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ag-geldordnung-und-finanzpolitik - Re: [AG-GOuFP] Clearing

ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de

Betreff: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik

Listenarchiv

Re: [AG-GOuFP] Clearing


Chronologisch Thread 
  • From: Arne Pfeilsticker <Arne.Pfeilsticker AT piratenpartei-hessen.de>
  • To: moneymind <moneymind AT gmx.de>
  • Cc: ag-geldordnung-und-finanzpolitik AT lists.piratenpartei.de
  • Subject: Re: [AG-GOuFP] Clearing
  • Date: Wed, 12 Aug 2015 03:45:50 +0200
  • List-archive: <https://service.piratenpartei.de/pipermail/ag-geldordnung-und-finanzpolitik>
  • List-id: Kommunikationsmedium der bundesweiten AG Geldordnung und Finanzpolitik <ag-geldordnung-und-finanzpolitik.lists.piratenpartei.de>



> Am 12.08.2015 um 00:48 schrieb moneymind <moneymind AT gmx.de>:
>
> Hallo Arne,
>
>> Arne Pfeilsticker schrieb:
>>>> Am 08.08.2015 um 19:44 schrieb moneymind <moneymind[at]gmx.de>:
>>>> Hallo Arne,
>>>> Du schreibst:
>>>>> Der Begriff Vollgeld kommt von vollwertiges Geld und gemeint ist dabei
>>>>> Zentralbankgeld.
>>>> Für Dich (das ist DEIN Verständnis des Begriffs). Und für Axel?
>>>> Wenn ich Dir für 100 Geldeinheiten etwas abkaufe, und du mir 10 Tage
>>>> später etwas für 100 GE abkaufst, und wir anschließend unsere
>>>> Forderungen verrechnen und damit erfüllen (wodurch sie verschwinden),
>>>> hat für Dich ja Deiner Definition zufolge sowohl Geldschöpfung als auch
>>>> Zahlung als auch Geldvernichtung stattgefunden.
>>> Richtig.
>>>> Was war an dem "Geld", das wir verwendet haben, für Dich nicht
>>>> "vollwertig“?
>>> Deine und meine Forderung sind kein gesetzliches Zahlungsmittel. Das ist
>>> der kleine Unterschied.
>> Sie waren nicht nur kein "gesetzliches Zahlungsmittel". Sie waren ganz
>> generell nicht das Zahlungsmittel, worauf sie eigentlich lauteten. Bevor
>> es Zentralbanken gab, gab es Gerstengeld- oder Goldgeldstandards, in denen
>> diese als Zahlungsmittel, Wertstandard und Tauschmittel definiert waren.

Hallo Wolfgang,
zunächst muss festgehalten werden, dass grundsätzlich eine Leistung so zu
erbringen ist, wie sie im Anspruch vereinbart wurde.


>> Sie wurden in dem Beispiel ebenfalls nicht benötigt. Wir haben damit aber
>> trotzdem bezahlt.
>> FÜR UNS (nicht unbedingt auch für alle anderen) waren unsere Forderungen
>> also "vollwertig“.

Wenn dann im Rahmen der Leistungserfüllung etwas anderes als vereinbart
geleistet wird, dann hängt es vom Leistungsempfänger ab, ob er diese
Ersatzleistung akzeptiert oder nicht.

>> Warum hätten wir auch sonst auf das eigentlich als Zahlungsmittel
>> definierte - was auch immer es konkret war, Gold, Gerste, Zentralbankgeld
>> oder was auch immer - verzichten sollen?

Das waren die Annahmen in deinem Beispiel, die du nicht näher erläutert
hattest.

>>> Du kannst auf ein Stück Toilettenpapier 10 € schreiben und so lange
>>> dieses Stück Papier als Zahlungsmittel akzeptiert wird, funktioniert es
>>> wie normales Geld. Der Stresstest kommt, wenn jemand sagt, damit kannst
>>> du dir den Hintern abwischen, ich will gesetzliches Geld. - Und wenn das
>>> Viele machen, dann nennt man das Bankenrun.
>> Ja, natürlich. Aber wiederum: nicht "gesetzliches Geld", sondern "das, was
>> als letztendliches Zahlungsmittel definiert ist". Bank runs bzw. runs auf
>> das letztendliche Zahlungsmittel gab es lang, bevor es Zentralbanken und
>> "gesetzliche Zahlungsmittel" gab.

Natürlich. Bunkenruns wurden durch die Einführung einer Zentralbank und
gesetzlicher Zahlungsmittel erst abgeschafft, indem der Zentralbank die
Möglichkeit eingeräumt wurde ausschließlich mit eigenem Geld einen Anspruch
auf Geld zu erfüllen.

>> Nur: warum sollten wir deswegen auf die Möglichkeit der Verrechnung
>> verzichten?

Ich habe nie gefordert auf die Möglichkeit der Verrechnung zu verzichten.
Verrechnen bedeutet, dass mit einer Forderung eine Verbindlichkeit beglichen
wird, die der Zahlungsempfänger nicht ablehnen kann, weil der
Zahlungsempfänger gleichzeitig der Schuldner der Forderung ist, mit der
bezahlt wird.

>>> ich habe den Begriff Vollgeld nicht erfunden und versuchte dir lediglich
>>> mitzuteilen, dass das Wort „Voll“ in Vollgeld nicht das Gegenteil von
>>> Leer bedeuten soll, sonder schlicht und einfach eine andere Bezeichnung
>>> für Zentralbankgeld ist.
>> Dann halte ich mal fest: Vollgeld ist für Dich ausschließlich
>> Zentralbankgeld und nicht "das, worauf Geldforderungen lauten, also das,
>> was jeweils als letztendliches Zahlungsmittel definiert ist und als
>> solches akzeptiert wird" (das ist eine generellere Definition als Deine).

>> In einem auf Gold basierenden Kredit- und Zahlungssystem beispielsweise,
>> in dem Gold als letztendliches Zahlungsmittel definiert ist (wie während
>> der free banking era vor der Existenz der FED zwischen Geschäftsbanken,
>> oder im Goldstandard als internationales Zahlungsmittel), wäre dieses für
>> Dich KEIN "Vollgeld", richtig?

Der Begriff Vollgeld ist in einem Kreditgeld-kontext entstanden und wird so
viel ich weiß auch nur in diesem Kontext benutzt.
In einem Währungssystem, in dem der letztendliche Anspruch auf Gold lautet,
könnte man auch das Gold als das Vollgeld bezeichnen.
Ich verstehe nicht warum du dich an diesem Begriff hoch ziehst. Der Begriff
wurde als „Marketingbegriff" erfunden, um in unserem derzeitigen
Kreditgeldsystem Zentralbankgeld von Geschäftsbankengeld abzugrenzen.

Und noch einmal: Der Begriff Vollgeld steht nicht im Gegensatz zu Leergeld,
sondern allenfalls zu Lehrgeld. :-)
(Die Lehren, die man aus einem Bankrun ziehen sollte.)

>> Dann frage ich Dich, was eigentlich für Zahlungen zwischen Zentralbanken
>> (z.B. zwischen der EZB und der russischen Nationalbank) "Vollgeld" bzw.
>> das letztendliche Zahlungsmittel zur Begleichung von Restsalden darstellt,
>> und warum. Im Goldstandard zahlte ja z.B. die FED and die BoE in Gold.

Das Zahlungsmittel der Zentralbanken untereinander sind entweder die
Sonderziehungsrechte des IWFs oder man fällt zurück in den Tauschhandel mit
z.B. Währungsgold.

>>> Zwischen Geschäftsbankengeld und Zentralbankgeld besteht schon ein
>>> Unterschied. Auf eine Zentralbank kann es kein Bankenrun geben auf
>>> Geschäftsbanken schon.
>> Auf eine nationale (oder europäische) Zentralbank kann es natürlich auch
>> einen run der nationalen (oder europäischen) Geschäftsbanken geben.

Ein „run“ der Geschäftsbanken auf die Zentralbank hat mit einem Bankrun
nichts zu tun, weil in diesem Fall wollen die Geschäftsbanken Kredite von der
Zentralbank, d.h. Verbindlichkeiten der Zentralbank aufstocken und nicht
Verbindlichkeiten der Zentralbank abbauen.

>> Was ist denn eine Finanzkrise anderes?

Finanzkrisen können m.E. sehr unterschiedliche Wurzeln haben. Aber das ist
eine neue Diskussion.

>> Nur kann die Zentralbank in der von ihr selbst per Bilanzverlängerung
>> "schöpfbaren" Währung nicht illiquide werden.
>> Es sei denn, sie hat eine Einlösepflicht, die sie im Fall eines Run dann
>> lösen wird - wenn sie sich das leisten kann. 1971 gab es bekanntlich einen
>> "Run" auf die FED: die Franzosen forderten für ihre Dollars Gold zum
>> vereinbarten Fixkurs ein. Woraufhin Nixon sagte: sorry, guys, we promised
>> - but we are not going to deliver!
>>> Eine Zentralbank ist ein erheblich besserer Schuldner als eine
>>> Geschäftsbank.
>> Woran liegt das Deines Erachtens?

Du hast die Frage schon selbst beantwortet: Weil unsere heutigen
Zentralbanken nur noch Geld tauschen, aber kein Gold mehr liefern müssen.

>>> Geschäftsbankengiralgeld ist nachgemachtes Zentralbankgeld und in diesem
>>> Sinne ist es nicht vollwertig.
>> Nach derselben Logik müßtest Du für diejenigen Kreditgeldsysteme, in denen
>> Gold als letztendliches Zahlungsmittel definiert war, sagen:
>> Lieferantenkredit ist Goldfälschung.

Nein. Ein Lieferantenkredit macht Kreditgeld nach, aber kein Gold.

>> Nein, Geschäftsbankengiralgeld fungiert als letztendliches Zahlungsmittel
>> nur aus der Perspektive von Nichtbanken.

Geschäftsbankengiralgeld ist gerade kein letztendliches Zahlungsmittel,
sondern lediglich ein Anspruch auf das letzt endliche Zahlungsmittel, dem
Bargeld der Zentralbank.

Genau deshalb ist es ja nachgemachtes Zentralbankgeld. Die Sichteinlagen bei
einer Geschäftsbank heißen Euro, obwohl der Schuldner nicht die Zentralbank,
sondern die Geschäftsbank ist.

Geschäftsbankengiralgeld täuscht wie Falschgeld Zentralbankgeld vor, ohne
Zentralbankgeld zu sein.

>> Nicht aber aus der Perspektive von Geschäftsbanken, die nach einem
>> Clearing ihrer gegenseitigen Forderungen den Restsaldo in einem Geld
>> begleichen müssen, das sie eben NICHT selber schaffen können, woraus ihr
>> Liquiditätsproblem resultiert. Dieses gibt der darüberliegenden Ebene des
>> Kreditsystems die Möglichkeit, über die Veränderung dieses
>> Liquiditätsproblems der darunterliegenden Ebene deren Verhalten bei der
>> Kreditvergabe zu beeinflussen (Geldpolitik), entweder expansiv oder
>> restriktiv.
>>> So wie nachgemachte Banknoten (= Falschgeld) keine original Banknoten
>>> sind.
>> Völlig andere Baustelle. Selbstgedrucktes Papier-Falschgeld ist "falsch",
>> weil es keine Verbindlichkeit repräsentiert.

Diese Verbindlichkeit wird ja gerade vorgetäuscht. Eine Banknote ist ein
Wertpapier, d.h. das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier.

Gruß
Arne






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