ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
- To: Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>
- Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
- Subject: Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht
- Date: Sat, 20 Dec 2014 09:03:50 +0100
- List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Am 19.12.2014 um 21:11 schrieb Marco Schmidt <mschmidt.mailbox AT web.de>:
Warum werden trotzdem Kundengelder angeworben? Weil der Zufluss mit Zentralbankgeld einhergeht, dem (Inter-)Bankengeld. Zu- und Abflüsse im Gleichgewicht zu halten mit den verschiedenen Präferenzen und Fristigkeiten ist die hohe Kunst im Bankgewerbe.
Die Risiken bei der Giralgeldherstellung sind seit SoFin/2008 (Änderung im Bilanzrecht der Finanzinstitute) durch vom Markt gelöste Bewertung des "Buchwerts" "steuerbar" und den Gegebenheiten jederzeit leicht anzupassen.Das müsstest Du mal näher erläutern.
"Studien zufolge gibt es generell für 95 Prozent (!) aller bilanzierten Werte, für die ein Fair Value angesetzt werden soll, keinen Markt. Rund zwei Drittel aller Bilanzpositionen insgesamt werden fiktiv ermittelt – je nach Unternehmen wird mal mehr, mal weniger angesetzt. Insbesondere gilt das für Geldhäuser.
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Um den Fair Value eines Papiers zu ermitteln, für das es keinen Markt gibt, nimmt das Management den aktuellen risikofreien Zins (etwa den von Staatsanleihen) und packt eine Risikoprämie obendrauf (etwa für die Ausfallwahrscheinlichkeit eines Schuldners). Je niedriger die Zinsen und die Ausfallraten von Schuldnern, desto schöner sieht die Bilanz aus, desto größer die Bilanzsumme, desto höher sind die Gewinne (die zwar zu einem Gutteil tatsächlich noch nicht vereinnahmt sind, aber bereits bilanziert werden dürfen) – und desto höher ist die Eigenkapitalrendite, die Maßzahl, an der sich Bankchefs und Investoren so gerne hochziehen.
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Wer die Bank-Gewinne der vergangenen Jahre zusammenzählt, stellt fest, dass es sich um reine Fair-Value-Gewinne handeln muss. Verdient haben die Banken binnen einer Dekade unter dem Strich – geschätzt: nichts. Das muss in der Abrechnung der kommenden Jahre nicht so bleiben. Denn die Bilanzierung nach dem Fair Value ist nicht Auslöser, sondern nur Begleiterscheinung der Krise – ein Cocktail, den man auf einer Party zu viel getrunken hat, weil die Musik so lange spielte. Der Fair Value wurde ein Instrument verantwortungsloser Bilanzierung und trug damit selbstverständlich zur Steigerung der Banker- und Vorstandsboni bei.
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So liegt es letztlich einzig am Management des Unternehmens oder der Bank, wie sich über Jahre eine Bilanz entwickelt. "
Hinzu kommt: http://www.wiwo.de/finanzen/boerse/bilanzen-unter-der-lupe-wie-dax-unternehmen-ihre-bilanzen-aufpumpen-seite-all/10657610-all.html
"Das Beispiel des Dax-Konzerns zeigt: Ein Blick, der über die aufgehübschten und oft verdrehten Gewinnmitteilungen ihrer Unternehmen hinausgeht, lohnt für alle Anleger. „Wer nicht auch einmal einen kritischen Blick auf die Bilanz seines Unternehmens wirft, der verpasst oft substanzielle Veränderungen“, sagt Peter Leibfried, Professor für Rechnungslegung und Wirtschaftsprüfung an der Universität St. Gallen. Nicht erkannt haben viele Investoren schon viele Gefahren, die in den Bilanzen der Unternehmen schlummern. So durften und dürfen etwa Banken einen Großteil ihrer Vermögenspositionen selbst schätzen.
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Der Effekt ist bekannt: Billionen an dem Anschein nach wertvollen Vermögen bilanzierten die Geldinstitute. Und – naive Investoren zogen lange Zeit mit: Sie jazzten die Papiere der Banken angesichts vermeintlich blendender Bilanzen so hoch, dass der Sektor vor Beginn der Finanzkrise beispielsweise mehr als 22 Prozent der Gesamtkapitalisierung des breiten S&P-500-Index ausmachte. Das Ergebnis der Luftbuchungen ist bekannt.
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Der Bilanzposten, der derzeit die größte Gefahr für das Vermögen der Aktionäre an ihrem Unternehmen in sich birgt, heißt Goodwill, im Deutschen auch Firmenwert genannt. „Hier gibt es ein enormes Abschreibungspotenzial, das zu erheblichen Gewinneinbrüchen führen kann“, sagt Gerrit Brösel, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Wirtschaftsprüfung, an der Fernuniversität Hagen.
Ein Firmenwert oder eben Goodwill taucht immer dann in der Bilanz als eine Vermögensposition auf, wenn Unternehmen bei Übernahmen zu viel Geld auf den Tisch gelegt haben; wenn sie mehr bezahlten, als das im Nachgang der Übernahme ermittelte Vermögen der neuen Tochter wirklich wert ist (siehe Grafik). Skurril, aber wahr: Dann erlauben die Bilanzregeln, diese Prämie auf die neu eingekaufte Tochter als Zusatzvermögen in die Bilanz zu buchen, eben als sogenannten Goodwill oder Firmenwert. Noch hübscher für die Finanzchefs der Unternehmen: Früher mussten sie dieses Zusatzvermögen, die Übernahmeprämie also, regelmäßig abschreiben, über 10 bis 15 Jahre. Investoren hatten also die Gewissheit, dass heiße Luft nach Übernahmen sukzessive aus der Bilanz genommen wurde. Seit zehn Jahren jedoch dürfen die Unternehmensvorstände nach einer dramatischen Änderung der Bilanzregeln mehr oder weniger nach Lust und Laune abwerten oder nicht.
Keine Überraschung: Sie tun es seither so gut wie nicht mehr oder nur dann, wenn sich überbewertetes Vermögen nicht mehr vertuschen lässt."
Keine Überraschung: Sie tun es seither so gut wie nicht mehr oder nur dann, wenn sich überbewertetes Vermögen nicht mehr vertuschen lässt."
Was das Lehrbuch sagt, und wie die Wirklichkeit heute aussieht sind zwei verschiedene Sachen.
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Jürgen Niccum, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Axel Grimm, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Jürgen Niccum, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Christoph Mayer, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Comenius, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Christoph Mayer, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Patrik Pekrul, 19.12.2014
- [AG-GOuFP] Staatsverschuldung, BIP und Steuersätze historisch, Christoph Mayer, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, ukw, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 19.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Patrik Pekrul, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, ukw, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, ukw, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 21.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, ukw, 22.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Peter Baum, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 20.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, ukw, 21.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, Marco Schmidt, 22.12.2014
- Re: [AG-GOuFP] Geld und Macht, ukw, 22.12.2014
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