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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld

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Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld


Chronologisch Thread 
  • From: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • To: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Wissenschaftliche Quellen zu Geld
  • Date: Sat, 06 May 2017 15:42:57 +0000

Zunächst eine Frage:
Was genau ist für dich "Fristen- und Risikotransformation", und welche Rolle spielen diese für Dein Verständnis des Bankensystems?
Zur Begrifflichkeit und was mein Verständnis anbelangt siehe Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Risikotransformation und https://de.wikipedia.org/wiki/Fristentransformation .
Durch Fristen-, Losgrößen- und Risikotransformation erfüllen Banken eine wichtige Funktion nicht nur innerhalb des Bankensystems, sondern für die gesamte Volkswirtschaft.

Kannst Du mal anhand eines Beispiels (Arne Pfeilsticker nimmt ein Darlehen über 10 000 € bei seiner Bank) zeigen, welches Risiko die Bank dabei eingeht und welche Fristen sie berücksichtigen muß, und wie genau sie diese "transformiert"? Wie passen das Fristenkongruenz und die goldene Finanzierungsregel ("finanziere kurzfristige Investitionen mit kurzfristigen Krediten, langfristige mit langfristigen") ins Bild?

Zu deinem Satz oben:
Sobald also die Forderung von B2 ggü. B1 fällig wird, benötigt B1 ein Zahlungsmittel, das sie nicht selbst produzieren kann.
Interbankenkredite sind oft sehr kurzfristig, weil sie dem Ausgleich von Ein- und Auszahlungsströmen zwischen Banken dienen.
Dies kann Zentralbankguthaben sein, das auch dadurch erhöht werden kann, daß B1 von Kunden Bareinzahlungen erhält und diesen den eingezahlten Betrag auf ihrem Giro- oder Terminkonto gutschreibt. Es kann auch dadurch erhöht werden, daß die Bank liquide Aktiva bei der ZB in Pension gibt oder am offenen Markt gegen ZB-Geld verkauft.
Es kann auch Guthaben bei einem privaten Clearinghaus sein (wie früher Guthaben der Kreissparkassen bei ihrer Girozentrale).
All diesen Fällen ist aber gemeinsam, daß B1 das benötigte ZM nicht selbst herstellen kann, also ein Liquiditätsproblem hat.
ich habe bereits mehrfach betont, dass eine Bank, die ihr Geldterritorium nicht verteidigen kann, die Differenz mit Geld bezahlen muss, das sie nicht selbst herstellen kann.
Nun ist richtig, daß Banken zunächst wechselseitige Forderungen verrechnen und dann lediglich den Restsaldo in einem ZM erfüllen, daß sie nicht schaffen können. Daraus ergibt sich, daß bei Zahlungsgleichschritt - wenn also die Summe der Forderungen von B1 ggü. B2 und die Summe der Forderungen von B2 ggü. B1 sich für eine Periode genau entspricht, der Zahlungsmittelbedarf gleich Null ist.
Genau.
Daraus folgt, daß der Zahlungsmittelbedarf umso höher ist, je größer die Abweichung vom Zahlungsgleichschritt ist.
Interbankenkredite können als Maßnahmen angesehen werden, die zu einem Ausgleich der Zahlungssalden führen.

Nein. Nach Verrechnung gegenseitiger Forderungen verbleibende Restsalden können vorgetragen werden, aber nicht auf ewig. Zum regelmäßigen Fälligkeitstermin findet dann das Settlement statt, d.h. muß der Restsaldo in einem ZM beglichen werden, das beide Banken selbst nicht produzieren können.

Kreditvergaben sind keine Zahlungen. Kredit schafft Forderungen. Eine Zahlung erfüllt und vernichtet sie. Deine Verwechslung von Kredit und Zahlung ist schon rein buchhalterisch inkorrekt. Um in Deinem Ausgangsbeispiel zu bleiben: Kauft eine Bank ein Grundstück von einem Kunden, der bei ihr ein Konto unterhält, und schreibt ihm den Kaufpreis gut, ist das für die Bank eine Ausgabe, die ihr Nettogeldvermögen mindert. Aber keine Ausgabe, die ihren Zahlungsmittelbestand verringert. Die Verbindlichkeiten der Bank fungieren als Zahlungsmittel *nur für Nichtbanken*, d.h. die nächstuntere Ebene der Kredit-/Zahlungsmittelhierarchie (siehe dazu z.B. Stützel: Volkswirtschaftliche Saldenmechanik, S. 65: Was sind Zahlungsmittel? oder Perry Mehrling: "The Inherent Hierarchy of Money").

Zahlungen können durch wechselseitige Verrechnung von Forderungen an Erfüllungs statt ersetzt werden, aber die Restsalden müssen zum Fälligkeitstermin in etwas beglichen werden, das der Gläubiger selbst nicht schaffen kann.

Anders: je näher sich das Bankensystem am Zahlungsgleichschritt befindet, desto geringer sind auch die geldpolitischen Interventionsmöglichkeiten der Zentralbank
Jein. - Das hängt vom Instrument ab.

Du hast Recht, ich meinte genauer: mindestreservepolitische Interventionsmöglichkeiten. Hätte ich auch so genau sagen müssen.

Sind wir uns jetzt einig, dass Geschäftsbanken auch Geschäftsbankengeld als Zahlungsmittel einsetzen?

Nein. Eine Geschäftsbank A kann mit eigenen Verbindlichkeiten (Passiva) nicht definitiv zahlen - das bleibt nach wie vor Dein Grundmißverständnis. Dieser Eindruck entsteht nur, weil Halter von (jederzeit fälligen) Sichtguthaben nicht nur die Möglichkeit A haben, diese sofort auszahlen zu lassen, sondern auch die Möglichkeit B, diese niemals auszahlen zu lassen.

Definitiv bezahlen kann Bank A einen C mit Guthaben bei einer _anderen_ Geschäftsbank B. Dies ist für Bank A dann ein Aktivum, eine Zahlung damit verkürzt ihre Bilanz. Eine Zahlung bedeutet die Auflösung eines Schuldverhältnisses. Der Bezahlende befreit sich damit von einer Verbindlichkeit (Verpflichtung) dem Gläubiger gegenüber. Beide sind hinterher frei und unabhängig voneinander. Ein Kauf auf Kredit wie in Deinem Beispiel schafft eine Verbindlichkeit der Bank (Ausgabe f. die Bank, aber keine Auszahlung). Die Zahlung - z.B. die Auszahlung des Guthabens an den Kunden in bar - wäre dann eine Auszahlung für die Bank.

Gruß
Wolfgang



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