Zum Inhalt springen.
Sympa Menü

ag-gesundheitswesen - Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!

ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de

Betreff: AG Gesundheit

Listenarchiv

Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!


Chronologisch Thread 
  • From: Enrico Weigelt <weigelt AT metux.de>
  • To: ag-gesundheitswesen AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-Gesundheit] Die PKV muss abgeschafft werden!
  • Date: Sat, 7 Jan 2012 20:52:29 +0100
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-gesundheitswesen>
  • List-id: AG Gesundheit <ag-gesundheitswesen.lists.piratenpartei.de>

* Rick <Rick AT news.piratenpartei.de> schrieb:

> ABER --- nach meiner festen Überzeugung: In unseren gesetzlichen
> Krankenkassen sitzt *niemand* (naja: "fast niemand"), der den ganzen Tag
> lang in der Nase bohrt und nach weiteren Möglichkeiten sucht, uns
> Beitragszahler abzuzocken.

Das hat ja auch keiner behauptet (zumindest ich nicht). Das Problem
ist die strukturelle Bürokratie - da sind enorm viele Leute mit
super wichtigen Dingen beschäftig. Individuell machen die Leute sicher
in ihrer jeweiligen Rolle *innerhalb des Systems* einen guten Job.
Aber es ist das System insgesamt, das den Blödsinn fabriziert.
(siehe "The Cube").

Es geht also *NICHT* darum, irgendwem schlechte Arbeit zu unterstellen,
sondern die grundsätzliche Systemfrage zu stellen.

Ähnliche Probleme erlebe ich auch öfters bei meiner Kundschaft:
da sind viele Leute beschäftigt, unheimlich fleißig (oft mit
vielen Überstunden), aber wenn man sich mal die Organisations-
Struktur und Workflows anschaut, dann sieht man nach einiger
Zeit, wie ineffizient das Ganze ist. Da hilft es dann auch
überhaupt nicht, einzelne Leute (wie's gern gemacht wird: von
oben nach unten) noch mehr unter Druck zu setzen, um illusorische
Termine zu halten, sondern das System selbst zu reformieren.
Um das zu erreichen, muß man natürlich sehr viel Diplomatie
und Schulungsarbeit leisten, um irrationale Widerstände
abzubauen (Menschen neigen meist dazu, sich persönlich
angegriffen zu fühlen, wenn ihre aktuelle Rolle, in der sie
sich gut eingerichtet haben, infrage gestellt wird).

> KLAR: Es gibt Strukturen, die historisch nachvollziehbar, inzwischen aber
> anachronistisch sind. Man kann sich z.B. ernsthaft darüber unterhalten,
> ob der Beitragseinzug auf Dauer weiterhin bei aktuell 147 Krankenkassen
> stattfinden muss --- oder ob nicht kassen-übergreifende
> "Beitragseinzugszentren" eingerichtet werden sollten.

Nunja, ein gemeinsames Inkasso wäre vielleicht ein interessanter
Gedanke, wird aber die Grundprobleme nicht lösen. Die liegen
auch nicht bei den Versicherungsträgern selbst, sondern im
Honorarsystem, ergo vorallem bei den KV'en.

> Man sollte auch ernsthaft überlegen, ob es auf Dauer weiterhin
> 17 Kassenärztlicher und weitere 17 Kassenzahnärztlicher
> Vereinigungen bedarf, um die Gelder der Krankenkassen an die
> Kassenärzte und Kassenzahnärzte zu verteilen.

Zentralisierung wird hier nicht weiterhelfen, weil damit die
Strukturprobleme des Systems selbst nicht angetastet wird.

Im Gegenteil: wir sollten endlich mal darüber nachdenken, wie wir
die einzelnen (oft diametralen) Zielstellungen in separate
Systeme auskoppeln können, die weitgehend unabhängig voneinander
funktionieren können.

Das System GKV erfüllt zB. zwei diametrale Aufgaben:

a) Versicherung zur Risikotransformation: viele zahlen relativ
wenig ein, damit wenige bei Bedarf, im Schadensfall, hohe
Beträge erstattet werden können. Also grundsätzlich kaum
anders als zB. eine KFZ-Haftpflicht.

b) sozialer Ausgleich, einerseits zwischen den verschiedenen
Einkaufsgruppen, andererseits zwischen den Risikogruppen,
sodaß der effektiv eingezahlte Betrag einzig vom Einkommen,
nicht aber des individuellen Gesundheitszustands oder
anderen Risikofaktoren (Alter, berufliche Risiken, etc).

Für a) funktioniert die PKV ja recht gut, nur leider ohne b).

Könnte man b) nicht außerhalb der PKV, zB. über direkte Steuer-
finanzierte Beitragserstattungen lösen ?

Vorraussetzung: jeder kann eine PKV - ganz gleich wie teuer
sie dann individuell wird - bekommen.

Vorschlag:

* es wird ein normierter Leistungskatalog für eine Standard-
Versicherung definiert, aufgrund dessen Versicherungen
angeboten werden. Dinge die dort noch nicht enthalten sind,
können als Zusatzversicherung angeboten werden.
(zB. verlängertes Krankengeld, etc)
* die Tarif-/Risikogruppen der PKV (falls noch nicht geschehen)
werden derart normiert, daß jeder Mensch in eine dieser Gruppen
paßt und sich dort entsprechende Angebote einholen kann.
* jede Versicherung kalkuliert ihre Preise für die jeweiligen
Risikogruppen, ergo: für jede Risikogruppe gibt es einen Preis.
* jeder Versicherte bekommt aus Steuermitteln den Durchschnitts-
Preis für eine Standard-Versicherung seiner Risikogruppe
aus Steuermitteln erstattet.
* für besondere (noch zu definierende Härtefälle) gibt es dann
noch steuerfinanzierte Sonderfonds. Darunter könnten zB.
besonders exteme Fälle sein, die nicht versicherungsmathematisch
zu kalkulieren sind. (extrem seltene und teuere Erkrankungen,
Katastrophen, usw).


cu
--
----------------------------------------------------------------------
Enrico Weigelt, metux IT service -- http://www.metux.de/

phone: +49 36207 519931 email: weigelt AT metux.de
mobile: +49 151 27565287 icq: 210169427 skype: nekrad666
----------------------------------------------------------------------
Embedded-Linux / Portierung / Opensource-QM / Verteilte Systeme
----------------------------------------------------------------------




Archiv bereitgestellt durch MHonArc 2.6.19.

Seitenanfang