Re: [Ag-umwelt] Fwd: [Piraten NRW] Gentechnik im Futtermittel stoppen

[Guido Körber <koerber AT codemercs.com>]

Also ich finde mittlerweile Patente als solche unethisch. Ganz im Gegensatz zum (grundsätzlichen) Urheberrecht und zum Markenschutz.

Patente behindern mittlerweile nur noch die technische Entwicklung und dienen primär dazu die Konkurrenz zu schädigen. Versuch mal ein halbwegs aktuelles Patent zu lesen. Das alleine reicht schon um klar zu machen, dass es da nicht mehr um technische Inhalte, sondern um juristische Abschottung geht. Die Begriffe "Technizität" und "Erfindungshöhe" sind mittlerweile in ihrer Auslegung nur noch lächerlich, wir sind wirklich an dem Punkt angekommen, an dem die Tasse mit heißem Wasser patentfähig ist weil der Henkel links dran ist.

Am 17.02.2011 um 14:07 schrieb René Heinig:

Am 17.02.2011 12:33, schrieb Dr. Volker Jaenisch:

"Nieder mit der Gentechnikforschung" werde ich bestimmt nicht skandieren.

Würde ich auch nicht.

Weiß nicht, ob du das konträr zu meinem Standpunkt formuliert hast. Ich beziehe mich nicht auf die Forschung (im Labor), sondern ausschließlich auf die unkontrollierte/unkontrollierbare Freisetzung in der Natur, welche unter Vernachlässigung der Folgen (an)getrieben von der Profitmaximierung erfolgt.

Auch bin ich strikt gegen das Niederbrennen mikrobiologischer Universitätsgebäude.

Ok, also das steht außer Frage.

Bei "Keine Patente auf Lebewesen und Gene" bin ich aber gerne dabei.

Und ich denke gerade hier bräuchten wir imho generell noch eine viel differenzierte Lösung. Also ich gehöre nicht zu denen, die Patente auf Lebewesen und erst recht nicht Gene für unethisch halten. Obwohl ich bei Fragen der Ethik doch sehr weitreichend denke und deshalb z.B. auch ein ausnahmsloses Verbot von Tierversuchen befürworte, wo andere nicht so weit gehen. Ich beziehe Ethikfragen aber gerade darauf, ob dem Lebewesen ein Leid zugefügt wird. Das ist bei einem Patent oder gar nur dem genetischen Code, der nichtmal in der Lage ist Leid zu empfinden, nicht der Fall.

Im Gegensatz zum Urheberrecht sehe ich bei Patenten auch wirklich einen Nutzen. Denn Forschung kostet Geld, häufig sehr viel Geld. Man muss nur die Maschinen und Gerätschaften bedenken, die man sich Anschaffen muss. Bei Kultur braucht es hingegen meist "nur" Manpower, also Leute die sich an ihre Instrumente oder ihren Rechner setzen und losmachen. Da reicht meiner Meinung nach ein Grundeinkommen aus, um den Künstlern erstmal die Möglichkeit zu eröffnen.

Und wenn man, wie ich nicht irgendwelche ethischen Bedenken hat, dann müsste man, wenn man pauschal "keine Patente auf Lebewesen und Gene" ohne Differenzierung befürwortet, auch mit der gleichen Argumentation Patente in allen anderen Wirtschaftsbereichen ablehnen. Das tue ich jedoch nicht und ich denke mal auch nicht so viele andere in der deutschen Piratenpartei. Weiß nicht genau wie der aktuelle Stand bei den Schweden ist, aber afaik sind sie von der ursprünglichen Forderung, dass alle Immaterialgüterrechte fallen müssen, auch ein wenig weggekommen.

Nichtsdestotrotz lehne ich Biopatente trotzdem ab, aber nur deshalb, weil ich in Ihnen den größten Anreiz sehe in der Agrarwirtschaft möglichst umfangreich Gentech einzusetzen. Aber vielleicht gibt es ja noch andere Gründe?

Ich finde es im übrigen gut, dass wir hier mal wieder eine richtige Diskussion haben, die vor allem auch mal nix mit Klima zu tun hat. :-)

Ich habe bewusste hier Quellen aus der Fiction und Science-Fiction gewählt. Kein anderes Genre hat sich seit den Anfängen der Industrialisierung so intensiv mit dem Thema der
Folgeabschätzung von Technologie und Forschung beschäftigt. Hierzu ein frei verfügbarer Artikel aus: Deutsche Science-fiction 1870 - 1914 By Roland Innerhofer

http://books.google.com/books?id=JPphfpOTeKkC&lpg=PA369&ots=u85IzjjGS6&dq=Als%20der%20Welt%20Kohle%20und%20Eisen%20ausging&pg=PA364#v=onepage&q=Als%20der%20Welt%20Kohle%20und%20Eisen%20ausging&f=false

Man kann auch Orwells 1984 nehmen, obwohl er noch nicht die sehr mächtige Gentech-Technologie kannte.

Viele Grüße
LordSnow

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