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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Staatschulden abbauen nach Felber

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

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Re: [AG-GOuFP] Staatschulden abbauen nach Felber


Chronologisch Thread 
  • From: <CU_Mayer AT Menschen-gerechte-Gesellschaft.de>
  • To: <ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de>
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Staatschulden abbauen nach Felber
  • Date: Mon, 13 Feb 2012 20:14:51 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>
  • Organization: Evult



-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: Christoph Mayer [mailto:christoph.mayer AT evult.de]
Gesendet: Freitag, 3. Februar 2012 11:35
An: 'ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de'
Betreff: AW: [AG-GOuFP] Staatschulden abbauen nach Felber

Hallo Nocolai,

dass Staaten verschuldet sind, liegt an einer gigantischen
volkswirtschaftlichen Fehlbuchung, die letztlich aus der Geldschöpfung kommt.

Deutsche Unternehmen haben seit 1948 insgesamt 2,4 Billionen Euro
Handelsbilanzüberschuss erzielt, sind aber mit 3,6 Billionen Euro
verschuldet. Der Staat hat angeblich die Geldmenge erhöht - von 48 Mrd. Euro
auf heute ca. 4,5 Billionen Euro, doch er Staat ist mit 2 Billionen
verschuldet. Die Bürger haben dagegen ein Geldvermögen von ca. 5 Billionen
Euro, 10% der Bevölkerung gehört davon mindestens 61% (Zahl von 1998, heute
sicher höher).
Siehe dazu auch dieser exzellente Artikel:
http://spreegurke.twoday.net/stories/49594757/

Verlegt man die Geldschöpfung weg von der Finanzwirtschaft hin zu der
Realwirtschaft und deren Mitarbeitern, dann steigen die Bruttolöhne/
-gehälter, damit die Steuereinnahmen und der Staat kann sich entschulden. Das
Konzept heißt "Wertschöpfungsentgelt".

Das ist die einfachste und sinnvollste Art, die ich kenne. Und sie wirkt
deshalb, weil sie den Buchungsfehler korrigiert.

Gruß
Christoph

-----Ursprüngliche Nachricht-----
Von: ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de
[mailto:ag-geldordnung-und-finanzpolitik-bounces AT lists.piratenpartei.de] Im
Auftrag von Nicolai Haehnle
Gesendet: Freitag, 3. Februar 2012 09:09
An: MonikaHerz AT t-online.de
Cc: ag Geldordnung
Betreff: Re: [AG-GOuFP] Staatschulden abbauen nach Felber

Guten morgen,

2012/2/3 MonikaHerz AT t-online.de <MonikaHerz AT t-online.de>:
> "Der einzige nachhaltige Weg zur Verhinderung der Insolvenzwellen
> unter derzeitigen Systembedingungen ist also der parallele Abbau von
> öffentlichen Schulden und privaten Vermögen über Steuern. Wie
> systemisch sinnvoll die Besteuerung privater Vermögen ist, zeigt die
> Relation zu den Staatsschulden: Die privaten Finanz- und
> Immobilienvermögen belaufen sich in Italien auf 424% der
> Staatsschulden, in Deutschland auf 475% und in Österreich auf 675%.
> Ein Prozent Vermögenssteuer trägt die Staatsschulden in der Eurozone
> um ungefähr fünf Prozent ab. Nach zehn Jahren wären sie halbiert. Das
> ist der Weg aus der Eurokrise." Christian Felber
>
> http://derstandard.at/1326503972153/Christian-Felber-Was-in-Davos-leid
> er-nicht-zur-Debatte-steht
>
> Was meint ihr dazu?

*Wenn* man sich zum Ziel setzt, den absoluten Betrag der Staatsschulden
abzubauen bzw. ihren Anstieg zu verlangsamen, *dann* ist der einzige
sinnvolle Weg dorthin eine stark progressive Vermögenssteuer.

Alle anderen Ansätze (egal ob höhere Steuern anderer Art oder Einsparungen
bei den Staatsausgaben) haben das Problem, dass sie die Gesamtnachfrage
drücken und dadurch erstens Arbeitslosigkeit erzeugen
(denn: weniger Nachfrage bedeutet, dass weniger Arbeitsplätze benötigt werden
um die Nachfrage zu befriedigen) und zweitens die Investitionsquote dämpfen
(denn: bei weniger Nachfrage haben Unternehmen weniger Anreize, zu
investieren). Beides ist eher schlecht für unsere Zukunft.

Die Frage, die ich stellen würde ist aber, ob ein Abbau des absoluten Betrags
der Staatsschulden überhaupt ein sinnvolles politisches Ziel ist. Mit anderen
Worten: hat der Kaiser überhaupt Kleider an?

Erstens kann man einwenden, dass man eher den relativen Betrag betrachten
müsste. Diese relative Staatsschuldenquote wurde historisch betrachtet am
erfolgreichsten dadurch gesenkt, dass das BIP erhöht wurde.

Dieser Weg zeigt also eher eine expansive Wirtschaftspolitik mit direkten
staatlichen Investitionen an.

Außerdem kann man einwenden, dass der öffentliche Schuldenstand an sich
sowieso kein sinnvolles Politikziel ist. Japan z.B. hat eine Schuldenquote
über 200%, und eine Insolvenz ist nicht in Sicht.
Großbritannien hatte, wie ich vor kurzem gelernt habe, über lange Zeit seiner
Existenz eine Schuldenquote weit über 100% und sogar 150%. Ich finde den
Graph gerade nicht mehr; aber zu dem Zeitpunkt, als Keynes damals für
Expansion geworben hat, war der relative öffentliche Schuldenstand höher als
heute!

Der einzige Unterschied in dieser Hinsicht zwischen Japan, Großbritannien und
Griechenland ist, dass Griechenland nicht monetär souverän ist.

Dieser Weg zeigt als Lösung eher an, dass man die Struktur der Eurozone
umbaut und einen zentralen monetären Souverän schafft, auf den der größte
Teil der Staatsschulden in der Eurozone übertragen wird.

Übrigens: ein Blick in die USA legt nahe, dass die Maastricht-Schuldengrenze
von 60% viel zu hoch angesetzt ist. Die Schuldenquote der meisten
US-Bundesstaaten ist nämlich *deutlich* unter 20%, und US-Bundesstaaten, die
darüber gehen, tendieren zu Schwierigkeiten. Man müsste die Schuldengrenze
für die Eurostaaten also eher bei 15% bis 20% ansetzen - vielleicht bis zu
30%, wenn man sehr großzügig ist - während der zentrale monetäre Souverän
unbegrenzt Schulden aufnehmen könnte.

Und wenn einem bei dem Gedanken an zentrale Eurozonen-Schulden unwohl ist,
dann kann man den gleichen kosmetischen Trick anwenden, der auch bei einigen
hier auf der Liste beschriebenen alternativen Geldsystemen gemacht wird, und
die Schulden einfach nicht mehr Schulden nennen.

Schöne Grüße,
Nicolai
--
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.

--
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