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Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik
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- Subject: Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht)
- Date: Sat, 10 May 2014 12:44:19 +0000
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- List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
Hi ExP,
Inwieweit ist es nachteilig für eine theoretische Konzeption sozialer Systeme, wenn man Jurist "ist"?
Insofern, als man als deutscher Jurist dazu tendiert, rein begrifflich zu denken (Abstraktionsprinzip) und den kompletten Bereich des Denkens in Metaphern und Analogien zu übersehen und unverstanden zu lassen; aber auch zu übersehen, welche Kernmetaphern eigentlich das eigene "systemische" Denken und die eigene Epistemologie strukturieren (von den Kernmetaphern, die Ökonomen unbewußt verwenden, mal ganz zu schweigen).
Dieses Denken stammt aus der Tradition der westlichen Philosophie (von Aristoteles bis Kant etc.), die metaphorischer Bedeutungskonstruktion im wesentlichen ablehnend gegenübersteht ("das is nur "Kunst" und "Religion" etc.")
Mein Eindruck bei Luhmann war, daß das bei ihm so ist. Bei Bateson nicht, er war Ethnologe. Und an traditionalen Gesellschaften und deren Kultur versteht man ohne ein Verständnis des Zusammenhangs von begrifflich-abstrahierendem und metaphorisch-analogiehaftem Denken einfach nix.
In other words: Luhmann ist geprägt vom römischen Recht, Bateson vom genauen Kontrastprogramm, traditionaler balinesischer Kultur. Diese unterschiedlichen (Jugend-)Primärerfahrungen führen dann eben zu unterschiedlichen Meta-Konzepten.
Bateson war nicht Jurist, bürokratischer Studierstubenfuzzi wie Luhmann,Inwieweit ist Luhmann nicht "lebensnah"?
sondern hat als Ethnologe begonnen (hat mit seiner ersten Frau Margaret
Mead ethnologische „Feldstudien“ bei den Iatmul und auf Bali gemacht).
Nachdem er dann mit den sozialwissenschaftlichen Methoden ganz zu recht
völlig unzufrieden war, hat er sich immer mehr für Epistemologie
interessiert. Sein Vater war Biologe, auch das hat ihn sehr beeinflußt.
Nicht nur viel lebensnäher als Luhmann, sondern auch sympathischer und
"menschlicher". Einer meiner Lieblingstexte von ihm steht online (zum
reinschnuppern):
Insofern, als er sein Leben an Universitäten zunächst mit abstrakten juristischen Texten zugebracht hat.
Wie stehen "Sympathie" und "Menschlichkeit" mit der Bewertung wissenschaftlicher Konzepte in Beziehung?
Sehr eng. Ein Sozialwissenschaftler muß mich überzeugen und auf mich den Eindruck machen, daß er ehrlich ist und empfindet, was er sagt. Denn er redet über Menschen. Ich mag Luhmann nicht. Brrrrr.
Wo Überschneiden sich die Arbeiten Batesons und Luhmann thematisch und inwiefern widersprechen sie sich dabei fundamental?
Beide reden von "Systemtheorie". Einen fundamentalen Unterschied habe ich oben beschrieben. Daß bei Luhman die Menschen gar nicht mehr als Subjekte vorkommen, sondern nur noch "Systeme", halte ich für eine natürlich mögliche, aber perverse Perspektive der Beschreibung.
Aus meiner Sicht ist das Ideologie hoch drei, jedenfalls wunderbar dafür funktionalisierbar - wie auch sonst verschiedene Teile des "Sozialkonstruktivismus" (wo man auf so unsägliche Gestalten wie den Heinz von Foerster trifft, der gar nichts mehr rafft).
„The World of Mental Process“ (aus “Angels Fear”)
http://www.oikos.org/angelsfear.htm
Auch sehr gut:
„Every Schoolboy Knows“ (aus „Mind and Nature“, dt. „Geist und Natur“)
http://www.oikos.org/mind&nature.htm
Noch wichtiger für mich war für die Epistemologie bzw.
„Forschungsmethode“ etc. Klaus Holzkamp, bei dem ich in Berlin in seinen
letzten Lebensjahren studieren durfte; und Mark Turner (Mathematiker und
Literaturwissenschaftler) und Gilles Fauconnier (Linguist): "The Way We
Think - Conceptual Blending ...". Die beiden sortieren das, was sie
machen, als "kognitive Linguistik" ein.
Aber diese (sehr wichtige) Diskussion, müssen wir später fortsetzen, muß
dringend weg.
Mich hat das lange beschäftigt (beginnend vor meiner Beschäftigung mit
Ökonomie) - "Wissenschaftstheorie", Epistemologie, Wahrnehmen,
Strategien der Modellbildung, "sozialwissenschaftliche" Methoden etc.,
und bin schließlich zu für mich befriedigenden Klärungen, ausreichend
nützlichem begrifflichem "Handwerkszeug" und Frage-Strategien etc.
gekommen.
Aber ... wie gesagt, ggf. dazu ein andermal.
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], (fortgesetzt)
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], Ex-SystemPirat, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), moneymind, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], Monika Herz, 11.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], Monika Herz, 11.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], Ex-SystemPirat, 11.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], Monika Herz, 11.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Systemtheorie [War: Wert- und Preistheorie - Was ist Geld?], Ex-SystemPirat, 11.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Anwendungen systemischen Denkens,was: Vollgeld ..., moneymind, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), Ex-SystemPirat, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), moneymind, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), Ex-SystemPirat, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), moneymind, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), Ex-SystemPirat, 10.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), moneymind, 11.05.2014
- Re: [AG-GOuFP] Vollgeld als Supermonetarismus (Flaßbecks Sicht), Axel Grimm, 12.05.2014
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