Re: [AG-GOuFP] Endogene und Exogene Geldsysteme

[Nicolai Haehnle <nhaehnle AT gmail.com>]

Hallo Stephan,

2012/2/9 Stephan Schwarz <stephan.schwarz AT piratenpartei-bayern.de>:
> Am 09.02.2012 12:17, schrieb Nicolai Haehnle:
> > Tut mir Leid, wenn ich in solchen Dingen hartnäckiger bin als die
> > meisten anderen Menschen, aber für mich herrscht hier ein logischer
> > Konflikt.
> >
> > Zuerst schreibst du, bei den öffentlich-rechtlichen Kreditinstituten
> > gälten die gleichen niedrigen Zinsen für alle. Danach schreibst du,
> > dass das vielleicht doch nicht der Fall sein kann, wegen der
> > Missbrauchsgefahr und um auf einen Disziplinierungs-Effekt nicht
> > komplett zu verzichten.
> >
> > Im Sinne einer konstruktiven und ehrlichen Diskussion sollten wir
> > solche logischen Konflikte in dem, was wir schreiben, vermeiden. Das
> > ist zumindest meine persönliche Überzeugung. Verstehe das bitte nicht
> > als persönlichen Angriff, so ist es nämlich nicht gemeint.
>
> Da bleibt - betrachtet man das Geschilderte sequentiell - kein Konflikt
> über, zumindeßt kann ich den nicht erkennen.
>
> Ich schreibe zuerst zur generellen Gliederung in Private & Öffentliche
> Banken und skizziere insb. die Handlungs-Routine der Öffentlichen. Danach
> bin ich auf die Problematik eingegangen, wie im 'nicht-normalen' also im
> Ausnahme-Fall vorgegangen werden könnte - nämlich mit
> kreditierungs-restriktiven Reaktiv-Maßnahmen. Der Antragsteller verspielt
> einen Teil seiner persönlichen, von Geburt an innewohnenden
> Kreditierungs-Respektierlichkeit, seiner Unschulds-Vermutung wenn man so
> will. Entsprechend wird reagiert, indem man das wohlwollende Vertrauen, das
> man ihm entgegenbringt, zurückfährt. Ich denke, die monetative Instanz in
> Verantwortung ggü. dem kollektiven Gemeinwohl so zu verfahren.

Okay, das kann ich nachvollziehen und es ist schlüssig. Darauf können
wir und einigen. Ich finde öffentlich-rechtliche Banken übrigens auch
gut, und würde die Gründung von kleinen, nicht profit-orientierten
Banken, befürworten.

Das Problem in der Diskussion hier ist wohl eher, dass wir
unterschiedliche Kommunikationsstile haben.

Wenn ich das jetzt mal etwas überspitzt formulieren darf hast du erst
das Blaue vom Himmel versprochen - nämlich, dass wirklich jeder zu den
gleichen Konditionen einen Kredit bekommen kann von den
Öffentlich-Rechtlichen - und danach hast du das dann durch "das
Kleingedruckte" wieder eingeschränkt. Ich finde es besser, von Anfang
an mit offenen Karten zu spielen. Übrigens ist genau das der große
Pluspunkt der Piraten als Partei: die Hoffnung, dass hier Politik mit
offenen Karten gemacht wird, ohne zu viel Kleingedrucktes.


> ich schau mir vor allem die Realität an, die täglich in der Presse &
> Nachrichten kommuniziert werden und die Eindrücke, deren ich mich auf Grund
> dessen nicht erwehren vermag und resümiere über die Ursachen und Folgen des
> konkreten Handelns - welche Wege nicht gegangen wurden & welche - trotz
> teils massivem Widerstand eingeschlagen werden. Das führt mich regelmäßig
> zur Überzeugung, dass - etwa im Falle der Troika - die ebenso wie die
> Macht-Ausüber (Despoten) zunehmend in Rest-Europa walten, dem griechischen
> Souverän - der gewählten Administration und somit indirekt erst recht dem
> Volk - keinen Handlungs-Spielraum mehr zugesteht. Die Griechen werden wie
> andere Nationen auch vor vollendete Tatsachen gestellt, vor einem
> irrwitzigen Forderungs-Katalog mit einer Aufforderung ala "Friss oder Stirb"
> verbunden. Wo ich mich allen Ernstes frage: “Ist dies schon Tollheit, hat es
> doch Methode.” (2. Akt Hamlet)

Deine Einschätzung teile ich vollkommen. Allerdings hört sich das mehr
wie ein allgemeiner Ausdruck der gefühlten Hilflosigkeit angesichts
der vielen Missständen zur Zeit an. Wieso diskutieren wir nicht
konkret Ansätze, um daran etwas zu ändern?

> Von daher, wenn du die "Euro-Gruppe" bzw. die Eurokraten hier verteidigen &
> stützen willst, kann ich das nicht mehr nachvollziehen. Deren
> ochlokratische, fast schon menschen-verachtende Politik ist dem Untergang
> geweiht - zum Scheitern verurteilt.

Okay, da hast du mich wirklich grundfalsch verstanden. Offenbar muss
ich noch daran arbeiten, meine Vorschläge besser zu erklären, damit
auch die Konsequenzen verstanden werden. Hier ist einer meiner
Vorschläge:

Man gebe dem Europäischen Parlament ein Konto bei der EZB, das
beliebig zinsfrei überzogen werden kann.

Überlege einfach mal, was das konkret bedeutet. Damit ist die EZB -
und auch die Troika - in Fragen der Staatsfinanzierung mit einem
Schlag de facto entmachtet! Denn dann entscheidet nicht mehr die EZB,
ob sie Spanien gegenüber noch einmal gnädig ist und Staatsanleihen
aufkauft, um die Zinsen für Spanien zu senken, oder ob sie vielleicht
doch erst die spanische Regierung stürzen lassen soll. Solche Fragen
werden dann von direkt gewählten Abgeordneten entschieden.

Die Macht wird also an das Europäische Parlament übergeben, das im
Gegensatz zur EZB demokratisch gewählt ist. Wenn du denkst, dass
besagtes Konto statt dem Europäischen Parlament besser an eine andere
(vielleicht noch zu schaffende) Institution gegeben werden sollte,
dann wäre ich an einer sachlichen Diskussion darüber durchaus
interessiert, solange du die Option offen hältst, dass ich am Ende
vielleicht doch recht behalten sollte.

Schöne Grüße,
Nicolai
-- 
Lerne, wie die Welt wirklich ist,
aber vergiss niemals, wie sie sein sollte.