankenkassen, sondern die Länder aus dem Steueraufkommen (sollten sie
zumindest). Und Steuern zahlen ja auch privat Versicherte. Allerdings
soll das System zur Entlastung der öffentlichen Kassen umgestellt
werden und die Krankenhäuser sich durch ihre Leistungen voll selbst
finanzieren.

Wie oben erwähnt, ist mir die bisherige Diskussion zu schwarz/weiß.
Kann daran liegen dass ich noch neu bin und keinen Überblick über die
gesamte Diskussion habe. Dann sorry, aber ich nehme gerne den Link.

Ich finde beide Systeme schließen sich nicht aus. Einerseits kann ein
Solidarsystem nur funktionieren, wenn es auf einem möglichst breitem
Fundament steht. Das spräche für eine, wie auch immer geartete
Pflichtversicherung für Alle.

Andererseits sollte jeder Bürger auch das Recht haben, im Rahmen
seiner finanziellen Möglichkeiten zusätzliche Leistungen in Anspruch
zu nehmen. Konkretes Beispiel:

Ich habe ein Inlay bekommen. Der Zahnarzt beriet mich und sagte mir,
die sinnvollste Versorgung sei ein Keramikinlay. Dies ist keine
Kassenleistung und kostet mich EUR 500.

Es gibt jedoch noch die Möglichkeit, den Zahn mit einem Goldinlay zu
versorgen. Offen gestanden habe ich nicht nach dem Preis gefragt.

Was ich nicht ok finde, ist, dass ich die sinnvollste und günstigste
Versorgung selbst zahlen musste. Die Kassenvariante wäre eine
Teilkrone gewesen, die teurer gewesen wäre (für die Kasse).

Was aber völlig ok ist, ist, dass ich nicht das Goldinlay bekommen
habe. Was aber genauso okay ist, ist wenn es Menschen gibt, die sich
dieses Inlay einsetzen lassen und sich dafür eine Versicherung leisten
oder es selbst zahlen.

Was ich sagen möchte ist, es gibt auch die Möglichkeit beide Systeme
sinnvoll zu kombinieren. Da die Altersrückstellungen der PKV für
Grund- und Zusatzleistungen gebildet wurden, kann man einen Teil
dieser Rückstellungen dem Solidarsystem zurückführen. Das wäre keine
Enteignung.

Ich hoffe ich habe einigermassen verständlich zur Diskussion
beigetragen, wenn nicht sagt es, ich lerne gerne. So oder so, ich bin
gespannt auf Eure Statements.

Grüße
JoeJoe


Am 11.12.11 21:03, schrieb DS Lawfox:
> Ja, Birger,
>
> ich verfolge die ML-Debatte seit Tagen und kriege den Mund kaum zu.
> Werde mich zum Thema noch ergänzend äußern, muss aber erst noch
> die Klassenkampfrüstung anlegen, um zu bestehen;)
>
> Die Altersruherückstellungen hatte ich schonmal an anderer Stelle
> und in anderem Zusammenhang angemerkt. Wir reden hier von einigen
> hundert Milliarden, wenn ich nicht irre. Das Prinzip sollte sich
> jeder, der darüber spricht, nochmal vor Augen führen. Ein
> Beispiel<http://www.pkv-selbstvergleich.de/Altersrueckstellung.htm>statt
>
>
vieler.
>
>
> Von @EKant hätte ich gerne mal ein paar Zahlen zu folgenden
> Thesen:
>
>
> - PKV ist unsozial (deutlich geringere Kosten für junge Einsteiger
> bei besserer Versorgung!)
>
> Bemessungsgrundlagen, Absolut- und Relativzahlen fehlen. Mir wäre
> an einer Übersicht gelegen. Außerdem berücksichtigt die Behauptung
> nicht den Umstand, dass es in D derzeit 10 Mio Vollversicherte und
> weitere 10 Mio Teil- und Zusatzversicherte in der PKV gibt.
>
> Außerdem berücksichtigt diese Aussage mitnichten den Umstand, dass
> seit 2006 mehre Mio Kunden aus der ehemaligen GKV in die PKV
> wechselten und dort im Basistarif zum durchschnittlichen
> Höchstbetrag der GKV versichert sind.
>
> Hier alles platt zu machen, hieße, eine kollektive Enteignung
> durchzuführen, welche ca. 1/4 der Bevölkerung betrifft.
>
> - Wie kann man ein solches "Kastenwesen" in einer "Demokratie"
> rechtfertigen?
>
> Sorry, aber das ist inhaltslos. Das klingt mir auch zu sehr nach
> Wirtschafts-Anarchie.
>
>
> - Die PKV verstösst eigentlich auch gegen das GG (was man auch aus
> dem Gleichbehandlungsgebot ableiten könnte, wenn man es auf alle
> staatlichen Grundaufgaben der Daseinsfürsorge anwenden würde).
>
> Nö. Wie und wer aber der Ausgleich für die Enteignung aufgebracht
> werden soll, wüsste ich dann auch gerne, zumal ja die Tendenz
> lautet: Einheits- und Staatsversicherung. Das Prinzip hatten wir
> doch in der DDR, oder? Ist aus meiner Sicht ne überzogen
> sozialistische Haltung. Wie heißt noch gleich die Partei, in der
> ich bin?Ach ja ... Piratenpartei.
>
> - Prinzip der gleichen Vergütung für gleiche Leistungen wird auch
> durch die Ärzte bei Privat-Patienten missachtet.
>
> Da hätte ich gerne mal etwas Unterfütterung mit Zahlen, Daten,
> Fakten.
>
> - Quer-Subvention der Privat versicherten durch die von den ca.
> 80% gesetzl. Versicherten geschaffene/bezahlte
> Grund-Infrastruktur.
>
> Was soll das (Grund-Infrastruktur) sein? Zahlen, Daten, Fakten
> würden mich vielleicht überzeugen. Ansonsten kann ich dazu nur
> sagen: Die Infrastruktur im Gesundheitswesen ist in erster Linie
> durch Steuermittel ALLER bezahlt. Wenn du von Krankenhäusern
> sprichst, ist davon auszugehen, dass inzwischen ca. 25 %
> privatisiert sind und also aus Mitteln der Privatwirtschaft
> getragen werden. Darüber hinaus - und das betrifft dann 100 % der
> Arztpraxen - liegt Privatfinanzierung vor.
>
> Welche Infrastruktur meinst du also, EKant? To be continued ...
>
> Beste Grüße am 3. Advent Dietmar aka DSLawFox
>
>
> Am 11. Dezember 2011 12:12 schrieb haarbrandt
> <haarbrandt AT googlemail.com>:
>
>> Hi Rick,
>>
>> geht das überhaupt, so rein rechtlich? Kann ich mir ehrlich
>> gesagt nicht vorstellen, dass es eine Grundlage gibt die
>> Altersrückstellung aus der PKV rauszupopeln. Kann dazu wer was
>> sagen? Lawfox möglicherweise?
>>
>> Birger
>>
>>
>> Am 11. Dezember 2011 06:29 schrieb Rick
>> <Rick AT news.piratenpartei.de>:
>>>
>>> Ahoi Syna, moin Piraten !
>>>
>>> Ich habe nur SEHR begrenzte Nachsicht für die PKV-Versicherten.
>>> Jeder von ihnen hat sich IMHO in jungem Lebensalter der
>>> Solidarität in der GKV entsagt. In fortgeschrittenem
>>> Lebensalter holt sie dann unvermittelt (?)
>> die
>>> Tatsache ein, dass ihr Krankheitsrisiko plötzlich höher und
>>> ihr
>> PKV-Beitrag
>>> entsprechend höher wird. Dumm gelaufen ? Willentlich kalkuliert
>>> !
>>>
>>> Ich bin FÜR eine öffentlich-rechtliche Bürgerversicherung für
>>> alle. Dann gehören aber auch sämtliche "Altersrückstellungen"
>>> der PKV-Unternehmen in den Gesundheitsfonds überführt.
>>>
>>> Rick aus Hamburg
>>>
>>> -- AG-Gesundheitswesen mailing list
>>> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
>>> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen
>> -- AG-Gesundheitswesen mailing list
>> AG-Gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
>> https://service.piratenpartei.de/listinfo/ag-gesundheitswesen
>>
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