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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Rudolf Müller <muellerrudolf AT on22.de>
- To: moneymind <moneymind AT gmx.de>, ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld
- Date: Sun, 7 May 2017 10:53:46 +0200
Hallo Wolfgang,
Hallo Rudolf, Deine Konzentration auf das Zentralbankgeld als Mittelpunkt unseres Geldsystems erschwert unsere Diskussion. Deinen Standpunkt habe ich erfasst und kann ihn auch weitgehend nachvollziehen. Diese Sichtweise fand ich mal so formuliert: "Bei jeder Überweisung unter Banken ohne Zentralbankgeld muss man sich das Zentralbankgeld im Hintergrund mitdenken." Solange Du konsequent bei dieser Vorstellung bleibst ohne andere Modelle zumindest in Erwägung zu ziehen, brauchen wir eigentlich nicht mehr weiter zu diskutieren. Mein Geldbild basiert auf einem anderen Modell. Es geht von dem sogenannten "Geschäftsbankengeld" als Basis aus. Geschäftsbankengeld habe ich in Anführungszeichen gesetzt, da dieser Begriff mehr Verwirrung schafft als auflöst und ich ihn deshalb vermeiden möchte. Wir sind uns doch darüber einig, dass der Ausspruch von Erich Schneider: "Wir beschränken uns dabei bewußt auf die Analyse einer Wirtschaft, wie sie heute ist, d. h. auf eine Wirtschaft, in der allein Forderungen als Zahlungsmittel verwendet werden." auch heute noch gilt. Bleiben wir doch bei den Begriffen Forderungen und Verbindlichkeiten um die Vorgänge im Bankensystem korrekt zu beschreiben. Damit können wir auch solche logischen Fehlschlüsse wie "Geld ist ein Anspruch auf Geld" gefahrlos umgehen. Der Ausdruck "Geld" besitzt viele unterschiedliche Bedeutungen und führt unweigerlich zu Missverständnissen, wenn nicht klar dargestellt wird, was in einem bestimmten Zusammenhang damit ausgedrückt werden soll. Heute wird kein einziger € in Händen der Nichtbanken ohne die Kreditaufnahme bei einer Bank oder dem Ankauf von Aktiva durch eine Bank erzeugt. (Den Währungsbeginn 1948 vernachlässige ich) Das, was wir als "Geld" betrachten sind Schulden der Bank gegenüber Nichtbanken. Am Anfang der Geldentstehung steht also nicht mehr die Zentralbank sondern die Geschäftsbank. Jeder € ist dabei primär durch einen Aktivaposten der Geschäftsbank gedeckt. Dieser Aktiaposten kann aus einem Vermögenswert oder aber einer Forderung an einen Kunden, einem besicherten oder unbesicherten Kredit bestehen. Geschäftsbanken können untereinander Überweisungen tätigen, ohne den Einsatz von "Forderungen an die Zentralbank" (Zentralbankgeld). In dem unten gezeigten Beispiel zu Bilanzdarstellungen habe ich dies ausführlich beschrieben. In meinem Beispiel kommt keine Clearinginstitution vor sondern lediglich bilaterale Bankbeziehungen. Arne hat dies mit Loro- und Nostrokonten dargestellt. Buchungstechnisch handelt es sich hierbei um Banken-Kontokorent-Konten (BKK). Diese Konten werden bankintern genauso wie Kunden-Konto-Korentkonten (KKK) behandelt. Die Bank kümmert sich nicht um die Gelddefinitionen der Volkswirte sondern arbeitet mit Forderungen und Verbindlichkeiten. Um eine Überweisung von der Kreditbank an die Handelsbank vorzunehmen nimmt die Kreditbank einen Kredit in Höhe der Überweisung bei der Handelsbank auf. Die Kreditbank besitzt damit eine täglich fällige Forderung an die Handelsbank wie auch eine Verbindlichkeit in dieser Höhe. Sie bittet bei der Überweisung nun die Handelsbank, ihre Forderung an die Handelsbank auf den Zahlungsempfänger bei der Handelsbank zu übertragen. Es verbleibt die Verbindlichkeit der Kreditbank gegenüber der Handelsbank. Gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten werden auf Bankenkontokorrent-Konten geführt. Diese enthalten indirekt sowohl ein Debitoren- wie auch ein Kreditorenkonto also ein Aktiv- wie auch ein Passivkonto. Damit ist die Grundlage für einen "Clearing- und Settlementprozess" dieser bilateralen Beziehung gelegt. Die Fristigkeit dieser Verbindlichkeit ist Gegenstand der Kreditvereinbarung zwischen den Banken und wird in der Regel nicht auf den einzelnen Überweisungsbetrag bezogen. Es kann sich sowohl um täglich fällige wie auch um längerfristige Verbindlichkeiten handeln. Übersteigt der Saldo den zwischen den Banken vereinbarten Betrag, ist ein Ausgleich erforderlich, damit weiterhin Überweisungen getätigt werden können. Hierzu können von beiden Banken akzeptierte "Forderungen an die Zentralbank" (Zentralbankgeld) verwendet werden oder aber die Bank im Minus veräußert Vermögenswerte an die Bank im Plus um ihr Konto bei dieser auszugleichen. Die Beziehungen unter Banken erreichen insgesamt gesehen immerhin einen Wert in Höhe von 25% der Bilanzsummen. Die gegenseitigen Forderungen werden also nicht wie von Dir weiter unten angedeutet "regelmäßig (täglich)" ausgeglichen. Dann würden sie ja nicht dauerhaft in der Bilanz auftauchen. Am 06.05.2017 um 09:24 schrieb moneymind: zu der gewünschten Bilanzdarstellung kann ich ein ausführliches Beispiel mit Bilanzdarstellungen http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Das_Geldr%C3%A4tsel:_Bilanzen_der_Gesch%C3%A4ftspartner beisteuern. Das kann auch eine Girozentrale übernehmen, die dann das Interbankenclearing übernimmt und den Restsaldo der Nettogläubigerbank gutschreibt, wobei diese Gutschrift eine Sichtforderung der Bank auf Zentralbankgeld darstellt. Die Frage nach der Fristigkeit der entstehenden Forderung gestaltet sich etwas schwieriger. Keine Bank wird bei Krediten in dieser Höhe ihre Interbankenkredite auf einen einzelnen Kredit abstimmen sondern nur insgesamt ihre Kredite an den jeweiligen Salden ausrichten. Der einzelne Kredit ist im Wust der gegenseitigen Überweisungen, der Wertpapierkäufe und der sonstigen Finanztransaktionen nicht mehr erkennbar. Die Banken schwenken hier zu einer anderen Betrachtungsweise über. Es wird insgesamt die Zahlungsfähigkeit der Bank in verschiedenen Zeitintervallen betrachtet. Diese ist Bestandteil des "Risikomanagements" einer Bank. Eine rein fiktive Betrachtung der Interbankenfristigkeiten von einzelnen Krediten ist deshalb nicht zielführend. Worauf ich hinauswollte, ist: überweise ich Guthaben vom Konto meiner Bank A auf Dein Konto bei einer anderen Bank B, entsteht eine Interbankenforderung von B gegen A, die einen definierten Fälligkeitstermin hat - nicht eine jederzeit fällige Interbankenforderung. Jede Bank hat gegenüber anderen Banken i.d.R. auch täglich fällige Forderungen. Dies ist aus den Bankbilanzen "Verbindlichkeiten gegenüber Banken", darunter "täglich fällig" erkennbar. Nach Verrechnung gegenseitiger Forderungen (Clearing) muß der Restsaldo regelmäßig (täglich) in Zentralbankgeld überwiesen werden - s.o. die Restsalden können nicht ewig vorgetragen werden. Werden sie aber offensichtlich, betrachtet man die gegenseitigen Bankbeziehungen in den Bilanzen Dies kann auch ein privates Clearinghaus übernehmen (wie früher die Girozentralen der Sparkassen). Weshalb wie früher? Für ihre Mitglieder übernehmen mW auch heute noch Zentralinstitute der jeweiligen Gironetze intern die Funktion von Clearing und Settlement. Allerdings besteht dann das Guthaben der Banken beim Clearinghaus in Forderungen auf Zentralbankgeld, die die Banken jederzeit bei Bedarf abrufen können. Von der rechtlichen Seite gesehen stimme ich Dir zu, wenn Du mit Zentralbankgeld auf das einzige "gesetzlichen Zahlungsmittel", unser Bargeld verweisen möchtest. Nur darauf besteht ein Anspruch. Dies hat zwar nichts mehr mit der Realität zu tun ist aber geltende Rechtslage. Wie weit darf oder muss man sich von dieser Rechtslage entfernen, um unser Geldsystem realistisch darzustellen? Auch Generell kann man sagen: in dem Grenzfall, in dem sich die Summe aller Überweisungen von Bank A nach Bank B und die Summe aller Überweisungen von Bank B nach Bank A genau entspricht, die gegenseitigen Forderungen sich also zu Null saldieren, ist ihr Bedarf an Zentralbankgeld gleich Null. Dies ist der Fall des Zahlungsgleichschritts. In dem Maß, wie die Summe der Überweisungen von A zu B von der Summe der Überweisungen von B zu A ABWEICHT, entsteht ein Restsaldo, der in ZBG oder Guthaben beim Clearinghaus zu erfüllen ist, kurz: Bedarf an einem Zahlungsmittel, das die Banken A und B selbst nicht herstellen können. Ja die Geschäftsbanken können und dürfen kein "gesetzliches Zahlungsmittel" herstellen. Ansonsten ist es ihnen aber freigestellt, gegenseitige Forderungen und Verbindlichkeiten durch An- und Verkauf von Aktivwerten auszugleichen. Einen Kredit unter Banken sehe ich auch als einen solchen Wert an. Die kreditgebende Bank hat auf ihrer Aktivseite den Vermögenswert, "Forderungen an Banken" stehen. Ich gehe z. B. davon aus, dass die Summe aller Forderungen/Verbindlichkeiten unter Banken gleich Null sein muss. Weshalb treten dann diese Bilanzpositionen mit Forderungen/Verbindlichkeiten unter Banken überhaupt auf? Weil die Kreditbank zwar eine Verbindlichkeit gegenüber der Handelsbank hat aber keine Forderung an diese. Dafür besitzt sie eine Forderung an die Lokalbank. Diese wiederum besitzt eine Forderung an die Börsenbank. Die Börsenbank ihrerseits besitzt eine Forderung an die Handelsbank. Dieses Geflecht wird mit steigender Anzahl an Beteiligten mit unterschiedlichen Beträgen und auch unterschiedlichen Fristen immer komplexer. Zentralbank-Buchgeld, welches kein "gesetzliches Zahlungsmittel" ist aber von den beteiligten Banken ohne Nachfrage akzeptiert wird, hat sich als effizientes Zahlungsmittel unter Banken etabliert. Bedingt durch den Bargeldbedarf der Nichtbanken, die Mindestreserve, den Bedarf an Zentralbank-Buchgeld für die Nutzung der Zentralbank für Überweisungen an Nicht-Korrespondenzbanken entsteht eine Abhängigkeit der Geschäftsbanken von der Zentralbank. Wenn eine merkliche Abhängigkeit besteht kann diese von der Zentralbank benutzt werden, geldpolitische Ziele umzusetzen. Diese Abhängigkeit ist aber mE nicht Grundvoraussetzung für das Funktionieren eines Geldsystems. Weiter Details sind in: http://www.um-bruch.net/uwiki/index.php?title=Es_werde_Geld aufgeführt. Beste Grüße Rudi Müller Dieses Prinzip gilt aber ganz generell für den Kredit- und Zahlungsverkehr auch zwischen Nichtbanken, Ländern usw. - Das internationale Dilemma, daß wir keine Zentralbank der Zentralbanken haben, sondern eine nationale Währung als Weltgeld genutzt wird, lasse ich mal außen vor. Grüße Wolfgang
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- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Exile (O.Herzig), 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Arne Pfeilsticker, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Marco Schmidt, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Arne Pfeilsticker, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 05.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Rudolf Müller, 05.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Rudolf Müller, 07.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Rudolf Müller, 05.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Arne Pfeilsticker, 05.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Arne Pfeilsticker, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, moneymind, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Sebastian Alscher, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Arne Pfeilsticker, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Sebastian Alscher, 06.05.2017
- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Arne Pfeilsticker, 07.05.2017
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- Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld, Sebastian Alscher, 07.05.2017
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