ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
- To: Amos Comenius <comenius2000 AT gmail.com>
- Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation
- Date: Tue, 13 Jun 2017 23:13:29 +0200
> Am 11.06.2017 um 14:27 schrieb Amos Comenius (comenius2000 AT gmail.com via
> ag-geldordnung-und-finanzpolitik Mailing List)
> <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>:
>
>
> Hallo Arne,
> Am 08.06.2017 um 10:13 schrieb Arne Pfeilsticker:
>> Schön, dass wir das geklärt haben. - Abschließend möchte ich nur noch
>> bemerken, dass diese Art der Fristentransformation, nicht das ist, was man
>> meint, wenn man von Fristentransformation bei Banken spricht.
>>
>> Viele Grüße
>> Arne
>>
> Leider ist ja nun nichts geklärt. Du hast nur meine vielleicht etwas
> unpräzise Begriffsverwendung zum Anlass genommen, zur eigentlich
> diskutierten Frage nichts zu sagen.
Hallo Comenius,
ich habe immer versucht, nach bestem Wissen und Gewissen deine Fragen zu
beantworten. Wenn ich zur eigentlich diskutierten Frage nichts gesagt habe,
dann habe ich dich offensichtlich nicht verstanden.
Ich ging bisher davon aus, dass wir die Begriffe Geldschöpfung und
Fristentransformation diskutieren.
Dazu habe ich gesagt, dass beides sehr unterschiedliche Dinge sind und dass
Fristentransformation aufgrund der Konstruktion unseres Währungssystems gar
nicht gibt, weil Banken keine Finanzintermediäre sind, sondern Kredite durch
Geldschöpfung vergeben.
Weiter habe ich gesagt, dass unter Fristentransformation nicht die allen
Finanzprodukten anhaftenden Eigenschaft zu verstehen ist, dass in einem
Finanzprodukt Zahlungen in unterschiedlicher Höhe und zu unterschiedlichen
Zeitpunkten vereinbart werden. Ohne diesen zeitlichen Versatz gäbe es keine
Finanzprodukte und dieser zeitliche Versatz ist auch eine Art
Fristentransformation.
>
> Also müssen wir neu beginnen. Rudi schrieb am 05.06.17:
> " Betrachtet man jedoch den gesamten Giralgeldbestand einer Bank stellt man
> fest, dass dessen Summe sich nur noch unwesentlich verändert, in der
> Tendenz immer steigend. Obwohl also der Bankkunde sein Giralgeld täglich
> für Zahlungen verwenden kann und dies auch tut, besitzt jede einzelne Bank
> einen "Bodensatz" an Giralgeld, der stets vorhanden ist. Dieser wirkt sich
> wie ein dauerhafter Kredit der Bankkunden gegenüber der Bank aus. In Höhe
> dieses Bodensatzes kann also die Bank langfristige Kredite vergeben ohne
> sich der Gefahr auszusetzen, dass es zu Zahlungsengpässen kommt.
> Ohne die Erkenntnis über diesen Bodensatz müsste die Bank _soviele "täglich
> fällige Aktiva" besitzen wie sie an Giralgeldern auf den Konten ihrer
> Kunden verbucht hat. Dann hätte sie fristenkongruent finanziert, dass
> heißt, den täglich fälligen Forderungen der Kunden an die Bank auf der
> Passivseite würden auch täglich fällige Forderungen auf der Aktivseite
> gegenüberstehen._
> Aufgrund destatsächlich vorhandenen Bodensatzes ist dies jedoch nicht
> erforderlich. _Die Bank hat tägliche fällige Kredite ihrer Kunden erhalten,
> deren Giralgelder, und finanziert damit langfristige Kredite an
> Kreditkunden_. Sie betreibt Fristentransformation auf der höchsten Stufe,
> d. h. aus Krediten ohne Frist generiert sie langfristige Kredite."
> [Hervorhebungen von mir]
>
> Er argumentiert weiter, dass eben dieser Vorgang volkswirtschaftlich
> betrachtet als Geldschöpfung der Banken, also Vergrößerung der Geldmenge,
> erscheint.
>
> Du, Arne, antwortetest auf Rudis Posting ebenfalls am 05.06. (ohne direkten
> Bezug auf die hier zitierte Passage):
> "Bei der Argumentation des Bankers und der Banken im Allgemeinen darf man
> nicht die Interessenlage vergessen. Banken haben kein Interesse, dass die
> Allgemeinheit versteht, dass der Finanzsektor mit selbstgemachtem Geld
> seine Rechnungen bezahlt und Kredite vergibt."
>
> Dazu ein paar Fragen:
> 1. Ich gehe davon aus, dass du den Begriff 'Finanzsektor" in dieser Aussage
> bewusst gewählt hast,
Ja, weil es bezogen auf eine einzelne Bank Feinheiten gibt, die ich an dieser
Stelle nicht diskutieren wollte.
> dass du also _nicht_ behaupten wolltest, eine einzelne Bank könnte ihre
> Rechnungen unbegrenzt mit 'selbstgemachtem Geld' bezahlen,
Eine solche Aussage würde ich allein schon deshalb nicht machen, weil wir -
hinsichtlich der Ressourcen - in einer begrenzten Welt leben.
Für die Geldschöpfung sind z.B. die begrenzten Sicherheiten, die Kreditnehmer
zur Verfügung stellen könnten, ein sehr gravierender Faktor für die
Geldschöpfung einer Bank.
> sondern nur der Finanzsektor insgesamt. Sehe ich das richtig?
Nein. Eine einzelne Bank kann bis zum Rahmen ihrer limitierenden Faktoren
Geld schöpfen und sie vergrößert dadurch ihr Geldterritorium. Wenn die Bank
aber dieses Geldterritorium nicht verteidigen kann, dann ist sie zwar
ursprünglicher Geldschöpfer, aber der restliche Bankensektor vereinnahmt den
Geldschöpfungsgewinn. - Zur Zeit, bei der negativen Einlagenzinspolitik der
EZB, ist das nicht so. Hier kann die Bank ihre Passiv-Seite der Bilanz mit 0%
Zins-Kredite von der ZB auffüllen und induziert Verluste bei der empfangenden
Bank.
>
> 2. Ist es richtig, dass eine einzelne Bank ihre Rechnungen _nicht_
> unbegrenzt mit 'selbstgemachtem Geld' bezahlen kann, sondern nur so weit,
> wie sie nach allgemein akzeptierten Relgeln für Banken ihre Liquidität
> sicherstellen kann?
Der Sachverhalt ist m.E. erheblich komplizierter und beschränkt sich nicht
nur auf die von dir angesprochenen Regeln.
Beispiel: Eine Bank kann z.B. für 100 Mill. € einen Büroturm mit selbst
gemachtem Geld kaufen, aber wenn sie diese Immobilie nicht nutzt und der
Ertrag geringer ist als der Aufwand, dann muss sie die Differenz mit fremdem
Geld bezahlen.
>
> 3. Ist es richtig, dass es für die einzelne Bank eine Grenze gibt, an der
> sie unter Beachtung von Bankregeln Rechnungen nicht mehr mit
> selbstgemachtem Geld bezahlen kann und Kredite nicht mehr vergeben kann,
> ohne ihrerseits Kredite z.B. bei der Zentralbank oder bei anderen Banken
> aufzunehmen?
Ja, z.B. wenn eine Bank eine Rechnung bar zahlen muss.
> Ist es richtig, dass diese Grenze stark mit dem "Bodensatz" des Giralgeldes
> dieser Bank korreliert?
Nein, es kommt nur darauf an, ob sie ihr Geldterritorium verteidigen kann
oder nicht.
Der „Bodensatz“ ist nur ein Teil davon.
>
> 4. Wenn alle Banker nichts von "Geldschöpfung" wüssten und nur
> ausschließlich nach anerkannten Bankregeln ordentliche Liquiditätsplanung
> zur Fristentransformation betreiben würden (einschließlich der
> Transformation des Giralgeld-Bodensatzes), wäre dann im Ergebnis,
> volkswirtschaftlich betrachtet, "Geldschöpfung" festzustellen?
Ja, ich erkläre dies in meinem Vortrag hier: https://youtu.be/6H02yR250vM
Geldschöpfung im weiten Sinne hat nichts mit Bankbilanzen und alle
Geldschöpfung findet zunächst auf der realen Ebene in Form von neuen
Ansprüchen auf Geld statt.
Der Punkt ist jedoch, dass nur Banken in unserem System einen
Geldschöpfungsgewinn realisieren können.
>
> 5. Ist es richtig, dass das, was aus der Sicht der einzelnen Bank als
> Fristentransformation erscheint, sich aus der Perspektive der
> volkswirtschaftlichen Betrachtung des Finanzsektors als Geldschöpfung
> darstellt?
Nein. Siehe Vortrag.
Viele Grüße
Arne
>
> Ahoi,
> Comenius
>
>
> --
> ag-geldordnung-und-finanzpolitik mailinglist
> ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
> The list homepage:
> https://lists.piratenpartei.de/sympa/info/ag-geldordnung-und-finanzpolitik
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 06.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Amos comenius, 06.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Alexander Raiola, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Amos Comenius, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Sebastian Alscher, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Amos comenius, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 08.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Amos Comenius, 11.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 13.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Amos Comenius, 17.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Alexander Raiola, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Rudolf Müller, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Alexander Raiola, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Rudolf Müller, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Alexander Raiola, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Rudolf Müller, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 07.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Amos comenius, 06.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Alexander Raiola, 18.06.2017
- Re: [AG-GOuFP] Geldschöpfung vs Fristentransformation, Arne Pfeilsticker, 06.06.2017
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