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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Aktionäre sind keine Eigentümer

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Aktionäre sind keine Eigentümer


Chronologisch Thread 
  • From: Patrik Pekrul <patrik.pekrul AT hotmail.de>
  • To: Axel Grimm <axel.grimm AT baig.de>
  • Cc: "ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de" <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Aktionäre sind keine Eigentümer
  • Date: Mon, 7 Oct 2013 20:49:05 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>

Ein X-Post, weil ich nicht alles nochmal schreiben will. In a nutshell:

WENN der Aktionär Eigentümer wäre, dürfte ihm UNTER KEINEN UMSTÄNDEN das Eigentum entzogen werden, denn dann wäre Artikel 14 des GG verletzt.

WEIL aber sowohl die Regierung wie auch die Justiz zu der Einschätzung kommen, dass Minderheitsaktionäre zur Umwandlung ihrer Aktien gezwungen werden DÜRFEN, bedeutet das, dass sie KEINE Eigentümer sind.

Am 07.10.2013 um 12:45 schrieb Arno Nebauer <arno AT nebauer.net>:


Da Du offensichtlich vergesslich bist, nenne ich ihn noch einmal:

§ 1 Abs. 2 Aktiengesetz

Ich hab manchmal das Gefühl, dass dir Lesen ebenso schwer fällt, wie einem Legastheniker das Schreiben.

Was steht da? http://dejure.org/gesetze/AktG/1.html

"Die Aktiengesellschaft hat ein in Aktien zerlegtes Grundkapital."

Nicht mehr, nicht weniger, und hat auch nie jemand bestritten (zum wiederholten Male). Und wo genau steht da jetzt bitte, dass damit Aktionäre Eigentümer der Gesellschaft wären?

Zum Thema gab es 1960 ein URTEIL: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-43065663.html

"Nach dem Düsseldorfer Urteil müssen Westdeutschlands Aktionäre darauf gefaßt sein, daß zwischen Sacheigentum und den Eigentumsrechten eines Aktionärs "ein wesentlicher Unterschied besteht". "

Verstehst du die Bedeutung dieser Aussage? Wahrscheinlich nicht.

Es bedeutet, dass Aktien kein Sacheigentum sind, weil es zwischen ihnen einen UNTERSCHIED gibt; wenn Dinge unterschiedlich sind, können sie nicht das selbe sein.

Anbei aus dem Urteil:

"Für die Bundesregierung, die § 15 UmwG für verfassungsgemäß hält, hat der Bundesminister der Justiz ausgeführt: Das Eigentumsrecht "Aktie" stelle nicht ein unmittelbares Sachherrschaftsrecht, sondern ein durch die Mitgliedschaft in einer Kapitalgesellschaft vermitteltes Anteilsrecht an einem Unternehmensvermögen dar."

Da schau her, Herr Stachelbär.

"Solches Eigentum unterliege seinem Wesen nach gesellschaftsrechtlichen Beschränkungen, die sich namentlich aus dem die Kapitalgesellschaft beherrschenden Mehrheitsprinzip ergäben. Dieses Prinzip führe seit je im Aktienrecht dazu, daß die einzelnen Aktionäre sich tiefgreifende Wandlungen ihres Eigentumsrechts durch Entscheidungen der Mehrheit gefallen lassen müßten;"

Wohlbemerkt, es geht hier um das Eigentum an der Aktie, nicht an der AG.

"das gelte nicht nur im Fall der Auflösung und Verschmelzung (Fusion) einer Aktiengesellschaft, wo die Aktie überhaupt untergehe, "

Die Aktie geht unter, nicht das Unternehmen und das -Vermögen.

"sondern auch schon bei den sogenannten Ergebnisausschlußverträgen mit Dividendengarantie, durch die die Aktionäre in die Stellung bloßer "Rentner" gedrängt würden. Deshalb sei es auch eine zulässige Regelung dieser Art von Eigentum nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG, wenn das Umwandlungsgesetz bestimme, daß sich das Aktieneigentum unter gewissen Voraussetzungen durch Beschluß der Hauptversammlung in einen schuldrechtlichen Anspruch auf den vollen Wert der Aktie verwandle; "

Es wird eine Finanzananlage in eine andere gewandelt, das war's. Man verliert durch Umwandlung kein Eigentum am Unternehmen, weil man schlicht nie welches besessen hat.

"diese Möglichkeit stelle eine "innere Schwäche" der Aktie dar, die in ihrem Wesen von vornherein angelegt sei."

Genau, die "innere Schwäche" der Aktie ist eben, dass sie im Gegensatz zum Volksglauben kein Eigentum am Unternehmen darstellt - DESHALB haben auch Aktionäre so wenig Rechte.

Aber das ist ja nur die Meinung der Bundesregierung (was weiß die schon im Gegensatz zu Arno), was sagt denn nun das Gericht?

"Das Bundesverfassungsgericht hat nicht feststellen können, daß § 15 UmwG, soweit er zur Prüfung steht, mit dem Grundgesetz unvereinbar ist."

Aha, man darf Aktien also umwandeln, weil damit der Schutz des Eigentums nach Art. 14 NICHT verletzt wird, weil man eben KEIN Eigentum an der Gesellschaft verliert, weil man eben NIE Eigentümer war!

"Für das Aktienrecht, das geschichtlich vom Eigentum der Aktionäre ausgeht, würde das bedeuten, daß gegenüber den Aktionären eine Entziehung ihres aktienrechtlichen Eigentums ohne Legitimation durch einen von der Rechtsordnung anerkannten Zweck und ohne zwingenden Grund auch nicht unter Entschädigung gerechtfertigt sei; dies um so weniger, als eine "Mitnahme" der Minderheit gerade bei der Umwandlung auf eine andere Aktiengesellschaft von deren eigener Rechtsform her zwanglos möglich sei. Die Rechte der Aktionäre dürften also nur soweit eingeschränkt werden, wie dies zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft unentbehrlich sei. Keinesfalls könnten individuelle privatkapitalistische, noch so verständliche Interessen eine Entziehung des Eigentums von Aktionären rechtfertigen."

Merke: WENN dem so wäre, das Gericht kommt aber zu einer gegenteiligen Auffassung (siehe oben), also sind Aktionäre eben nicht Eigentümer:

"Zu der unternehmerischen Freiheit der Konzernleitung gehört hiernach, daß sie den Aufbau des Konzerns bestimmen, ihm seine Organisation geben und damit das Feld seiner wirtschaftlichen Betätigung nach ihren Plänen ordnen kann. Die hier zu treffenden Entscheidungen erfordern einen umfassenden Überblick überBVerfGE 14, 263 (282)BVerfGE 14, 263 (283) die Planung des Konzerns im Rahmen der Gesamtwirtschaft, den zwar naturgemäß die Konzernleitung besitzt, der aber dem Minderheitsaktionär in der Regel verschlossen ist, so daß dieser zwangsläufig weitgehend auf das Interesse an Rendite und Kurs beschränkt wird. Daher muß für ihn die Aktie typischerweise mehr reine Kapitalanlage als unternehmerische Beteiligung sein. Deshalb erscheint es auch im Hinblick auf Art. 2 Abs. 1 GG nicht von vornherein unvertretbar, wenn der Gesetzgeber erlaubt, daß sich das von der Konzernleitung vertretene unternehmerische Interesse gegenüber dem Anlageinteresse des Kleinaktionärs durchsetzt."

Der Aktionär ist also nicht Eigentümer, sondern Anleger. Er gibt dem Unternehmen Kapital, mit dem es frei Wirtschaften kann.

In a nutshell:

WENN der Aktionär Eigentümer wäre, dürfte ihm UNTER KEINEN UMSTÄNDEN das Eigentum entzogen werden, denn dann wäre Artikel 14 des GG verletzt.

WEIL aber sowohl die Regierung wie auch die Justiz zu der Einschätzung kommen, dass Minderheitsaktionäre zur Umwandlung ihrer Aktien gezwungen werden DÜRFEN, bedeutet das, dass sie KEINE Eigentümer sind.

Alles andere ist Esotherik.


Patrik

Am 07.10.2013 um 20:26 schrieb "Axel Grimm" <axel.grimm AT baig.de>:

Patrik74 schrieb:
Schreinermeister Lemke ist wirklich Eigentümer seiner Werkstatt - auch wenn sie zu 100% fremdfinanziert sein sollte. Ein Aktionär ist nicht Eigentümer, selbst wenn er 100% der Aktien gekauft hat - i.A. wird bei 100% Aktienanteil aber die Gesellschaftsform geändert, weil bei so einem hohen Engagement die Aktienbesitzer natürlich auch Eigentümer sein wollen.

Dei Mehrheit aller AGs hat keine handelbaren Aktien, die kann niemand erwerben.
Eine AG ist zunächst erst mal ein Form einer Kapitalgesellschaft wie eine GmbH.

Es werden BGRs in GmbH geandelt oder in AGs. Bei vielen AGs befinden sich 100% aller Aktien bei einer oder nur wenigen Personen. In diesem Fall wird keine einzige Aktie gekauft, da fließt kein einziger cent. Diese Aktionäre haben kein Geld "eingebracht".

Mit der Logik, sobald mehr als ein "Eigentümer" vorhanden ist wie z.B. bei mehreren Personesn, die ein Unternehmen gründen und führen, zu schließen das es keine Eigentümer mehr sind, nur weil nun keiner mehr alleine über das Vermögen verfügen kann, halte ich für sehr gewagt.

Der Aktionär, der z.B. 25% plus eine Aktie hat, hat die Sperrminorität und kann alles verhindern. Nur weil eine AG eine Kapitalgesellschaft ist mit einer Verwaltungsstruktur aus Aufsichtsrat und geschäftsführenden Vorstand, hat die immer noch Eigentümer. Ausnahmne ist VW, da reichen 20% und das auch nur für das Bundesland Niedersachsen.

Was passiert denn mit dem Geld aus Neuemisionen (gilt nur handelbare Aktien)? Das wird überwiegend Sachvermögen investiert.

--
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